Im Wesentlichen das Wesentliche für die Langstrecke, mit den Extras, die es heutzutage braucht. Das FOCUS PARALANE 2024 setzt voll und ganz auf Komfort und schlichte Optik. Dazu sollen aerodynamische Features und praktische Schutzbleche für Speed sowie Alltagsnutzen sorgen. Ist es so das Ultimo für Allroad?
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Shoot-Outs 2024 getestet – einen Überblick über alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Allroad-Shoot-Out 2024 – die vier wichtigsten Allroad-Bikes im Test.
Noch vor Kurzem klaffte eine große Lücke zwischen Race und Gravel im Drop-Bar-Portfolio von FOCUS. Doch dann wurde im Dezember das neue FOCUS PARALANE 2024 veröffentlicht. Aber Moment mal: FOCUS PARALANE, da war doch schon mal was? Richtig, das Bike gab es bereits ab 2017 bei FOCUS, bis es 2022 wieder verschwand. Die neueste Version bringt einige Veränderungen mit sich. Neben einem sportlichen Look, der dem Race-Bruder IZALCO MAX sehr ähnlich kommt, werden NACA SHAPE-Rohrformen eingesetzt, die Aero-Vorteile bringen sollen. Mit 5.299 € ist es das günstigste Allroad-Bike in unserem Shoot-Out. Mit 8,6 kg ist es aber gleichzeitig auch das schwerste.
Was kann das FOCUS PARALANE 8.9 2024?
Konsequent unauffällig, schlicht, zeitlos und schick gibt sich das neue FOCUS PARALANE 2024. Dabei hat es einen ziemlich racigen Look. Die installierten Schutzbleche entschärfen das zwar etwas, prägen aber gleichzeitig den Charakter des Bikes, was am Ende einen ansprechenden Randonneur-Charakter ergibt. Irgendwie der Gegenentwurf zu einem fancy Look, an dem man sich schnell sattsieht. Die lackierten Bereiche am Rahmen in Mattschwarz sind nicht zufällig gewählt, sondern kommen genau an kratzerempfindlichen Stellen zum Einsatz. Ein spezielles Sticker-Rahmenschutz-Set ist dennoch im Lieferumfang enthalten. Die Tasche am Oberrohr ist ebenfalls im Lieferumfang dabei und von der Form her gut integriert. Für den Flaschenhalter am Unterrohr gibt es dank der drei Ösen zwei verschiedene Positionen, was für die Nutzung von Rahmentaschen wiederum sehr praktisch ist. Der Vorbau sticht optisch leider unschön heraus: zu klobig und nicht so elegant wie der Rest. Aber dafür sind keine hässlichen Schrauben sichtbar, wie es beim GIANT Defy der Fall ist. Ein Lenkerwechsel wird durch die semi-integrierte Kabelführung vereinfacht. Unauffällig ist auch das Branding, das ebenfalls zur zeitlosen Optik beiträgt.
Geschaltet wird am FOCUS PARALANE 8.9 mit einer Shimano 2×12 ULTEGRA Di2-Gruppe, bestehend aus einem 50T- und einem 34T-Kettenblatt, gepaart mit einer 11–34T-Kassette. Das passt recht gut zum Bike und die Übersetzung sollte in den meisten Fällen ausreichend sein. Mit Gepäck und nach zwölf Stunden im Sattel würde man sich vielleicht trotzdem über einen Gang mehr freuen. Gerollt wird auf DT Swiss ER 1600-Alu-Laufrädern. Alle anderen Bikes im Allroad-Shoot-Out bieten zwar Carbon-Felgen, aber zum PARALANE passen die robusten unkomplizierten Laufräder auf jeden Fall sehr gut. Noch dazu mit dem BSA-Innenlager, das ebenso Wartungsfreundlichkeit ausstrahlt. Bei Problemen unterwegs ist es einfach, ein neues Innenlager zu bekommen und schnell gewechselt ist es noch dazu. Die Easton EC70-Sattelstütze aus Carbon mit 27,2 mm unterstreicht ebenfalls den Fokus auf etablierte Standards, hat aber leider keine flexenden Eigenschaften wie die anderen Bikes. Das hätte dem PARALANE aber durchaus gutgetan. Beim Easton EC70 AX-Lenker scheiden sich hingegen die Geister – die einen lieben ihn, andere schimpfen über die Ergonomie. Denn der runde Lenker kann unter Umständen auf die Handballen drücken, da es keine breite Auflagefläche gibt. Dafür fährt er sich in den Drops superangenehm. Sozusagen oben pfui, unten hui! Specialized und GIANT setzen auf High-End-Reifen aus dem eigenen Sortiment, Canyon auf die deutlich sportlicheren Continental GP5000. Am FOCUS PARALANE kommt „nur“ der Vittoria Rubino Pro TLR zum Einsatz, der im direkten Vergleich schwerer und behäbiger ist. Dafür liefert er eine hohe Laufleistung und gute Pannensicherheit mit 150-TPI-Nylon-Karkasse. Die dezidierten Schutzbleche passen perfekt zum Charakter des Bikes, reduzieren die Reifenbreite aber von 35 auf 33 mm. Kostenpunkt für das Set ist 59,99 €. Die Ausstattung am FOCUS PARALANE 2024 legt durchweg Wert auf Einfachheit und Langlebigkeit, statt auf Performance und High-End, was absolut durchdacht wirkt.
