Masterclass in Sachen Fahrkomfort und Aero-Look? Das schreit geradezu nach Specialized Roubaix, und so soll auch die neueste Version des Allroad-Racers und Pavé-Experten neue Maßstäbe setzen. Doch was hat sich eigentlich alles getan und wie schlägt sich das neue Roubaix 2024 im ersten Test?

Specialized S-Works Roubaix SL8 | 7,29 kg in Größe 56 | 14.000,00 € | Hersteller-Website

Roubaix, das steht nicht nur für den Allroad-Renner von Specialized, sondern vor allem für das berühmt-berüchtigte Straßenrennen Paris-Roubaix. Und auch wenn es hier nicht mehr unbedingt das Bike der Wahl ist, bleibt Specialized den Ursprüngen treu und strebt den komfortabelsten Endurance-Racer an. Um dem auf den Grund zu gehen, waren wir an der portugiesischen Atlantikküste, haben das 14.000 € teure und 7,29 kg leichte Top-Modell S-Works Roubaix SL8 (Größe 56) auf ausgedehnten Touren über Pflasterstein-Sektoren, schlechten Asphalt und Schotter gejagt. In diesem Zuge haben wir natürlich auch den brandneuen Future Shock 3.0 auf Herz und Nieren getestet und das Bike dabei ganz genau unter die Lupe genommen. Und im Fahrrad-Paradies rund um die Küstenstadt Lissabon geht das ganz vorzüglich. Schroffe Klippen, frische Meeresluft, mediterrane Spezialitäten sowie ein wilder Mix aus Starkregen und strahlendem Sonnenschein machen den Testalltag besonders abwechslungsreich.

Die große Neuheit am Specialized S-Works Roubaix SL8 – Future Shock 3.0

Frei nach dem Motto „Smoother is faster”, nutzten die Kalifornier jahrzehntelanges Allroad-Know-how, um das laut Specialized „komfortabelste Rennrad der Geschichte” vorzustellen. Dazu passt auch die wohl größte Neuheit im neuen Specialized Roubaix: die dritte Entwicklungsstufe des Specialized-eigenen Dämpfers Future Shock! Dieser versteckt sich nicht ganz unauffällig im Gabelschaft und verhindert, dass Vibrationen und Schläge über den Lenker an die Hände weitergegeben werden. Dass das wirklich gut funktioniert, konnten wir bereits am Specialized Diverge STR, dem wohl abgefahrensten Gravel-Bike, und dem Vorgänger-Roubaix testen. Durch die Positionierung und den Aufbau des kleinen Stahlfederdämpfers direkt unter dem Lenker verspricht Specialized ein feineres Ansprechverhalten, eine höhere Steifigkeit der Gabel, ein geringeres Gewicht und eine schönere Integration als bei vergleichbaren Luftfedergabeln – also der Heilige Gral unter gefederten Bikes?

Von außen wirkt der Future Shock 3.0 unscheinbar.
Im Inneren steckt ein kleiner Stahlfederdämpfer.

Die neueste Iteration des geliebten Dämpfers soll hier noch einen draufsetzen. Durch drei verschiedene Stahlfedern mit unterschiedlichen Federhärten und zusätzliche Preload-Spacer lässt sich der Future Shock 3.0 individuell an jeden Fahrer anpassen. Ob klein und schmächtig oder groß und kräftig, der Future Shock 3.0 am neuen Specialized Roubaix soll für jeden passen. Um die Feder zu tauschen, muss die Front des Bikes allerdings zerlegt werden. Hört sich erstmal aufwändig und kompliziert an, allerdings hat Specialized den neuen Future Shock so gestaltet, dass sich dieser möglichst schnell und einfach zerlegen lässt. Und weil Specialized will, dass hier jeder selbst Hand anlegt, kommt jedes Roubaix ab Werk mit allen Federn, Spacern und dem benötigten Werkzeug. Der 400 g schwere Dämpfer ist zusätzlich rückwärtskompatibel und passt an alle bisherigen Roubaix-Modelle. Zwar ist er auch als Ersatzteil erhältlich, doch durch die einfache Service-Möglichkeit soll die Lebenszeit des Dämpfers enorm verlängert werden.

So muss es sein! Der Future Shock 3.0 kommt inklusive der drei verschieden harten Federn, Spacer und dem notwendigen Werkzeug.

Der neue Future Shock ist in drei verschiedenen Varianten verfügbar. Die Version 3.3 kommt mit On-the-fly-Einstellung der Dämpfung nur an den S-Works- und Pro-Modellen. Die Version 3.2 mit Dämpfung, aber ohne Einstellbarkeit kommt bei den Comp- und Expert-Modellen zum Einsatz. Ganz ohne Dämpfung müssen hingegen die Bikes der Standard- und Sport-Reihe auskommen, hier ist lediglich die Stahlfeder verbaut. Good News: Die auswechselbaren Federn und Preload-Spacer sind mit allen Future Shock 3.0-Versionen nutzbar.

Die Dämpfung des Future Shock 3.0 sorgt für viel Kontrolle, Selbstvertrauen und Komfort.

