7,27 kg und 12.800 € – Specialized schickt einen Superlativ in puncto Preis, Gewicht und Prestige ins Rennen. Das S-Works Crux sieht zwar weder aus wie ein Race-Bike noch zeigt es offensichtliche Aero-Optimierungen – doch ist es deswegen weniger schnell? Wir haben das Specialized Crux gegen voll optimierte Aero-Graveller getestet und sagen euch, wieso Aero und Vollintegration nicht alles sind.
Dieses Bike wurde im Rahmen des Gravel-Race-Bike-Vergleichstest 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Grave-Race-Bikes erhaltet ihr hier: Was ist das beste Gravel-Race-Bike 2023? 9 Gravel-Race-Bikes im Test
Specialized, „Best Brand“ in unserer Leserumfrage 2022, hat schon seit jeher ein breit gefächertes Angebot im Dropbar-Segment und fährt auch bei Stollenreifen groß auf. So sorgte das Gravel-Fully Diverge STR bei seiner Einführung für einige Furore. Während das Dropbar-Fully voller Features und Funktionen steckt, setzt das Crux auf die Kunst des Weglassens und verspricht ultimativen ästhetischen Minimalismus. Es besticht durch klassisch runde Rohrformen und natürlich den prestigeträchtigen „S-Works“Schriftzug am Unterrohr. Integrierte Kabelführungen oder ein One-Piece-Cockpit sucht man hier vergebens. Das ist dem niedrigen Gewicht von 7,27 kg zwar zuträglich, aber auch der Performance? In Anbetracht des stolzen Preises von 12.800 € sind unsere Erwartungen auf jeden Fall hoch!
Das Specialized S-Works Crux: Vom CX- zum Gravel-Race-Bike – klappt die Evolution?
Jahrelang war das Crux die Definition eines spezifisch für Cyclocross-Rennen maßgeschneiderten Bikes. Mit der 2022 vorgestellten neuen Generation wagt das Bike den Sprung zu mehr Komfort und Laufruhe für den Gravel-Bereich. Doch lassen sich diese Anforderungen verbinden?
Optisch wie technisch orientiert sich das Crux eindeutig am Specialized Aethos, dem leichtesten Renner im Portfolio der Kalifornier. Beide Bikes setzen auf eine klassisch-zeitlose Formensprache mit erfrischend viel Minimalismus und Leichtbau. Offensichtliche aerodynamische Optimierungen und tiefe Flächen kosten Gewicht und haben am Crux daher nichts zu suchen. Das gleiche gilt für abgesenkte Sitzstreben und D-förmige Sattelstützen. Trotz der optischen Ähnlichkeiten unterscheiden sich die Bikes grundlegend, das Crux hat eine komplett andere Geometrie: längerer Radstand, geringere Überstandshöhe, flacherer Lenkwinkel sowie mehr Stack, was das Bike für härtere Einsätze abseits der Straße vorbereiten soll. Zudem wurde der Rahmen für die Offroad-Strapazen verstärkt, was laut Specialized zu einem marginalen Mehrgewicht von 26 g führt.
Specialized Crux
12.800 €
Ausstattung
Sattelstütze Roval Alpinist Carbon
Bremsen SRAM Red eTap AXS HRD 160 mm
Schaltung SRAM Red eTap AXS 1x12
Vorbau S-Works SL 110 mm
Lenker Roval Terra 440 mm
Laufräder Roval Terra CLX
Reifen Pathfinder Pro 2Bliss Ready 700 x 38c
Technische Daten
Größe 49 52 54 56 58 61
Gewicht 7,27 kg
Besonderheiten
Leichtestes Bike im Test
Understatement durch klassisches Design
große Reifenfreiheit
Specialized Pathfinder als idealer Gravel Reifen
Die Ausstattung des Specialized S-Works Crux
S-Works-typisch ist das Crux erstklassig ausgestattet und trumpft mit einem dezenten, aber sehr hochwertigen Finish über alle Komponenten hinweg auf. Lediglich die Hoods der SRAM-Gruppe wirken im direkten Vergleich zu Shimanos GRX etwas grobschlächtig. Die Schaltperformance des 1-fach-Setups ist aber, wie gewohnt, sehr gut. Der verbaute Roval Terra-Lenker in 440 mm Breite und der glänzende S-Works-Vorbau passen mit runden Rohren super zum Bike und bieten Souveränität und Kontrolle bergab. Der breite Lenker führt im Gegenzug jedoch zu einer weniger aerodynamischen Position für Racer. Auch an der Sattelstütze wird auf futuristisches Aero-Design verzichtet. Specialized setzt auf eine runde Stütze mit 27,2 mm Durchmesser, was die Verwendung einer Dropper Post ermöglicht. Besonders überzeugen können die Specialized Pathfinder Pro-Reifen in 700 x 38c. Mit einer an Semi-Slicks erinnernden zentralen Lauffläche, ist der Pneu in der Geraden und auf hartem Untergrund unglaublich schnell und effizient. Gleichzeitig bieten die profilierten Flanken ausreichend Grip für rasante Kurvenfahrten und feuchtes Terrain.
Neben dem zurückhaltenden Look und der dezenten Ausstattung, bleibt dem Bike zumindest optisch nichts, was es aus der Menge herausstechen lässt. Technische Spielereien wie der Hinterbau vom Berria Belador Allroad, der Lenker vom Canyon Grail CF SLX 9 eTap oder ein Staufach im Unterrohr sucht man vergeblich. Specialized bleibt hier strikt der Kunst des Weglassens treu – wie sagte Antoine de Saint-Exupéry so schön: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“
Kann sich das Specialized S-Works Crux 2023 als Gravel-Race-Bike behaupten?
