Sorry Aladin, dein fliegender Teppich hat jetzt Konkurrenz: Mit dem neuen Diverge STR 2023 samt Rear Future Shock will Specialized Komfort, Effizienz und Kontrolle auf ein bisher ungeahntes Level heben und interpretiert die Federung am Gravel-Bike neu. Das sieht nicht nur abgefahrenen aus, es fährt sich auch so! Nach mehr als einem Monat Exklusiv-Test sagen wir euch, warum die neue Technologie im Specialized Diverge STR S-Works 2023 für 80 % der Gravel-Biker eine super Option sein könnte!

Specialized S-Works Diverge STR | 8,78 kg in Größe 54 | 15.000 € | Hersteller Website

Das richtige Maß an Komfort macht nicht nur schneller, sondern auch leistungsfähiger – das hat die Rennradwelt in den letzten Jahren bereits verinnerlicht: Profis profitieren auf hart gepflasterten Frühjahrsklassikern wie Paris-Roubaix oder 10h-Gravel-Rennen wie dem Unbound, alle normalsterblichen Roadies quasi auf jedem Ride und haben zugleich deutlich mehr Spaß. Mit dem Specialized Future Shock-System tüftelt der kalifornische Innovations-Titan bereits seit einigen Jahren an der Steigerung des Komforts – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Reminder: Anfangs war die erste Generation des Future Shock System noch ungedämpft und hat für Federung aber wenig Kontrolle gesorgt.

GRAN FONDO-Gründer Robin Schmitt und das neue Specialized Diverge STR 2023 im verregneten, aber unglaublich schönen Schwarzwald rund um Baiersbronn.

Ziel des neuen Specialized Diverge STR 2023 ist es, Komfort, Kontrolle und Leistungsfähigkeit zu steigern, ohne Einbußen bei der Effizienz oder Reaktionsfähigkeit hinnehmen zu müssen. Damit will das neue Specialized Diverge STR „sowohl als auch“ statt „entweder oder“ sein. Ein Ansatz, der uns sehr gefällt, da der Großteil der Gravel-Lover ein vielseitiges Bike und einen treuen Begleiter für jegliche Abenteuer will, statt eines Spezialisten für lediglich einen begrenzten Einsatzbereich. Die Universalität des Gravel-Bikes ist also Trumpf. Doch schafft Specialized das? Und zu welchem Preis – abgesehen vom Kaufpreis von 15.000 € für das S-Works-Modell? Wir konnten das Bike bereits über 1 Monat lang exklusiv testen, im Nordschwarzwald beim offiziellen Launch in Baiersbronn, beim Commuten im Stuttgarter Gravel-Himmel und in der atemberaubenden Bergwelt der Dolomiten.

Die Idee für das Fullsuspension-Gravel-Konzept kam dem kreativen Chefentwickler Chris D’Aluisio bereits vor Jahren auf einer sehr schlechten und welligen Straße im Eureka-Canyon in Kalifornien. Um sie sicher und einigermaßen komfortabel zu bewältigen, musste er unentwegt Schlaglöchern und Unebenheiten ausweichen und extrem viel mit dem Körper arbeiten, um Gewicht zu verlagern und so die Stöße abzufedern. Auf dieser Abfahrt wurde die Idee geboren, den Rider zu federn und nicht das Bike selbst. Zahlreiche Prototypen und Iterationen später steht nun das neue Federungssystem vor uns, das Komfort ohne Kompromisse bieten soll. Quasi ein fliegender Teppich mit hervorragenden Sprint-Eigenschaften.

Specialized Diverge STR 2023: Specialized interpretiert das Fullsuspension-Bike neu

