Auf der Suche nach dem besten Gravel-Bike für 2021 haben wir die 13 wichtigsten und spannendsten Modelle in diesem Test direkt aufeinandertreffen lassen. Wie viel kostet ein gutes Gravel-Rad? Was ist das beste Modell für mich und was der insgesamt beste Allrounder? Wir sind losgefahren und haben Antworten gefunden – hinter den Bergen.
Inhaltsverzeichnis
- Das Testfeld
- Wo haben wir getestet?
- Was macht ein gutes Gravel-Bike aus?
- Wer hat getestet?
- Das beste Gravel-Bike im Test
- Die Konkurrenz
Einfach drauflosfahren und nicht darüber nachdenken, ob das eigene Material den bevorstehenden Strapazen gewachsen ist oder nicht. Für immer mehr Bike-Fans steht dieser Punkt immer weiter oben auf der Prioritätenskala. Gravel-Bikes versprechen genau das! Als Multitalente, die beinahe keine Hindernisse kennen, schlagen sie eine Brücke zwischen asphaltierten Straßen und natürlichen Untergründen. Wir haben die 13 spannendsten Modelle für die Saison 2021 zum Test geladen und herausgefunden, welches Bike der beste Allrounder ist. In einem so vielfältigen Feld wie dem Gravel-Markt findet garantiert jeder ein passendes Modell – vorausgesetzt man weiß, was man will und man ist ehrlich zu sich in Sachen Selbsteinschätzung. Denn bei Gravel-Bikes gibt es nicht nur unterschiedliche Konzepte, sondern auch riesige Unterschiede bei Bikes, die für ein und den selben Einsatzzweck vermarktet werden. Fakt ist: Findet man das richtige Gravel-Bike für sich, eröffnet sich eine vollkommen neue Art des Radfahrens. Unser Vergleichstest soll euch die Kaufentscheidung erleichtern und erklärt verständlich, welches Bike zu welchem Fahrertyp passt.
Deine persönliche Gravel-Kaufberatung – Welcher Gravel-Typ bist du?
Gravel ist reiner Hype!
Im Grunde hat es kein Hersteller in den vergangenen Jahren verpasst, ein neues offroadtaugliches Bike mit Rennlenker vorzustellen. Dabei reicht die Bandbreite der erhältlichen Modelle von All-Road und Back-Road über Gravel und Cyclocross bis hin zu Bikepacking, Adventure und Expedition – was auch immer hinter diesen Begriffen stecken mag. Doch wie auch immer man diese Schlagwörter interpretieren mag, Fakt ist: Gravel-Bikes sind nicht nur Hype und Trend, sondern pragmatische Lösungen für viele Probleme, denen wir als Rennradfahrer tagtäglich begegnen. Und sie ermöglichen uns, unseren Horizont zu erweitern. Man könnte diesen Trend gleichermaßen als Zeitreise bezeichnen – als eine Art Rückkehr zu den Wurzeln des Radfahrens, als man noch ohne Stress, Leistungsdruck und Watt- bzw. Aero-Diktat einfach nur gefahren ist. Auch wenn der Begriff Gravel, zu Deutsch „Schotter“, nicht perfekt ist, so steht er genau für diese Art des ungezwungenen und unbeschwerten Zweiradvergnügens.
Eine ganze Weile hat es Bike-Herstellern genügt, ein einziges Gravel-Bike im eigenen Portfolio zu haben. Allround-Eigenschaften hatten dabei scheinbar alle Modelle. Zwar gab es bereits zu dieser Zeit gehörige Unterschiede zwischen den Gravel-Interpretationen der Marken, doch hat sich gerade in den vergangenen Monaten nochmal einiges getan: Der Markt für Gravel-Bikes entfernt sich von seinem „Ein-Bike-für-alles“-Ansatz hin zum feingliedrig segmentierten Massenmarkt. So gibt es vom Gravel-Bike für den MTB-Light-Trail-Einsatz bis hin zur Zeitfahr-Schotter-Maschine kaum noch etwas, was es nicht gibt. Für den Gravel-Fan auf der Suche nach seinem perfekten Begleiter ist das natürlich Fluch und Segen zugleich! Denn scheinbar reicht es plötzlich nicht mehr aus, ein Rad fahren zu wollen, das einfach jedes Abenteuer mitmacht. Stattdessen hat man das Gefühl, man müsse sich als Gravel-Racer, -Genussfahrer, -Abenteurer oder -Pendler einordnen lassen. Gleichzeitig bieten speziell optimierte Fahrradmodelle natürlich deutliche Vorteile für spezialisierte Fahrer, die genau wissen, was sie wollen. Klar ist jedenfalls: Gravel ist längst kein Hype mehr, sondern Big Business!
