Wie schneidet ein moderner, ungefederter Gravel-Allrounder im direkten Vergleich mit gefederten Gravel- und Mountainbikes ab? Wir wollten das herausfinden und haben das Canyon Grizl CF SL 8 1by mit in unseren Konzept-Vergleich aufgenommen. Hier erfahrt ihr alle Details und Testergebnisse.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest
Das Canyon Grizl CF SL 8 1by erweitert das Gravel-Bike-Portfolio der Koblenzer Bike-Brand und ist bereit, es mit den 5 anderen Konzepten in unserem Vergleichstest aufzunehmen. Dafür bekommt das Bike 50 mm Reifenfreiheit und ein modernes Carbonrahmen-Set spendiert. Geht die Rechnung auf?
Das Canyon Grizl CF SL 8 1by im Detail
Auch aus Canyons Sicht sind die Anwendungsbereiche von Gravel-Bikes heute so breit gestreut, dass sie mit einem einzelnen Modell nicht mehr abzudecken sind – und so hat das Canyon Grail (zum Test) Gesellschaft bekommen. Mit den vielen Anschraubpunkten, der Schutzblechaufnahme, der Vorbereitung für Dropperposts und dem klassischen Vorbau-Lenker-Setup lässt das 2.699 € teure Grizl CF SL 8 1by viel Spielraum für Anpassungen nach dem Kauf zu. Das aufgeräumte Rahmendesign polarisiert kein bisschen und erinnert uns in der Hinsicht an einen VW Golf: Auf diesen Look können sich wohl alle einigen, er stößt niemanden vor den Kopf. Details wie die asymmetrischen Kettenstreben oder die integrierte Sattelstützen-Klemmung fügen sich hier natürlich in das Gesamtbild ein und sind erst auf den zweiten Blick auffällig.
Canyon Grizl CF SL 8 1by
2.699 €
Ausstattung
Gabel Canyon FK0087 CF Disc 0 mm
Sattelstütze Canyon S15 VCLS CF 2.0
Bremsen Shimano GRX BR-RX810 160/160 mm
Schaltung Shimano GRX RX800 1x11
Vorbau Canyon V13 80 mm
Lenker Canyon HB50 Gravel AL 440 mm
Laufräder DT Swiss G1800
Reifen Schwalbe G-One R 700 x 40C
Technische Daten
Größe XXS XS S M L XL XXL
Gewicht 9,12 kg
Besonderheiten
kompatibel mit Dropperpost, Schutzblechen und Federgabel
viele Anschraubpunkte am Rahmen-Set für Flaschen und Gepäck
viele Austattungsoptionen zur Auswahl
in Rahmengrößen 2XS und XS mit 650B-Laufrädern
Die asymmetrischen Kettenstreben ermöglichen übrigens eine Baufreiheit für Pneus mit bis zu 700 x 50C. Anders als in der Standardausstattung rollt unser Test-Bike auf Schwalbe G-One R in 700 x 40C daher– ein sehr guter Gravel-Allrounder, wie auch das Bike selbst. Das mit 9,12 kg in Größe M leichteste Bike im Vergleichstest verzichtet auf ein aktives Fahrwerk, will aber mit System-Compliance und besonders mit der Canyon S15 VCLS CF 2.0-Sattelstütze für den nötigen Komfort sorgen. Spoiler: Sie kann den Fahrkomfort deutlich anheben, verfügt außerdem über ausreichend Eigendämpfung für ihren „Federweg“ und hat – anders als am BMC Twostroke – einen deutlich geringen Hang zum Aufschaukeln. Der 1×11-Schaltgruppen-Mix basiert auf der Shimano GRX RX800-Gruppe und Shimano SLX CS-M7000-Kassette, ist erprobt und robust. Die Schaltperformance fällt im Vergleich zum Testfeld allerdings ab – zusammen mit der Schaltgruppe am Fustle ist sie die indirekteste Schaltgruppe im Test. Grund dafür sind lange Hebelwege und das vergleichsweise schwammige Schalt-Feedback am Hebel.
Das Grizl ist eine super vielseitige Basis für individuelle Gravel-Bike-Setups!