Bevor wir einen Blick auf das Federungskonzept des neuen Diverge STR 2023 werfen, wollen wir erstmal klären, was eigentlich Ziel und Aufgabe eines Federelements an einem Gravel-Bike ist. Mit dem Gravel-Bike ist man oft auf unbefestigten Pfaden unterwegs: grober Schotter, Unebenheiten, Wurzeln oder Schlaglöcher. Jeder Schlag kostet nicht nur Vortriebsenergie, sondern auch Traktion und sorgt für eine höhere Belastung von Fahrer und Material mit entsprechender, schnellerer Ermüdung. Deshalb ist es wichtig, Schläge kontrolliert abzumildern und herauszufiltern. Auch das Sicherheitsempfinden nimmt zu, wenn das Fahrwerk Schläge kompensiert und verhindert auf diese Weise, dass der Fahrer aus dem Sattel gehoben wird. Aber was viele Vorteile birgt, bringt oftmals auch Nachteile mit sich. Durch die Federelemente kommt es zwangsläufig zu Abstrichen in der Effizienz, dem Gewicht und der Simplicity eines Gravel-Bikes. Auch das Handling kann leiden, weil klassische Federelemente die Geometrie (v. a. Lenkwinkel und Radstand) des Bikes beeinflussen, was insbesondere auf der Straße nicht gewollt ist. Eine erhöhte Komplexität bedeutet zudem: mehr Teile, die kaputt gehen können bzw. um die man sich sorgen und regelmäßig kümmern muss. Deshalb hat Specialized mit dem Rear Future Shock ein System zu entwickeln versucht, dass die Nachteile einer klassischen Hinterradfederung, wie wir sie von einem Mountainbike kennen, deutlich reduziert – damit am Ende die Balance stimmt und die Vorteile die Nachteile überwiegen. Das Resultat: 400 g Mehrgewicht im Vergleich zum bisherigen Diverge S-Works und ein krass neues Fahrgefühl dank 20 mm Federweg vorne und 30 mm hinten.

Die Future Shock-Federelemente am Specialized Diverge STR 2023: Was unterscheidet das neue Gravel-Federungssystem von einer herkömmlichen Federung?

Das Kürzel STR des Specialized Diverge STR steht für „Suspend the rider“. Den Slogan „Suspend the rider, not the bike“ hört man von Specialized bereits seit Jahren und er besagt, dass vor allem der Fahrer gefedert werden sollte und nicht unbedingt das Bike. Beim klassischen Mountainbike-Fully ist es wichtig, dass möglichst viel Bike Teil der gefederten Masse ist, um ein Minimum an Massenträgheit und ein Maximum an Traktion zu erreichen. Die Schläge und Hindernisse beim Mountainbiken sind deutlich größer und entsprechend ist es wichtiger, dass Hinter- wie Vorderrad richtig einfedern können, um Hindernissen auszuweichen und entsprechend Traktion gewährleisten zu können. Beim Einfedern verändert sich jedoch die Geometrie, und gerade die Antriebseinflüsse beim Treten sind immer wieder ein kritisches Thema.

MTB-Fullys müssen ganz andere Schläge und Hindernisse überwinden, die maximale Effizienz und Sprintfähigkeit ist hier nicht so wichtig, wie die Schluckfreudigkeit…
… wie Robin auf dem Specialized Status für unser Schwester-Magazin ENDURO demonstriert.

Beim Specialized Diverge STR ist fast das ganze Bike ungefedert, und nur der sitzende Fahrer wird bei Stößen gefedert. Dadurch bleibt die Geometrie während der Fahrt bis auf Sitzwinkel und Lenkerposition gleich. Im Stehen beschleunigt es wie ein klassisches Gravel-Bike oder Rennrad, ohne jegliche Fahrwerkseinflüsse am Heck. Uns hat das neue Specialized Diverge STR 2023 durch gute Sprint-Eigenschaften im Stehen in Kombination mit dem Komfort eines fliegenden Teppichs überzeugt. Aber dazu später mehr.

Das bereits vom aktuellen Diverge bekannte Future Shock Front 2.0 lässt eine horizontale Bewegung des Cockpits über dem Steuerrohr zu und stellt 20 mm Federweg zur Verfügung.
Der Rear Future Shock stellt am Heck 30 mm Federweg bereit. Über austauschbare Sattelrohre lässt sich das Bike auf Gewicht und Fahrstil anpassen.

An der Front kommt wie bereits im bisherigen Diverge oder Roubaix das Future Shock 2.0 zum Einsatz, das eine vertikale Bewegung oberhalb des Steuerrohrs zulässt. Es werden 20 mm Federweg zur Verfügung gestellt, und das Fahrverhalten wird im Gegensatz zu einer klassischen MTB-Federgabel nicht verändert. Am Heck stellt der Rear Future Shock rund 30 mm Federweg bereit. Abhängig von Fahrstil, Gewicht und Größe ist er über das austauschbare Sattelrohr vollständig einstellbar. Der Dämpfer im Oberrohr lässt sich mittels 3-stufigem Compression-Hebel einfach während der Fahrt anpassen, der Rebound wird über einen Inbus auf der Unterseite des Oberrohrs eingestellt. Für noch mehr Individualisierbarkeit können Gravity-orientierte Gravel-Piloten eine 27,2-mm-Dropperpost wie etwa die RockShox Reverb AXS XPLR-Sattelstütze mit bis zu 75 mm Hub verbauen. MTB-Dropperposts mit deutlich mehr Hub haben in der Regel einen Sattelstützendurchmesser von mind. 30,9 mm und sind daher nicht kompatibel.

