Radfahren und Kaffee passen zusammen, wie … nun ja, Kaffee und Radfahren. Wahrscheinlich gehört auch ihr zu einem der beiden Lager: den Radfahrern, die Kaffee trinken, oder den Kaffeeliebhabern, die Rad fahren. Und dann gibt es Leute, die Spitzensportler sind und zusätzlich Kaffeeröster! Bei Vertical Coffee Roasters in der Schweiz.
Kaffee ist zwar eigentlich nur der getrocknete, geröstete Samen der geernteten Frucht der Kaffeepflanze. Aber er ist zu etwas geworden, wonach sich die Welt sehnt. Wir sind verrückt nach ihm. Jede Woche gibt es einen neuen Hype und es wird verkündet, was der aktuell angesagteste Kaffee ist, welche Maschine man braucht, welche Mischungen am besten sind und mit welcher Extraktionsrate man sie brühen soll.
So sehr wir dieses geröstete Getränk auch lieben, manchmal kann es etwas einschüchternd wirken. Ob man nun den versnobten oder den wissenschaftlichen Blickwinkel einnimmt, im Kaffee kann man sich auch verlieren – das Gute, das Schlechte, das schmerzhaft Hippe und das geradezu Sinnlose.
An dieser Stelle kommen Simone Ernst und Denise Morf von den Vertical Coffee Roasters ins Spiel. Sie sind Radfahrerinnen – echte, mit Bräunungsstreifen, QOMs und Wadenmuskeln, die das beweisen – und sie sind Kaffeeliebhaberinnen. Ihr Ziel: den Kaffee von seinem versnobten Image zu befreien und ihn für alle zugänglich zu machen, besonders für Sportler. Als sie vor über einem Jahrzehnt sahen, wie Specialty-Coffee, also Kaffee von besonders hochqualitativen Bohnen, in Skandinavien aufkam, wollten die beiden in die Szene einsteigen. Warum sollten sie nicht diejenigen sein, die die Schweiz (und nun auch den größten Teil Europas) in den Genuss von Specialty-Coffee bringen und eine Gemeinschaft von kaffeebegeisterten Sportlern schaffen?
Sie haben es geschafft. Nicht sofort, aber mittlerweile ist Vertical ein fester Bestandteil des Alltags vieler Schweizer Top-Radfahrer, Skibergsteiger und Triathleten. Das Mantra von Vertical lautet „Kaffee mit Höhe“, was zur Abenteuersucht von Simone und Denise passt. Wir könnten jedenfalls einen ganzen Artikel über den Tatendrang der beiden schreiben. Um es kurz zu halten, kommen hier nur die Highlights: eine Anzeige im „Lonely-Hearts“-Stil als Bewerbung bei der Polizei, verbotenes Freiwassertauchen und Langlaufwettbewerbe in der Nähe des Polarkreises (eigentlich wären sie gerne Alpinski gefahren, aber die Pisten waren zu überfüllt).
