Ein MTB-Hardtail im Test bei GRAN FONDO? Ganz richtig. Wir konnten das BMC Twostroke 01 ONE in unserem Konzeptvergleich zwischen Gravel- und Mountainbikes als Vorreiter einer neuen Hardtail-Generation nicht außen vor lassen. Wie vielseitig es in der Praxis wirklich ist, erfahrt ihr hier.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest
Das BMC Twostroke 01 ONE gehört zu den progressivsten Bikes seiner Kategorie. Hier fließen viele Innovationen zusammen und nicht zuletzt ist die Geometrie besonders: kurze Kettenstreben (425 mm), langer Reach (465 mm), steiler Sitzwinkel (75°), flacher Lenkwinkel (67°) und ein kurzes Sitzrohr mit viel Sattelstützen-Auszug. Was hat das BMC sonst noch zu bieten?
Das BMC Twostroke 01 ONE im Detail
Für den Carbonrahmen des 5.499 € teuren Twostroke haben die Schweizer Konstrukteure auf ihr Carbon-Know-how gesetzt und ihm ein besonders komfortables Hinterbaukonzept verliehen, das den Dämpfer obsolet machen soll. Dabei sind die Sitzstreben breit und flach ausgeformt und sollen so für mehr Compliance am Heck sorgen. Insgesamt ist die scharfkantige Designsprache konsequent und erinnert an einen Kampfjet-Look im Tiefflug. Formschöne Zugeingänge an der Front gehören da ebenso dazu wie unangenehme Kontakte von Wade und Sitzstreben oder Oberrohr. Neben dem Trek ist das Twostroke das einzige Bike im Test mit Lenkanschlag. Er schützt den Rahmen beim Sturz und stellt beim Fahren keine Einschränkungen dar, top! Apropos Lenker: Dank der SRAM GX Eagle AXS-Schaltgruppe mit einer gewaltigen Bandbreite von 520 % und den intern verlegten Zügen bleibt das Cockpit trotz Remote für den Lockout der RockShox SID Select-Federgabel aufgeräumt. Über den Nutzen der Lockout-Remote kann man sich streiten. Ohne sie ist das Cockpit noch cleaner und der Hebel an der Gabel ist ausreichend, um die Gabel zu blockieren, wenn die kommenden 10 km auf der Straße anstehen.
BMC Twostroke 01 ONE
5.499 €
Ausstattung
Gabel RockShox SID Select + FS-SID-SELP-C1 100 mm
Sattelstütze BMC Twostroke 01 Premium Carbon D-Shaped
Bremsen SRAM Level TLM 180/160 mm
Schaltung SRAM GX Eagle AXS 1x12
Vorbau BMC MSM01 60 mm
Lenker BMC MFB01 Carbon 760 mm
Laufräder DT Swiss XR 1700 SPLINE
Reifen Vittoria Barzo Graphene 2.0 29" x 2,35"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 9,89 kg
Besonderheiten
Progressive Hardtail-Geometrie mit 67°-Lenk- und 75°-Sitzwinkel
Integrierter Lenkanschlag zum Schutz des Rahmens
Kompatibel mit versenkbaren Sattelstützen
Kettenführung sehr schön integriert
Der DT Swiss XR 1700 SPLINE-Alu-Laufradsatz liefert zusätzlich zur Compliance im Rahmen weitere Sicherheit auf dem Trail: Wenn ein Stein auf dem Trail liegt, wird man nicht so hart versetzt, und die Reifen können auch mal durchschlagen, ohne direkt die Felge zu zerstören. Für alle Gravel-Fans sind die Vittoria Barzo Graphene 2.0-Reifen in 29” x 2,25” riesig. Die grobstolligen Pneus sind jedoch passend zum Einsatzgebiet gewählt. Einziges Manko: Auf Schotter, Asphalt und sehr kompakten Untergründen ist das Profil eine Spur zu aggressiv und rollt damit auch zu schwerfällig. Die integrierte Kettenführung ist gut gelöst und mit einem zusätzlichen Sitzrohr-Insert lässt sich auch eine versenkbare Sattelstütze montieren – das gefällt. Gar keinen Gefallen haben unsere Tester jedoch an der SRAM Level TLM-Bremse gefunden. Zwar ist sie gut zu dosieren, doch mit ihrer geringen Brems-Power und mangelnden Standfestigkeit auf langen Abfahrten fällt sie im Vergleich zum restlichen Testfeld stark ab und findet sich hier auf dem letzten Platz wieder. Unser Test-Bike in Größe L bringt 9,89 kg auf die Waage.
