Cervélo Caledonia-5 Dura Ace Di2 Disc oder auch: das Rad für all die großen und bescheuerten Rides, so zumindest der Hersteller. Bei seiner Vorstellung sorgte es für ordentlich Furore und steht stellvertretend für eine neue Generation von Rennrädern. Aber besteht es auch im Vergleich zum Testfeld? Wir haben es herausgefunden.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Rennrad 2021 – 15 Modelle im Test
Das Cervélo Caledonia-5 Dura Ace Di2 Disc hat bei unserer Testcrew gehörig für Aufsehen gesorgt. Schließlich verbindet das Bike zumindest auf dem Papier zahlreiche scheinbar gegensätzliche Bike-Genres miteinander. Das Cervélo-Bike-Portfolio gliedert sich in vier Sparten: die S-Serie mit Aero-Rennrädern, die R-Serie mit superleichten Allround-Bikes, die Aspero-Linie (zum Test) mit Gravel-Bikes und die C-Serie mit Endurance-Bikes. Das Caledonia soll das Beste aus allen Welten kombinieren und positioniert sich im Portfolio genau in der Mitte. Dabei ist das Caledonia-5 das Premium-Modell mit voller Kabelintegration und dem proprietären Cockpit mit Cervélo AB09 Carbon-Lenker in 420 mm Breite und dem Cervélo ST31 Carbon-Vorbau in 100 mm Länge. Das Caledonia-Basismodell setzt auf eine externe Zugverlegung, ein traditionelles Cockpit und eine runde Sattelstütze mit 27,2 mm Durchmesser anstelle der D-förmigen Carbonstütze am Caledonia-5. Die Anschraubpunkte für eine Top-Tube-Bag gibt es leider nur beim Basismodell – obwohl sie auch am Topmodell eine sinnvolle Option wären. Ein sehr cleveres Feature, das beide Versionen eint, sind die rückstandslos demontierbaren Schutzblech-Anschraubpunkte. Cervélo nutzt dafür eine spezielle Brücke zwischen den Sitzstreben und Rahmen-Inserts. Letztere können im Bereich der Steckachsen formschlüssig montiert werden.
Cervélo Caledonia-5 Dura Ace Di2 Disc 2021
10.999 €
Ausstattung
Sattelstütze Cervélo SP18 Carbon D-Post individuell
Bremsen Shimano DURA-ACE BR-R9170 160/160 mm
Schaltung Shimano DURA-ACE Di2 R9150 2 x 11
Vorbau Cervélo ST31 Carbon 100 mm
Lenker Cervélo AB09 Carbon 420 mm
Laufräder ENVE SES 3.4 AR Disc 12 x 100/12 x 142 mm Thru-Axle
Reifen Vittoria Corsa Control Graphene 2.0 TL 28-622 (700x28C) 30
Kurbeln Shimano DURA-ACE FC-R9100 172,5 mm
Kassette Shimano DURA-ACE CS-R9100 11–30
Technische Daten
Größe 48 51 54 56 58 61
Gewicht 7,42 kg
Besonderheiten
vollintegrierte Kabel und integrierter GPS-Mount mit Vorbereitung für GoPro-Montage
Montagemöglichkeiten für Fender können rückstandslos entfernt werden
verschieden hohe Steuersatz-Top-Caps zur Anpassung der Stack-Höhe in 7 und 22 mm
beidseitig messender 4iiii-Powermeter
Unser Test-Bike kommt, wie es der Name bereits zum Teil erahnen lässt, mit einer kompletten Shimano DURA-ACE Di2-Schaltgruppe und ENVE SES 3.4 AR Disc-Laufrädern. Die Vittoria Corsa Control Graphene 2.0 TL-Reifen in 700 x 28C fallen mit 30 mm Breite deutlich voluminöser aus, als es die Reifenaufschrift vermuten lässt. Die beachtliche maximale Reifenfreiheit des Caledonia-5 von 34 mm können sie jedoch bei Weitem nicht ausreizen und sorgen in keiner Situation für Toe-Overlap. Das gefällt! Anders als viele andere Hersteller im Testfeld vertraut Cervélo zu 100 % auf das 10.999 € teure Serien-Bike und hat nicht eine einzige Komponente für diesen Test getunt. Das Gewicht des Boliden beträgt 7,42 kg in Größe 56.
