Ausgabe #017 Test

Abbott Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport im