Knallig im Look, reichhaltig bei den Features: Unter dem Motto „Race, Ride, Explore“ will das Argon 18 Krypton auffallen und aus der Menge herausstechen. Aber schließen sich diese Attribute bei einem Allroad-Bike nicht eigentlich aus und wie schlägt sich der Kanarienvogel im Testfeld? Wir zeigen es euch.
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
Argon, das kennen die meisten sicher noch aus dem Physik- oder Chemieunterricht, ein Edelgas mit der Ordnungszahl 18 – wer hätte es gedacht. Auch Krypton ist ein Edelgas, das in den meisten Fällen als Füllgas in Glühlampen eingesetzt wird. Es steht somit für Licht, Helligkeit und Strahlkraft. Insofern passen Hersteller und Modellname schon mal richtig gut zusammen. Aber nicht nur Strahlkraft, auch Vielseitigkeit ist relevant. Das Argon 18 Krypton ist laut eigener Aussage das „most versatile bike“ des kanadischen Herstellers und sticht damit aus dem Portfolio heraus. Zudem soll es für unterschiedliche Anwendungsfälle taugen. Kann das Argon 18 Krypton auch im Testfeld über den Lack hinaus erstrahlen?
Shine like a star – Was kann das Argon 18 Krypton?
Der Look des Argon 18 Krypton ist ordentlich knallig, jedenfalls im funkelblauen Frostbite Blue. Ohne Zweifel ist diese Farbe polarisierend, ohne Zweifel sticht das Allroad-Bike so allein optisch aus der Menge und unserem Testfeld heraus. Wer sich damit gar nicht anfreunden kann, wählt das wesentlich dezentere Iridescent Charcoal (Schwarz/Grau). Beide Farb-Designs überzeugen gleichermaßen mit schönen Lackdetails. Auf dem Rahmen gibt es auch sonst viel zu sehen: eine chemische Formel auf dem Unterrohr, den Modellnamen sowie das Argon-18-Logo auf dem Oberrohr und und und. Dabei wirken die Decals in keiner Weise aufdringlich. Auch die Formsprache der Rohre ist stimmig. Das Unterrohr ist relativ breit, zugunsten des Kofferraumfachs unter den Flaschenhalterschrauben, in das allerhand Zubehör wie Werkzeug, Pumpe, etc. passt. Das Oberrohr greift hinten die Formsprache der filigranen Gabel auf und wird nach vorn immer breiter. Die Kettenstreben sind sehr tief angesetzt, fallen aber deswegen insgesamt nicht gleich komplett aus der Reihe.
Einen Widerspruch gibt es bei den verbauten Parts am Argon 18 Krypton: Hier stehen sich Standardlösungen, wie die runde Argon 18-Sattelstütze in 27,2 mm sowie die klassische Lenker-Vorbau–Einheit, und individuelle Ansätze gegenüber. Dazu zählen die voluminöse Steuerrohrabdeckung und das geräumige Staufach im Unterrohr. Einige Anschraubpunkte versprechen eine einfache Montage von Schutzblechen, Gepäckträger, Oberrohrtasche und drittem Flaschenhalter unter dem Unterrohr. Auch der Antrieb wurde auf Vielfältigkeit ausgelegt. Die SRAM Force AXS 2×12 mit 10–33-Kassette und 48/32-Kurbel ist sogar für echte Berge mit Gepäck geeignet. Die Bremsanlage ist dafür mit einer 140/160-Bremsscheibenkombination etwas knapp bemessen. Die restlichen Anbauteile sortieren sich eher im Segment Mittelklasse ein. FSA Energy-Vorbau, FSA Energy Compact-Lenker und HUNT 4 Season Disc-Laufradsatz sind allesamt aus Alu, was bei einem Preis von 6.175 € unangemessen erscheint, vor allem im direkten Vergleich beispielsweise zum MERIDA SCULTURA ENDURANCE 9000. Auch die Vittoria Rubino Pro-Reifen mit einer Breite von 30 mm sind nicht gerade High End, sondern eher Mid-Budget. Für den vielseitigen Allroad-Einsatz geben diese robusten Teile zwar Sicherheit, das Good-Deal-Barometer schlägt so aber nicht aus. Trotzdem geht das Gesamtgewicht von 8,5 kg für diese Mittelklasse-Parts am Argon 18 Krypton in Ordnung, liegt aber mit 200 g leicht über dem Durchschnitt der analogen Bikes. Zumindest was die Ausstattung angeht, lässt der Lack das Krypton wie einen echten Star scheinen – das kann aber nicht über die zweitklassige Komponentenwahl hinwegtäuschen.