Größe | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Oberrohr | 502 mm | 522 mm | 543 mm | 565 mm | 581 mm | 598 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 110 mm | 136 mm | 162 mm | 191 mm | 218 mm |
Lenkwinkel | 70,5° | 71,5° | 72,0° | 72,0° | 72,0° | 72,0° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,0° | 73,5° | 73,0° | 73,0° | 73,0° |
Kettenstrebe | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm |
Tretlagerabsenkung | 77 mm | 77 mm | 74 mm | 74 mm | 72 mm | 72 mm |
Radstand | 982 mm | 985 mm | 995 mm | 1.012 mm | 1.030 mm | 1.048 mm |
Reach | 360 mm | 369 mm | 378 mm | 387 mm | 396 mm | 405 mm |
Stack | 505 mm | 530 mm | 555 mm | 580 mm | 605 mm | 630 mm |
Das Cervélo Caledonia-5 Dura Ace Di2 Disc im Test
Das Cervélo beschleunigt direkt und bereitwillig, doch gibt es mit Bikes wie dem S-Works Aethos oder dem Wilier Filante noch zwei deutlich leichtfüßigere Kontrahenten im Antritt aus dem Stillstand und am Berg. Die Stunde des Caledonia-5 schlägt in Situationen, in denen maximale Effizienz gefragt ist: Bei Highspeed-Orgien in der Ebene kann es seine aerodynamischen Features voll ausspielen, hält den Speed konsequent hoch und weiß durch sein donnerndes Grollen auf sich aufmerksam zu machen – für manche sind die Fahrgeräusche vielleicht eine Spur zu laut.
Das Caledonia-5 gehört definitiv zu den Vorreitern der neuen Generation von Rennrädern und schlittert nur um Millimeter am Testsieg vorbei. Ein sehr, sehr starker Platz 2!
Das Handling präsentiert sich insgesamt sehr laufruhig und fordert vergleichsweise deutliche Lenkimpulse. Vor allem bei hoher Geschwindigkeit braucht es aktive Einlenkmanöver, um den stoisch zielgerichteten Geradeauslauf in die Kurve zu bekommen. Bei schnellen Richtungswechseln und in hektischen Situationen kann die Präzision und Direktheit nicht ganz mit der Konkurrenz aus dem Hause Specialized mithalten. Das liegt an der vergleichsweise aufrechten Sitzposition auf dem Cervélo. Sie trägt zum insgesamt sehr hohen Gesamtkomfort des Bikes bei, stellt aber auch einen Kompromiss in sportlich-dynamischen Fahrsituationen dar.
Wer mehr Druck auf dem Vorderrad für ein direkteres Handling bevorzugt, kann zwischen einer Steuersatz-Topcap mit 7 und einer mit 22 mm wählen und so die Stack-Höhe anpassen – ein sinnvoller Verstellbereich. Die Vibrationsdämpfung am Cervélo ist auf Top-Niveau! Hier spielen Vittoria-Reifen, Carbonrahmenset und die D-förmige Cervélo SP18 Carbon-Sattelstütze perfekt zusammen, ohne schwammig zu sein. Am Cockpit kommen hochfrequente Erschütterungen zwar einen Hauch ungefilterter an, jedoch kann von einer Komfort-Dysbalance keine Rede sein. Das Komfortlevel und der ruhige Geradeauslauf sorgen insgesamt für ein hohes Maß an Vertrauen, auch auf ruppigem Terrain. Einzig in Sachen Spritzigkeit und Präzision fehlt dem Caledonia-5 das letzte Quäntchen zum Testsieg, weshalb es ultimativ mit einer Silbermedaille aus diesem Vergleich geht.
Tuning-Tipp: Falls die eher lauten Fahrgeräusche stören: Tretlager ausbauen, etwas dämmendes Material in die Rohreingänge stopfen, um so den Resonanzkörper zu verkleinern und die Fahrgeräusche etwas zu dämmen.
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Fazit
Das Cervélo Caledonia-5 Dura Ace Di2 Disc hat unsere Tester mit seinem hohen Komfortlevel, der exzellenten Effizienz in der Ebene und der durchweg guten Fahrperformance auf allen Untergründen beeindruckt. Wer Abstriche machen kann, wenn es um sportliche Spritzigkeit und Präzision im Handling geht, findet hier ein sehr gutes Bike. Im Vergleichstest muss es sich nur einem Konkurrenten geschlagen geben und gehört für uns daher eindeutig zur Speerspitze der neuen Rennrad-Generation. Glückwunsch!
Tops
- ausgesprochen hoher Gesamtkomfort
- hohe Effizienz in der Ebene
- umfangreiche und hochwertige Ausstattung
- clever gelöste Kabelintegration
- kein Toe-Overlap
Flops
- eingeschränkte Spritzigkeit und Präzision in sportlichen Situationen
- vergleichsweise laute Fahrgeräusche
Mehr Informationen findet ihr unter cervelo.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Rennrad 2021 – 15 Modelle im Test
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Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
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Text: Fotos: Valentin Rühl