Ist das neue Trek Domane+ SLR 2023 ein Undercover-Agent? Trek verbaut als erster Hersteller den neuen TQ-HPR50-Mittelmotor in einem E-Rennrad und verspricht ein unverfälschtes Rennrad-Erlebnis. In der Topausstattung soll es nur 11,8 kg wiegen. Wir haben das günstigere Modell Trek Domane+ SLR 6 2023 mit Shimano 105 Di2 getestet.

Trek Domane+ SLR 6 2023| 8.999 € | 12,5 kg in Größe 54 | Hersteller-Website

So richtig kam der Stein noch nicht ins Rollen, der Durchbruch von E-Rennrädern im Mainstream blieb bislang aus. Dennoch bieten sie einer Vielzahl an Kunden potenzielle Vorteile – besonders die neueste Generation an E-Rennrädern, die ein nie dagewesenes Level an Integration, Fahrgefühl und Design verspricht. Trek hatte die erste Generation des Domane+ im Jahr 2019 vorgestellt, damals noch mit einem dicken Bosch Performance-Mittelmotor mit 500-Wh-Akku, das satte 17 kg wiegt. Zwei Jahre später kam es dann mit dem dezenteren, deutlich leichteren FAZUA Ride 50-Mittelmotor, sodass am Ende rund 13 kg für das Bike auf der Waage stehen.
Der TQ-HPR50-Mittelmotor soll nun eine neue Generation von E-Rennrädern mit dem Handling und Fahrgefühl eines stromlosen Rennrads auf den Markt bringen und dabei auch optisch unauffällig bleiben. Das Trek Domane+ SLR 2023 will mit diesem Elektromotor sowie weiteren Neuerungen den Inkognito-Modus umsetzen und durch die Endurance-Geometrie auch für lange fahrten geeignet sein. Gelingt das?

Bergauf nicht mehr ins Schwitzen kommen …
… die Unterstützung durch den TQ-HPR50-Mittelmotor macht’s möglich.

Das Herz des Trek Domane+ SLR 2023: der neue TQ-HRP50 E-Motor

Das Motorsystem eines E-Rennrads ist das Herzstück und beeinflusst viele Faktoren wie Fahrgefühl, Gewichtsverteilung und natürlich den Vortrieb. Aktuell setzen viele Rennräder auf Heckmotoren, die in der Hinterradnabe verbaut sind. Die sind zwar leicht und vor allem günstig, allerdings führen sie häufig auch zu einer unausgewogenen Gewichtsverteilung und damit einem trägen, weniger natürlichen Handling. Das Trek Domane+ setzt aus diesem Grund seine Mittelmotor-Tradition fort, jetzt in dem augenscheinlich besten Gesamtpaket.

Besonders bei langen und steilen Anstiegen kann ein E-Rennrad helfen, den Spaß nicht zu verlieren.

1.850 g leicht ist der reine Antrieb des HPR 50-Motors. Inklusive Akku sowie dem neuen, im Oberrohr integrierten 2“-Display und der Remote-Einheit ergibt sich laut Hersteller ein Gewicht von 3.900 g. Dabei unterstützt die Einheit mit bis zu 300 W bei einem maximalen Drehmoment von bis zu 50 Nm. Die Unterstützung lässt sich über drei Stufen (ECO, MID und HIGH) anpassen. Im Vergleich zu anderen E-Rennrädern ist der Akku mit 360 Wh üppiger, allerdings kann dadurch noch keine Aussage zur Reichweite getroffen werden. Diese ist von Faktoren wie Fahrergewicht, Trittfrequenz, Gangwahl, gewählter Unterstützungsstufe, Tretverhalten und – ganz wichtig – der Topografie abhängig. Zum System gehört auch ein optional erhältlicher Range-Extender, der in etwa die Größe einer 500 ml großen Trinkflasche hat, rund 900 g wiegt und 160 Wh mehr Power bringt. Der Ladeport zur Energieeinspeisung ist gut zugänglich über dem Tretlager positioniert.

