Allroad muss nicht gleich Party-Pace sein. Das Parapera Atmos² betont eine performanceorientierte Ausrichtung von Allroad und vereint Leichtbau, Aerodynamik und eine sportive Grundhaltung. Machen diese Attribute abseits befestigter Wege überhaupt Sinn oder geht dem Parapera Atmos² vorzeitig die Luft aus?
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
Was bekommt man bei der Multiplikation Dampf × Dampf? Bei Parapera: Atmos². Im Altgriechischen steht Atmos nämlich für Dampf. Angewandt auf die beiden Gravel- beziehungsweise Allroad-Modelle Atmos und Atmos² sollte das auf noch mehr Speed hinauslaufen. Das Parapera Atmos² ist nicht der Nachfolger, sondern ein weiteres Modell neben dem Parapera Atmos. Die Unterschiede sind: Integrierte Züge und Leitungen, One-Piece-Cockpit sowie tief ansetzende Sattelstreben und D-Shape-Sattelstütze, was am Ende auch zu etwa 300 g mehr Gewicht führt. Dazu ist die Geometrie deutlich sportiver und das Cockpit durch das kurze Steuerrohr tiefer. Parapera nutzt beim Atmos² also einen anderen Ausgangspunkt für das Konzept Allroad als klassische Allroad-Bikes. Eine gute Idee?
Schall und Rauch – Was kann das Parapera Atmos²
Hauptsache schnell! Die Veränderungen des Parapera Atmos² zum Geschwister-Bike Atmos sollen zu einer verbesserten Aerodynamik führen und so mehr Speed generieren. Das lässt sich zwar nur sehr aufwändig prüfen, aber rein optisch macht das Parapera Atmos² schon mal einen wesentlich flotteren Eindruck: Das Parapera Atmos² wirkt wie aus einem Guss. Mit dem Parapera Signature Look aus mattem, sattem Schwarz wird allein schon eine gewisse Eleganz und Exklusivität vermittelt. Dazu das dezente und schicke Design mit schwarz-glänzender Aufschrift und reduziertem Logo. Das Ergebnis: ein racy Look, der dazu noch elegant wirkt. Zusätzlich führen die Aero-Anpassungen, wie die eigene D-Shape-Sattelstütze und das hauseigene One-Piece-Cockpit, zu einem sehr cleanen Look. Dieser Eindruck verfestigt sich durch das Fehlen sämtlicher möglicher Ösen für Anbauteile aller Art.
Ebenfalls Parapera-typisch geht die Antriebsfrage an Campagnolo, die Devise lautet: exklusives Bike mit exklusiver Schaltung. Untypisch hingegen die mechanische Campagnolo Chorus-Gruppe an unserem Testbike. In der Hierarchie liegt diese irgendwo zwischen Shimano 105 und Shimano ULTEGRA, also Mittel- bis Oberklasse. Die Schaltgruppe mit 2×12 Gängen und bergtauglichem Übersetzungsverhältnis von 11–34 und 48/32 gibt es allerdings so beim Parapera-Konfigurator nicht. Dort stehen die Campagnolo Super Record EPS, Shimano 105 Di2 und Shimano ULTEGRA Di2 zur Auswahl. Der edle Parapera Carbon SLS-Laufradsatz mit robusten Tune Prince/Princess-Naben und Tubeless-Setup wird dort bei einer Shimano-Schaltung durch einen Mavic Cosmic SL Carbon-Laufradsatz mit 45 mm hohen Felgen ersetzt. Hier kann sich für Schläuche in den 30 mm breiten Schwalbe Pro One Speed-Reifen entschieden werden. Mit dabei ist außerdem die mit 120 mm relativ lange Lenker-Vorbau-Einheit, bei einer Lenkerbreite von 44 cm. Je nach Rahmengröße variieren Lenkerbreite und Vorbaulänge. Obwohl online nicht verfügbar, beweist unser Testbike, dass die volle Integration auch mit einer mechanischen Schaltung funktioniert. Mit gerade einmal 7,32 kg ist es das leichteste Allroad-Bike in unserem Testfeld und damit ziemlich genau 1 kg leichter als der Durchschnitt. Und das zu einem Preis, der mit 5.350 € (oder 5.464 € mit Shimano 105 Di2) deutlich unter dem Durchschnitt von 7.000 € (Bio-Bikes) beziehungsweise 7.370 € (inklusive E-Bikes) liegt.
