Im Test: Das FOCUS ATLAS Carbon 8.9 – Bikepacking-Gravel-Bike für Abenteurer

Mit dem ATLAS Carbon 8.9 stellt FOCUS die veredelte Version der zuvor erschienenen Alu-Variante vor. Die Gene des ATLAS bleiben allerdings erhalten: ein Bike, das nach Bikepacking und Gravel-Abenteuern schreit. Was FOCUS neben dem Rahmenmaterial optimiert hat und wie sich der auffällige Gepäckträger schlägt, haben wir für euch getestet.

Die Stuttgarter haben sich dem ATLAS noch einmal angenommen und den Werkstoff gewechselt – aus Aluminium wird Carbon. Unter dem Motto „Made to lose“ stellt FOCUS ein Bike vor, das dafür gemacht ist, den Kopf auszuschalten, die Zeit zu vergessen und sich selbst zu verlieren. Trotz Carbonrahmen also keine Race-Ansprüche? Das ATLAS Carbon ist 1,7 kg leichter als die Alu-Version FOCUS ATLAS 6.8 und bringt in Größe L, ohne den Gepäckträger, 9 kg auf die Waage. Der Vorbau samt der Kabel-Integration wurde ebenfalls überarbeitet und versteckt die Leitungen nun vollständig. Wir haben das 4.299 € teure Top-Modell FOCUS ATLAS Carbon 8.9 ausgiebig getestet und sagen euch, wie sich der Gravel-Allrounder schlägt.

Montagemöglichkeiten en masse

Betrachtet man das ATLAS Carbon 8.9 aus der Nähe, wird schnell klar: Der Fokus des Bikes liegt auf Bikepacking und Abenteuern, die nicht mit der Stoppuhr, sondern dem Grinsen im Gesicht bewertet werden. Dafür bietet das ATLAS Carbon zahlreiche Montagepunkte für Flaschenhalter, Taschen, Gepäckträger und Schutzbleche.

Der zusätzlich erhältliche, minimalistische Gepäckträger bietet Platz für zwei Dry Bags und kann mit 3 kg pro Seite beladen werden. Der Träger selbst wiegt dabei nur 430 g, hinzu kommen noch die Trockensäcke und Riemen.

Durch die Kabel-Integration im Vorbau ist die Front sehr aufgeräumt und bietet in Kombination mit dem 44 cm breiten Lenker genug Platz für eine Lenkertasche. Zusätzlich findet sich hier ein Mount, an dem eine Computer-Halterung montiert werden kann. Diese ist leider komplett aus Plastik und wirkt im Vergleich zu ähnlichen Halterungen aus Aluminium fragil. Die Oberrohrtasche ist bei allen ATLAS Carbon-Modellen im Preis enthalten und passt sich von der Breite und Höhe schön an den Vorbau und das Oberrohr an. Ein weiterer Hingucker ist die goldbraune Metallic-Lackierung, die im Sonnenlicht funkelt.

Die Ausstattung des FOCUS ATLAS Carbon 8.9

FOCUS verbaut am Top-Modell die elektronische 12-fach-Schaltgruppe Rival eTap AXS XPLR aus dem Hause SRAM. Mit einem 40T-Kettenblatt und einer 10–40T-Kassette ist diese sehr gut für den Gravel-Einsatz geeignet und hält auch für steile Anstiege oder ein paar Kilo Gepäck Reserven bereit. Die Bedienbarkeit der Rival eTap AXS ist intuitiv, die Ergonomie der Hoods, die jetzt übrigens auch an der neuen SRAM Force AXS zu finden sind, ist gut. Die Schalt-Performance hinkt in der Geschwindigkeit und Präzision jedoch der Konkurrenz hinterher.

Der 44 cm breite Carbonlenker verbreitert sich in den Drops auf 52 cm, was für eine gute Kontrolle abseits der Straße sorgen soll. Die 160-mm-Bremsscheiben sind eher Mittelmaß. Wer das zulässige Gesamtgewicht von 120 kg ausreizt, kann über ein Upgrade auf Bremsscheiben mit 180 mm Durchmesser nachdenken. Die 45 mm breiten WTB Riddler-Reifen reizen die 45 mm Reifenfreiheit des Rahmens und der Gabel aus und sollen ausreichend Dämpfung und Grip für jedes Gelände bieten, ohne schwerfällig zu wirken. Wer gerne einen Vorderrad-Nabendynamo verbauen möchte, kann das tun, ohne die cleane Optik zu zerstören. In der Gabel sind bereits Löcher für die Kabel integriert.

Praktisches Detail: In der hinteren Steckachse sind ein Flaschenöffner sowie je ein 4- und 6-mm-Inbusschlüssel integriert. Für kleinere Einstellungen am Rad und größere Durst-Löscharbeiten seid ihr so zu jeder Zeit gewappnet.