Das Specialized S-Works Roubaix SL8 im Detail

Abgesehen vom neuen Dämpfer, hat sich am neuen Roubaix nicht allzu viel getan. Der Aftershock, also die „Federung” am Heck, ist gleich geblieben und setzt weiterhin auf eine nach unten versetzte Sattelklemmung für mehr Flex in der Sattelstütze. Im Vergleich zum aktiv gedämpften Diverge STR ist das Roubaix 2024 hier eher subtil, für ein Allroad-Bike wäre der Diverge Shock aber auch ein absoluter Overkill.

Die „After Shock” genannte Kombination aus flexender Sattelstütze mit tiefer Klemmung dämpft Vibrationen.
Mit satten 40mm Reifenfreiheit bietet der Rahmen sogar Platz für Gravel-Reifen.
Pflasterstein-Sektionen werden so zur spaßigen Abwechslung.

Um dennoch für Offroad-Charakter zu sorgen, hat sich die maximale Reifenfreiheit auf 40 mm erweitert und nimmt so auch breite Gravel-Schlappen auf. Verbaut sind übrigens S-Works Mondo-Reifen mit einer Breite von 32 mm – natürlich tubeless! Ist das neue Roubaix vielleicht der ultimative Gravel-Racer? Dafür sprechen auch die Aero-Features. Halt, Aero-Features am Endurance-Bike? Yes! Und das macht durchaus Sinn, denn wer lange Touren fährt, profitiert von Watt-Ersparnissen genauso wie schnelle Pros. Und so war laut Specialized schon das alte Roubaix bei dessen Einführung das schnellste Endurance-Bike am Markt. Und das soll jetzt nochmals schneller geworden sein! Optisch hat sich das Roubaix allerdings nicht dramatisch verändert.

Praktisch! Die Mounts auf dem Oberrohr machen das Anbringen einer kleinen Tasche zum Kinderspiel.
Die losen Bremskabel vereinfachen zwar die Wartung, stören jedoch das cleane Gesamtbild.

Die Rahmenformen ähneln stark dem Vorgänger und so setzt auch das neue Roubaix nach wie vor auf eine semi-integrierte Zugverlegung. Da sind wir mittlerweile Schöneres gewohnt. Doch die Vielseitigkeit wird dafür nicht über Bord geworfen, neben der entspannten Sitzposition trumpft das Bike mit Mounts für Schutzbleche und einer Oberrohrtasche auf. Und für die ganz langen Touren kann sogar ein dritter Flaschenhalter unter das Unterrohr geschraubt werden.

High-End bis Low-Budget – Die Ausstattung am neuen Roubaix 2024

Gute Nachrichten für alle, deren Budget nicht zum Preis des S-Works Roubaix-Topmodells passt. Specialized bietet das Roubaix in sieben Ausstattungsvarianten und als Rahmenset an. Das günstigste Specialized Roubaix SL8 mit mechanischer Shimano 105 Gruppe startet bereits bei 2.800 €. Auch Freunde mechanischer Schaltungen dürfen sich freuen, denn alle Modelle sind mit mechanischen Schaltungen kombinierbar und selbst 1-fach-Übersetzungen werden im Line-up bedacht. Lediglich Fans von High-End-Shimano-Gruppen gehen leer aus. Das höchste der Gefühle ist eine Shimano 105 Di2 im Specialized Roubaix SL8 Comp.

Specialized S-Works Roubaix SL8 2024

14.000 €

Ausstattung

Sattelstütze S-Works Pave D-Shaped
Bremsen SRAM Red eTAP AXS 160/160 mm
Schaltung SRAM Red eTAP AXS 2x12
Kettenblatt 46/33
Vorbau S-Works Future Stem
Lenker S-Works Carbon Hover
Laufräder Roval Terra CLX II 12 x 100/12 x 148 mm
Reifen S-Works Mondo 2BR 700 x 32c 32
Kurbeln SRAM Red AXS w/Power 172,5 mm
Kassette SRAM XG 1290 10-33T

Technische Daten

Größe 44 49 52 54 56 58 61 64
Gewicht 7,29 kg

Alles beim Alten? – Die Geometrie am Specialized Roubaix 2024

Die Geometrie am neuen Specialized Roubaix ist wie gewohnt und versteckt nicht den Endurance- und Allroad-Charakter. Wie schon beim Vorgänger überzeugt das Roubaix durch die hohe Front und die geringe Überhöhung, dadurch ergibt sich eine für die Langstrecke ausgelegte Sitzposition. Das spiegelt sich auch in den so beliebten Stack- und Reach-Werten wider. In Kombination mit den cleveren Federelementen an Front und Heck ist das Roubaix SL8 ein würdiger Nachfolger.