Mit einem andauernden Grinsen beschreibt Denise, wie die beiden zum ersten Mal mit der Kaffeekultur in Berührung gekommen sind: „Es waren die Triathlons, die unsere Begeisterung für die grüne Bohne geweckt haben. Als Simone 2007 zum dritten Mal in Kona am Start stand, haben wir diese großartige Kaffeeszene auf Hawaii entdeckt. Diese Kollision von Sport und Kaffee hat uns begeistert.“ Simone spielt ihre Ironman-Erfolge herunter, will aber unbedingt über Kaffee sprechen: „Zu Hause gab es nur Starbucks. Was wir auf Hawaii kennengelernt hatten, gefiel uns so sehr, dass wir uns entschlossen, die Bohnen dieser Marke zu importieren. Wir hofften, sie an lokale Triathleten verkaufen zu können. Leider hatte hier niemand auf uns gewartet – das mussten wir ändern.“
Die beiden wollten schon immer die Vorstellung widerlegen, dass Specialty-Coffee schnöselig sein muss. „Manche Baristas verstecken sich hinter ihrem Kaffee und vergessen dabei die Gastfreundschaft“, gibt Denise zu. „Es liegt fast ein Schleier über Specialty-Coffee, der die Leute davor zurückschrecken lässt, weil sie denken, es sei zu kompliziert.“ Nach ihrer Rückkehr aus Hawaii sagten sie diesem Image also den Kampf an. Weil die beiden inzwischen erkannt hatten, dass sie doch nicht zur Polizei wollten, verkauften sie stattdessen die erste Charge des vorgerösteten Kaffees in ihrem neu eröffneten Laden Benzin & Koffein in Zürich. Zu dieser Zeit begannen sie ernsthaft darüber nachzudenken, ihren eigenen Kaffee zu rösten. „Kaffee ist ein Fass ohne Boden“, lacht Denise, „Simone stürzte sich in allerlei einschlägige Foren, um mehr über das Rösten herauszufinden.“ Glücklicherweise stellten Simones Eltern, die ein Fondue-Restaurant betreiben, den Kontakt zu einer kleinen Rösterei außerhalb von Zürich her, von der sie beliefert wurden. Deren große, altmodische Röstmaschine war für Denise und Simone der erste Kontakt mit dem Rösten.
„Wenn ich daran denke, wie schlecht unser Kaffee am Anfang war, kann ich nur lachen“, scherzt Simone. „Der Röster in der kleinen Rösterei war ein italienischer Haudegen, der Mechaniker gewesen sein muss, bevor er zum Kaffee kam. Er hat die Röstung so stark erzwungen und riet uns, auf das erste Knacken der Bohnen zu hören, dann auf das zweite, dann noch 30 Sekunden zu warten. Dann wäre die Röstung gut.“ Aber aus Mimik und Gestik der beiden wird klar: Gut war da nichts, einfach nur wahnsinnig dunkel geröstet. „Unsere Wohnung war damals vollgepackt – ein Raum voller Bikes, einer voller Kaffee und einer zum Schlafen. Als wir an unseren ersten Kaffeemischungen gearbeitet haben, war das so eine intensive Woche. Auf unserem Balkon stand ein Mini-Röster mit riesiger Flamme und wir hatten irgendwann einfach viel zu viel Koffein intus, weil wir so viel Röstungen getestet haben. Seitdem ist viel passiert.“ Die beiden lachen herzhaft über die Naivität und das gefährliche Halbwissen, mit denen sie damals zu Werk gingen. Zu ihrer Verteidigung: Das war vor 2010 und in einer Welt, die noch nicht so digitalisiert war. Sie arbeiteten mit einer Tabellenkalkulation und notierten sich alle 30 Sekunden die Temperatur. Das ist weit entfernt von der Software für Präzisionsröstung, die heute das Maß der Dinge ist.
Die ganze Kaffee-Kultur mag kompliziert sein. Deshalb wollen die beiden Chefinnen von Vertical sie in einfachen Worten erklären: Eine Kaffeebohne besteht im Wesentlichen aus Zellulose, die die Aromen ihrer Umgebung aufnimmt. Der Geschmack, der letztendlich in eurer Tasse landet, hängt davon ab, woher die Bohne kommt, wie sie getrocknet, verarbeitet, geröstet und aufgebrüht wird. Beim Rösten wird das Geschmacksspektrum der Bohne freigesetzt: Je dunkler man röstet, desto tiefer und schokoladiger sind die Aromen, aber je dunkler man röstet, desto mehr überdeckt man auch die helleren, säuerlichen Aromen. Specialty-Coffee wird in der Regel heller geröstet, damit diese helleren Aromen besser zur Geltung kommen. Das bedeutet aber auch, dass schlechte Bohnen bis zum Gehtnichtmehr geröstet werden können, um ihren minderwertigen Geschmack durch Stärke zu überdecken (Grüße gehen raus an alle Supermärkte). Willkommen in der Welt der Kaffee-Geeks!