Argon 18 Krypton
6.175 €
Ausstattung
Sattelstütze Argon 18 27,2 mm
Bremsen Sram Force aTap AXS 160 / 140 mm
Schaltung Sram Force aTap AXS 2x12
Vorbau FSA energy 100 mm
Lenker FSA energy compact 440 mm
Laufräder HUNT Four Season Disc
Reifen Vittoria Rubino Pro 700x30c
Technische Daten
Größe XXS XS S M L XL
Gewicht 8,56 kg
Besonderheiten
Staufach im Unterrohr
Montagepunkte für Taschen, Schutzbleche und Flaschenhalter
Blauer Glitzerlack mit vielen coolen Details
Massive Reifenfreiheit auch für Gravel-Reifen
Größe | XXS | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 420 mm | 450 mm | 485 mm | 520 mm | 555 mm | 590 mm |
Oberrohr | 496 mm | 516 mm | 537 mm | 558 mm | 580 mm | 604 mm |
Steuerrohr | 106 mm | 123 mm | 142 mm | 164 mm | 186 mm | 208 mm |
Lenkwinkel | 70,6° | 71,5° | 72,3° | 72,3° | 72,3° | 72,8° |
Sitzwinkel | 75,5° | 74,9° | 74,3° | 73,7° | 73,1° | 72,5° |
Kettenstrebe | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm | 415 mm |
BB Drop | 80 mm | 80 mm | 78 mm | 78 mm | 78 mm | 78 mm |
Radstand | 975 mm | 984 mm | 989 mm | 1.005 mm | 1.020 mm | 1.033 mm |
Reach | 357 mm | 367 mm | 377 mm | 386 mm | 395 mm | 406 mm |
Stack | 523 mm | 543 mm | 563 mm | 584 mm | 605 mm | 628 mm |
Argon 18 Krypton auf der Teststrecke – Wo kann es wirklich scheinen?
„Race, Ride, Explore” ist das Motto des Argon 18 Krypton und daran wird es auch gemessen. Der Rahmen wirkt auf den ersten Kilometern sehr kompakt, die Sitzhaltung ist dementsprechend entspannt. Race? No! Höchstens auf der Langstrecke lässt es sich mit dem Argon 18 Krypton racen. Ride! Dafür ergibt sich ein wirklich ausgewogenes Fahrgefühl, bei dem man sich gleich auf den ersten Kilometern wohlfühlt. Das Lenkverhalten ist einfach und intuitiv, was das Fahren leichtfüßig und zu einem großen Spaß macht. Auch bei schnellen Kurven bleibt das Handling agil und dynamisch. Trotzdem wird es dadurch nicht gleich flatterig. Explore? Yes! Denn das ausgewogene Handling macht Ausflüge ins Gelände einfach und vor allem sicher. Besonders in Kombination mit der großen Reifenfreiheit von 40 mm und der relativ guten Compliance bieten sich auch Einsätze fernab von Asphalt und Teer an.
Eine echte Bergziege ist das Argon 18 Krypton nicht, dafür klettert es zu schwerfällig die Anstiege hinauf. Auch in rasanten Abfahrten ist das Allroad-Bike nur mäßig schnell, obwohl gut kontrollierbar. In der Ebene kann das Argon 18 Krypton auch schon mal flink vorangetrieben werden, die entspannte Sitzhaltung lädt aber doch mehr zum Touren ein. Unterwegs, zum Beispiel beim Bikepacking, ist die Semi-Integration der Züge praktisch, da die Verlegung erst ab dem Steuersatz beginnt. Das macht Platz für Taschen, sorgt für einen cleanen Look und lässt ein einfaches Austauschen von Lenker oder Vorbau zu. Das Fach im Unterrohr mit großer Öffnung lässt sich im Gegensatz zum Trek Domane SLR 7 leicht füllen. Auch eine normale Pumpe kann dort ohne Probleme verstaut werden, genauso wie Werkzeug, ein Schlauch oder der Notriegel.
