Design mit Funktion, jede Menge Eleganz und Performance sollen beim Pinarello X am Ende zu einem ideal ausbalancierten Allroad-Bike führen. Dazu will die relativ geringe Kaufgebühr auch die weniger kaufstarken Pinarello-Fans abholen. Halten sich diese Ansprüche am Ende die Waage?

Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test

Pinarello x | 9,04 kg in Größe 56 | Hersteller-Website

Albert Einstein soll gesagt haben: „Das Leben ist wie Fahrrad fahren. Um die Balance zu halten, muss man in Bewegung bleiben.“ Aber vor dem Halten muss man die Balance erstmal finden. Das Konstruieren eines perfekten Allroad-Bikes ist eine schwere Aufgabe, bei der es gilt, die Balance aus Leichtigkeit, Dynamik und Vielseitigkeit zu finden. Für eine Race-Marke wie Pinarello, die große Teams wie INEOS-Grenadier mit ihren Rädern ausstattet, sicher kein leichtes Unterfangen. Beim Pinarello X war das selbstgesteckte Ziel der Italiener, ein Langstreckenbike mit Komfort und Performance-Anspruch zu schaffen, das auch auf schlechten Untergründen Spaß macht. Die Bikes der Italiener waren bisher echte Statussymbole, oft mit Einstiegspreisen von deutlich über 10.000 €. Das Pinarello X liegt mit einer Preisspanne zwischen 3.680 und 5.600 € erheblich darunter, nämlich eher im mittleren Preissegment. Gibt es ein Statussymbol für schmales Geld in perfekter Balance oder wirft Pinarello zu viel in die Waagschale?

Parabolisch mit Prestige und Potenzial – Was kann das Pinarello X?

Wo das Auge beim Pinarello X auch hinblickt, schlagen ihm organisch geschwungene Rohrformen entgegen. Als Ganzes wirkt es so geschmeidig, aber mit einem dennoch auffälligen, typisch italienischen Look. Klassisch Pinarello eben und dem Pinarello F und Dogma F zum Verwechseln ähnlich. Dass es ein Allroad-Bike sein will, sieht man ihm auf jeden Fall nicht an. Durch das elegante, komplett schwarze Design werden die auffälligen Formen etwas kaschiert. Wer beim Italo-Style All-In gehen möchte, entscheidet sich für die Farbvariante Ferrari-Rot. So oder so, das Pinarello X wirkt optisch wie aus einem Guss, auch weil sich keine Anschraubpunkte am Rahmen finden lassen. Die auffälligen Rohrformen sollen aber nicht nur Style, sondern auch Funktion bringen. Geschwungene Sitzstreben, sogenannte Flexy-Stays, und die ebenfalls stark geschwungene ONDA-Gabel haben die Aufgabe, Komfort zu generieren.

Obwohl in der Mittelklasse angesiedelt, hat das Pinarello X auch technisch einige Highlights zu bieten. Im 120 mm langen Vorbau in Tropfenform sind alle Leitungen integriert. Auch die Sattelstütze weist diese langgezogene Form auf und kann dadurch sogar als Aero-Feature durchgehen. Gleiches gilt für die „Flaps“ am unteren Ende der Gabel, die Luftverwirbelungen minimieren sollen. Wo Pinarello beim X den Rotstift angesetzt hat, wird bei der restlichen Ausstattung klar: Mit der Shimano 105 Di2 bekommt man eine solide Ausstattung aus der Mittelklasse, die mit 50/34-Kurbel und 11–34-Kassette eine sehr gute Übersetzungsbandbreite für verschiedene Einsatzgebiete hat. Eher aus dem Einstiegsbereich ist hingegen der laut Hersteller 1.960 g schwere Fulcrum Racing 800-Alu-Laufradsatz. Dieser hat auch maßgeblichen Einfluss auf das hohe Gesamtgewicht, das mit 9,04 kg deutlich über dem Durchschnitt liegt. Die aufgezogenen Pirelli P7 Sport-Reifen in 32 mm passen zwar zum Italo-Flair, aber nicht zum Allroad-Charakter – da wären Pirelli Cinturato Velo-Reifen die bessere Wahl gewesen. Allerdings auch nur in 32 mm Breite, denn mehr passt ins Pinarello X nicht hinein. Für 5.600 € geht das Pinarello X so über den Ladentisch und hat damit das Potenzial, neue Käuferschichten abzuholen.