Die Einstellung des Rebounds erfolgt via Inbus auf der Unterseite des Oberrohrs. Hier: ein durchsichtiges Rahmenmuster, um in den Rahmen zu schauen.

Die Funktionsweise des Rear Future Shock am neuen Specialized Diverge STR 2023

Specialized hat nicht nur vollgefederte Bikes neu gedacht, sondern auch den Aufbau des hinteren Federelements, das aus Sattelrohr und Dämpfer im Oberrohr besteht. Ein klassischer MTB-Dämpfer setzt auf eine Luftkammer oder Stahlfeder, die die Federhärte definiert. Der Dämpfer reguliert hydraulisch das Ein- und Ausfedern und lässt je nach Ausführung unterschiedliche Einstellmöglichkeiten wie Low-/Highspeed-Rebound und Low-/Highspeed-Compression zu.

Um die Federhärte eines MTB-Stahlfederbeins einzustellen, muss man in der Regel den gesamten Dämpfer ausbauen und die Stahlfeder austauschen.
Um die Federhärte des Specialized Diverge STR’s Rear Future Shock einzustellen, muss man das Sattelrohr austauschen, das als Carbonfeder fungiert.
Der Dämpfer steckt horizontal im Oberrohr.
Das austauschbare Sattelrohr, das in unterschiedlichen Steifigkeiten erhältlich ist und in dem die Sattelstütze steckt, stellt die Feder des Dämpfers dar.

Der Specialized Rear Future Shock am Diverge STR unterscheidet sich zwar im Aufbau von einem klassischen Dämpfer und sieht komplett anders aus, greift aber auf dieselben Elemente zurück: Beim Specialized Diverge stellt das austauschbare Sattelrohr die Feder dar. Die Federhärte wird also nicht wie am MTB-Dämpfer über eine Luftkammer oder Stahlfeder eingestellt, sondern über das austauschbare Sattelrohr, in dem die Sattelstütze steckt. Der Dämpfer im Oberrohr ist hydraulisch und kümmert sich nur um die Dämpfung. Die Sattelstütze ist über eine Alu-Aufnahme mit dem Dämpfer verbunden, um ein kontrolliertes Ein- und Ausfedern zu ermöglichen. Da es sich um einen Pull-Shock-Dämpfer handelt, regelt die Compression-Dämpfung das Federn nach hinten, und die Rebound-Einstellung regelt das Zurückfedern nach vorne in den Rahmen.

Die Compression-Dämpfung ist 3-stufig von offen bis geschlossen einstellbar, was zwar nicht den Flex der Sattelstütze beeinflusst, aber den Flex des Sattelrohrs und damit große Auswirkungen auf das Komfort-Level hat.
Unter der Alu-Aufnahme am austauschbaren Sattelrohr sitzt ein kleines Elastomer, das sich etwas bewegt und den Flex zwischen den Elementen ausgleicht. An der Verbindung zum Sitzrohr befindet sich ein Gummi, um das System vor Dreck und Nässe zu schützen.

Im Endeffekt bedient sich Chris D’Aluisio der gleichen Systematik eines MTB-Dämpfers, funktioniert jedoch bestehende Bauteile um – namentlich das austauschbare Sitzrohr, das hierbei als Feder dient. Das Prinzip bleibt jedoch dasselbe!