Trotz Hardtail-Bauweise erzeugt das BMC selbst auf groben Untergründen viel Vortrieb und hält den Speed gut. Hier harmonieren Reifen und Hinterbau perfekt!
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 410 mm | 440 mm | 480 mm | 510 mm |
Oberrohr | 597 mm | 618 mm | 638 mm | 658 mm |
Steuerrohr | 87 mm | 94 mm | 106 mm | 123 mm |
Lenkwinkel | 67,0° | 67,0° | 67,0° | 67,0° |
Sitzwinkel | 75,0° | 75,0° | 75,0° | 75,0° |
Kettenstrebe | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
BB Drop | 64 mm | 64 mm | 64 mm | 64 mm |
Radstand | 1.114 mm | 1.135 mm | 1.161 mm | 1.185 mm |
Reach | 423 mm | 445 mm | 465 mm | 485 mm |
Stack | 588 mm | 598 mm | 608 mm | 623 mm |
Das BMC-Hardtail im Test: Unser Fahreindruck
Besonders im Uphill hat uns das Twostroke überrascht, denn überall, wo es steil hoch geht, glänzt das Bike. Hier ziehen der steile Sitzwinkel und der breite Lenker die Sitzposition des Fahrers nach vorne und verhindern effektiv ein Steigen der Front. In diesen Fahrsituationen raten wir auch – unabhängig vom Untergrund – vom Lockout der Gabel ab, da er für die Sitzposition und Gewichtsverteilung von Nachteil wäre. Die SRAM Eagle-Kassette mit 11–52T bietet auch im steilsten Anstieg einen ausreichend leichten Gang. Grundsätzlich ist die Effizienz des Bikes stark vom Untergrund abhängig: Auf kompakten Untergründen ist sie eingeschränkt aufgrund der grobstolligen Reifen und wegen des Hecks mit viel Compliance. Zusätzlich wird man durch den Lenker, der mit 760 mm der breiteste im Testfeld ist, weit aufgespannt. So weit, dass der Oberkörper in Highspeed-Passagen mehr oder minder zum Bremsfallschirm wird. Bei groben Untergründen kann das Bike den Speed gut halten dank des großen Reifenvolumens, des größeren Außendurchmessers der Reifen und des damit spitzeren Überrollwinkels und der Gabel. Hier ist auch die Traktion selbst bei sportlicher Kurvenlage hervorragend! Das Profil der Reifen in Kombination mit der Sitzposition führt außerdem zu einem sehr hohen Maß an Bremstraktion – in der Hinsicht lässt das Twostroke das Testfeld hinter sich.
Im Downhill zeigt sich der Nachteil des steilen Sitzwinkels, denn am Twostroke ist der Sattel noch mehr im Weg als bei allen anderen Bikes ohne Dropperpost. Anders als beim URS LT oder beim Canyon möchte man das Rad unter sich aktiv in die Kurven legen – hier ist jedoch der Sattel im Weg. Bei Canyon und URS ist der Sattel auch im Weg, aber diese Bikes fährt man mehr über den Lenkeinschlag und zusätzlich im Downhill nicht so schnell. Der Effekt ist daher bei ihnen weniger auffällig. Auf Langstrecken und im Explore-Modus weiß das Heck des BMC vor allem dann mit hohem Komfort zu gefallen, wenn man im Sitzen mit hoher Geschwindigkeit über Wurzeln oder durch große Schlaglöcher fährt. In allen anderen Situationen ist das Heck zu wenig gedämpft, schaukelt sich daher gerne mal auf und wippt nach kleineren Schlägen oft eine Weile hin und her. Daher gilt es, den Reifendruck gezielt abzustimmen, um das Phänomen nicht noch weiter zu verstärken. Eine versenkbare Sattelstütze würde doppelt Abhilfe schaffen: mehr Bewegungsfreiheit bergab und einen Tick mehr Steifigkeit im Sitzen.