Für uns steht das Gravel-Bike als Synonym für die Unbeschwertheit, die man in diesen Zeiten nur allzu oft vermisst. Als Lifestyle und Einstellung zum Radfahren, das ohne Schranken, Vorurteile und Pseudo-Reglementierungen auskommt. Das Gravel-Bike als Fluchtfahrzeug, auf dem man sich komplett selbst verwirklichen kann und das auf der 12 km langen Schotterhausrunde genauso gut funktioniert wie auf einem epischen Trail-Abenteuer in den Dolomiten. Zusammen mit euch wollen wir diese Dimension von Gravel zelebrieren und beziehen klar Position: Gravel ist Hype und das ist gut so!
Das Testfeld: Was haben wir getestet?
Oder sollte die Frage besser lauten: In welcher Auswahl an Bikes kann man den besten Gravel-Allrounder 2021 finden? Wir haben uns bereits vor dem Vergleichstest den Kopf darüber zerbrochen, welche Modelle eine tatsächliche Chance auf den Titel haben, und sind zu diesem Testfeld gekommen, das die besten aktuellen Gravel-Bikes umfasst. Entscheidend war dabei für uns auch, die Marken einzuladen, die für euch am relevantesten sind. Anhaltspunkte dazu bekommen wir von euch aus unserer jährlichen Leserumfrage. Darüber hinaus haben wir aber auch einige Exoten wie das Ritte, Fustle und ARC8 eingeladen, die aufgrund ihrer Eigenständigkeit und Besonderheiten eine erfrischende Ergänzung zum restlichen Testfeld darstellen.
Bike | Preis | Gewicht | Antrieb |
---|---|---|---|
3T Exploro Race EKAR 1X13 (Zum Test) |
5.399 € | 8,38 kg [56] | Campagnolo 1×13 |
ARC8 Eero (Zum Test) |
4.175 € | 8,44 kg [M] | Shimano Di2 1×11 |
BMC URS 01 ONE (Zum Test) |
8.999 € | 8,02 kg [L] | SRAM eTap AXS 1×12 |
Cannondale Topstone Carbon Lefty 3 (Zum Test) |
7.499 € | 9,75 kg [M] | SRAM eTap AXS 1×12 |
Canyon Grail CF SLX 8 eTap (Zum Test) |
4.779 € | 8,22 kg [M] | SRAM eTap AXS 2×12 |
Fustle Causeway GRX600 (Zum Test) |
2.276 € | 9,84 kg [M/L] | Shimano 1×11 |
OPEN WI.DE. (Zum Test) |
7.600 € | 8,28 kg [L] | SRAM eTap AXS 1×12 |
Ridley Kanzo Fast (Zum Test) |
5.684 €* | 8,56 kg [M] | Shimano Di2 1×11 |
Ritte Satyr (Zum Test) |
3.939 € | 8,80 kg [L] | Shimano 1×11 |
ROSE BACKROAD FORCE ETAP AXS LIMITED (Zum Test) |
4.949 € | 8,65 kg [57] | SRAM eTap AXS 2×12 |
ROSE BACKROAD AL GRX RX600 1X11 (Zum Test) |
1.799 € | 9,74 kg [57] | Shimano 1×11 |
Specialized S-Works Diverge (Zum Test) |
10.999 € | 8,66 kg [56] | SRAM eTap AXS 1×12 |
Trek Checkpoint (Zum Test) |
5.653 € | 8,57 kg [56] | SRAM eTap AXS 1×12 |
* inkl. Custom Lackierung | Ø 5.673 € | Ø 8,76 kg |
Wie ihr seht, haben wir mit dem Fustle Causeway und dem ROSE BACKROAD AL zwei Bikes mit Alurahmen und mit dem Ritte Satyr ein Rad mit Stahlrahmen im Test. Während alle anderen Bikes auf ein Carbonrahmenset setzen, unterscheiden sie sich trotzdem deutlich in ihren Geometrien, aerodynamischen Optimierungen, Steifigkeits- und Komfortwerten. Zusätzlich kommen auch diverse Laufradkonfigurationen, Antriebssystemen und Bremsen-Setups zum Einsatz. Trotz der beachtlichen Ausstattungsunterschiede bewegt sich das Gewicht der Bikes in einem relativ engen Rahmen von 8,02 bis 9,84 kg und liegt im Durchschnitt bei 8,76 kg.