Größe | 2XS | XS | S | M | L | XL | XXL |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 432 mm | 462 mm | 492 mm | 522 mm | 552 mm | 582 mm | 612 mm |
Oberrohr | 532 mm | 541 mm | 562 mm | 574 mm | 588 mm | 612 mm | 627 mm |
Steuerrohr | 121 mm | 133 mm | 118 mm | 138 mm | 164 mm | 185 mm | 204 mm |
Lenkwinkel | 70,0° | 71,0° | 71,0° | 72,3° | 72,5° | 72,8° | 72,8° |
Sitzwinkel | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Kettenstrebe | 420 mm | 420 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
BB Drop | 60 mm | 60 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm |
Radstand | 1.007 mm | 1.007 mm | 1.036 mm | 1.037 mm | 1.050 mm | 1.072 mm | 1.086 mm |
Reach | 377 mm | 382 mm | 397 mm | 402 mm | 409 mm | 427 mm | 436 mm |
Stack | 522 mm | 537 mm | 556 mm | 579 mm | 605 mm | 626 mm | 644 mm |
Das Canyon-Gravel-Bike im Test: Unser Fahreindruck
In Sachen Leichtfüßigkeit und Antrittsstärke lässt das Canyon das Testfeld auf kompakten Untergründen geschlossen hinter sich. Einzig auf losen Untergründen kommen zwei Bikes leichter auf Speed: Dort hat das BMC Twostroke aufgrund des Reifenprofils mehr Traktion, für das Trek Supercaliber gilt das Gleiche aufgrund seines Fahrwerks. Wie auch am Fustle ist die Übersetzung mit dem 40T-Kettenblatt und der 11–42T-Kassette für steile Anstiege zu schwer – hier muss man früh in den Wiegetritt gehen und auf steilen Schotterrampen verliert das Canyon so im Vergleich zum Testfeld am schnellsten die Traktion. Einzig auf losen Untergründen kommen zwei Bikes leichter auf Speed: Dort hat das BMC Twostroke aufgrund des Reifenprofils mehr Traktion, für das Trek Supercaliber gilt das Gleiche aufgrund seines Fahrwerks. Auf kompakten Schotterpisten funktioniert das Rad super, lässt sich ausgesprochen berechenbar handeln und glänzt mit einer guten Balance aus Agilität und Laufruhe. Hier ist auch das Komfort-Level dank der Carbon-Sattelstütze und Rahmen-Set-Compliance langstreckentauglich. Wird es ruppiger, spürt man im Sitzen einen deutlichen Unterschied im Komfort von Front und Heck. Wer hier mehr Reserven braucht, sollte sich nicht davor scheuen, die geräumige Reifenfreiheit des Canyon voll auszuschöpfen. Auch die Schwalbe G-One R in 700 x 45C können ein toller Kompromiss zwischen On- und Offroad-Performance sein.
Auf dem Trail und auf steilen Abfahrten bietet das Canyon wenig Bewegungsfreiheit. Gründe dafür sind die fehlende Dropperpost und die Lenker-Ergonomie, die auf eine recht schmale Unterlenkerposition mit nahezu 0° Lenker-Flare setzt. Wird es steil, ist man so in der Fahrposition vergleichsweise stark eingeschränkt und kann den eigenen Körperfederweg nur sehr limitiert zum Einsatz bringen. Hier manövriert man folglich viel über den Lenkeinschlag des Bikes und kann es nicht aktiv unter dem Körper in die Kurven legen. Zum stellenweise auftretenden Traktionsverlust kommt im Explore-Modus auf Wurzeln auch das Klappern der Leitungen und Züge im Carbonrahmen hinzu. Das Vertrauen in die Reserven des Bikes bekommt dadurch einen leichten Knick. Trost spenden da die Alu-Felgen des DT Swiss G1800-Laufradsatzes, die den einen oder anderen Durchschlag ohne fatale Schäden wegstecken können. Insgesamt kann man das Grizl auch im anspruchsvollen Gelände in feinster Underbiking-Manier überraschend weit pushen. Im Vergleich zu den übrigen Bike-Konzepten im Vergleichstest zeigt sich aber, dass man dabei aufgrund der konzeptbedingten Einschränkungen ein gehöriges Fahrkönnen und viel Fitness mitbringen sollte.
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Der perfekte Einsatzbereich für das Grizl
Ohne mit der Wimper zu zucken, kann man den Einsatzbereich des Grizl deutlich vergrößern! Denn im Portfolio der Koblenzer befindet sich auch ein Grizl-Modell mit RockShox Rudy Ultimate-Federgabel. Gemeinsam mit großvolumigeren Reifen und der RockShox Reverb AXS XPLR-Dropperpost würde sie den Einsatzbereich erheblich verbreitern. So wäre das Bike in diesem Konzeptvergleich bedeutend konkurrenzfähiger! Damit zeigt sich, dass die Grizl-Plattform tatsächlich viel vielseitiger ist, als unser Test-Bike das im Test vermuten ließ. Denn dort glänzte es besonders auf kompakten Schotterwegen und asphaltierten Straßen durch berechenbares Handling, viel Speed und langstreckenkompatiblen Komfort. Besteht der Untergrund aus faustgroßen Steinen oder geht es sehr steil hoch und runter, ist das Bike jedoch am Limit.
Technische Daten
Canyon
Grizl CF SL 8 1by
Größe: XXS XS S M L XL XXL
Gewicht: 9,12 kg
Preis: 2.699 €
Unser Fazit zum Grizl CF SL 8 1by
Mit dem Canyon Grizl CF SL 8 1by werden alle glücklich, die ein gutmütiges Bike für Einsätze auf Asphalt und Schotter im welligen Terrain suchen. Hierfür bietet es ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis! Um steile Landschaften oder gröbere Untergründe zu bezwingen, bietet Canyon allerdings bessere Ausstattungspakete für die Grizl-Rahmenplattform. Denn die Ausstattung unseres Test-Bikes blieb hinter der eigentlichen Vielseitigkeit des Rahmens zurück und konnte daher auch nicht mit dem restlichen Testfeld mithalten.
Tops
- bereitwilliger Antritt und hoher Speed auf Hardpack
- sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- ausgesprochen viele Anschraubpunkte
- hohe Vielseitigkeit der Rahmenplattform
Flops
- Cockpit-Ergonomie und -Compliance
- hohe Geräuschkulisse durch klappernde Züge
- Einsatzbereich durch Ausstattungspaket im Vergleich limitiert
Mehr Informationen findet ihr unter canyon.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest
Alle Bikes im Test: BMC Twostroke 01 ONE (Zum Test) | BMC URS LT ONE (Zum Test) | Canyon Grizl CF SL 8 1by | Fustle Causeway TRAIL Lite (Zum Test) | Lauf True Grit SRAM XPLR Edition (Zum Test) | Trek Supercaliber 9.8 GX (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
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Text: Fotos: Benjamin Topf