Mit dem SCULTURA ENDURANCE 9000 schickt MERIDA ein echtes Bike von der Straße ins Rennen. Es will mit Rennrad-Optik, -Handling und -Performance die Konkurrenz ausstechen. Doch kann es auch gegen das gemischte und differenzierte Allroad-Testfeld bestehen? Wir haben es für euch herausgefunden.
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
MERIDA, der taiwanesische Hersteller mit tiefen Wurzeln im deutschen Magstadt, ist vor allem für MTBs und Erfolge im Pro-Peloton, wie zum Beispiel dem Milan-San-Remo-Sieg von Matej Mohorič, auf einem Bike mit Dropper Post bekannt. Dabei hat der Hersteller mit dem REACTO und SCULTURA nicht nur schnelle Racebikes im Programm, die für Aufmerksamkeit sorgen. Auch das Allroad-Bike SCULTURA ENDURANCE 9000 kann einiges von sich behaupten. Trotz des gleichen Namens hat es eine maßgeblich andere Geometrie als das Racebike SCULTURA – die Racing-Gene gehen dabei aber nicht verloren. Auch wenn das SCULTURA ENDURANCE 9000 im Peloton keinen Blumentopf gewinnt, spürt man den Renncharakter auf der Straße. Interessant auch, im Vergleich zu vielen anderen Bikes im Test geht unser Testbike das Thema Allroad von einer anderen Richtung an. So ist das Bike im Kern nach wie vor ein waschechtes Endurance-Bike. Doch reichen breitere Reifen und die Vorbereitung für Schutzbleche aus, um sich gegen das Allroad-Testfeld durchzusetzen?
High-End für schmales Geld – MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000
Es grünt so grün am MERIDA, doch was bei anderen Herstellern aufdringlich wirkt, haben die Taiwaner schön gelöst. Die dunkle und an British Racing Green erinnernde Farbe ist leicht transparent und lässt die darunterliegenden Kohlefasern durchschimmern. Doch auch die dezente Farbe kann über die racige Erscheinung des Bikes nicht hinwegtäuschen. Das MERIDA macht optisch Lust auf Rennradfahren, und das nicht nur durch den Verzicht auf einen Spacerturm. Die Front des Bikes ist optisch massiv, mit breitem Unterrohr, einem abfallenden Oberrohr und den unglaublich dünnen Sitzstreben wird das Bike Richtung Heck immer graziler. Dazu passt auch das One-Piece-Cockpit MERIDA TEAM SL. Mit komplett integrierter und einlaminierter Zugführung ist das Cockpit optisch ein Hingucker. Typisch MERIDA sind auch die Kühlrippen an den Bremsaufnahmen. In Kombination mit Shimano ICE-TECH ergibt sich wohl das coolste Bremsen-Setup an Dropbar-Bikes.
Unser Testbike steht dabei auf Continental GP5000-Reifen in 32C und Reynolds ATR-Laufrädern, was eine sportliche, aber gute Wahl für eine Endurance- und Allroad-Maschine wie das SCULTURA ENDURANCE 9000 ist. Gleichzeitig untermauert es den athletischen Anspruch und eine preiswerte High-End-Ausstattung, wie es nur wenige Bikes im Test bieten. Für alle, die noch mehr Allroad und kleine Abenteuer abseits befestigter Straßen wollen, bietet das Bike zudem Platz für 35 mm breite Reifen. Auch Schutzbleche lassen sich praktisch montieren. MERIDA hat hier eine clevere Lösung gefunden, um hässliche Aufnahmen am Bike zu vermeiden. Am Heck zwischen den Sitzstreben befindet sich eine abnehmbare Brücke, die zur Schutzblechmontage dient. Die MERIDA S-FLEX TEAM-Sattelstütze mit klassischem 27,2 mm Klemmdurchmesser verspricht extra Flex und Compliance unter dem Hintern. Auch wenn das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000 mit 7,9 kg nicht das leichteste Bike im Testfeld ist, liegt es deutlich unter dem Durchschnitt und ist für ein Allroad noch sehr leicht. Doch wie sich schon in unserem Gravel-Race-Test gezeigt hat, ist Gewicht nicht alles und vor allem bei Allroad steht die blanke Performance nicht im Vordergrund. Kompromissloser Leichtbau ist genauso fehl am Platz wie All-Out-Aero. Überhaupt nicht fehl am Platz sind allerdings hochwertige Komponenten des 6.299 € teuren Bikes und die Shimano ULTEGRA Di2-Gruppe. Mit herausragender Schaltperformance, Ergonomie und Bedienbarkeit bildet sie neben dem größeren Bruder DURA-ACE den aktuellen Standard ab. Auch die Übersetzung mit 50/34 und 11–34 ist für ein Allroad geeignet, passend auch, um steile Anstiege zu erklimmen und kräftig mit Geschwindigkeit unterwegs zu sein.
