Das BMC URS LT ONE will als Gravel-Fully mit kleinem Federweg gerüstet sein für das ganz große Abenteuer. Ob es die Brücke zwischen dem Gravel- und dem Mountainbike-Bereich schlagen kann und wie es im Vergleich mit dem hochkarätigen Testfeld abschneidet, erfahrt ihr hier.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest

BMC URS LT ONE | 20 mm (v) | 9,52 kg in Größe L | Hersteller-Website

Das Gravel-Fully baut auf dem URS 01-Gravel-Bike auf: Den Rahmen hat es eins zu eins übernommen und bekam dann noch ein LT im Namen für Long Travel spendiert. Die große Neuheit steckt in der Front, hört auf den Namen MTT Suspension-Federgabel und soll das Komfortlevel des Gravel-Bikes auf ein neues Niveau heben. Doch was genau steckt dahinter?

Das BMC URS LT ONE im Detail

BMC wagt den Sprung ins kalte Wasser und stellt das erste Gravel-Fully des Portfolios vor. Nachdem wir dem URS 01 ONE (zum Test) eine Komfort-Dysbalance zwischen Front und Heck attestiert hatten, waren wir sehr gespannt, was die brandneue Federgabel mit ihren 20 mm dagegen ausrichten kann. Sie ist in Kooperation mit HiRide – einem italienischen Spezialisten für Federungssysteme – entstanden und basiert auf einer Stahlfeder und einem Hydraulikdämpfer, die bereits zu Beginn des Federwegs und bei kleinen, Gravel-typischen Schlägen sensibel ansprechen sollen. Für das HiRide-System sind drei verschiedene Federhärten und drei verschiedene Preload-Spacer erhältlich. Mit dem Spacer soll der empfohlene SAG von ca. 5 mm eingestellt werden, womit abzüglich der oberen und unteren Endanschläge ein effektiver Federweg von ca. 12 mm zur Verfügung steht. Ab Werk sind die mittelharte Feder und der mittelgroße Spacer verbaut, so war das auch bei unserem Test-Bike. Sie zu wechseln bedarf leider Spezialwerkzeug – ein Besuch beim BMC-Händler ist also unerlässlich und ein Setup-Wechsel unterwegs unmöglich. #setandforget

Muss man sehr bestimmt ansprechen
Das Ansprechverhalten des HiRide-Systems zeigt sich im Vergleich zu den Federgabeln im Test weniger sensibel. An unserem Test-Bike schleifte außerdem die Bremsleitung an der Abdeckung.
I got you
Egal wie steil die nächste Rampe auch sein mag: Die enorme Bandbreite der SRAM Mullet-Schaltgruppe von 520 % macht aus dem Klettern einen Klacks!
Hier ist das Gravel-Fully!
Micro Travel Technology von vorne bis hinten – so bekommt der Fahrer von kleinen Vibrationen und welligen Kompressionen deutlich weniger mit.

BMC URS LT ONE

7.999 €

Ausstattung

Gabel BMC Micro Travel Technology Suspension Fork 20 mm
Sattelstütze BMC URS 01 Premium Carbon D-Shaped
Bremsen SRAM Force eTap AXS HRD 180/160 mm
Schaltung SRAM Force eTap AXS mit X01 Eagle AXS-Schaltwerk 1x12
Vorbau BMC MSM02 80 mm
Lenker Easton EA70 AX 440 mm
Laufräder CRD-400 SL Carbon
Reifen WTB Raddler 700 x 40C

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 9,52 kg

Besonderheiten

Gravel-Fully mit 20 mm Federweg vorne und 10 mm am Heck
kompatibel mit Gepäckträger, Schutzblechen und max. 4 Flaschenhaltern
Kabel für Nabendynamo intern verlegbar
MTT, TCC, HDGDL – Bike strotzt vor Tech-Akronymen 😉


Da muss man einmal durch
Die integrierte Sattelstützenklemmung ist optisch ein Genuss. Wer die Sattelhöhe verstellen will, muss ihre enorme Klemmkraft bei gelöster Schraube jedoch erst mal mit einem beherzten Schlag auf den Sattel überwinden. Im Normalfall tut man das ja glücklicherweise nicht jeden Tag.
Rien ne va plus
Offiziell soll das BMC URS LT ONE Pneus mit bis zu 700 x 45C aufnehmen können. In Anbetracht der Baufreiheit rund um die WTB Raddler-Pneus in 700 x 40C könnte das knapp werden.
Auf oder zu
Per Drehrad lässt sich der Lockout der HiRide-Gabel einstellen, die Zwischenschritte sind jedoch kaum zu spüren.