Die Geometrie des FOCUS ATLAS Carbon 8.9

Die Geometrie des FOCUS ATLAS Carbon ist an den Einsatzzweck angepasst und macht es möglich, auch längere Zeit komfortabel unterwegs zu sein. Trotzdem sportlich genug, um auch mal zum Sprint anzusetzen. Die meiste Zeit wird man jedoch eher aufrecht sitzen. Wer ein ausgewachsenes Race-Bike sucht, ist hier an der falschen Adresse.
Das Steuerrohr des ATLAS Carbon ist etwas kürzer als das des Alu-Bruders FOCUS ATLAS 6.8. Das macht die Sitzposition minimal sportlicher, da der Stack, je nach Rahmengröße, um wenige Millimeter reduziert wird. Ansonsten gleichen sich die beiden Versionen in fast allen Punkten: Reach, Lenk- und Sitzrohr-Winkel verändert FOCUS beispielsweise nicht.

FOCUS ATLAS Carbon 8.9

Größe	XS	S	M	L	XL
Sitzrohr	445 mm	485 mm	515 mm	545 mm	585 mm
Oberrohr	531 mm	549 mm	567 mm	591 mm	606 mm
Steuerrohr	115 mm	120 mm	130 mm	150 mm	180 mm
Lenkwinkel	70,5°	70,5°	70,5°	70,5°	70,5°
Sitzwinkel	74,0°	73,5°	74.3°	73,5°	74.3°
Kettenstrebe	425 mm	425 mm	425 mm	425 mm	425 mm
BB Drop	75 mm	75 mm	75 mm	75 mm	75 mm
Reach	370 mm	380 mm	395 mm	410 mm	420 mm
Stack	569 mm	574 mm	583 mm	611 mm	630 mm

Erster Test: Wie schlägt sich das ATLAS Carbon 8.9?

Wir sind das FOCUS ATLAS Carbon 8.9 auf staubigen Gravel-Pisten, steilen Anstiegen und steinigen Abfahrten an der spanischen Mittelmeerküste und auf den nicht ganz so epischen, nasskalten Waldwegen Stuttgarts gefahren. Zu Beginn der Fahrt hat sich das Beladen des minimalistischen Gepäckträgers als wenig intuitiv erwiesen. Das Festzurren will gelernt sein: Wird der Packsack zu weit oben platziert, bleiben Rider mit großen Füßen beim Pedalieren am Dry Bag hängen. Und auch die Enden der Riemen müssen ordentlich verstaut werden, da sie sich ansonsten zwischen den Speichen verfangen.

Ist alles einmal richtig verstaut, funktioniert das Gepäckträgersystem aber wie versprochen.
Kein Klappern oder Wackeln, und auch auf ruppigen Abfahrten bleibt alles an seinem Platz.
Auch der Rest des ATLAS Carbon, inklusive des Freilaufs, ist angenehm leise. Die Oberrohrtasche verwandelt sich allerdings, wenn sie zu lose befüllt ist, zur Rassel. Das fällt an einem derart leisen Bike natürlich besonders auf.

Das Handling des FOCUS ATLAS Carbon ist angenehm unauffällig. Die Lenkung agiert laufruhig und wirkt weder im langsamen Bergauf noch auf schnellen Abfahrten nervös. Im Vergleich zu sportlicheren Gravel-Bikes für den Renneinsatz ist das ATLAS Carbon eher träge und lässt sich nicht so schnell auf Touren bringen. Die 45 mm breiten WTB Riddler-Reifen rollen sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter bereitwillig und sorgen für ausreichend Grip und Dämpfung. Das müssen sie allerdings auch, denn der Rahmen sowie die Sattelstütze sind steif und bieten kaum Compliance. Am wohlsten fühlt sich das ATLAS Carbon auf feinem bis grobem Schotter, vor vereinzelten Trail-Abfahrten oder einer längeren Asphalt-Sektion schreckt es aber ebenfalls nicht zurück und vermittelt durch die Breite des Lenkers und der Reifen Sicherheit und Kontrolle. Wir hatten viel Spaß und können uns gut vorstellen, mit dem ATLAS Carbon 8.9 auf Abenteuerreise zu gehen.

Für wen ist das FOCUS ATLAS Carbon 8.9?

Das ATLAS Carbon 8.9 ist ein solides, komfortables Gravel-Bike, das sich durch seine vielfältigen Montagepunkte, Geometrie und Fahrweise sehr gut fürs Bikepacking, Radreisen oder self-supported Langstreckenrennen eignet. Das ist jedoch kein Muss, mit dem ATLAS Carbon 8.9 kann man auch einfach sportlich zur Arbeit commuten oder für einen Sonntagsausflug ins Grüne radeln.

Fazit zum FOCUS ATLAS Carbon 8.9

FOCUS liefert mit dem ATLAS Carbon ein stimmiges Gesamtkonzept, bei dem sowohl Komponentenwahl, Geometrie als auch Montagepunkte sehr gut aufeinander abgestimmt wurden. Durch seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten macht sich das FOCUS ATLAS Carbon 8.9 zum gemütlichen Do-it-All-Bike.

Mehr Infos unter focus.de

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Text: Jan Richter Fotos: Jan Richter, Martin Staffa