Außer den Bikes musste sich auch unser Support-Car einem Härtetest unterziehen. Der von SEIKEL verfeinerte VW Crafter 35 4Motion beeindruckt nicht nur auf dem Datenblatt mit einer Fahrwerkhöherlegung von ca. 30 mm, Rockslidern, durchgehendem Unterbodenschutz, Turbo-Snorkel, Getriebeentlüftung und 410 Nm Drehmoment. Gravel-Traumvan? Check!
Ein wenig träumen wird ja noch erlaubt sein.
Warum sind die Gravel-Bikes im Test so teuer?
In diesem Vergleichstest geht es uns darum, das beste Allround-Gravel-Bike zu küren. Entsprechend haben sich die Hersteller nicht lange bitten lassen und in vielen Fällen ihre absoluten Highend-Modelle und damit auch Technologieträger in den Test geschickt. Als Konsequenz weist unser Testfeld einen beachtlichen Durchschnittspreis von 5.673 € auf. Ist das abgehoben und realitätsfremd? Unsere diesjährige Leserumfrage mit weit über 8.000 Teilnehmern hat ergeben, dass ihr im Schnitt 4.162 € für euer nächstes Bike ausgeben wollt. Ob das viel oder wenig ist, das wisst nur ihr. Wer sind wir zu beurteilen, wie viel Geld ihr für euer nächstes Bike ausgeben möchtet? Fakt ist: Einige Bikes im Test kann man der mittleren Preisklasse zuordnen und außerdem ist nahezu jedes Bike im Vergleichstest auch in günstigeren Ausstattungsvarianten zu haben. Unsere Testerkenntnisse lassen bis zu einem gewissen Grad Rückschlüsse auf das Fahrverhalten preisgünstiger Alternativen zu, denn die Geometrie bleibt unabhängig vom Preispunkt die gleiche. Allerdings solltet ihr dabei auf dem Schirm haben, dass einige Hersteller wie beispielsweise Trek und Specialized bei günstigeren Modellen auf einen kostengünstigeren Carbonverbund zurückgreifen, der entsprechend andere Fahreigenschaften aufweisen kann. Gleichzeitig bieten Hersteller wie 3T, OPEN und BMC ihre Rahmen in der gleichen hochwertigen Qualität als Rahmenset und mit günstigeren Ausstattungen an. Ungeachtet dessen möchten wir an dieser Stelle zwei Dinge festhalten:
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Würden wir uns bei der Suche nach dem besten Gravel-Bike an einer bestimmten Laufraddimension, Materialzusammensetzung, Schaltgruppenbauweise oder eben Preisklasse aufhängen, könnten wir auch gleich bei der Suche nach dem besten Wein nur die Sorten mit dem höchsten Alkoholgehalt vergleichen. Wäre zwar auch lustig für uns, aber im Ergebnis falsch …
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Ein wenig träumen wird ja noch erlaubt sein.
Was kostet ein gutes Gravel-Bike?
Auch wenn ihr an dieser Stelle eine konkrete Summe hören wollt: Ganz so einfach ist es leider nicht. Dafür sind die Ansprüche und Anforderungen an das jeweilige Gravel-Bike zu unterschiedlich. Wir können euch jedoch beruhigen – den oben genannten Durchschnittspreis müsst ihr nicht zwangsläufig ausgeben, um ein gutes Rad für den Schotter zu erhalten. Wie hoch die Einstiegssumme in die Gravel-Welt genau ist und was ihr beim Kauf noch alles beachten müsst, lest ihr hier in unserer ausführlichen Gravel-Bike-Kaufberatung.