Am oberen Ende des Gabelschafts befindet sich der Lockout-Drehknopf. Ein Vorbauwechsel ist möglich, benötigt aber Alternativen mit einer 1 ¼”-Öffnung. Am Heck sorgt die Micro Travel Technology dank Elastomer und nachgiebiger Hinterbau-Konstruktion für 10 mm Federweg. Unser Test-Bike in Größe L brachte 9,52 kg auf die Waage und machte seinem MTB-/Gravel-Crossover-Status auch mit einem Bashguard am Unterrohr, dem ausgeprägten Kettenstrebenschutz, der 180 mm großen Bremsscheibe an der Front und der SRAM Mullet-Schaltgruppe alle Ehre. Letztere besteht aus SRAM Force eTap AXS-Kurbeln und -Controllern, einem X01 Eagle AXS-Schaltwerk und einer SRAM XG-1275 Eagle-Kassette mit 520 % Bandbreite. Dank dem erhältlichen Einsatz kann man auch eine hydraulische Dropperpost im Standardmaß 27,2 mm montieren. Trotz vieler Features schafft es BMC, das Erscheinungsbild des URS LT ONE ausgesprochen aufgeräumt zu halten. Die innenverlegten Bremsleitungen, die kabellose Schaltung und das Design der Federelemente tragen ihren Teil dazu bei. Auch die integrierte Sattelstützenklemme und der Verzicht auf eine Montagemöglichkeit für den Umwerfer tun ihr Übriges. Wie beim Rahmen des URS 01-Gravel-Bikes ist bei der Einstellung der Sattelhöhe also beherzter Körpereinsatz gefragt und ausschließlich die Montage von 1-fach-Antrieben möglich. BMC spendiert den CRD-400 SL Carbon-Laufrädern WTB Raddler-Pneus in 700 x 40C, die die verfügbare Reifenfreiheit voll ausnutzen. Für 7.999 € geht das URS LT ONE so über die Ladentheke.

Micro Travel Technology von vorne bis hinten – so bekommt der Fahrer von kleinen Vibrationen und welligen Kompressionen deutlich weniger mit.

Größe S M L XL
Sattelrohr 431 mm 459 mm 492 mm 527 mm
Oberrohr 557 mm 578 mm 591 mm 612 mm
Steuerrohr 113 mm 146 mm 172 mm 207 mm
Lenkwinkel 70,0° 70,0° 70,0° 70,0°
Sitzwinkel 74,0° 74,0° 74,0° 74,0°
Kettenstrebe 425 mm 425 mm 425 mm 425 mm
BB Drop 69 mm 69 mm 69 mm 69 mm
Radstand 1.041 mm 1.064 mm 1.081 mm 1.105 mm
Reach 403 mm 415 mm 419 mm 429 mm
Stack 538 mm 569 mm 603 mm 641 mm
Helm POC Ventral SPIN | Brille Oakley Sutro Lite | Shirt Isadore Gravel Jersey 3/4 Sleeve
Shorts Isadore Medio Winter Bib Shorts | Schuhe Dromarti Sportivo Touring Terra
Socken Isadore Echelon Socks

Das BMC-Gravel-Fully im Test: Unser Fahreindruck

Je steiler das Gelände, desto mehr dreht das BMC URS auf. Selbst steilste Anstiege sind kein Problem – hinsetzen und kurbeln dank der „Granny-Gear“ (38T-Kettenblatt und 10–52T-Kassette)! Generell generiert das Bike selbst in anspruchsvollen Situationen bereitwillig Vortrieb. Grund dafür ist die hohe Traktion am Heck, die das Bike dem MTT-System und den grobstolligen Pneus verdankt. Es glänzt mit einer sehr guten Durchzugsstärke sowie einer tollen Effizienz und ist damit wie gemacht für lange und ausgedehnte Touren auf Waldwegen, Pfaden und Schotterpisten aller Couleur. Die Befürchtung, dass die Federung einen negativen Einfluss auf die Effizienz haben könnte, stellt sich als unbegründet heraus. Vielmehr verbessert es sie sogar noch, da Schläge gedämpft werden und ihr im Flow bleiben könnt. Bei vereinzelten größeren Schlägen und bei vielen kleineren Wurzeln funktioniert das System am besten. Folgen zu viele größere Schläge aufeinander, kommt das tendenziell überdämpfte System mit dem Ausfedern nicht hinterher und ist auf Anschlag. Das ist aber nicht sonderlich tragisch, weil man in diesen Situationen die Front eines klassischen Gravel-Bikes hat. Der Endanschlag beim Einfedern ist dank des Elastomers sehr gut gelöst und als solcher nicht störend. Anders beim Ausfedern, denn hier kommt es zu einem sehr harten Anschlag am oberen Ende des Federwegs, der mit einem deutlichen Geräusch quittiert wird. In kniffligen Fahrsituationen kann die Geräuschkulisse daher das ansonsten ausgesprochen hohe Sicherheitsgefühl etwas trüben. Während die Lockout-Funktion tadellos funktioniert und felsenfest verriegelt, zeigt sich das Ansprechverhalten des HiRide-Systems im Vergleich zu den anderen Federgabeln im Test eher hakelig. Hauptgrund dafür ist die hohe Reibung.