Macht viel mit und Spaß, nur der dicke Preis nimmt ein wenig den Glanz.
Für wen ist das Argon 18 Krypton?
Allen Touren-Allroadies sollte das Argon 18 Krypton ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Es kann als „do-it-all“-Maschine für fast jeden Einsatzzweck herangezogen werden. Besonders lange Strecken bis hin zu Langstreckenrennen liegen dem Argon 18 Krypton. Aber auch zum Pendeln ist es durch die verschiedenen Ösen ideal. Nur wer auch Allroad gern richtig sportlich unterwegs sein möchte oder die beste Preis-Leistungs-Ratio sucht, findet hier kein Match.
Tuning-Tipp: Mehr Komfort durch dicke Reifen und eine Sattelstütze mit Flex.
Fahreigenschaften
4Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspass
- langweilig
- lebendig
Komfort
- straff
- komfortabel
Preis-Leistung
- schlecht
- sehr gut
Fazit zum Argon 18 Krypton
Das Motto vom Argon 18 Krypton sollte eher „Cruise, Ride, Explore” statt „Race, Ride, Explore” lauten. Durch die mittelprächtige Ausstattung und die entspannte Sitzposition glänzt es eher beim Flanieren als beim Muskelspiel. Praktische Features und ein attraktives Design gibt es für einen verhältnismäßig hohen Preis obendrauf. Das Allroad-Bike bietet so eine gute Plattform für lange Ausflüge und Touren über unterschiedliche Untergründe. Nicht nur Schein, sondern auch sein!
Tops
- durch das stimmige Allroad-Konzept vielseitig einsetzbar
- entspannte Sitzposition für viele Stunden im Sattel
- geräumiges und schön integriertes Rahmenfach
- schöne Rahmendetails mit Einführung ins Physikstudium
Flops
- lediglich Mittelklasse-Parts für Oberklasse-Preis
Mehr Informationen findet ihr unter argon18.com
Das Testfeld
Dieses Bike wurde im Rahmen des Allroad-Vergleichstests 2023 getestet – einen Überblick über diesen Vergleichstest sowie alle anderen getesteten Allroad-Bikes erhaltet ihr hier: Das beste Allroad-Bike 2023 – 10 Allroad-Bikes im Test
Alle Bikes im Test: Argon 18 Krypton | Merida Scultura Endurance 9000 (Zum Test) | Parapera Atmos² (Zum Test) | Pinarello X (Zum Test) | Rondo Ratt CF (Zum Test) | Rose Reveal Plus (Zum Test) | Scott Solace eRide 10 (Zum Test) | Specialized Roubaix Comp (Zum Test) | Trek Domane SLR 7 AXS Gen 4 (Zum Test) | Wilier Granturismo SLR (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Wer sein Bike nahezu täglich nutzen möchte, braucht meistens keine hochgezüchtete Rennmaschine. Solide Komponenten, die bei Wind und Wetter den Strapazen des des Dauerbetriebes gewachsen sind gehören hier zur Grundausstattung. Dabei sollte das Rad über praktikable Detaillösungen verfügen: integrierte Schutzbleche / Schutzbechmontagemöglichkeiten, Gepäckträger / Anschraubpunkte für Gepäck und eine Lichtanlage bzw. die Möglichkeit Lampen zu verbauen. Die Sitzposition und sollte entspannt, der Gesamtkomfort hoch sein, sodass der Afterwork-Ride zum Genuss und nicht zur Qual wird. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 30 : 70↩
In diesem Artikel stellen wir unser Bewertungssystem ausführlich vor: Hier klicken! ↩
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text: Martin Staffa Fotos: Jan Richter