Kaum aerodynamische Features, kaum Kabelintegration und keine zusätzlichen Anschraubpunkte, außer für zwei Trinkflaschen: Die Liste an Dingen, die das Specialized S-Works Aethos-Rennrad nicht hat, ist lang. Geht das Konzept der Reduktion im Test auf oder hat das Bike keine Chance gegen das Testfeld?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Rennrad 2021 – 15 Modelle im Test

Specialized S-Works Aethos | 6,49 kg in Größe 56 | 12.999 € | Hersteller-Website

Laut Specialized standen bei der Entwicklung des S-Works Aethos vor allem die Rennrad-Fans im Fokus, die sich nach mehr sehnen als nach einer reinen Rennmaschine. Und so kommt der edle FACT 12r-Carbonrahmen unseres Test-Bikes ohne offensichtlich aerodynamisch optimierte Rohrformen daher. Im vergleichsweise filigranen Tretlagerbereich wurde eine Shimano DURA-ACE-Kurbel mit 52/36 T im Standard BSA-Lager montiert. Auch die Klemmung der Roval Alpinist Carbonsattelstütze mit einem Durchmesser von 27,2 mm mutet beinahe traditionell an. Allein der Kontrast aus dem einteiligen Roval Alpinist-Carboncockpit und den Roval C38-Laufräder aus dem Gravel-Bereich wecken die Verwunderung des geübten Betrachters. Was macht dieses Bike-Konzept also so besonders? Das Stichwort lautet Reduktion. Statt den Rahmen auf herkömmliche Weise in bestimmten Regionen wie Tretlager und Unterrohr extra zu verstärken und dadurch auch letztlich schwerer zu machen, soll der Aethos-Rahmen homogener aufgebaut sein. Einbußen in puncto Steifigkeit der neuralgischen Punkte sind dennoch kein Thema. Beim neuen S-Works ist das Oberrohr anstelle des Unterrohrs die tragende „Stütze“ im Gesamtsystem. Die Ingenieure von Specialized scheinen ein Rennrad aus Stahl als Vorbild genommen zu haben. Denn sie haben darauf geachtet, dass sich das Aethos in Kurvenlage auf der horizontalen Achse verwinden kann und so zusätzlichen Grip, Compliance und dadurch auch ein höheres Sicherheitsgefühl generiert. Eine Bike-Charakteristik, von der eingefleischte Stahlrahmen-Fanatiker nur allzu gern schwärmen.

Auch gut für Nicht-Alpinisten
Die Ergonomie und Komfortwerte des einteiligen Roval Alpinist-Cockpits mit seinem 420 mm breiten Lenker und dem 100 mm langen Vorbau haben unsere Testcrew überzeugt. Der aufgeräumte Look und der integrierte GPS-Mount runden das Gesamtpaket ab.
SWAT
Im Specialized-Kosmos steht die SWAT-Technologie für Storage, Water, Air und Tools – also alles, was man auf dem Ride braucht. Der Specialized Road Bandit verstaut Reifenheber, Schlauch und CO2-Kartusche mithilfe der Anschraubpunkte direkt unter dem Sattel.
Alles andere als ein Downgrade
Für unser Test-Bike greift Specialized nicht zu den superleichten Roval CLX Alpinist-Laufrädern, sondern setzt auf die deutlich schwereren, aber dafür tubelessfähigen Roval C38-Laufräder aus dem Gravel-Bereich. Das bringt Sicherheit und zusätzliche Stabilität im Extremfall.

Specialized S-Works Aethos 2021

12.999 €

Ausstattung

Sattelstütze Roval Alpinist Carbon 12 mm
Bremsen Shimano DURA-ACE BR-R9170 160/140 mm
Schaltung Shimano DURA-ACE Di2 R9150 2 x 11
Vorbau Roval Alpinist 100 mm
Lenker Roval Alpinist 420 mm
Laufräder Roval C38 12 x 100/12 x 142 mm Thru-Axle
Reifen S-Works Turbo 30-622 (700x30C) 32
Kurbeln Shimano DURA-ACE FC-R9100 172,5 mm
Kassette Shimano DURA-ACE CS-R9100 11–30