Eine gute Übersicht über die gewählte Unterstützungsstufe …
… und ein schnelles Umschalten: beides ist beim Trek Domane+ SLR 2023 top integriert.

Das gut ablesbare Display zeigt bei Bedarf die wichtigsten Facts an, wie Akkustand, ungefähre Reichweite und den gewählten Fahrmodus. Ein Clou ist die Ansicht der erbrachten Leistung von Mensch und Maschine in Echtzeit. Über einen verbauten ANT+ Sensor kann auch ein Smartphone oder ein kompatibler Fahrradcomputer mit dem TQ-HPR 50-System verbunden werden. Über die passende TQ-App sind dann am Handy noch weitere Daten ablesbar und das Motorsystem kann individualisiert werden.

Nach dem entspannten Anstieg mit Motorunterstützung …
… kommt die dynamische Abfahrt mit Rennrad-Feeling.

Beim Trek Domane+ SLR 2023 finden sich die Remote-Control-Tasten innenliegend, seitlich der Hoods. Das sorgt für eine sehr gute Erreichbarkeit und damit eine leichte Änderung der Unterstützungsstufen. Die Haptik und der Druckpunkt der Knöpfe wirken zuverlässig und belastbar, die Halterung an den Gummilaschen der Hoods ist hingegen nicht sonderlich stabil. Beim Tastendruck ist ein leises akustisches Signal hörbar.

Gut zu erreichen und damit einfach zu laden: der Anschluss für das Ladekabel.

Features und Design des Trek Domane+ SLR 6 2023

Schon das letzte Modell des Trek Domane+ SLR hat einiges richtig gemacht, wie wir in unserem Test feststellen konnten. Durch den Wechsel auf das neue TQ-HPR 50-System ergeben sich aber auch einige grundlegende Änderungen: Die Kapazität des Akkus ist von 250 Wh auf 360 Wh gestiegen. Zudem ist er jetzt im Unterrohr fest verbaut und kann nicht mehr entnommen werden, was zu weniger Gewicht durch eine dünnere Wandstärke des Unterrohrs führt. Platziert ist der Akku nun hochkantig im Unterrohr, vermutlich um das Design vom Domane ohne extra Power so weit wie möglich zu übernehmen. Allerdings wirkt das Unterrohr in der Seitenansicht überproportional groß, was den sportlichen Gesamteindruck etwas mindert.

Der hochkantig eingebaute Akku (im Bild zur Verdeutlichung nur drangehalten) lässt das Unterrohr klobig erscheinen, v. a. in der Seitenansicht. Im Vergleich zum unmotorisierten Trek Domane SLR wirken die Rohrverhältnisse weniger proportional.
Weniger Q-Faktor …
… ist mehr Rennrad-Feeling.

Wie beim neuen Domane kommt auch beim Domane+ das Top Tube IsoSpeed-System zum Einsatz. In der Kombination mit dem Flex aus dem Seatback bietet es damit gute Compliance für mittelschwere Fahrer um 75 kg. Das neue IsoSpeed-System lässt sich jedoch nicht mehr an das Systemgewicht anpassen, kann so aber 300 g zum Vorgänger-System einsparen. Es versteckt sich ästhetisch integriert unter einer Magnetabdeckung. Auch die große Reifenfreiheit von bis zu 40 mm ist zum Vorgängermodell gewachsen und dürfte den Komfort sowie den Anwendungsbereich des Bikes deutlich ausbauen.

Das neue Top Tube IsoSpeed-System …
… versteckt sich schön integriert unter einer Magnetabdeckung.

