Mit dem Cannondale SuperSix EVO SE erweitern die US-Amerikaner ihre Modellpalette um ein zweites Gravel-Bike, das für die schnellen Ritte auf festgefahrenem Schotter konzipiert ist. Wie das Konzept mit elektronischer 2-fach-Schaltung funktioniert, zeigt der Vergleich mit den 18 besten Gravel-Bikes des Jahres.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Gravel-Bike 2022 – 19 Modelle im Vergleichstest
Im letzten Jahr mussten die Profis des Teams EF Education-EasyPost bei einigen Gravel-Rennen noch auf modifizierte SuperSix EVO Hi-Mod (zum Test) zurückgreifen. Cannondale hat nun Abhilfe geschafft und ein Bike an den Start gebracht, das optisch zwar an den Straßenrenner erinnert und auch über dessen Performance verfügen soll, jedoch für den Gravel- und Cyclocross-Einsatz optimiert ist. Als SuperSix EVO CX ist das Bike UCI-konform und bereit für Cyclocross-Rennen. Wir hatten seinen Bruder, das SuperSix EVO SE mit breiteren Reifen, im Test. Bei beiden liegt das Geheimnis in der Geometrie verborgen: Mit einem flachen Lenkwinkel von 70° und dem damit verbundenen großen Abstand zwischen Tretlager und Vorderachse sowie kurzen Kettenstreben soll das Bike ein Handling erzeugen, das Stabilität und Agilität bestmöglich vereint.
Beim Antrieb vertraut das Cannondale SuperSix EVO SE mit der SRAM Rival eTap AXS auf eine elektronische 2-fach-Schaltung – die günstigste im SRAM-Portfolio. Die hält zwar den Preis des Bikes mit 4.999 € im Rahmen, ist aber auch langsamer und deutlich weniger direkt als ihre Geschwister auf Force- und RED-Niveau. Die Übersetzung aus 46/33 T-Kettenblättern und 10–36 T-Kassette erinnert außerdem mehr an ein Road-Bike. Bei hoher Geschwindigkeit kann man sehr lange mittreten und darüber hinaus kann man die feine Gangabstufung genießen. An steilen Rampen geht hingegen die Luft schon auch gerne mal aus. Eine größere Bandbreite und ein kleinerer Gang wären hier auf Kosten der Abstufung wünschenswert, um noch mehr Terrain für alle Fitness-Level zu ermöglichen.
Cannondale SuperSix EVO SE
4.999 €
Ausstattung
Gabel mm
Sattelstütze HollowGram 27 SL KNØT
Bremsen SRAM Rival eTap AXS HRD 160/160 mm
Schaltung SRAM Rival eTap AXS 2x12
Vorbau Cannondale 2 100 mm
Lenker Cannondale 2 410 mm
Laufräder DT Swiss CR1600 SPLINE ****
Reifen Vittoria Terreno Dry Tubeless Ready Graphene 2.0 700 x 38C
Technische Daten
Größe 46 51 54 56 58
Gewicht 8,72 kg
Besonderheiten
Kabellose Schaltung für den kleinen Geldbeutel
Ertsklassig integrierte Sattelstützklemmung
Optik wie ein modernes Rennrad
Erstklassige Vittoria Terreno Graphene 2.0-Reifen
Antrieb und Cockpit passen eher zu einem reinen Road-Bike – Cannondale, hier geht mehr!
Größe | 46 | 51 | 54 | 56 | 58 |
---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 449 mm | 488 mm | 524 mm | 546 mm | 566 mm |
Oberrohr | 507 mm | 524 mm | 537 mm | 555 mm | 568 mm |
Steuerrohr | 93 mm | 110 mm | 132 mm | 153 mm | 175 mm |
Lenkwinkel | 70,0° | 71,0° | 71,0° | 71,0° | 71,0° |
Sitzwinkel | 73,9° | 73,1° | 73,1° | 72,7° | 72,7° |
Kettenstrebe | 422 mm | 422 mm | 422 mm | 422 mm | 422 mm |
BB Drop | 70 mm | 70 mm | 69 mm | 69 mm | 68 mm |
Radstand | 1.002 mm | 1.005 mm | 1.020 mm | 1.034 mm | 1.048 mm |
Reach | 365 mm | 371 mm | 378 mm | 385 mm | 392 mm |
Stack | 515 mm | 535 mm | 555 mm | 575 mm | 595 mm |
Ebenso wünschenswert: ein etwas breiterer Lenker mit Flare. Der verbaute Cannondale 2-Alulenker ist mit 420 mm Breite und 0° Flare eher ein Lenker für die Straße und passt wenig zum Einsatzgebiet des Bikes auf Schotter. Gleiches gilt für die DT Swiss CR 1600 SPLINE-Laufräder, die mit ihren 22 mm Innenmaulweite etwas zu schmal für den modernen Gravel-Bereich sind. Ergebnis: Die aufgezogenen Vittoria Terreno Dry Tubeless Ready Graphene 2.0 in 700 x 38C fallen etwas ballonartig aus. Trotzdem kommen die Reifen auf eine gemessene Breite von 41 mm und überzeugen sogar auf losem Untergrund mit viel Kurvengrip und geringem Rollwiderstand auf Hardpack – nicht umsonst haben diese Pneus unseren letzten Gravel-Reifen-Vergleichstest (zum Test) gewonnen.