Wo haben wir getestet?
Wir haben die Bikes für diesen Vergleichstest sowohl auf unserer Schotter-Teststrecke zwischen Leonberg und Stuttgart als auch auf den Gravel-Pisten der Dolomiten getestet. Dabei ging es nicht darum, die Grenzen des Machbaren auf den Testrädern zu verschieben, sondern sie unter gleichbleibenden Bedingungen im direkten Vergleich zueinander zu fahren. Die Region um St. Vigil bietet dafür groben und losen Schotter, Wurzelpassagen und aufgebrochenen Asphalt auf endlosen Sträßchen. Die steilen Anstiege und Downhills sind ein Härtetest für Fahrer und Material. Unsere heimatliche Teststrecke glänzt hingegen mit langen, geraden und komprimierten Schotterautobahnen. Da wir in dieser Region bereits eine Vielzahl von Rädern getestet haben, wissen wir, was Bikes in der Regel auf diesen Strecken können oder eben nicht können. Dadurch hatten wir auch die Performance von Rädern als Referenz, die diesmal nicht im Testfeld aufgetaucht sind. Da wir auf der Suche nach dem besten Allround-Gravel-Bike sind, haben wir darauf geachtet, eine Streckencharakteristik zu wählen, wie sie bei vielen Touren auf dem Gravel-Bike wiederzufinden ist. Mit unseren Test-Bikes sind wir bei jedem Wetter gependelt, über Forstwege, Schotterautobahnen und manchen Trail geheizt – manchmal entspannt, manchmal am Limit. Manchmal bei schönstem Kaiserwetter manchmal bei Nieselregen und entsprechend durchweichten Böden.
Während unseres Tests in Südtirol waren wir zu Gast im Excelsior Dolomites Life Resort. Hier gibt es alles, was das Sportlerherz begehrt!
Unsere Testkriterien: Was macht ein gutes Gravel-Bike aus?
„I was born ready“, „do-it-all“, „no limits“ – ein gutes Gravel-Bikes muss für vielerlei Schandtaten bereit sein, ohne Zögern, ohne Murren und ohne Überraschungen. Ein hohes Maß an Sicherheit und optimale Allround-Eigenschaften zeichnen ein gutes Gravel-Bike ebenso aus wie eine gehörige Portion Komfort für lange Tage im Sattel! Um für unterschiedlichste Einsatzgebiete gewappnet zu sein, sollte das Bike natürlich auch über eine gewisse Leichtfüßigkeit und Agilität für die schnelle Feierabendrunde und ausreichend Anpassungsfähigkeit für das mehrtägige Abenteuer oder den alltäglichen Commute verfügen. Außerdem funktioniert das ideale Gravel-Bike nicht nur tadellos, sondern punktet auch in Sachen Verarbeitung und Style. Denn wenn man schon mal etwas macht, kann man es auch gleich richtig machen. Die Summe aller vorangehenden Punkte ergibt letztlich das übergeordnete und wichtigste Kriterium: Fahrspaß! Laborwertfetischisten mögen sich jetzt stirnrunzelnd fragen, ob man das messen kann und die Antwort ist ein klares Ja. Im Folgenden haben wir die einzelnen Kriterien zu diesem Zweck aufgeschlüsselt.
Handling
In Sachen Handling haben wir darauf geachtet, wie agil ein Bike auf einer Skala von quirlig/verspielt bis laufruhig/träge ist. Wird es bei schnellen Richtungswechseln unruhig oder schaukelt sich gar auf? Wie werden die Lenkimpulse des Fahrers umgesetzt und wie verändert sich das Kurvenverhalten des Bikes auf unterschiedlichen Untergründen? Ein gutes Gravel-Bike zeichnet sich durch eine perfekte Balance aus Agilität und Laufruhe aus. Die Impulse des Fahrers sollten direkt umgesetzt werden, ohne das Bike aus der Ruhe zu bringen. Das ideale Rezept für diesen Cocktail ist ein gut aufeinander abgestimmter Mix aus Geometrie, Gewichtsverteilung, Sitzposition und Verwindungssteifigkeit des Rahmensets. Denn bei einem guten Drink sollte man auch nicht nur eine Zutat herausschmecken können!