Das Handling ist auf kompakten Untergründen von dem sehr guten Geradeauslauf des Bikes bestimmt. Bei niedrigen Geschwindigkeiten tendiert die Front mit einem recht flachen 70°-Lenkwinkel zum Kippeln. Viel lieber ist das BMC auf endlosen Geraden und langen, offenen Kurven mit Highspeed unterwegs, wo es seine hohe Laufruhe unter Beweis stellen kann, solange keine großen aufeinanderfolgenden Schläge in Reichweite sind. Bergab profitiert das URS LT von der guten Performance der SRAM-Bremsanlage und vermittelt auch im steilen Downhill ausreichend Sicherheit. Man lässt es hier bedeutend ruhiger angehen als mit dem Twostroke und lenkt ausschließlich über den Lenkeinschlag und nicht, indem man das Bike neigt. Somit ist der Sattel zwar stellenweise immer noch im Weg, das stört jedoch deutlich weniger als beim BMC-MTB-Hardtail. Im anspruchsvollen Gelände werden die WTB-Reifen mit ihrem gemäßigten Profil und dem eingeschränkten Volumen zum limitierenden Faktor. Leider bietet der Rahmen keinen Platz für breitere Pneus, die den Einsatzbereich hier spürbar erweitern könnten.

Tuning-Tipp: Eine große Krux am Konzept des BMC URS LT ONE ist, dass es ist, was es ist. Seine Schwächen sind durch Tuning seitens des Kundens nicht auszumerzen. Entweder passt es zu euch oder eben nicht.

Der perfekte Einsatzbereich für das URS LT ONE

Das URS LT ONE ist gewissermaßen auf der Brücke zwischen Mountainbike-Kosmos und Gravel-Universum gefangen. Es ist deutlich komfortabler als das Konzept des Canyon Grizl, aber auf dem Trail auch deutlich weniger potent als das BMC Twostroke oder das Trek Supercaliber. Im Grunde ist es ein Spezialist für groben Gravel sowie den Explore-Modus und kann auf ausgedehnten Gravel-Touren mit seinem Langstreckenkomfort und der hohen Laufruhe auf kompakten Untergründen punkten. Da das HiRide- und das MTT-System keinen Einfluss auf die Beschleunigung des Bikes haben, kann man auch auf Asphalt durchaus Spaß haben. Sobald der Untergrund richtig ruppig und verblockt ist, ist für das URS LT ONE aber Schluss. Wer ein komfortables Gravel-Bike sucht und nicht auf MTB-Terrain abbiegen will, wird hier fündig.

Technische Daten

BMC
URS LT ONE

Größe: S M L XL
Gewicht: 9,52 kg
Preis: 7.999 €

Einsatzgebiet

Feiner Asphalt 1
Allroad/Gravel 2
Explore-Modus
Trail

Unser Fazit zum BMC URS LT ONE

Das BMC URS LT ONE ist wie gemacht für lange Strecken und so etwas wie der Spezialist unter den Allrounder-Konzepten. Sein bereitwilliger Vortrieb, die hohe Effizienz und der meditative Geradeauslauf auf kompakten Untergründen sprechen für das Bike der Schweizer. Trotz HiRide-System kann das URS LT in Sachen Traktion und Komfort nicht mit der Spitze des Testfelds mithalten. Für das gebotene Maß an Features und die Fully-Bauweise behält es eine schlanke Silhouette und einen klassischen Look bei.

Tops

  • Schaltung mit großer Bandbreiter und intuitiver Schaltlogik
  • kraftvolle Bremsanlage mit gehörigen Reserven
  • Fully mit minimalem Wartungsaufwand
  • hohes Level an Integration

Flops

  • begrenzte Reifenfreiheit limitiert Einsatzgebiet
  • harscher Endanschlag beim Ausfedern des HiRide-Systems

Mehr Informationen findet ihr unter bmc-switzerland.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest

Alle Bikes im Test: BMC Twostroke 01 ONE (Zum Test) | BMC URS LT ONE | Canyon Grizl CF SL 8 1by (Zum Test) | Fustle Causeway TRAIL Lite (Zum Test) | Lauf True Grit SRAM XPLR Edition (Zum Test) | Trek Supercaliber 9.8 GX (Zum Test)


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Text: Fotos: Benjamin Topf