Um maximale Einstellbarkeit zu gewährleisten, bietet Specialized 9 austauschbare Sattelrohre in unterschiedlichen Steifigkeiten an. Diese sind jeweils mit einer Nummer und dem Kürzel FP für Framepost gekennzeichnet. Jedes Rohr hat 2 verschiedene Stellungen, die, um 90° gedreht, jeweils eine andere Steifigkeit bzw. Federhärte bereitstellen. Unterschiedliche Faktoren wie Rahmengröße, Gewicht, Sattelhöhe, Sitz- und Positionsweise auf dem Sattel beeinflussen die Wahl des richtigen Sattelrohrs. Beim Kauf erhält man 2 austauschbare Sattelrohre, damit sollen laut Specialized die meisten Fahrer zufrieden gestellt werden können. Außerdem gibt es 2 spezifische Sattelrohre für kleine Größen. Der Wechsel eines Sattelrohrs dauert rund 10 Minuten und kann mit entsprechender Anleitung (es gibt 2–3 Tricks, worauf man achten sollte) problemlos selbst durchgeführt werden. Den Tausch bzw. die Erstabstimmung erfolgt jedoch regulär durch geschulte Händler. Eine Herausforderung bei den Empfehlungen ist, dass das Gewichtsspektrum zwischen super schlankem Roadie und etwas fülligerem Mamil bei gleicher Körpergröße recht breit ist. Entsprechend wichtig ist es, sicherzustellen, dass das Sattelrohr die korrekte Steifigkeit besitzt.

Warum wurde am Specialized Diverge STR 2023 nicht einfach ein Luftdämpfer verbaut?

Hätte man am Diverge STR 2023 einen Luftdämpfer verbaut, hätte es wortwörtlich den Rahmen gesprengt, denn sowohl der Bauraum als auch das Gewicht wären bei einem Luftdämpfer deutlich höher. Zudem sind laut Specialized mehr Wartungsintervalle erforderlich und die Sensibilität höher. Apropos: Nach 2 Jahren ist auch beim Rear Future Shock ein Service fällig, da dieser teurer ist als der Dämpfer selbst, wird er deshalb einfach ausgetauscht. Der erste Austausch wird vermutlich jedoch im Rahmen der 2-Jahres-Garantie auf den Dämpfer stattfinden. Wirklich nachhaltig ist das nicht, aber bei einem High-End-Performance-Produkt steht oftmals – vor allem im Dropbar-Bereich – die Performance über der Nachhaltigkeit. Kurzer Vergleich zu Mountainbike-Dämpfern: hier ist ein Service offiziell häufig bereits nach 10-20 Betriebsstunden empfohlen – in der Praxis kennen wir jedoch niemanden, der sich tatsächlich daran hält.

Alle zwei Jahre ein Service bzw. ein neuer Dämpfer: Der Service des Specialized Rear Future Shock wäre teurer als der Dämpfer selbst, daher wird er ausgetauscht. Einen genauen Preis konnte Specialized uns noch nicht sagen, allerdings gibt es zwei Jahre Garantie auf den Dämpfer, sodass der erste Austausch vermutlich unter die Garantie fällt.

Wieso kompliziert, wenn es auch einfach geht – oder doch nicht?

Kritiker könnten fragen: wieso der ganze Aufwand, warum nicht einfach eine gefederte Sattelstütze? Das Ziel von Specialized war es, ein einstellbares und gedämpftes Federungssystem zu schaffen, das den Schwerpunkt des Fahrers möglichst konstant hält. Im Folgenden zeigen wir euch unterschiedliche Konzepte und Herangehensweisen diverser Hersteller und Konkurrenzprodukte, die jeweils Vor- und Nachteile haben.

Canyon S25 VCLS 2.0 CF-Sattelstütze

Die Koblenzer setzen bei ihrer Sattelstütze auf ein Blattfederkonzept aus Carbonfaser-Verbundwerkstoffen: Die patentierte Formgebung der S25 VCLS-Sattelstütze erzeugt bis zu 20 mm Federweg und soll 100 % wartungsfrei sein. Jedoch ist die Federhärte nicht einstellbar, und bei unterschiedlich großem Sattelauszug verändert sich die Steifigkeit spürbar. Außerdem kann sich die Stütze bei Schlägen aufschaukeln, da sie nicht gedämpft ist. Bei klassischen MTB-Fullys gibt es die sogenannte Raderhebungskurve. Sie beschreibt die exakte Linie, der die Achse des Hinterrades beim Einfedern folgt. Bei einem Bike mit flexender Sattelstütze statt einer MTB-Federung verbiegt sich die Stütze in einer Neigungskurve, welche die Sattelneigung über den Federweg hinweg verändert und so für ein mehr oder minder ausgeprägtes Gefühl sorgt, nach hinten vom Sattel zu rutschen. Bei Canyon bleibt die Sattelneigung aufgrund der zweiteilig aufgebauten Stütze indes sehr gering.

Was sind die Unterschiede zu Trek IsoSpeed?