Simone und Denise haben natürlich im Lauf des letzten Jahrzehnts nicht nur ihr privates Röst-Studium mit Bravour abgeschlossen. Inzwischen wissen die beiden auch alles über den richtigen Zeitpunkt für die Ernte, die unterschiedlichen Waschmethoden der Bohnen in Äthiopien und Südamerika, die Rolle des Winds bei der Trocknung und darüber, wie man gute und schlechte Bohnen unterscheidet. Nuancen machen den Unterschied, doch die beiden haben die letzten zehn Jahre damit verbracht, alles zu perfektionieren. Ihre Röstungen, ihr Enthusiasmus und ihre direkte Art haben den Nerv vieler Athleten in Mitteleuropa getroffen, vor allem in der Schweiz. Hier ist Vertical der Hauptlieferant für MTB-Fahrer, Straßenfahrer, Yanick the Mechanic (berühmt geworden durch Nino Schurter) und Emma Pooley, um nur einige Namen zu nennen.
Bei praktisch jedem nationalen oder internationalen Bike-Event in der Schweiz sieht man den unverwechselbaren blau-weißen Lieferwagen von Vertical. Simone und Denise fahren nicht nur Rad, sie sind auch Fans des Sports. Sie können euch alles über die Rennen, die Athleten und deren Entourage erzählen, schließlich sind das in der Regel die Leute, die sich tatsächlich in der Kaffeeschlange anstellen. Die Pandemie hat das soziale Leben und den Veranstaltungskalender des Duos ziemlich hart getroffen, aber sie haben gerade den TÜV für ihren Van erneuert und sind scharf darauf, wieder auf die Straße zu gehen.
In diesen unsicheren Zeiten mit Veranstaltungen, die verschoben oder abgesagt werden, ist die einzige Konstante bei Vertical der wöchentliche Rösttag, gefolgt vom Versand der Bestellungen. Und die anderen Tage der Woche? Wenn es keinen Papierkram zu erledigen gibt, sind Simone und Denise höchstwahrscheinlich draußen mit den Bikes unterwegs. Pro Jahr legen sie damit Tausende Kilometer zurück und fühlen sich privilegiert, die Zauberformel für ihre Work-Life-Balance entdeckt zu haben. Aber egal, wie weit sie fahren, dem Kult um den Kaffee entkommen sie nie wirklich.
„Es ist verrückt, wir waren vor ein paar Wochen in Italien unterwegs und ich wollte unbedingt einen Cappuccino, obwohl es schon Nachmittag war. Aber selbst ich traute mich nicht nach der unausgesprochenen 11-Uhr-Grenze einen zu bestellen!“ Denise fügt hinzu: „Das zeigt, wie kompliziert Kaffee geworden ist. Wenn man die Komplexität von Maschinen, Methoden, Mahlgraden usw. hinzufügt, schalten die Leute vielleicht einfach ab. Es ist nicht immer einfach zu wissen, was es wirklich braucht und was nur Show ist. Im Grunde braucht man nur guten Kaffee und gutes Wasser, und schon kann man nichts falsch machen. Es ist alles eine Frage des persönlichen Geschmacks, daher sollte es niemandem peinlich sein, spät am Tag einen Cappuccino zu bestellen.“
Verticals Tipps für den besten Kaffee
In diesem Kapitel haben Simone und Denise euch ihre Tipps zu mehr Kaffeegenuss zusammengestellt. Also spitzt die Ohren für die Profis! Sie sagen: Bleibt bei den Grundlagen und probiert neue Kaffeesorten. Es dauert eine Weile, bis man herausfindet, was man an einem Kaffee mag, aber es lohnt sich, in ein paar Tüten Specialty-Coffee zu investieren – ihr habt das Geld sicher schon mal weniger sinnvoll ausgegeben. Und wenn ihr eine Sorte nicht mögt, könnt ihr sie immer noch verschenken.