Merida Scultura Endurance 9000
6.399 €
Ausstattung
Sattelstütze Merida S Flex Team 27,2 mm
Bremsen Shimano Ultegra Di2 R8100 160 mm
Schaltung Shimano Ultegra Di2 R8100 2x12
Vorbau Merida Team SL 100 mm
Lenker Merida Team SL 430 mm
Laufräder Reynolds ATR DB
Reifen Continental GP 5000 700x32c
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Gewicht 7,9 kg
Besonderheiten
Grün schimmernde Lackierung mit Carbon-Optik
Cleaner Look durch das einteilige Cockpit
Kühlrippen an den Bremsaufnahmen
schneller Allroad-Flitzer
Größe | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 470 mm | 490 mm | 510 mm | 530 mm | 560 mm |
Oberrohr | 524 mm | 538 mm | 553 mm | 568 mm | 583 mm |
Steuerrohr | 152 mm | 161 mm | 177 mm | 197 mm | 222 mm |
Lenkwinkel | 71,0° | 72,0° | 73,0° | 73,0° | 73,5° |
Sitzwinkel | 74,0° | 74,0° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Kettenstrebe | 418 mm | 418 mm | 418 mm | 418 mm | 418 mm |
BB Drop | 66 mm | 66 mm | 66 mm | 66 mm | 66 mm |
Radstand | 998 mm | 1.001 mm | 1.001 mm | 1.017 mm | 1.026 mm |
Reach | 366 mm | 376 mm | 380 mm | 389 mm | 397 mm |
Stack | 552 mm | 565 mm | 584 mm | 603 mm | 629 mm |
Highlight im Einheitsbrei – MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000
Wie auch das RONDO Ratt und Wilier GranTurismo SLR sticht das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000 aus dem Testfeld heraus. Doch im Gegensatz ist das MERIDA nicht so kompromisslos und verrückt wie das RONDO Ratt und nicht so scharf und hochpreisig wie das GranTurismo. Es kann in jeder Situation überzeugen, macht aber vor allem bei einer sportlichen Fahrweise unglaublich viel Spaß. Genau hier ist das MERIDA immer vorne mit dabei und sucht die Spitze der Gruppe. Obwohl es zwar nicht das am stärksten gedämpfte Bike ist, lässt sich damit gut Strecke machen und wird dem Namenszusatz Endurance gerecht. Die Sitzposition ist, wie man es von einem Bike mit Scultura im Namen erwarten würde, sportlich und zentral. Das Handling ist dabei präzise und agil, aber nicht ganz so scharf wie beim Wilier GranTurismo. Das MERIDA vermittelt in jeder Situation viel Sicherheit und bleibt berechenbar. Stürzt sich aber trotzdem schnelle, wendige Abfahrten herab und jagt Bestzeiten. Gerade dieser Drang nach Geschwindigkeit, ein außergewöhnlich hohes Maß an Fahrspaß und nicht zu vergessen, die hochwertige Ausstattung, sind es, die dem SCULTURA ENDURANCE 9000 den Kauftipp einfahren. Wie man es erwartet, ist es im Antritt sowohl willig als auch flink und unterscheidet dabei nicht, ob man aus Kurven heraus beschleunigt oder am Berg zum Sprint ansetzt. In beiden Fällen fährt das MERIDA jedem anderen Bike im Test davon. Einzig abseits der Straße sind gedämpfte Bikes wie das Specialized Roubaix und Bikes mit dicken Reifen schneller unterwegs. Der Rahmen selbst bietet nicht so viel Compliance, wie es die Bikes von Wilier, Specialized und Trek können, ist dadurch aber auch deutlich weniger komplex und verspricht ein direkteres Fahrgefühl.
Absolute Spaßmaschine mit viel Potenzial – das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000 wird dem Namen Scultura gerecht und überzeugt trotzdem als Allroad.
Für wen ist das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000?
Das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000 kommt von der Straße und definiert Allroad entsprechend. Es ist das richtige Bike für alle, die in Allroad vor allem Spaß und Freiheit sehen. Die Freiheit zu fahren, wie und wie schnell man will. Die Freiheit, alles zu kombinieren und auch bei schlechten Bedingungen eine Menge Spaß zu haben. Dabei kann das MERIDA Langstrecke, ist aber dennoch kein Klotz am Bein, wenn es mal schneller zur Sache geht. Im Gegenteil: Erst hier spielt es seine Stärken voll aus. Es verbindet Allroad mit Geschwindigkeit wie kein anderes Bike im Test, trumpft mit allerhand cleveren und proprietären Lösungen auf und erzielt ein unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis in jeglicher Hinsicht.
Tuning-Tipp: breitere Reifen für mehr Komfort & Schutzbleche für den Alltag
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Fazit zum MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000
Das MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000 bietet ein durchdachtes und stimmiges Gesamtkonzept, das uns wie kein anderes Bike im Test in Sachen Fahrspaß überzeugen kann. Das Bike mit dem größten Fun-Faktor und dem besten Preis-Leistungsverhältnis beeindruckt mit dem Ansatz, Allroad als sportliches Road-Endurance zu denken. Dabei sticht das MERIDA aus dem prüden Allroad-Segment heraus und bleibt als eine absolute Spaßmaschine im Gedächtnis. Insgesamt ein würdiges Bike, um den Titel „Kauftipp” einzufahren.
Tops
- extrem hoher Fun-Faktor durch hohen Vortrieb und ein reaktives Handling
- stimmiges & sportliches Rahmendesign
- ansprechendes und durchdachtes One-Piece-Cockpit
Flops
- für sehr lange Allroad-Touren etwas zu wenig Compliance
Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com
Das Testfeld
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
Alle Bikes im Test: Argon 18 Krypton (Zum Test) | Merida Scultura Endurance 9000 | Parapera Atmos² (Zum Test) | Pinarello X (Zum Test) | Rondo Ratt CF (Zum Test) | Rose Reveal Plus (Zum Test) | Scott Solace eRide 10 (Zum Test) | Specialized Roubaix Comp (Zum Test) | Trek Domane SLR 7 AXS Gen 4 (Zum Test) | Wilier Granturismo SLR (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
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Text: czajac Fotos: Jan Richter