Trek IsoSpeed hat auch bereits mehrere Evolutionsstufen durchlaufen und ist in seiner Funktionalität in der jüngsten Variante zugunsten der Gewichtsersparnis reduziert worden. Bisher gab es die Möglichkeit, das System in geringem Umfang an Fahrergewicht und Fahrstil anzupassen, in der neuesten Evolutionsstufe gibt es diese Einstellbarkeit nicht mehr. Die Sattelneigungskurve ist im Vergleich zum neuen Diverge deutlich steiler, da der Radius halb so groß ist wie beim jüngsten Specialized-Spross. Die Folge: Die Sattelneigung fällt beim Trek größer aus.

Die neueste Evolutionsstufe des IsoSpeed am aktuellen Trek Checkpoint hat weniger Einstellbarkeit zugunsten von weniger Gewicht.

Warum nicht einfach dickere Reifen montieren?

Mehr Volumen und weniger Luftdruck lautet die Formel zur effektivsten Erhöhung von Komfort und – je nach Untergrund – auch der Traktion. Aber hier geht man schnell Kompromisse ein, da der Luftdruck oftmals nur für eine Art von Untergrund richtig gut funktioniert. Insbesondere offroad mag man mit weniger Luftdruck an Komfort gewinnen, verschlechtert aber die Präzision auf Teer. Zudem schwimmen großvolumige Reifen auf tiefem und losem Schotter schneller auf.

Eignet sich der Specialized Rear Future Shock auch zum Bikepacking?

Ihr wollt auf längere Tour mit dem Specialized Diverge STR 2023 gehen? Es ist kein Problem, eine große Bikepacking-Tasche am Sattel zu montieren. Am besten wählt man das austauschbare Sattelrohr so, dass man es auf dem normalen Ride in der weichen Einstellung fahren kann und mit montierten Bikepacking-Taschen nur um 90° drehen muss, um eine größere Federhärte zu erhalten.

Das neue Specialized Diverge STR 2023 im Detail – Gewicht, Design, SWAT und weitere clevere Details

Das Specialized Diverge STR 2023 flasht! Nicht nur technisch kommt es mit zahlreichen Finessen, es polarisiert auch optisch: Das unterbrochene Oberrohr schafft Arbeitsraum für den Dämpfer, damit ist man garantiert im Zentrum der Gespräche beim nächsten Group Ride! Beim Rahmenmaterial des S-Works Diverge STR 2023 sowie dem Diverge STR Pro 2023 setzt Specialized auf das hochwertige FACT 11r-Carbon. Mit 1100 g ist der Rahmen nur 100 g schwerer als der bisherige S-Works Diverge-Rahmen. Inklusive Dämpfer, Hardware und Co. kommt das Diverge STR-Rahmenset auf ein komplettes Mehrgewicht von gerade einmal 400 g gegenüber einem Diverge-Frameset.

Der aus dem hochwertigen FACT 11r-Carbon hergestellte S-Works-Rahmen ist mit 1100 g nur 100 g schwerer als der S-Works Diverge-Rahmen. So kommt das Diverge STR-Rahmenset auf ein komplettes Mehrgewicht von gerade einmal 400 g inkl. Hardware gegenüber dem Diverge-Frameset.
1x only: Der Trend hin zu 1-fach-Schaltungen ist klar zu sehen, auch das Diverge STR verzichtet auf eine Umwerferaufnahme.
Das Rahmenset kann Reifen bis zu 700 x 47c und 2,1“ auf 650B aufnehmen.

Der Trend hin zu 1-fach-Schaltungen ist klar zu sehen, auch weil Specialized auf die Möglichkeit verzichtet, einen Umwerfer zu montieren. Das Diverge STR nimmt Reifengrößen bis zu 700 x 47c und 2,1“ mit 650B auf. Im Unterrohr ist die praktische SWAT-Box integriert, um kleinere Gegenstände wie Ersatzschlauch, Mini-Tool, Jacke oder eine Packung Gummibärchen dabei zu haben. In Sachen Gewichtsverteilung ist das Verstauen der Essentials hier weitaus sinnvoller als in der herkömmlichen Sattel- oder Trikottasche. Wer noch mehr Stauraum braucht, findet sowohl an der Gabel als auch auf dem Oberrohr ausreichend Anschraubpunkte.

Ich packe meine SWAT-Box und nehme mit …
… Getränk, Mini-Tools und eine Packung Gummibärchen. Für all das bietet das Staufach im Unterrohr genügend Platz.
Für mehr Stauraum und Bikepacking-Fans befinden sich an der Gabel oder auf dem Oberrohr Anschraubpunkte für Taschen.