Sicherheit, Kontrolle und Vertrauen
… sind besonders dann wichtig, wenn man die perfekten Untergründe verlässt und sich auf Entdeckertour ins Unbekannte begibt. Dabei hilft ein einfach zu kontrollierendes Bike nicht nur, entspannter ans Ziel zu kommen, sondern auch, die Fahrt selbst mehr zu genießen und sich auf das Erlebnis statt auf die Bewältigung der nächsten Kurve zu konzentrieren. Ein intuitives Handling und einfach zu modulierende Bremsen sind dabei genauso wichtig wie eine ausbalancierte Gewichtsverteilung auf dem Bike und genügend Grip in jeder Situation. Außerdem sollte das Bike belastbar und zuverlässig sein. Denn nur wer sich zu 100 % auf sein Material verlassen kann, ist in der Lage, ohne Bedenken Neues zu entdecken und sicher ans Ziel zu kommen.
Komfort
Zu viel Compliance kann aus jeder noch so schönen Tour einen schwammigen Alptraum machen. Das Gleiche gilt allerdings für unnötig versteifte Bikes, die selbst die kleinste Unebenheit ungefiltert an den Fahrer weitergeben. Für uns war daher ausschlaggebend, das Komfortlevel des gesamten Bikes zu betrachten. Folglich ging es uns nicht um die Ergonomie von Kontaktpunkten wie dem Sattel, denn hier entscheiden persönliche Vorlieben. Vielmehr war uns das Dämpfungsverhalten des Systems wichtig – das Zusammenspiel aus der Eigendämpfung von Reifen sowie Rahmen-Set und der Compliance sämtlicher Anbauteile. Dabei ist nicht maximale Nachgiebigkeit Trumpf, sondern ein ausbalanciertes Maß an Komfort. So kann beispielsweise ein sehr steifes Rahmen-Set mit großvolumigen Reifen, einem Cockpit mit hoher Compliance und komfortablen Laufrädern harmonieren, während die gleiche Ausstattung bei einem Rahmen-Set mit viel Compliance zu einem undefinierten und schwammigen Fahrgefühl führt. Wichtig ist in diesem Kontext, dass der Komfort mehr als nur eine Quelle haben sollte. Trifft ein sonst sehr straffes Gesamt-Setup beispielsweise auf sehr nachgiebige Cockpit-Komponenten oder Laufräder, kann das einen negativen Einfluss auf das Handling des Bikes haben.
Außerdem sollten nachgebende Teile gedämpft sein. Folglich dämpft ein gutes Gravel-Bike effektiv, ohne dabei undefiniert zu sein – es „federt“ also gedämpft und schnippt nicht wie eine Sprungfeder in die Ausgangsposition zurück. Denn ungedämpfte Nachgiebigkeit führt dazu, dass sich das Bike eher aufschaukelt und den Fahrer mehr strapaziert, als ihn zu entlasten. Durch das richtige Maß an Komfort kommt man also entspannter ans Ziel, bleibt unterwegs frischer und hat in kniffligen Situationen mehr Körner zur Verfügung und mehr Kontrolle über das Bike. Damit hat das Kriterium Komfort direkten Einfluss auf das eigene Wohlbefinden und die bereits angesprochenen Punkte Sicherheit, Kontrolle und Vertrauen.
Beschleunigung und Speed
Egal ob beim Antritt vor dem Café, beim kurzen Sprint am Gegenhang oder bei der Highspeed-Attacke auf dem Feldweg: Ein leichtfüßiges Bike generiert Vortrieb und damit Glücksgefühle. Hier ist ein geringes Massenträgheitsmoment ebenso wichtig wie die Gewichtsverteilung. Auch das Profil der Reifen spielt eine bedeutende Rolle. Außerdem sollte sich das Rad nicht nur schnell beschleunigen, sondern sich auch effizient auf Geschwindigkeit halten lassen. Denn auf dem Gravel-Ride will man natürlich die Natur genießen, aber hin und wieder auch verschiedene Landstriche zügig durchqueren, wenn einem danach der Sinn steht. Ähnlich wie beim Rennrad wird das Gesamtpaket erst stimmig durch die richtige Balance aus Gewichtsverteilung der Komponenten und Sitzposition des Fahrers. Letztlich spielen persönliche Vorlieben bei der Wahl der Anbauteile eine große Rolle: Soll es ein bisschen mehr Carbon-Bling und sportliche Performance sein oder legt man den Fokus auf metallische Robustheit und Zuverlässigkeit?