Ausstattung, Gewicht und Geometrie des Trek Domane+ SLR 6 2023

Das von uns getestete Trek Domane+ SLR 6 2023 kostet mit Shimano 105 Di2 Schaltgruppe 8.999 € und wiegt rund 12,5 kg. Das Topmodell (Domane+ SLR 9 eTap P1 NOW) liegt bei 14.499 € und bietet dafür die SRAM RED eTap AXS-Schaltgruppe und hochwertigere Parts bei Reifen sowie Sattel. Insgesamt werden von Trek 6 verschiedene Modelle in 7 unterschiedlichen Größen angeboten, alle mit elektronischer Schaltung von Shimano oder SRAM.
Das neue Trek Domane+ SLR 2023 gibt es auch im Trek Project One-Konfigurator. So lässt sich jedes Project One-Modell individuell hinsichtlich Lackierung sowie Ausstattung anpassen. Zudem sind die verfügbaren Designs Premium-Lackierungen und damit besonders hochwertig im Hinblick auf Textur, Farbtiefe und Stimmung.

Project One heißt bei Trek die Möglichkeit zur Individualisierung.

Trek Domane+ SLR 6 2023

8.999 €

Ausstattung

Motor TQ-Drive-HPR50 50 Nm
Batterie TQ 360 Wh
Display TQ LED Display
Sattelstütze Domane Carbon KVF2 Shaping
Bremsen Shimano 105 160/160 mm
Schaltung Shimano 105 Di2 1 x 12
Vorbau Bontrager RCS Pro Carbon 90 mm
Lenker Bontrager Pro IsoCore VR-SF 420 mm
Laufräder Bontrager Aeolus RSL 37
Reifen Bontrager R3 Hard-Case Lite TLR 700C
Kurbeln Praxis Works Carbon 172,5 mm
Kassette Shimano 105 11–34

Technische Daten

Größe 50 52 54 56 58 60 62
Gewicht 12,5 kg

Besonderheiten

großzügige Reifenfreiheit (bis zu 40 mm)
aktiver Komfort durch IsoSpeed am Heck
einfache Montage von Schutzblechen möglich

Die Möglichkeit breite Reifen zu nutzen, kann helfen, den Komfort nochmal deutlich zu erhöhen.
Bis zu 40 mm passen in den Rahmen des Trek Domane+ SLR 2023 rein.

Laut Trek soll das leichteste Trek Domane+ SLR 2023 mit Shimano DURA-ACE Di2-Ausstattung die 12-kg-Grenze knacken und 11,8 kg wiegen. Das von uns getestete Trek Domane+ SLR 6 wiegt 12,5 kg in Rahmengröße 54 cm.

Bei der günstigsten Variante ist das Trek Domane+ SLR 6 2023 mit einer Shimano 105 Di2 12-Speed ausgestattet.
Und auch die hydraulischen Scheibenbremsen kommen aus der 105er Serie.

Geometrie

Die Geometrie des Trek Domane+ SLR 2023 ist – wie es sich für ein Endurance-Bike gehört – komfortabel, denn man sitzt angenehm aufrecht. Ein relativ langer Radstand sorgt außerdem für genügend Laufruhe, um beim Kilometer-Sammeln in der Spur zu bleiben.

Größe 50 52 54 56 58 60 62
Sattelrohr 450 mm 475 mm 500 mm 525 mm 548 mm 567 mm 586 mm
Oberrohr 519 mm 530 mm 542 mm 554 mm 567 mm 579 mm 593 mm
Steuerrohr 130 mm 145 mm 160 mm 175 mm 195 mm 220 mm 245 mm
Lenkwinkel 71,1° 71,3° 71,3° 71,9° 72° 72,1° 72,1°
Sitzwinkel 74,6° 74,2° 73,7° 73,3° 73° 72,8° 72,5°
Kettenstrebe 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm
Radstand 1.007 mm 1.013 mm 1.021 mm 1.018 mm 1.027 mm 1.037 mm 1.047 mm
Reach 368 mm 371 mm 374 mm 377 mm 380 mm 383 mm 386 mm
Stack 546 mm 561 mm 575 mm 591 mm 611 mm 632 mm 656 mm
Vorbaulänge 80 mm 90 mm 90 mm 100 mm 100 mm 110 mm 110 mm
Lenkerbreite 400 mm 400 mm 420 mm 420 mm 440 mm 440 mm 440 mm
Kurbellänge 170 mm 170 mm 172,5 mm 172,5 mm 175 mm 175 mm 175 mm
Laufradgröße 700C 700C 700C 700C 700C 700C 700C