Das von uns getestete Specialized S-Works Diverge STR ist mit einer kabellosen SRAM XX1 Eagle AXS 1×12-Schaltgruppe ausgestattet, die normalerweise an XC-Mountainbikes zum Einsatz kommt, aber immer mehr an progressiven Gravel-Bikes zu finden ist. Die Kassette bietet eine Bandbreite von 10-50T, und vorne ist ein 40T-Kettenblatt auf der SRAM RED 1 AXS-Kurbel montiert. Gebremst wird ebenfalls mit Stoppern von SRAM, genauer gesagt mit SRAM RED eTap AXS mit 160-mm-Bremsscheiben vorne und hinten. Als Reifen kommen die Specialized Tracer Pro 2BR in 700 x 42c zum Einsatz, die auf einem Roval Terra CLX-Carbon-Laufradsatz mit 25 mm Innenmaulweite montiert sind.

Für präzise Schaltvorgänge sorgt die elektrische SRAM XX1 Eagle AXS 1×12-Schaltgruppe mit einer Bandbreite von 10-50T hinten und 40T vorne.
Gebremst wird mit der SRAM RED eTap AXS mit 160-mm-Bremsscheiben vorne und hinten.
Die Specialized Tracer Pro 2BR in 700 x 42c sind …
… auf einem Roval Terra CLX-Carbon-Laufradsatz mit 25 mm Innenmaulweite montiert.

Die Geometrie des neuen Specialized Diverge STR 2023

Das Specialized Diverge STR 2023 setzt auf eine moderne Gravel-Geometrie mit längerem Reach. Stack und Reach unterscheiden sich von den bisherigen Diverge-Modellen nicht, nur die Kettenstrebenlänge wächst von 425 auf 429 mm. Der Sitzwinkel ist um 0,5° steiler geworden, um den SAG des Rear Future Shock auszugleichen.

Größe 49 52 54 56 58 61
Sattelrohr 390 mm 430 mm 470 mm 500 mm 530 mm 560 mm
Oberrohr 527 mm 540 mm 556 mm 570 mm 586 mm 602 mm
Steuerrohr 100 mm 100 mm 115 mm 130 mm 155 mm 182 mm
Lenkwinkel 70° 70.5° 71.25° 71.75° 71.75° 72.75°
Sitzwinkel 74.5° 74.25° 74° 74° 74° 74°
Kettenstrebe 429 mm 429 mm 429 mm 429 mm 429 mm 429 mm
BB Drop 80 mm 85 mm 85 mm 85 mm 85 mm 85 mm
Radstand 1.023mm 1.027 mm 1.034 mm 1.044 mm 1.060 mm 1.078 mm
Reach 365 mm 374 mm 383 mm 392 mm 401 mm 410 mm
Stack 569 mm 576 mm 593 mm 609 mm 633 mm 659 mm

Modelle und Preise des Specialized Diverge STR 2023

Neben dem 15.000 € teuren S-Works-Modell gibt es das Specialized Diverge STR 2023 in 2 weiteren Ausstattungsvarianten, die ebenfalls mit einem Carbonrahmen daher rollen. Den Einstieg in die Carbon-Welt macht das Diverge STR Expert für 7.500 € mit FACT-Carbonrahmen. Gestoppt wird mit SRAM Rival eTap AXS-Scheibenbremsen und geschaltet mit einer elektronischen SRAM GX Eagle AXS 1×12-Schaltgruppe aus dem MTB-Segment. Darüber ist das Diverge STR Pro für 9.500 € angesiedelt, das den hochwertigeren FACT 11r-Carbonrahmen mit SRAM Force-Scheibenbremsen und einer SRAM XO1 1×12-Schaltgruppe erhält. Alle drei Modelle kommen mit der SWAT-Box im Rahmen und mit dem Future Shock-Federungssystem an Front und Heck.

Das Specialized Diverge STR Pro geht für 9.500 € über die Ladentheke und ist einzig in der auffälligen Lackierung Satin Blaze/Violet Ghost Pearl Fade erhältlich.
Das Specialized Diverge STR Expert kostet 7.500 € und gibt es in den Farben Satin Black/Diamond Dust oder …
… Satin Harvest Gold/Gold Ghost Pearl.