Größe 44 49 52 54 56 58 61 64
Sitzrohr 365 mm 410 mm 446 mm 465 mm 485 mm 505 mm 545 mm 581 mm
Oberrohr 503 mm 523 mm 534 mm 550 mm 569 mm 584 mm 600 mm 618 mm
Steuerrohr 90 mm 90 mm 105 mm 122 mm 140 mm 168 mm 202 mm 222 mm
Lenkwinkel 69.3° 70.8° 71.5° 72.3° 73° 73° 73.5° 73,5°
Sitzwinkel 75° 74° 74° 74° 73.5° 73.5° 73.5° 73°
Kettenstrebe 418 mm 418 mm 418 mm 420 mm 420 mm 423 mm 423 mm 423 mm
BB Drop 80 mm 80 mm 80 mm 78 mm 78 mm 78 mm 78 mm 78 mm
Radstand 994 mm 992 mm 998 mm 1005 mm 1012 mm 1031 mm 1042 mm 1054 mm
Reach 353 mm 363 mm 370 mm 381 mm 389 mm 397 mm 403 mm 409 mm
Stack 540 mm 555 mm 570 mm 585 mm 605 mm 630 mm 665 mm 685 mm

Das Specialized S-Works Roubaix SL8 im ersten Test

Wohl der wichtigste Punkt zuerst: Das Bike ist sehr komfortabel – Future Shock 3.0 und die Federung am Heck funktionieren perfekt zusammen und ergeben ein wunderbares Gleichgewicht. Wie schon beim Vorgänger überzeugt uns das System und der Ansatz von Specialized vollends. Dazu passt auch das Fahrverhalten, denn sowohl in langsamen als auch schnellen Passagen lässt sich das Roubaix präzise und schnell steuern, vermittelt dabei viel Sicherheit und wirkt keineswegs unruhig. Wie von einem Endurance-Bike zu erwarten, ist das Roubaix eher auf der laufruhigen Seite angesiedelt und klar auf Langstrecke ausgelegt. Dazu passen auch die hohe Front und die entspannte Sitzposition.

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Durch das geringe Gewicht von 7,29 kg klettert das S-Works Roubaix SL8 angenehm leicht. Zwar lässt die beworbene Aero-Performance das Bike schick aussehen und wir haben auch keine Zweifel an der Performance im Windtunnel, dennoch wird das System aus Rider und Bike durch die aufrechte Sitzposition deutlich stärker ausgebremst als bei Race-Bikes. Ein Kompromiss zu Gunsten des Komforts und des Handlings. Der Wechsel der Stahlfeder am Future Shock 3.0 geht schnell vonstatten, jeder Hobbyschrauber sollte das Bike in unter zehn Minuten zurück auf die Räder bekommen. Auf der Straße macht sich diese Einstellbarkeit bemerkbar: Durch das perfekte Setup werden Durchschläge und ein Wippen im Wiegetritt sauber verhindert, und der Griff zum Einstellrad ist während der Fahrt überflüssig. Der neue Future Shock kann in jeder Situation getrost voll offen gefahren werden. Nicht zuletzt durch die hohe Reifenfreiheit lässt sich das Roubaix SL8 problemlos über Gravel-Pisten jagen, und das ganz ohne taube Hände oder Angst vor Pannen.

Tuning-Tipp: Ein zweiter Laufradsatz mit Gravel-Bereifung macht aus dem neuen Sepcialized Roubaix SL8 im Handumdrehen ein Gravel-Bike

Für wen ist das Specialized Roubaix SL8 2024?

Ein Bike für alle, die viel Wert auf Komfort legen, lange Strecken fahren und einfach Spaß auf dem Bike haben möchten. Dazu kommen technikaffine Bike-Verliebte mit dem Future Shock 3.0 voll auf ihre Kosten. Auch Pendler sollten sich das neue Roubaix SL8 2024 ganz genau anschauen, denn mit den optional erhältlichen Schutzblechen wird das neue Roubaix SL8 zum schnellen Commuter. Durch das ausgeglichene Fahrverhalten, die potente Dämpfung, die vielen Anschraubpunkte und die hohe Reifenfreiheit ist es auch als Allround-Bike ideal. Ein zweiter Laufradsatz mit Gravel-Bereifung macht aus dem Roubaix SL8 2024 im Handumdrehen ein schnelles, leichtes Gravel-Bike.

Fazit zum Specialized S-Works Roubaix SL8

Als neues Roubaix hat das Specialized große Schuhe zu füllen. Denn das Bike ist nicht nur eines der beliebtesten Road-Bikes, sondern wohl auch das Endurance-Bike, das es zu schlagen gilt. Mit dem neuen Future Shock 3.0 und der vergrößerten Reifenfreiheit ist den Kaliforniern ein echter Schritt nach vorn gelungen. Das passende Fahrverhalten rundet das neue Roubaix SL8 perfekt ab und macht es zu einem der attraktivsten Allroad-Rennern 2024.

Tops

  • Anpassbarkeit des Future Shock-Systems
  • durch Anschraubpunkte und die große Reifenfreiheit ein sehr vielseitiges Bike
  • sehr viel Komfort dank Future Shock 3.0 und entspannter Sitzposition

Flops

  • externe Zugverlegung stört die cleane Optik
  • keine Shimano-Topausstattung

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Text: Jan Richter Fotos: Jan Richter, Specialized