Das jüngst vorgestellte Cervélo Áspero will unseren großen Vergleichstest mit seiner Gravel-Race-Performance und dem sogenannten Trail Mixer aufmischen, mit dem man den Nachlauf der Gabel justieren kann. Stechen seine Wettkampfgene die mit Bikebags beladene Abenteuerlust oder ist Schotter der falsche Schauplatz für den Kampf gegen die Uhr?
Hier findet ihr alles über den Test des besten Gravel-Bikes 2020
Wenn der Blick zum ersten Mal über das Cervéelo schweift und man großen Gefallen an den aufgeräumten und organisch ineinander übergehenden Linien empfindet, bleibt man relativ schnell mit den Augen am Sitzrohr hängen. Das UCI-Label verrät: Freigabe für offizielle Wettkämpfe, approved! Die angedeuteten Aero-Formen der Rohrsätze unterstreichen den gewollten Race-Charakter. Laut eigener Aussage soll das Áspero KOM-Trophäen und Siegerpokale transportieren, nicht aber euer Gepäck. Folglich finden sich an ihm Anschraubpunkte für drei Flaschenhalter und Oberrohrtasche aber keine Montagemöglichkeiten für Schutzbleche oder Gepäckträger. Stattdessen will das Konzept mit vielseitiger Laufrad-Kapazität glänzen: Am Áspero finden Laufrad-Reifen-Kombinationen mit bis zu 700 x 42C bzw. 650 x 49B Platz. An den Ausfallenden der Gabel befindet sich der sogenannte Trail Mixer: Dieser ovale Einsatz ist einstellbar, um den Nachlauf der Gabel +/- 5 mm anzupassen. Damit soll das Handling des Bikes trotz Wechsel der Laufrad-Reifen-Dimensionen gleich bleiben. Je nach gewählter Laufrad-Reifen-Kombinationen kann der Trail Mixer auch zur Anpassung des Fahrverhaltens bei gleichbleibender Laufradgröße genutzt werden. Dieser Umbau von der agileren zur laufruhigeren Laufradposition funktioniert natürlich auch mit den standardmäßig verbauten Donnelly X’Plor MSO TR 700 x 40C. Da jedoch auch der Bremsadapter gewechselt werden muss, ist es keine Anpassung, die man mal eben unterwegs vornehmen sollte. Unser Test-Bike in Größe 58 mit SRAM Force eTap AXS 1×12-Schaltgruppe und DT Swiss GRC 1650 Disc-Laufrädern kostet 6.000 € und wiegt 8,57 kg.
Das Cervélo Áspero im Detail
Antrieb SRAM Force eTap AXS
Schaltung 36 T und 10–33 T, 1 x 12
Bremsen SRAM Force HRD, 160/160 mm
Lenker Easton EC70 AX, 440 mm
Vorbau Easton EC90, 110 mm
Sattelstütze Easton EC70, 0 mm Versatz
Laufräder DT Swiss GRC 1650 Disc
Reifen Donnelly X’Plor MSO TR 700 x 40C
Größe | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 512 mm | 532 mm | 553 mm | 575 mm | 591 mm | 608 mm |
Oberrohr | 512 mm | 532 mm | 553 mm | 575 mm | 591 mm | 608 mm |
Steuerrohr | 83 mm | 107 mm | 133 mm | 159 mm | 188 mm | 214 mm |
Lenkwinkel | 71,0° | 71,5° | 72,0° | 72,0° | 72,0° | 72,0° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,0° | 73,5° | 73,0° | 73,0° | 73,0° |
Kettenstrebe | 420 mm | 420 mm | 420 mm | 420 mm | 420 mm | 420 mm |
Radstand | 990 mm | 1.000 mm | 1.010 mm | 1.027 mm | 1.046 mm | 1.063 mm |
Reach | 370 mm | 379 mm | 388 mm | 397 mm | 406 mm | 415 mm |
Stack | 505 mm | 530 mm | 555 mm | 580 mm | 605 mm | 630 mm |
Das Cervélo Áspero im Test
Das Áspero nimmt sehr schnell Geschwindigkeit auf und quittiert jede Kurbelumdrehung mit direktem Vortrieb. Die Gravel-Rakete ist jedoch auch nach der Beschleunigung nicht abgebrannt und hält die Geschwindigkeit und das Spaß-Level auf Flachstücken konsequent und effizient hoch! Der mit 406 mm vergleichsweise lange Reach suggeriert auf der Geraden viel Laufruhe. Umso größer ist die Überraschung beim Einlenken, wo sich die Front des Áspero als aggressiv und ausgesprochen sportiv entpuppt. Während die Front auch die schnellsten Richtungswechsel bereitwillig umsetzt, zeigt sich das Heck schwerfälliger und zieht nach. Dabei ist das Heck nicht schwerfällig per se, jedoch im Gegensatz zur sehr agilen Front eine Spur zu träge.
So flink wie das Áspero auf Schwung kommt, so agil ist seine Front in der Standardeinstellung. Dampfhammer am Pedal, Samthandschuh am Lenker!
Biegt man ins technische Gelände ab, können die Pedale ab und zu Bodenkontakt haben. Grund dafür sind die 175 mm langen Kurbel und die Tretlagerabsenkung von 73,5 mm. Spätestens hier wird einem klar: Die Stärken des Áspero liegen klar auf kompakten Schotter-Autobahnen, die man jenseits der 30 km/h überfliegt. Dazu passt auch die sportliche Sitzposition ausgesprochen gut. Der Komfort des Cervélo geht für ein derart sportives Bike absolut in Ordnung. Durch die gute Eigendämpfung des Rahmen-Sets und die Donnelly-Pneus wird der Fahrer effizient von Vibrationen verschont.
Fazit
Das Cervélo Áspero ist eine konsequent auf Speed getrimmte Gravel-Rakete, mit der ambitionierte Schotter-Racer auf schlechten Straßen und kompakten Untergründen die Sekunden jagen und jede Menge Spaß haben können. Einsteiger und Genießer kann die Front in der Standardeinstellung bei schnellen Richtungswechseln und im anspruchsvollen Gelände überfordern. Wer hingegen über ausreichend Skills und Watt verfügt und sich mit dem Charakter des Àspero anfreunden kann, findet hier ein sehr schnelles Gravel-Bike!
Tops
- hochwertige Verarbeitung
- konsequentes Konzept
- leichtfüßig und effizient in Beschleunigung und Highspeed-Passagen
Flops
- geringe Bodenfreiheit für anspruchsvolles Gelände
- limitierte Übersetzung durch kleine Kassette und 1-fach-Antrieb
- nervöse Front in Standardeinstellung und dadurch unausgewogenes Handling
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Mehr Info unter: cervelo.com
Hier findet ihr alles über den Test des besten Gravel-Bikes 2020
Alle Bikes im Test: Argon 18 Dark Matter | Cannondale Topstone Carbon Ultegra RX | Canyon Grail AL 7.0 | Cervélo Áspero | Giant Revolt Advanced Pro Force | Kona Libre AL | Liteville 4-ONE MK1 | OPEN WI.DE. | Pivot Vault Team Force | ROSE BACKROAD GRX RX810 Di2 | Santa Cruz Stigmata CC | Specialized Turbo Creo SL Expert EVO | Standert Pfadfinder | Trek Domane SLR 9 eTap
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
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Text: Fotos: GRAN FONDO-Team