Das bisherige Diverge-Modell wird weiterhin erhältlich sein, jedoch über unterschiedliche Features verfügen. Ein S-Works-Modell, das ausschließlich das Future Shock Front 2.0 mitbringt, wird es nicht mehr geben. Dafür zwei Carbon-Modelle, eines mit und eines ohne SWAT-Box. Darüber hinaus zwei Aluminium-Modelle mit dem Namen Diverge E5, eines davon mit Future Shock Front 2.0, beide ohne SWAT-Box.

Das neue Specialized S-Works Diverge STR 2023 im ersten Test

Grau ist alle Theorie! Wie schlägt sich das neue S-Works Diverge STR 2023 in der Praxis? Springt man auf das Bike drauf und tritt in die Pedale, merkt man schnell: Dieses Bike ist anders. Der Rear Future Shock macht einen riesigen Unterschied am Heck. Allerdings hat es uns einiges an Zeit gekostet, um das richtige Setup zu finden. Wie beim Mountainbike stellt die Abstimmung der Federelemente auch am S-Works Diverge STR 2023 eine wichtige Komponente vor dem Ride dar.

Die Empfehlung von Specialized für ein Fahrergewicht von 70 kg und Rahmengröße 54 war uns deutlich zu weich. So haben wir von dem Sattelrohr FP2 mit der Härte 35–43 auf das FP3 mit 40–48 gewechselt und sind dieses in der 48er-Position gefahren, was rund 37 % steifer ist als die ursprüngliche Empfehlung. Zum Glück liefert Specialized das Bike mit zwei unterschiedlich steifen Sattelrohren (im Englischen Framepost, deshalb die Abkürzung FP) aus, sodass man es ausprobieren kann. Die richtige Federhärte zu finden ist ein enorm wichtiger Schritt, wie man es vom Mountainbike her kennt: Denn mit der falschen Federhärte kann das ganze System nicht richtig funktionieren.

Richtig abgestimmt, muss man sich erst einmal an das neue Fahrgefühl gewöhnen, das einem fliegenden Teppich nahe kommt. Okay, wir geben zu – wir sind bei Aladin noch nie mitgeflogen, aber so in etwa muss sich das anfühlen. Der Rear Future Shock funktioniert effektiv, schluckt gröberen Schotter oder kleinere Unebenheiten sehr großzügig und sorgt dafür, dass deutlich weniger Schläge auf den Rücken des Fahrers einwirken, was die Belastung auf Langstrecke deutlich reduziert.

Wird das Gelände gröber, muss man seinen Fahrstil etwas anpassen – denn das System funktioniert nur im Sitzen! Würde man mit einem starren Gravel-Bike als erfahrener Fahrer aus dem Sattel gehen, muss man sich jetzt zwingen, auf einem Wurzelteppich eines Waldweges sitzen zu bleiben und – aha – siehe da, es wirkt. Ab einer gewissen Größe von Hindernissen hebt das Hinterrad dennoch durch den Aufprall ab, was logisch ist, denn im richtigen Gelände ist ein aktives MTB-Fahrwerk nach wie vor deutlich von Vorteil. Hierfür will das Diverge STR jedoch auch nicht gemacht sein. Während des Press Camps in Baiersbronn haben wir uns von verwurzelten Singletrails fern gehalten und sind primär über Schotter- und Waldwege gefahren. Hier gibt es Gravel-Bikes mit Dropperpost, breiteren Cockpits und abfahrtslastiger Geometrie, die mehr Offroad-Qualitäten bieten und den Mountainbikes ihr Revier streitig machen wollen.

Auch mit Federung am Heck hat das Diverge STR seinen ursprünglichen Charakter behalten: eine angenehme und gut integrierte Sitzposition, kombiniert mit einer sehr guten Balance aus Agilität und Laufruhe – ganz gleich, ob Highspeed bergab oder Kurvenzirkeln. Nach wie vor ist das Diverge STR präzise, dank des Rear Future Shock ist es jedoch noch gelassener in der Abfahrt geworden, und man kann es aktiv in Kurven drücken, um die Traktion an beiden Rädern zu erhöhen.