Konzentriert euch auf die wichtigen Dinge und verliert euch nicht in Nebensächlichkeiten. Wie in jeder Branche werden Leute versuchen, euch Dinge zu verkaufen, die ihr nicht unbedingt braucht. Achtet lieber auf die Konsistenz, lernt wie unterschiedliche Mahlgrade den Geschmack beeinflussen und versucht dann herauszufinden, wie es euch am besten schmeckt.
Außerdem solltet ihr verstehen, wie eure Brühmethode funktioniert, und die Grundlagen der Extraktion lernen. So könnt ihr das Beste aus den gekauften Bohnen herausholen. Dabei gibt es drei Stellschrauben, an denen ihr unabhängig von der Brühmethode drehen könnt. Wenn ihr verstanden habt, welche Stellschraube welchen Effekt hat, könnt ihr den Geschmack nach eurem Belieben steuern. Wichtig ist außerdem, dass eure Maschine stets sauber ist. Es hat keinen Sinn, Geld auszugeben, wenn die Maschine innen schwarz ist. Stellt euch vor, eure Kette ist schmutzig oder verschlissen, was würde euch dann CeramicSpeed bringen?
Die drei Stellschrauben, von Vertical erklärt
ZEIT Wie lange ist das Wasser in Kontakt mit dem Kaffee?
Die Vertical-Erklärung: Zuerst müsst ihr entscheiden, welche Art von Kaffee ihr trinken wollt und welche Art von Röstung ihr dazu benötigt. Wenn die Kontaktzeit mit dem Wasser weniger als eine Minute beträgt, wählt eine Espresso-Röstung. Wenn es mehr ist, lieber eine Filter-Röstung. Bei der Zubereitung eines Filterkaffees bestimmt die Schwerkraft die Zeit, bei der Aeropress könnt ihr den Kaffee länger ziehen lassen. Verwendet ihr eine Bialetti mit Espresso-Röstung? Dann kocht das Wasser vor, um die Extraktionszeit nicht unnötig zu verlängern. Manuelles Übergießen? Je langsamer ihr vorgeht, desto dunkler ist der Kaffee, desto tiefer sind die Aromen, aber ihr riskiert, die helleren Noten zu überdecken.
TEMPERATUR Wie heiß ist das Wasser?
Die Vertical-Erklärung: Nach der Zeit solltet ihr euch auf die Temperatur konzentrieren. Heißeres Wasser extrahiert mehr aus der Bohne, d. h. wenn ihr einen sehr dunklen (sprich: verbrannten) Röstkaffee mit kochendem Wasser zubereitet, verliert ihr tendenziell einen Hauch der feineren Aromen. Andersrum: Wenn euer Wasser nicht heiß genug ist, werdet ihr nicht den vollen reichhaltigen Körper bekommen, der bei Kaffee möglich ist. Bei Filterkaffee sind die Aromen außerdem flüchtiger, wenn er sehr heiß übergossen wird. Probiert also verschiedene Temperaturen aus, um unterschiedliche Geschmacksattribute wahrzunehmen.
TURBULENZ Nein, nicht nötig den Gurt anzulegen – es geht darum, wie stark das Wasser den Kaffee aufwühlt.
Die Vertical-Erklärung: Ihr habt wahrscheinlich schon mal einen Barista gesehen, der das Wasser auf eine bestimmte Art und Weise in seine Chemex schüttet, oder? Das ist Turbulenz in ihrem sichtbarsten Sinne. Je mehr man den Kaffee mit dem Wasser aufwühlt, desto mehr wird aus ihm herausgeholt. Das kann durch Umrühren, Gießen aus großer Höhe oder heftiges Gießen mit viel Wasser passieren. Auch hier gilt: Je mehr extrahiert wird, also je stärker die Turbulenz, desto intensiver ist der Geschmack des Kaffees, der möglicherweise die leichteren Noten überdeckt.