Tuning-Tipps: kraftvollere Bremsanlage mit höherer Standfestigkeit | versenkbare Sattelstütze für mehr Bewegungsfreiheit und weniger Wippen | Remote für den Federgabel-Lockout demontieren und Gewicht sparen
Der perfekte Einsatzbereich für das Twostroke-Hardtail
Wer unbekannte – auch gerne alpine – Regionen abseits der Straßen erkunden will und dafür einen verlässlichen und sportlichen Begleiter sucht, wird mit dem Twostroke absolut happy sein. Während es auf Waldwegen, Hardpack und Schotter-Touren für den gleichen Vortrieb bedeutend mehr Körpereinsatz an den Pedalen verlangt als URS, Canyon und Lauf, glänzt es immer dann, wenn der Untergrund grob wird. Im Explore-Modus geht das Twostroke bereitwillig über Wurzeln und loses Terrain, sorgt für viel Traktion, Vortrieb und tollen Komfort. Für den geübten Rider sind ausgedehnte Ausflüge auf den Trail kein Problem, aber die hohe Sattelstütze setzt hier allen Könnerstufen ein Limit. Für Einsteiger ist das Twostroke außerdem eine gute Wahl zum Overbiking auf entspanntem Terrain. In Sachen Vielseitigkeit kann es von der schieren Bandbreite mit einem klassischen Gravel-Bike wie dem Grizl ohne Federung mithalten, verschiebt die Skala aber deutlich in Richtung Offroad.
Technische Daten
BMC
Twostroke 01 ONE
Größe: S M L XL
Gewicht: 9,89 kg
Preis: 5.499 €
Unser Fazit zum BMC Twostroke 01 ONE
Das BMC Twostroke 01 ONE ist ein modernes Cross-Country-Mountainbike in einer progressiven und traillastigen Ausführung. Je steiler es bergauf geht, desto besser ist das fürs Twostroke – schließlich sind seine Klettereigenschaften und die Traktion herausragend. Leider begrenzen die Brems-Performance und die fehlende Dropperpost den Einsatzbereich unnötig, aber mit etwas Tuning hat das BMC das Zeug zur Trail-Rakete!
Tops
- hohes Maß an Traktion, Komfort und Sicherheit
- sehr gute Effizienz auf groben Untergründen
- große Bandbreite und cleaner Look der SRAM GX Eagle AXS
Flops
- Brems-Performance und fehlende Dropper schränken Einsatzbereich unnötig ein
- bei weitem Sattelauszug wippt sich das Heck in zu vielen Situationen auf
Mehr Informationen findet ihr unter bmc-switzerland.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Gravel-Bikes und Mountainbikes im direkten Vergleich – 6 Modelle im Vergleichstest
Alle Bikes im Test: BMC Twostroke 01 ONE | BMC URS LT ONE (Zum Test) | Canyon Grizl CF SL 8 1by (Zum Test) | Fustle Causeway TRAIL Lite (Zum Test) | Lauf True Grit SRAM XPLR Edition (Zum Test) | Trek Supercaliber 9.8 GX (Zum Test)
Nein, es geht nicht um perfekte Rennstrecken – vielmehr steht der Vortrieb im Fokus. Schnell, leichtfüßig und effizient – wer die letzten Sekunden herausfahren möchte, braucht ein leichtfüßiges Bike, das stark im Antritt, effizient und definiert ist. Für den uneingeschränkten Fahrspaß sind zuverlässige Komponenten dennoch wichtig. Wir interpretieren diesen Einsatzbereich so: Kilometersammeln bei hohen Geschwindigkeiten mit einem maximal Leistungsfähigen Bike auf durchgehend gut asphaltierten Straßen. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 80 : 30 ( nicht immer muss alles 100 % ergeben!)↩
… oder kurz: Fahrradfahren. Aufgebrochene Straßen im Hinterland, festgefahrene Schotterpisten, lose Untergründe – manchmal schlammig, manchmal staubtrocken. Hierfür braucht es Bikes mit super Allround-Eigenschaften und Nehmerqualitäten bergauf wie bergab. Sportlichkeits-Genuss-Verhältnis: 50 : 50↩
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text: Fotos: Peter Walker, Benjamin Topf