Look und Verarbeitung
Hand aufs Herz: Wer hat auf einer Runde mit dem Bike noch nicht in eine spiegelnde Fensterfront geschaut und so geprüft, ob die Sitzposition stimmt und man gerade eine gute Figur macht? Die eigene Eitelkeit mag unterschiedlich starke Ausprägungen annehmen und natürlich setzt hier jeder seine eigenen Schwerpunkte, aber eines steht fest: Wer sein Rad gerne anschaut, ist eher gewillt es auszuführen und pfleglich zu behandeln. Es punktet also ein Bike, das einen nicht nur ästhetisch anspricht, sondern auch hochwertig verarbeitet und montiert ist und harmonisch aufeinander abgestimmte Komponenten besitzt! Unsere Hypothese lautet dementsprechend: Mehr Bike-Sexappeal ergibt eine höhere Laufleistung und allgemein eine vermehrte Ausschüttung von Glückshormonen. Das folgende Kriterium wird diesen Fakt wissenschaftlich belegen.
Fahrspaß
„Viel hilft viel“ passt als Credo wohl für kein Testkriterium so gut wie für dieses. Die Dimension Fahrspaß speist sich aus allen oben genannten Kriterien und ist letztlich für uns der Index schlechthin! Wir haben das Glück, mit Jonas einen Doktor der Chemie in unserer Redaktion sitzen zu haben. Da er den Vorschlag einer ausführlichen Analyse unserer Dopamin-, Serotonin- und Endorphin-Level nach jeder Testrunde für nicht umsetzbar hielt, haben wir uns wie bereits im vergangenen Jahr an der von uns aufgestellten Gravelitätstheorie orientiert. Also wieder Lupe und Rechenschieber raus und dann ab zur Kontrolle:
Wer hat getestet und wie definieren unsere Tester Fahrspaß?
Tops und Flops
Oft sind es die kleinen Details, die den Unterschied machen: innovative Technologien, gelungene Integration, erstklassige Verarbeitung und clever gewählte Komponenten. Hier findet ihr alle Tops und Flops der Bikes aus unserem großen Gravel-Vergleichstest.
Tops
Flops
Was ist das beste Gravel-Bike?
Wer ist der neue Gravel-Gott? Die Suche nach dem besten Allround-Gravel-Bike 2021 hat uns durch vielseitigstes Terrain auf den Gravel-Olymp geführt – von den heimischen Wäldern und dem Stuttgarter Stadtverkehr bis in die alpinen Gravel-Pfade der Dolomiten. Am Ende der Testtage standen heiße Diskussionsrunden an – und ultimativ stand ein klarer Gewinner fest!
Das beste Gravel-Bike 2021:
OPEN WI.DE.
In einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Specialized Diverge hat sich das OPEN WI.DE. letztlich durchgesetzt und den Testsieg nach dem direkten Vergleich der 13 hochkarätigen Modelle ergattert.
Warum? Das OPEN ist der ultimative Allrounder und leistet sich in keiner Situation signifikante Schwächen. Das Gravel-Bike von Andy Kessler und Gerard Vroomen generiert ein ausgewogenes Maß an Compliance und Eigendämpfung – und dafür musste noch nicht mal jemand eigens ein Komfortsystem erfinden und mit Patent schützen. Mit dem intuitiven und ausgeglichenen Handling kommen alle Gravel-Fans vom Einsteiger bis zum Profi auf ihre Kosten. Nachdem uns das Bike im letzten Vergleichstest aufgrund seiner Ausstattung mit einem 650 x 54B-Laufrad-Reifen-Setup nicht vollends überzeugen konnte, sind die Spezifikation des OPEN WI.DE. in der limitierten Pistachio-Edition zu 99,9 % perfekt. Das vom Reifenhersteller Ultradynamico designte Bike ist zwar zum Erscheinungsdatum dieses Tests längst ausverkauft, doch findet ihr die ausführliche Auflistung der Komponenten in unserem Test. Dank der sogenannten Ready-to-Paint-Modelle von OPEN könnt ihr euch sogar beim Look eures Traum-Bikes voll austoben und seid nicht nur auf die erhältlichen Farboptionen beschränkt. Gravel-Herz, was willst du mehr?