Apropos Noten: Simone und Denise betonen, dass Kaffee eine Frage des Geschmacks ist. Die Idee hinter diesen drei grundlegenden Stellschrauben ist also, dass man jede einzelne anpassen kann, um das zu verfeinern, was man zu Hause brüht. Ob das mehr in Richtung der schwereren, kräftigeren Aromen oder mehr in Richtung der sauren Töne geht, hängt von eurer Vorliebe ab, und die sollte bei allem, was ihr tut, im Mittelpunkt stehen.
Mehr Kaffee-Fachwissen: Warum kosten bestimmte Espressomaschinen mehr als ein Highend-Bike? Weil sie zwei Boiler haben. Damit können sie mehrere Tassen nacheinander zubereiten, ohne dass die Temperatur abfällt und sich der Geschmack verändert. Ist das notwendig? Wenn ihr eine Bar betreibt, höchstwahrscheinlich. Wenn nicht, dann wartet, bis eure günstigere Maschine die Temperatur wieder erreicht hat, bevor ihr die nächste Tasse zubereitet.
Abschließende Anmerkung zum Thema Kaffee: Neben der Wahl der Bohne und der Röstung ist auch das Wasser selbst entscheidend. Der Top-Tipp von Vertical: Verwendet zu Hause immer gefiltertes Wasser, vor allem wenn ihr hellere Kaffeesorten mit leichteren Noten bevorzugt. Wenn ihr draußen in der Wildnis Kaffee kocht und Wasser aus einem Gebirgsbach nehmt, könnt ihr euch ruhig für eine weniger feine Röstung entscheiden. Das schwere, mineralhaltige Wasser würde die leichten, fruchtigen Noten ohnehin nur überdecken.
Zu diesem Zeitpunkt des Interviews haben wir bereits fünf Kaffeesorten gekostet und zur Begeisterung des Abbott Libre Sense Glukose-Biosensors (zum Test) entdeckt, dass Erbsenmilch einen wirklich köstlichen Flat White ergibt. Vollgepumpt mit Koffein sind wir sofort einverstanden, als Simone und Denise uns einen koffeinfreien Kaffee anbieten.
Bei der nächsten Tasse erzählt Denise von einem Tag, als es deutlich weniger Auswahl bei der Verköstigung gab: „Vor ein paar Wochen kam jemand vom anderen Ende der Schweiz in der Rösterei vorbei. Er hatte uns auf Instagram entdeckt, regelmäßig Bohnen bei uns bestellt und wollte auf seiner Tour einen Kaffee bei uns trinken. Leider war es Montag – Rösttag – und die Espressomaschinen waren ausgeschaltet. Alles, was wir anbieten konnten, war eine Kanne Filterkaffee, die wir an diesem Morgen zubereitet hatten. Er sah am Boden zerstört aus, aber ganz ehrlich“, ist Denise überzeugt, „die Einfachheit von Filterkaffee ist das, was ihn ausmacht. Es ist wie beim Graveln, die erfrischendste Art des Radfahrens. Wenn man weiß, dass man jede beliebige Route nehmen kann und mit einem wunderschönen Stelbel mit Eagle-Antrieb alle Hindernisse überwindet, die auf einen warten.“
Kaffeezubereitung für Radfahrer – Tipps von den Profis
Aeropress
Die Methode der Wahl für Fahrradtouren. 12 g Kaffee auf 200 g Wasser (die Profis gehen wirklich immer mit Waage nach Gewicht vor). Wenn ihr zu zweit seid, braucht ihr einen kleinen Umweg. Brüht einen stärkeren Kaffee – mahlt die Bohnen feiner oder verlängert die Brühzeit –, dann teilt ihn und füllt heißes Wasser nach. Keine Waage? Schätzt die Menge einfach ab. Wenn ihr eine längere Brühzeit beabsichtigt, solltet ihr eine Filterröstung wählen. Verticals Urteil: „Mit der AeroPress könnt ihr jede Variable individuell beeinflussen: wie lange ihr den Kaffee ziehen lasst (Zeit), wie heiß das Wasser ist (Temperatur), und wie stark ihr das Pulver aufwirbelt (Turbulenz).“
Tipp #1 Wählt eine Handmühle, die gut in eure Aeropress passt.