Lässt man es dann auf der nächsten Asphaltstraße so richtig fliegen und geht in den Sprint, marschiert das Diverge genauso willig voran wie das bisherige Diverge ohne Rear Future Shock. Hier kann es die Vorteile des steifen Tretlagerbereichs voll und ganz ausspielen. Zudem hat man die Möglichkeit, mit einem schnellen Handgriff zum Compression-Hebel am Dämpfer während der Fahrt das System deutlich zu verhärten. Das reduziert im Sitzen die Sensibilität und das Einfedern und man hat ein deutlich steiferes Feeling, was vor allem auf glattem Asphalt gewünscht ist. Wir sind Fans des Specialized Power Pro Mirror-Sattels, doch an unserem Testbike war er uns in Kombination mit dem Rear Future Shock zu weich, was z. B. beim freihändig Fahren für ein undefiniertes Handling gesorgt hat.

In steileren Uphills ergibt es Sinn, auf dem Sattel leicht nach vorne zu rutschen, um eine bessere Gewichtsverlagerung zu erreichen. Denn durch die Steigung verändern sich die Gewichtsverteilung und damit auch die Kräfte, die auf die Federlemente an Front und Heck einwirken. Ohne Gewichtsverlagerung sackt man leicht nach hinten weg und die Front wird etwas leichter.

Kabellose Schaltung, Federelemente an Front und Heck, eine super praktische SWAT-Box und ein austauschbares Sattelrohr mit ein paar beweglichen Teilen – die Zeiten, in denen Gravel-Bikes super simple, wartungsfreie Bikes waren, sind vorbei. Die Komplexität der Dropbar-Bikes nimmt im Allgemeinen zu, was faszinierend ist und Spaß macht, aber etwas mehr Bedacht, Vorausschau und Pflege erfordert. Sind die Akkus geladen, die beweglichen Teile von Schmutz und Co. befreit und (dort, wo sinnvoll) gefettet? Das Specialized S-Works Diverge STR hat klare Qualitäten und Vorteile, wird aber dennoch die Gravel-Geister spalten und für spannende Diskussionen sorgen.

Für wen ist das neue Specialized Diverge STR das richtige Bike? Und für wen nicht?

Damit ist das neue Diverge STR nicht unbedingt die erste Wahl für alle, die vollkommen autark eine Weltreise in die entlegensten Regionen unternehmen wollen. Auch wer beim Diverge STR ein Gravity-Gravel-Bike erwartet, um damit endlose Singletrails zu shredden, ist beim S-Works Diverge STR falsch. Hier bietet der Markt bessere Optionen. Die Federelemente am Diverge STR erhöhen den Komfort deutlich und reduzieren die Belastungen für den Körper, aber sie verbessern die Trail-Tauglichkeit nicht in erheblichem Maß. Das neue Diverge STR ist ein High-Tech-Gravel-Bike, das sowohl für Einsteiger als auch Experten spürbare Vorteile wie großzügig einstellbaren Komfort, mehr Fahrsicherheit und länger anhaltenden Fahrspaß bietet. Einbußen bei der Sportlichkeit oder Effizienz muss man dabei so gut wie nicht in Kauf nehmen, und auch für Bikepacking-Abenteuer ist es mit seinem Extra an Komfort sowie dem zusätzlichen Stauraum dank SWAT-Box und den vielen Anschraubpunkten gut geeignet. Wie beim Mountainbike-Fully gilt auch beim neuen Diverge STR: Eine korrekte Federhärte und. Abstimmung des Rear Future Shock sind essenziell!


Das neue Specialized S-Works Diverge STR 2023 vereint Welten. Es kombiniert die Straßen- und Sprinttauglichkeit eines Gravel-Bikes mit einem neu gedachten Fahrwerkssystem in einem innovativen wie faszinierenden Package, das Aladins fliegendem Teppich ordentlich Konkurrenz macht. Der hohe Komfort, das dennoch sportliche Handling, die polarisierende Optik und die technische Raffinesse zur Individualisierbarkeit bei verhältnismäßig geringem Mehrgewicht und wenigen Einbußen bei der Effizienz wissen zu begeistern. Das S-Works Diverge STR ist für alle die richtige Wahl, die noch weiter, länger und höher hinaus wollen – und es sich leisten können: 15.000 € ist eine echte Ansage!

Tops

  • innovatives und anpassbares Federungssystem
  • einzigartiges Fahrgefühl, hohes Level an Komfort
  • Rear Future Shock bietet Vorteile für Profis wie Einsteiger
  • clevere Details wie SWAT
  • gute Sprintqualitäten

Flops

  • Dämpfer kann nicht gewartet werden, sondern wird turnusmäßig ausgetauscht
  • hohe Komplexität des Systems

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Text: Mike Hunger, Robin Schmitt Fotos: Etienne Schoeman, Robin Schmitt, Peter Walker