Focus Paralane 8.9
5.299 €
Ausstattung
Gabel Paralane Carbon disc
Sattelstütze Easton EC70, carbon 27.2 mm
Bremsen Shimano Ultegra R8170 160 mm
Schaltung Shimano Ultegra Di2 R8150 12s 2 x 12
Vorbau FOCUS C.I.S. 2.0 100 mm
Lenker Easton EC70 AX, carbon 420 mm
Laufräder DT Swiss ER 1600 12 x 100/12 x 142 mm Through Axle
Reifen Vittoria Rubino Pro TLR 700 x 32c 32
Kurbeln Shimano Ultegra FC-R8100 50/34 172.5 mm
Kassette Shimano Ultegra 8100 11-34T
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Besonderheiten
Randonneur-Allroad-Bike
Oberrohrtasche im Lieferumfang enthalten
passendes Schutzblechset erhältlich
Parts sind auf Simplizität und Langlebigkeit ausgelegt
Wie schlägt sich das FOCUS PARALANE 8.9 2024 auf der Teststrecke?
Man mag das FOCUS PARALANE 2024 bereits nach kurzer Zeit. Es fühlt sich schnell nach zu Hause an, ohne sich lange an das Handling oder die Sitzposition gewöhnen zu müssen. Letztere ist zwar ausgeglichen, aber auch recht gestreckt. Wie sich das Canyon Endurace eher kompakt anfühlt, so fühlt sich das PARALANE eher sportlich an. Man kann sagen, es ist eine echte Endurance-Geometrie, wie sie auch an den Stahl-Randonneur-Bikes der alten Tage zu finden ist. Für ein Allroad-Bike ist das auf der Straße super, auf unbefestigten Wegen allerdings etwas, an das man sich gewöhnen muss. Dazu gibt es beim FOCUS PARALANE 2024 ein ausgeglichenes Handling ohne große Überraschungen. Es ist weder nervös noch zickig, sondern absolut laufruhig. Auf die Idee, zum Sprint anzusetzen oder den KOM zu holen, kommt man damit allerdings nicht. Vielmehr steht der Flow auf dem Bike im Vordergrund. Es lädt dazu ein, einfach dahinzucruisen. Das widerspricht etwas der sportlichen Sitzposition und dem racy Look.
Wenn das FOCUS PARALANE einmal in Schwung ist, läuft es. Das Bike animiert schon auch mal dazu, im Unterlenker auf der Geraden Gas zu geben, aber eben nur fürs Gefühl, nicht fürs Podium. Langgezogene Kurven machen damit richtig Spaß, auch hier kann man es laufen lassen. Bei verwinkelten Abfahrten hingegen sind Körper- und Bremseinsatz gefragt.
In Sachen Untergrund findet das PARALANE seinen Sweetspot eindeutig auf Asphalt. Die Compliance ist nicht überragend, aber für die allermeisten Straßenverhältnisse absolut ausreichend. Für Abstecher ins Gelände sowie auf unbekannte Waldwege ist es allerdings nur bedingt geeignet. Auf Schotterstrecken merkt man Schläge von unten deutlich, vor allem im Vergleich zu den anderen Allroad-Bikes, die alle spezielle Dämpfungselemente aufweisen.
Bei diesem Bike gibt es Langstrecken-Flow und echtes Randonneur-Feeling.
Für wen ist das FOCUS PARALANE 8.9 2024?
Alle, die einen verlässlichen Kumpel und nicht das schnelle Abenteuer suchen, sind beim FOCUS PARALANE 2024 genau richtig. Wer hingegen den Typ „Racer” will, den kann dieses Allroad-Bike nicht abholen. Das GIANT kann das wesentlich besser. Wem aber Fahrspaß und der Flow wichtiger sind als Rekorde und wer nach dem Motto „Riding for the feeling” unterwegs ist, für den ist es absolut passend. Fahrspaß für schnelle Commuter und lange Radtouren auf Asphalt bietet das PARALANE in jedem Fall. Ganz ehrlich ausgedrückt, ist es ein Bike, das wahrscheinlich zu mehr Leuten passt, als man sich eingestehen möchte.
Tuning-Tipp: Tanwall-Reifen für Randonneur-Look.
Fazit zum FOCUS PARALANE 8.9
Das FOCUS PARALANE 8.9 ist der Buddy für die entspannten, angenehmen und langen Tage im Sattel. Mit dem man durch dick und dünn fährt. Es ist ein sehr ausgeglichenes und ehrliches Endurance-Allroad-Bike, das vor allem auf Asphalt zu Hause ist. Kurze Abstecher auf Waldwege verkraftet es aber dennoch. Die Komponenten legen großen Wert auf Einfachheit und Langlebigkeit. Es ist kein fancy Superbike, das auffällt, sondern ein ehrliches Roadbike für die Langstrecke.
Tops
- ursprünglicher Endurance-Charakter
- zeitlose Optik
- passende Schutzbleche
Flops
- Reifen etwas lahm und behäbig
Mehr Infos findet ihr auf focus-bikes.com
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Text: Martin Staffa Fotos: Jan Richter