Tipp #2 Nehmt eine Thermoskanne mit heißem Wasser in eurem Flaschenhalter mit.
Unterschätzt nicht die Vorteile von gutem Wasser – verwendet bei der Kaffeezubereitung wann immer möglich gefiltertes Wasser, da hartes Wasser die Nuancen tötet. Klar, Mineralien werden benötigt, um den Kaffee zu extrahieren, aber es ist ein empfindliches Gleichgewicht aus bestimmten Mineralien in bestimmten Verhältnissen, das den Unterschied ausmacht. Bei Kaffeewettbewerben entscheiden sich die besten Baristas für deionisiertes Wasser und fügen die richtigen Mineralien später selbst hinzu. Verticals Urteil: „Wasser ist der Schlüssel. Aber die Idee, das perfekte Brühwasser zu kreieren, ist Wahnsinn.“
Espresso
Der König des Kaffees und für viele die erste Wahl. Er bringt eure Barista-Fähigkeiten bis an die Grenze und erlaubt euch, mit euren teuren Spielzeugen zu protzen. Ihr solltet eure Maschine und die Mühle in- und auswendig kennen, um die beste Tasse zu brühen. Ein doppelter Espresso liegt bei 19–20 g Pulver und einer Extraktion von 38–40 g (Verhältnis 1 : 2). Verticals Urteil: „Das Herzstück des Kaffees, auf dem so viele Optionen aufbauen. Wir lieben ihn, aber es braucht Zeit, um ihn zu beherrschen – die kleinsten Änderungen am Mahlgrad haben hier die größte Wirkung. Aber ihr werdet diesen Kaffee nicht wirklich auf die Straße mitnehmen können. Reserviert ihn für den Start oder das Ende eurer Tour.“
Manuelles Übergießen
Zu Hause könnt ihr abmessen: 30 g Kaffee auf 500 g Wasser, 3,5 bis 4 min Gesamtübergusszeit (je dunkler der Kaffee, desto mehr habt ihr extrahiert). Beginnt mit 60 g Wasser, lasst es aufschäumen und stellt sicher, dass das gesamte Kaffeepulver gleichmäßig benetzt ist, indem ihr es verwirbelt. So erhaltet ihr eine gleichmäßige Extraktion. Die Verwirbelung könnt ihr durch die Höhe anpassen, aus der ihr gießt – je höher, desto größer die Turbulenz. Das Ergebnis wird noch besser, wenn ihr es mit einem Schwanenhalskessel macht. Der Schwanenhals? Der sorgt für eine schöne, gleichmäßige Strömung. Verticals Urteil: „Eine gute Möglichkeit, zwei vernünftig große Tassen Kaffee zu machen – aber nicht für unterwegs geeignet, da das Zubehör aus Glas ist.“
Cold brew
Das Grundnahrungsmittel im Kühlschrank für den Sommer. Verwendet eine leichtere Röstung. 100 g Kaffee auf 1 l Wasser. Zu Beginn 20 g Kaffee mit 200 g Wasser aufbrühen, gleichmäßig benetzen, 30 s ziehen lassen, dann 800 g kaltes Wasser hinzufügen. 24 h lang luftdicht verschlossen im Kühlschrank ziehen lassen. Verticals Urteil: „Hier müsst ihr ganz genau abmessen, weil man durch die überlange Brühzeit einen sehr holzigen Kaffeegeschmack riskieren kann.“
Filterkaffee in der Maschine
Verticals erste Wahl am Morgen, besonders an Rösttagen. 60–65 g Kaffee auf 1 l Wasser. Verticals Urteil: „Es ist so viel einfacher, die Aromen wahrzunehmen. Man muss sich keine Gedanken machen, welche Milch man verwenden soll. Wir betrachten Filterkaffee als das Graveln der Kaffeewelt – entspannt, aber voller Geschmack. Man wird immer wieder dazu zurückkommen.“
Filterkaffee für unterwegs