Doch um in den Genuss der guten Effizienz des Bikes zu kommen, muss man es zuerst auf Geschwindigkeit bringen. Und das geht nicht ganz so leichtfüßig von der Hand wie bei den besten Bikes des Tests. Hier spürt man deutlich das Gesamtgewicht von 8,72 kg und die erhöhte Rotationsmasse der Alu-Laufräder. Das wirkt sich auch an steilen Anstiegen aus, wo viel Kraft benötigt wird, um das Bike mit niedriger Trittfrequenz in Bewegung zu halten. Geht es jedoch bergab oder über die Ebene, spielt das SuperSix EVO SE seine Stärken bei der Effizienz aus und man kann bei Highspeed dank der großen Übersetzung richtig Druck machen.
Tuning-Tipps: Carbon-Gravel-Laufräder mit mehr Innenmaulweite | breiterer Lenker mit Flare
Vernichtet wird die Geschwindigkeit dann zuverlässig von den guten SRAM Rival eTap AXS HRD-Bremsen, die vorne und hinten mit 160-mm-Scheiben kommen. Lediglich auf sehr losem Untergrund fehlt es den Reifen etwas an Bremsgrip und somit auch an Traktion. Beim Handling geht die Rechnung der Cannondale-Entwickler voll auf, denn das SuperSix EVO SE überzeugt mit einem intuitiven und sehr ausgewogenen Handling, das auch Einsteiger nicht überfordert und damit ein echter Sicherheitsfaktor ist. Der Fokus liegt dabei auf einem stabilen Geradeauslauf und viel Laufruhe. Trotzdem geht die Agilität nicht verloren und sportliche Richtungswechsel sorgen für unbesorgten Fahrspaß. Damit findet sich das Bike eher auf breiten Schotterautobahnen mit langgezogenen Kurven und mäßigen Steigungen als auf verwinkelten Trails mit vielen Höhenmetern. Dafür ist dann auch die Übersetzung ausreichend. In Sachen Komfort ist das Cannondale solide unterwegs: Die Sitzposition ist kompakt und zentral im Bike integriert, während die Griffe der SRAM Rival gut in der Hand liegen. Vibrationen und kleine Schläge dämpfen der Rahmen und die Vittoria-Reifen gut, gröbere Schläge sind aber deutlich spürbar. Hier kommen die Alu-Komponenten des Cockpits sowie die Laufräder an ihre Grenzen. Mit etwas Carbon-Tuning könnte man hier den Komfort noch deutlich verbessern.
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Unser Fazit zum Cannondale SuperSix EVO SE
Mit dem SuperSix EVO SE gelingt Cannondale ein guter Wurf! Dabei überzeugt vor allem das Rahmenset mit ausgewogenem Handling, ordentlicher Reifenfreiheit und heißer Optik als exzellente Basis für den Allround-Einsatz auf Schotter. Die verbauten Komponenten limitieren das Bike aber unnötig und vereiteln eine Platzierung auf dem Podium. Wir hoffen auf weitere, höherwertige und gravelspezifischere Ausstattungsvarianten, mit denen das Bike ein echtes Wort im Kampf um den Sieg mitreden könnte.
Tops
- Schaltung mit großer Bandbreite und intuitiver Schaltlogik
- kraftvolle Bremsanlage mit 180-mm-Scheibe vorne
- Fully mit minimalem Wartungsaufwand und cleaner Optik
- hohes Level an Integration
Flops
- begrenzte Reifenfreiheit limitiert Einsatzgebiet
- harscher Endanschlag beim Ausfedern des HiRide-Systems
Mehr Informationen findet ihr unter cannondale.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Gravel-Bike 2022 – 19 Modelle im Vergleichstest
Alle Bikes im Test: 3T Exploro Ultra (Zum Test) | BMC URS LT ONE (Zum Test) | Cannondale SuperSix EVO SE | Canyon Grizl CF SLX 8 eTap Suspension (Zum Test) | Cervélo Áspero GRX Di2 (Zum Test) | CUBE Nuroad C:62 SLT (Zum Test) | Curve Kevin of Steel III (Zum Test) | Falkenjagd Aristos R (Zum Test) | Felt Breed 20 (Zum Test) | FOCUS ATLAS 6.8 (Zum Test) | GIANT Revolt Advanced 0 (Zum Test) | OPEN WI.DE. (Zum Test) | Ridley Kanzo Fast (Zum Test) | ROSE BACKROAD EKAR LTD (Zum Test) | SCOTT Addict Gravel Tuned (Zum Test) | Specialized S-Works Crux (Zum Test) | Stelbel Nina XCr (Zum Test) | Storck GRIX.2 Platinum (Zum Test) | Wilier Rave SLR (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text: Fotos: Benjamin Topf, Peter Walker