Unser Gravel-Kauftipp:
ROSE BACKROAD AL GRX RX600 1X11
Der GRAN FONDO-Kauftipp geht an das ROSE BACKROAD AL GRX RX600 1X11. Für einen Preis von 1.799 € gibt es hier richtig viel Bike fürs Geld!
Es glänzt mit seiner hohen Laufruhe und der bequemen Sitzposition nicht nur auf Gravel-Touren, sondern eignet sich aufgrund der vielen Anschraubpunkte für Schutzbleche, Trinkflaschen, Gepäckträger und Seitenständer sogar als Alltags-Commuter. Gelegenheits-Graveller, Multisportler, die außer dem Radfahren auch noch andere Hobbys haben oder Schotter-Fans mit begrenztem Budget finden hier ein zuverlässiges Bike mit intuitivem Handling und hohem Sicherheitsgefühl, das sich sowohl auf der Straße als auch der Schotterpiste wohlfühlt.
Weitere spannende Bikes im Test
Bikes, die alles gut können, sind längst nicht perfekt. So sind unter unseren Test-Bikes auch ein paar Modelle, die nicht unbedingt als Allrounder punkten, aber für einige Spezialisten von euch sehr interessant sein sollten! Wer auf der Suche nach sportlicher Gravel-Performance ist, ein höchst präzises und direktes Handling schätzt, sollte sich das Specialized S-Works Diverge einmal genauer anschauen. Richtungsweisende Technologien treffen hier auf ausgefeilte Detaillösungen und ergeben ein Gesamtkonzept, das mit seiner Spritzigkeit und seinem Komfort punktet.
Für alle Freunde der Falllinie bietet Fustle mit dem Causeway GRX600 ein Gravel-Bike mit MTB-Genen. Mit seiner progressiven Geometrie, der robusten Bauweise und zahlreichen Anschraubpunkten eignet es sich für den Trail-Einsatz nach Feierabend ebenso gut wie für das Bikepacking-Abenteuer im groben Gelände.
Bikepacking mit dem Gravel-Bike
Wer unsere Ausgaben liest oder regelmäßig unsere Website besucht, wird unseren Test der besten Bikes fürs Bikepacking nicht verpasst haben. Mit dem Specialized Diverge und dem ROSE BACKROAD haben wir gleich zwei Modellplattformen im Gravel-Testfeld, die ihr Können auch in unserem großen Bikepacking-Vergleichstest unter Beweis stellen mussten. Wie wir dort gelernt haben, ist grundsätzlich jedes Bike ein Bikepacking-Bike, doch die Tücken liegen wie so oft im Detail. Wenn ihr mehr zum Thema Bikepacking erfahren möchtet, solltet ihr euch diesen Artikel unbedingt genauer ansehen – genauso wie unseren umfangreichen Bikepacking-Crashkurs, in dem ihr alles über Bikes, Equipment, Tourenplanung und Übernachtung findet.
Der Verlierer in diesem Gravel-Vergleichstest
Das Ritte Satyr hat uns mit seinem hochwertigen Rohrsatz und der Kombination aus klassischer Formsprache und modernen Features direkt in seinen Bann gezogen. Leider kann seine Fahrperformance mit dem optischen Eindruck nicht mithalten und im Vergleich zur starken Konkurrenz in diesem Test ist es der klare Verlierer. Warum? Ein deutlicher Toe-Overlap, ein zu geringer Gesamtkomfort, Reifen, die schnell an ihr Griplimit kommen, und eine vergleichsweise geringe Reifenfreiheit des Hinterbaus. Wir wollen damit nicht sagen, dass das Ritte per se ein schlechtes Bike ist – als Allroad-Bike macht das Satyr zum Beispiel eine gute Figur. In diesem Einsatzbereich kann es für einige von euch ein super Bike sein. Gemessen an den vorher definierten Testkriterien wies allerdings kein anderes Rad im Testfeld derart stark ausgeprägte Schwächen auf.
Die Konkurrenz
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Text: Fotos: Valentin Rühl