Nehmt einen faltbaren Camping-Filter mit und stellt sicher, dass eure Papierfilter trocken bleiben. Das Verhältnis von 60–65 g Kaffee auf 1 l Wasser bleibt das gleiche, aber ihr müsst es natürlich an die Wassermenge für ein oder zwei Personen anpassen. Verticals Urteil: „Komplizierter zu kontrollieren, weil ihr direkt aus dem Gefäß übergießt, in dem ihr das Wasser erhitzt habt, was die Turbulenz beeinflussen kann. Aber gut, um eure Fähigkeiten beim Übergießen zu testen.“
Syphon
Das chemische Experiment und nur was für die echten Kaffee-Nerds. Die Methode ist so kompliziert, dass wir es dabei belassen, die Bilder anzuschauen. Verticals Urteil: „Sieht cool aus und ist ein beeindruckender Trick, den ein Barista in petto haben sollte.“
Aeropress over ice
Die Wahl für den Sommer. Genau das, was der Name vermuten lässt. Alle Schritte wie bei der AeroPress mit einem Unterschied: Das Wasser, das ihr dort zum Auffüllen des stärkeren Kaffees für zwei Personen benutzt habt, ist jetzt nicht heiß, sondern bereits gefroren. Das kühlt den Kaffee für die heißen Tage. Verticals Urteil: „Schneller als ein Cold Brew und hat das Potenzial, die leichteren Aromen im Kaffee zu erhalten, da die Brühzeit die gleiche ist wie bei einer normalen Aeropress.“
Mokka-Kanne
Der Klassiker. Ergibt einen reichhaltigen, starken Kaffee und ist perfekt für Zwischenstopps auf der Fahrt. Es gibt einen zentralen Faktor, von dem ihr eure Wahl der Röstung abhängig machen solltet. Wenn ihr das Wasser vorheizt, beschleunigt ihr den Prozess – dann ist eine Espresso-Röstung die beste Option, da die Kontaktzeit mit dem Wasser geringer ist. Wenn ihr jedoch kaltes Wasser verwendet, solltet ihr eine Filterröstung nehmen, da hier die Kontaktzeit mit dem Wasser länger ist. Verticals Urteil: „Guter Kaffee für unterwegs, dem ihr nach dem Brühen mehr Wasser hinzufügen könnt, um einen weniger starken Kaffee zu erhalten.“
French Press
Verwendet die gröbste Mahlung, die möglich ist, und arbeitet mit einem ähnlichen Verhältnis von Kaffee zu Wasser wie bei Filterkaffee. Die Brühzeit hängt von euren Vorlieben ab – zu empfehlen sind 4 min – bei einem Standard-Filterkaffee-Verhältnis von 60 g Kaffee auf 1 l Wasser. Passt die Menge dabei immer an die Größe eurer French Press an. Verticals Urteil: „Eine schöne Methode für Kaffee unterwegs, wenn ihr eine leichte French Press aus Metall im Camping-Stil habt. Mit der richtigen Methode könnt ihr eine Menge Geschmack herausholen.“
Fazit
Habt ihr den ganzen Text durchgehalten, ohne euch nebenher einen Kaffee zu machen? Dann Hut ab vor eurer Selbstbeherrschung! Falls ihr noch die passenden Bohnen sucht: Den Bean-Shop von Simone und Denise gibt’s vor dem Haus in Unterlunkhofen, in dem sie leben und arbeiten – und natürlich online. Aber denkt immer dran: Der beste Kaffee ist der, der euch am besten schmeckt. Und auf dem Weg dahin lohnt sich das ein oder andere Experiment, bei dem man vielleicht über etwas ganz Großartiges stolpert!
Mehr Infos? Händler in eurer Nähe findet ihr auf der Vertical-Website, genauso die Möglichkeiten zur Online-Bestellung. Denise und Simone liefern fast weltweit. Bei Fragen erreicht ihr sie über Instagram.
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Text & Fotos: Phil Gale