Das neue Trek Domane+ SLR 6 2023 im ersten Test

Motor an, aufschwingen und losgleiten. Durch die entspannte Endurance-Sitzposition fährt es sich auf dem Trek Domane+ SLR 6 2023 von Anfang an sehr angenehm. Das Bike ist kein sportlicher Flitzer, dafür eher ein sportiver Kilometer-Sammler. Trotzdem bleibt das E-Rennrad agil im Handling, was sich besonders in den Kurven bemerkbar macht. Die lassen sich durch den Mittelmotor nämlich gut kontrollierbar und damit schnell nehmen. Ein wenig mehr Trägheit als bei einem klassischen Rennrad ist dennoch spürbar, aber in jedem Fall deutlich weniger als bei Modellen mit Heckantrieb. Auch die 32 mm breiten Bontrager-Reifen machen einen guten Job und sorgen durch ihre leichte Dämpfung für ein gelassenes Fahrgefühl. Für echte Offroad-Fahrten sollten aber breitere Pneus aufgezogen werden.

Tuning-Tipps: breitere Reifen für höhere Offroad-Tauglichkeit & ein Lenker mit größerer Auflagefläche für Handballen

Freude bringt das Trek Domane+ SLR 6 2023 auch auf Gravel-Untergrund.

Die smoothe Unterstützung des TQ-HPR 50 weiß sehr zu gefallen: In der Standardkonfiguration der niedrigsten Unterstützungsstufe ist der Motor kaum wahrnehmbar, in der stärksten bietet er bei der richtigen Gangwahl ordentlich Rückenwind und ein sehr natürliches Fahrgefühl ohne stürmischen Vorwärtsdrang. Hier hilft auch der recht kurze Nachlauf, der für ein effektives, aber unauffälliges wie natürliches Feeling sorgt. Noch unauffälliger beim Trek Domane+ SLR 6 2023 ist nur die Geräuschentwicklung des Motors. Akustisch ist die Unterstützung kaum wahrnehmbar, der Motor super leise. Dadurch eignet sich das E-Rennrad auch hervorragend für Fahrten in der Gruppe. Sehr angenehm ist zudem das Umschalten zwischen den einzelnen Unterstützungsstufen. Die beiden Tasten können schnell und einfach betätigt werden, ohne dass eine Hand vom Lenker genommen werden muss.

Die smoothe Unterstützung erlaubt es auch, in den Wiegetritt zu gehen.
Optisch ist das Trek Domane+ SLR 6 2023 auf einem sehr guten Weg, die Nische E-Rennrad langsam in Richtung Mainstream zu schieben.
Und auch fahrtechnisch ist das E-Rennrad auf einem sehr guten Weg.

Fazit

Das Trek Domane+ SLR 2023 kann dem Anspruch, sich wie ein analoges Rennrad anzufühlen, sehr nahe. In Sachen Handling, Geräuschkulisse und Motor-Integration ist dieses E-Rennrad Benchmark-verdächtig. Allein das unverhältnismäßig breite Unterrohr lässt Rückschlüsse auf den im Unterrohr verbauten Akku zu. Die komfortable Geometrie, die große Reifenfreiheit und die Möglichkeit, Schutzbleche anzubauen, eröffnen diesem E-Rennrad ein enorm großes Anwendungsspektrum und damit jede Menge Möglichkeiten.

Tops

  • sehr ausbalancierte Gewichtsverteilung und gutes Handling
  • sehr gute Elektromotor-Integration
  • kaum wahrnehmbare Geräuschentwicklung
  • große Reifenfreiheit
  • hohe Alltagstauglichkeit durch Anschraubpunkte für Schutzbleche

Flops

  • optischer Eindruck durch dickes Unterrohr unausgeglichen

​​Weitere Informationen zum Trek Domane+ SLR 2023 gibt es unter trekbikes.com.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Martin Staffa Fotos: Mike Hunger