Muss man mögen
Das Pinarello bietet designtechnisch viel – für manche vielleicht zu viel. Aber das Allroad-Bike bleibt seinem Italo-Image mit diesem Look auf jeden Fall treu.
Was ist denn da kaputt?
Nichts! Die Steckachsen und damit das Hinterrad lassen sich dank dieses Mechanismus auch ohne Werkzeug entfernen. Mega praktisch!
Sieht man und hört man
Der Zugang zur Sattelstützklemme ist zum einen relativ auffällig auf dem Oberrohr platziert, zum anderen knackt die Sattelstütze auf rauen Untergründen.

Pinarello X

5.660 €

Ausstattung

Sattelstütze Pinarello Aero D-shaped
Bremsen Shimano 105 Di2 R7100 160 mm
Schaltung Shimano 105 Di2 R7100 2x12
Vorbau MOST Tiger Aluminum TICR 120 mm
Lenker MOST Jaguar Aero XA TICR 420 mm
Laufräder Fulcrum Racing 800
Reifen Pirelli P7 Sport 700x32c

Technische Daten

Größe 43 46 49 51,5 53 54,5 56 58 60
Gewicht 9,04 kg

Besonderheiten

Durchdachtes Aero-Konzept
ONDA-Gabel und flexende Sitzstreben für viel Komfort
Clean integrierter Vorbau
Unauffällige schwarz-in-schwarz Lackierung


Nichts geht mehr
Schade, dass Rahmen und Gabel nur Platz für 32 mm breite Reifen bieten. Mehr würde das Pinarello eindeutig weiter nach vorn bringen, vor allem in Sachen Offroadtauglichkeit.
Wer hätte das gedacht?
Vor ein paar Jahren noch wäre eine Shimano 105er-Gruppe an einem Pinarello nicht vorstellbar gewesen. Gut, dass sich das nun ändert und Pinarello auch im Mittelklasse-Segment (All)Road-Bikes anbietet.
Größe 43 46 49 51,5 53 54,5 56 58 60
Sattelrohr 425 mm 450 mm 470 mm 595 mm 510 mm 525 mm 540 mm 560 mm 590 mm
Oberrohr 492 mm 509 mm 525 mm 536 mm 545 mm 555 mm 565 mm 577 mm 590 mm
Steuerrohr 125 mm 130 mm 142 mm 151 mm 161 mm 173 mm 187 mm 211 mm 232 mm
Lenkwinkel 70,0° 70,5° 71,0° 71,5° 72,0° 72,3° 72,5° 72,5° 72,5°
Sitzwinkel 75,3° 74,5° 74,0° 73,8° 73,5° 73,3° 73,0° 72,8° 72,5°
Kettenstrebe 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm 415 mm
BB Drop 67 mm 72 mm 72 mm 72 mm 72 mm 72 mm 72 mm 67 mm 67 mm
Radstand 974 mm 981 mm 991 mm 992 mm 994 mm 1.000 mm 1.005 mm 1.017 mm 1.028 mm
Reach 342 mm 352 mm 362 mm 369 mm 373 mm 377 mm 380 mm 384 mm 388 mm
Stack 528 mm 539 mm 552 mm 564 mm 576 mm 588 mm 602 mm 620 mm 640 mm

Find your Balance – Wie schlägt sich das Pinarello X auf der Teststrecke?

Die innere Mitte beim Pinarello X vor dem Losfahren nicht zu verlieren, fällt schwer. Um Sattelhöhe und Lenkerneigung am Vorbau einzustellen, benötigt man einen T15-Torx, aber wer hat den schon in der heimischen Garage oder am Multitool? Das Gute ist, die Mühe lohnt sich: Von Minute eins an fährt sich dieses Bike stimmig und macht Bock auf mehr. Der relativ lange Vorbau stört durch den verhältnismäßig kurzen Reach in keiner Weise und führt zu einer zentralen sowie ausgewogenen Sitzposition. Was hingegen sehr stört, ist die mitunter knackende Sattelstützklemme, die sich besonders bei rauen Untergründen bemerkbar macht. Das Fahrverhalten ist ebenso wie die Sitzposition sehr harmonisch. Wenn es sein muss, also mit etwas Aufwand, lässt sich das Pinarello X agil in die Kurve bringen, trotzdem ist es auf langen Geraden und schnellen Bergabfahrten nicht unruhig. Die knapp 2 kg schweren Laufräder stören überraschenderweise wenig, so bleibt das Bike sogar bei Anstiegen zuweilen flink und agil.