Parapera Atmos²
5.390 €
Ausstattung
Sattelstütze Parapera Carbon Aero D-shaped
Bremsen Campagnolo Corus 160 mm
Schaltung Campagnolo Corus 2x12
Vorbau Parapera Carbon Aero 120 mm
Lenker Parapera Carbon Aero 440 mm
Laufräder Parapera Carbon SLS 30
Reifen Schwalbe Pro One 700x32c
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Gewicht 7,32 kg
Besonderheiten
Durchdachtes Aero-Konzept
Cleaner Look durch das einteilige Cockpit
Exklusive Parapera-Laufräder
Seltene italienische Campagnolo-Schaltgruppe
Größe | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 460 mm | 485 mm | 510 mm | 535 mm | 565 mm |
Oberrohr | 510 mm | 527 mm | 542 mm | 562 mm | 581 mm |
Steuerrohr | 102 mm | 120 mm | 135 mm | 155 mm | 180 mm |
Lenkwinkel | 70,5° | 71,5° | 72,5° | 72,5° | 73,0° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,5° | 74,0° | 73,5° | 73,0° |
Kettenstrebe | 408 mm | 405 mm | 405 mm | 410 mm | 410 mm |
BB Drop | 70 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm |
Radstand | 975 mm | 981 mm | 985 mm | 1.000 mm | 1.014 mm |
Reach | 374 mm | 381 mm | 388 mm | 395 mm | 402 mm |
Stack | 500 mm | 514 mm | 541 mm | 562 mm | 575 mm |
Richtig Abdampfen – Das Parapera Atmos² auf der Teststrecke
Das Ding hat auf jeden Fall Dampf im Kessel und Power unter der Haube, das sieht man dem Parapera Atmos² gleich an. Einmal aufgesessen und losgefahren, ist es notwendig, sich erstmal an die sehr sportliche Sitzposition zu gewöhnen. Diese fühlt sich vor allem durch den langen Vorbau und das kurze Steuerrohr gestreckt und tief an. Dadurch wird die Position natürlich deutlich windschnittiger, was aber auch Personen braucht, die das aushalten können – besonders bei vielen Kilometern. Durch die lang gezogene Sitzposition verschiebt sich natürlich auch die Gewichtsverteilung nach vorn und beeinflusst das Fahrverhalten maßgeblich. Auf der Geraden fliegt beziehungsweise liegt es sich so angenehm und stabil. Sobald aber Kurven und häufige Richtungswechsel ins Spiel kommen, ist viel Einsatz nötig. Um es auf den Punkt zu bringen: Speed und Geradeauslauf? 100 %! Agilität? Fehlanzeige. Was auf langen Geraden richtig bockt, das wird bei engen schnellen Kurven etwas störend. Eine erfahrene Hand kann helfen, die geringe Wendigkeit auszugleichen.
Neben Gewicht, Handling und Sitzposition zeichnet sich auch die Compliance durch Racing-Gene aus. Das Parapera Atmos² hat ein straffes Fahrverhalten und lässt Schläge aus dem Untergrund bedingt durch die tiefe Sattelstütze und den steifen Aero-Rahmen nach oben durch. Auf glattem und rauem Asphalt funktioniert das noch, sobald es aber ruppiger wird, fühlt sich das Parapera Atmos² nicht mehr wohl. Dafür überzeugt das Allroad-Bike mit einem spritzigen Antriebsvermögen, sowohl am Berg als auch in der Ebene. Der Campagnolo Chorus-Antrieb ist für eine Mittelklasse-Schaltung top, nur die Daumenschalter sind optisch wie funktional Geschmackssache. Überraschenderweise waren die Campagnolo-Bremshebel aber die beliebtesten im gesamten Testfeld. Passend dazu ist auch das One-Piece-Cockpit in Sachen Ergonomie vortrefflich.
Das Parapera Atmos² geht ordentlich ab, braucht aber jemanden, der mit diesem Speed umgehen kann.
Für wen ist das Parapera Atmos²?
Das Parapera Atmos² richtet sich eindeutig an eine sportliche und erfahrene Zielgruppe. Alle, die auf ihrem Kilometer-Lebenskonto schon einen hohen 5-stelligen Wert verzeichnen können und ein rasantes Allroad-Bike suchen, das vor allem auf Teer bewegt werden soll, können das Parapera Atmos² in Betracht ziehen. Wenn die volle Reifenbreite von 34 mm ausgenutzt wird, steht auch gelegentlichen Abstechern in den Wald nichts im Weg, solange der Fokus auf Asphalt und Geschwindigkeit liegt. Auch Allroad-Weight-Weenies haben mit diesem Bike sicher ihren Spaß.
Tuning-Tipp: 34 mm breitere Reifen für mehr Komfort
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Fazit zum Parapera Atmos²
Beim Parapera Atmos² geht es um Geschwindigkeit und Aerodynamik, aber auch um ein geringes Gewicht. Diese Punkte kann das schicke Allroad-Bike allesamt erfüllen. Allerdings geht dieser Fokus zu Lasten der Compliance und Agilität. Diese Eigenschaften machen es für längere Offroad-Kilometer unpassend. Das Parapera Atmos² ist damit ein sportlich ambitionierter Renner, der auch breite Reifen kann und mit einem feschen Look überzeugt. Ein echter Hans-Dampf, aber nicht in allen Gassen.
Tops
- sexy Look durch Design und Finish
- fast and furios auf Asphalt
- Bremshebel-Ergonomie der Campagnolo Chorus-Gruppe hervorragend
Flops
- für Allroad zu wenig Offroad-Performance und praktische Features
Mehr Informationen findet ihr unter parapera-bikes.de
Das Testfeld
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
Alle Bikes im Test: Argon 18 Krypton (Zum Test) | Merida Scultura Endurance 9000 (Zum Test) | Parapera Atmos² | Pinarello X (Zum Test) | Rondo Ratt CF (Zum Test) | Rose Reveal Plus (Zum Test) | Scott Solace eRide 10 (Zum Test) | Specialized Roubaix Comp (Zum Test) | Trek Domane SLR 7 AXS Gen 4 (Zum Test) | Wilier Granturismo SLR (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
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Text: Martin Staffa Fotos: Jan Richter