Nach den ersten Metern auf dem Specialized S-Works Crux wird schnell klar, dass das Understatement rein auf das Aussehen begrenzt ist. Das Handling ist sehr agil, und das Bike fühlt sich besonders in schwierigem Gelände zuhause. Hauptsächlich bestimmt durch einen flachen Lenkwinkel mit wenig Nachlauf, das kurze Steuerrohr und den steilen Sitzwinkel. Das Bike überzeugt vor allem im technischen Uphill, in kurzen Anstiegen kommen das geringe Gesamtgewicht von nur 7,27 kg und die leichte Laufrad-Reifenkombination voll zur Geltung: Das Rad ist extrem vortriebswillig und reaktiv, setzt Tretimpulse unglaublich effizient in Vortrieb um und macht vor allem eines: Bock auf Gasgeben.
Versprüht eine Confidence, wie sie bei keinem anderen Bike zu spüren war.
Mit keinem Bike hatten wir so viel Spaß, uns auszupowern. Selbst der vortriebswilligere Testsieger Ridley Kanzo Fast kann hier in Sachen Spaß nicht mithalten. Das Crux begeistert, motiviert unglaublich und schafft es, die eigene Leistungsbereitschaft zu steigern. Der Komfort des Crux kommt dabei hauptsächlich aus den Reifen, der Sattelstütze sowie dem Lenker. Der Rahmen selbst ist relativ steif, was wiederum für das spritzige Fahrverhalten spricht. In der Geraden kann das Bike die Spur jedoch nicht immer halten und erfordert eine aktive Fahrweise. Im Kontext der Gravel-Race-Bikes ist es trotzdem anfängertauglich, da es sich sehr intuitiv fährt und wenig Eingewöhnungszeit braucht. Aus der Perspektive von Gravel-Allround-Bikes, wie wir sie in unserem Gravel-Bike-Vergleichstest 2022 mit 19 Bikes beleuchtet haben, fällt die Bewertung logischerweise anders aus!
Specialized S-Works Crux
Größe | 49 | 52 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Sitzrohr | 466 mm | 496 mm | 521 mm | 546 mm | 576 mm | 606 mm |
Oberrohr | 512 mm | 539 mm | 549 mm | 568 mm | 582 mm | 599 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 115 mm | 130 mm | 147 mm | 167 mm | 190 mm |
Lenkwinkel | 70,5° | 71,25° | 71,5° | 72° | 72,25° | 72,5° |
Sitzwinkel | 75,5° | 74° | 74° | 73,5° | 73,5° | 73,5 |
BB Drop | 74 mm | 74 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 71 mm |
Kettenstrebe | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Reach | 375 mm | 382 mm | 388 mm | 397 mm | 405 mm | 415 mm |
Stack | 530 mm | 547 mm | 560 mm | 578 mm | 598 mm | 621 mm |
Für wen ist das Specialized S-Works Crux?
Das Bike zelebriert Understatement und feiert Minimalismus, stellt Funktion vor technische Spielereien und macht nicht nur an der Eisdiele eine super Figur. Es verspricht spritziges und reaktives Rennrad-Feeling abseits der Straße. Für lange Gravel-Events bietet es aber nicht ausreichend Laufruhe und Komfort. Das Specialized S-Works Crux ist also für alle, die Fahrspaß an erster Stelle sehen und auf schnelle, wendige Rides stehen. Es bleibt ein Bike, das in fast jeder Situation ein richtig gutes Bild abgibt und den Fahrer mit einem breiten Grinsen nach Hause bringt. Das Grinsen hat jedoch seinen Preis: Um den S-Works-Schriftzug zur Schau stellen zu können, muss man tief in die Tasche greifen.
Tuning-Tipps: dickeres Bar-Tape und eine flexende Sattelstütze für ein Extra an Komfort und ein schmalerer Lenker für Racer
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Fazit zum Specialized S-Works Crux
Das Crux ist nichts für stures Geradeausfahren bei 200 Meilen langen US-Gravel-Rennen, doch das will es auch nicht sein. Es ist wendig und verspielt, liebt technische Passagen sowie Antritte und bezwingt Berge mit einer Leidenschaft wie kein anderes Bike im Test. Für den Testsieg fehlen uns etwas Geschwindigkeit und Laufruhe auf der Geraden, doch das Maximum an Fahrspaß bringt dem Specialized S-Works Crux den begehrten Kauftipp.
Tops
- maximaler Fahrspaß
- durch geringes Gewicht und leichte Laufräder das ultimative Bike zum Klettern
- Specialized Pathfinder Pro-Reifen mit hervorragenden
- Fahreigenschaften und Grip
Flops
- Weil wir sonst nichts finden, stört uns etwas der glänzende Vorbau am ansonsten matten Bike.
Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Was ist das beste Gravel-Race-Bike 2023? 9 Gravel-Race-Bikes im Test
Alle Bikes im Test: Argon 18 Dark Matter | Berria Belador Allroad 8 | BMC Kaius 01 ONE | Canyon Grail CF SLX 9 eTap | Factor OSTRO Gravel | Fara Cycling F/All-Road | Ridley Kanzo Fast | Specialized S-Works Crux | Trek Checkpoint SLR 9 eTap
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
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Text: Calvin Zajac Fotos: Robin Schmitt, Jan Richter