Das herausragende Element beim Pinarello X ist die exzellente Compliance. Der Komfort auf allen Untergründen ist deutlich über dem Durchschnitt aller anderen Testbikes und das mit nur 32 mm schmalen Reifen und vor allem ohne extra Dämpfungselemente, wie sie sich bei Specialized, Trek und Wilier finden lassen. Schlechte Untergründe und grober Asphalt verlieren damit ihren Schrecken. Schade, dass nicht mehr Reifen in das Pinarello X hineingeht, es würde das Bike auf das nächste Allroad-Level bringen. Auch ein paar Anschraubpunkte wären bei der Ausrichtung auf Balance hinsichtlich Alltagstauglichkeit und Multifunktionalität nicht schlecht.

Für alle, die schon immer ein Pinarello haben wollten, aber weder mit den Preisen noch der racy-Position etwas anfangen konnten, ist das Pinarello X eine gute Wahl.

Helm Specialized Prevail 3 | Brille Ray Ban Cats 5000 Classic | Jacke POC Thermal Gilet
Shirt POC Pure Tee | Hose POC Cargo Bib | Schuhe Giro Empire SLX

Für wen ist das Pinarello X?

Wer schon immer ein Bike aus dem Hause Pinarello wollte, aber dafür kein kleines Vermögen ausgeben möchte, kann sich diesen Traum mit dem Pinarello X nun erfüllen. Auch alle Italo-Style-Fans kommen hier auf ihre Kosten. Aber dieses Allroad-Bike kann nicht nur Prestige, sondern auch echten Komfort und Fahrspaß liefern. Wem 32 mm Reifenfreiheit ausreichen, erhält richtig viel Allroad-Performance und Fahrspaß. Zudem ist das Pinarello X auch für all jene geeignet, die Bock auf Pinarello, aber nicht auf Racing haben.

Tuning-Tipp: Ein leichter Laufradsatz und robustere Reifen für ein spritzigeres und zuverlässiges Allroad-Feeling.

Fahreigenschaften

4

Agilität

  1. träge
  2. verspielt

Laufruhe

  1. nervös
  2. laufruhig

Handling

  1. fordernd
  2. ausgewogen

Fahrspass

  1. langweilig
  2. lebendig

Komfort

  1. straff
  2. komfortabel

Preis-Leistung

  1. schlecht
  2. sehr gut

Technische Daten

Pinarello
X

Größe: 43 46 49 51,5 53 54,5 56 58 60
Gewicht: 9,04 kg
Preis: 5.660 €

Einsatzgebiet

Feiner Asphalt 1
Allroad/Gravel 2
Alltag/Commute 3

Fazit zum Pinarello X

Der Einstieg in die Mittelklasse ist Pinarello mit dem Pinarello X definitiv gelungen. Das Gesamtpaket aus Komfort, Handling und Performance ist fast ausbalanciert. Selbst der Preis von 5.660 € ist im Pinarello-Universum ok, zudem ist es das drittgünstigste Bike im Test. Dafür gibt es ein Basic-Pinarello mit grundsolider Ausstattung und hervorragender Dämpfung. Für die perfekte Ride-Life-Balance fehlen nur Anschraubpunkte und mehr Reifenfreiheit.

Tops

  • Komfort durch clever flexende Sitzstreben
  • ausgeglichenes Fahrverhalten
  • dezent elegante Italo-Optik

Flops

  • Reifenfreiheit schränkt das Bike etwas ein
  • keine Anschraubpunkte für Taschen oder Schutzbleche

Mehr Informationen findet ihr unter pinarello.com

Das Testfeld

Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test

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Text: Martin Staffa Fotos: Robin Schmitt