Technische Daten

Größe 49 52 54 56 58 61
Gewicht 6,49 kg

Besonderheiten

leichtestes Bike im Vergleichstest
SWAT Storage-System am Sattel
beidseitig messender Specialized-Powermeter
Alpinist-Cockpit mit integriertem GPS-Mount


Alles unter Kontrolle
Der beidseitig messende Specialized-Powermeter hilft dabei, dass man sein Limit nicht überschreitet. Davon profitieren nicht nur Profis, sondern eben auch Genießer, die mit Spaß und ohne Leiden ans Ziel kommen wollen.
Später mal eine Ikone
Egal ob Tretlagerbereich oder Schnittpunkt von Sitzstreben, Sitz- und Oberrohr: Der FACT 12r Carbon-Rahmen kombiniert klassische Rohrformen mit modernen optischen Features. Ein moderner Klassiker!
Don’t Drink and Ride
Obwohl das Aethos im Specialized-Portfolio weit entfernt ist von allen Rennsport-Aktivitäten, haben sich die US-Amerikaner für die UCI-Zertifizierung entschieden. Wir hätten darauf auch getrost verzichten können und setzen den Flachmann dagegen. Chin-chin am Ende der Tour!

Der Clou an unserem Test-Bike ist, dass Specialized all das bei einem Gewicht von gerade mal 6,49 kg in Größe 56 umgesetzt hat. Auch wenn es mit den Roval CLX Alpinist-Laufrädern des Serien-Bikes noch leichter gegangen wäre, setzt Specialized an unserem Test-Modell auf die robusten und schwereren C38-Laufräder aufgrund ihrer Tubeless-Freigabe. Trotzdem ist das Aethos 330 g leichter als das zweitleichteste Bike im Vergleichstest – das Wilier Filante. Die Accessoires unseres 12.999 € teuren Test-Bikes wie der King Cage Flaschen- und Flachmannhalter, die SWAT Road Bandit-Ersatzschlauch-Halterung oder die Gramm Tourpacking Dyneema-Top-Tube-Tasche gehören leider nicht zur üblichen Ausstattung, bekommen aber unsere absolute Kaufempfehlung!

Größe 49 52 54 56 58 61
Sattelrohr 431 mm 462 mm 481 mm 504 mm 532 mm 567 mm
Oberrohr 508 mm 531 mm 540 mm 562 mm 577 mm 595 mm
Steuerrohr 109 mm 120 mm 137 mm 157 mm 184 mm 204 mm
Lenkwinkel 71,8° 72,5° 73,0° 73,5° 73,5° 74,0°
Sitzwinkel 75,5° 74,0° 74,0° 73,5° 73,5° 73,0°
Kettenstrebe 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm
Tretlagerabsenkung 74 mm 74 mm 72 mm 72 mm 72 mm 72 mm
Radstand 973 mm 975 mm 978 mm 991 mm 1.005 mm 1.012 mm
Reach 375 mm 380 mm 384 mm 395 mm 402 mm 408 mm
Stack 514 mm 527 mm 544 mm 565 mm 591 mm 612 mm
Helm POC Ventral Air SPIN | Brille POC Devour Clarity | Jacke Rapha Mechanics Jacket
Shirt Rapha Men’s Logo T-Shirt | Hose Rapha Men’s Cargo Bib Shorts
Schuhe Specialized S-Works 7 Road Shoes | Socken Rapha Logo Socks | Uhr Sinn 556 I

Das Specialized S-Works Aethos im Test

Im Antritt zeigt sich das Aethos so bereitwillig und leichtfüßig wie kein anderes Bike im Vergleichstest und lässt sich in jeder Situation direkt auf Speed bringen. Auch am Berg und auf langen Anstiegen erwidert es jede Pedalumdrehung mit konsequentem Vortrieb, selbst wenn man an sehr steilen Rampen aufgrund der Kettenblattabstufung den entsprechenden Bumms in den Beinen benötigt. In der Ebene gibt es mit dem MERIDA REACTO oder dem BMC zwar deutlich effizientere Bikes im Testfeld, aber tut das dem Fahrspaß auf dem Aethos einen Abbruch? Unsere Testcrew war sich einig: Nein!

Im Testfeld gibt es kein weiteres Bike, das die Essenz des Rennradfahrens besser mit modernster Technologie ins 21. Jahrhundert transportiert. Das Specialized S-Works Aethos ist richtungsweisend!

Denn das S-Works zaubert wie kein anderes Test-Bike mit seinem intuitiven und ausgeglichenen Handling Fahrern aller Könnensstufen ein Grinsen ins Gesicht. Die perfekte Mischung aus Direktheit und Gutmütigkeit, Laufruhe und Wendigkeit ergibt ein Fahrverhalten, das in diesem Testfeld seinesgleichen sucht: Auch auf ruppigen und aufgebrochenen Untergründen gibt sich das Bike souverän, lädt erfahrene Biker zum Spielen ein und gibt Einsteigern Sicherheit. Trotz des geringen Gewichts liegt es satt auf dem Untergrund und erinnert an ein Bike, das viel schwerer ist, und ja, auch die Parallelen zum Kurvenverhalten eines Stahl-Bikes kann man dem Specialized nicht absprechen! Während derart leichte Rennräder in der Regel im Downhill große Kompromisse mit sich bringen, fühlt man sich auf dem Aethos jederzeit sicher und kann so seine eigenen Grenzen ausloten oder den maximalen Fahrspaß genießen. In Sachen Komfort weiß das Alpinist-Setup aus dem einteiligen Cockpit und der Sattelstütze gemeinsam mit der Rahmen-Compliance zu überzeugen. Große Schläge werden angenehm entschärft, hochfrequente Vibrationen deutlich gedämpft. Auch die S-Works Turbo-Pneus im Tubeless-Setup und in einer Größe von 700 x 30C leisten durch ihre sehr gute Eigendämpfung einen wichtigen Beitrag zum Gesamtkomfort des Bikes. Neben der durchschnittlichen Effizienz in der Ebene bleiben letztlich nur die fehlenden Montagemöglichkeiten für Schutzbleche kleine Wermutstropfen im ansonsten richtungsweisenden und absolut stimmigen Gesamtkonzept.

Tuning-Tipp: Montiert ein komplettes Set von Gramm Tourpacking-Bags aus Dyneema und dann auf ins große Bike-Abenteuer 2021!

Fahreigenschaften

4

Agilität

  1. träge
  2. verspielt

Laufruhe

  1. nervös
  2. laufruhig

Handling

  1. fordernd
  2. ausgewogen

Fahrspass

  1. langweilig
  2. lebendig

Komfort

  1. straff
  2. komfortabel

Preis-Leistung

  1. schlecht
  2. sehr gut

Technische Daten

Specialized
S-Works Aethos

Größe: 49 52 54 56 58 61
Gewicht: 6,49 kg
Preis: 12.999 €

Einsatzgebiet

Feiner Asphalt 1
Allroad/Gravel 2
Alltag/Commute 3

Fazit

Kein anderes Modell im Testfeld weiß Leichtfüßigkeit im Antritt, intuitives Handling, Langstreckenkomfort und maximalen Fahrspaß auf allen Untergründen so zu verbinden wie das Specialized S-Works Aethos. Es ist das vielseitigste Bike im Test und die perfekte Wahl für alle vom Genießer bis zum Racer, vom Einsteiger bis zum Profi, vom Laktat-Jünger bis zum Eiscreme-Aficionado. Ein absolut stimmiges Gesamtpaket mit bewährter Charakteristik und modernen Technologien: das beste Rennrad 2021. Testsieg!

Tops

  • ausgeglichenes und intuitives Handling
  • leichtfüßigste und bereitwilligste Beschleunigung im Test
  • minimales Gewicht ohne die Nachteile von extremem Leichtbau
  • hohes Komfortlevel

Flops

  • durchschnittliche Effizienz in der Ebene
  • geringe Anzahl an Anschraubpunkten

Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Rennrad 2021 – 15 Modelle im Test

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Text: Fotos: Valentin Rühl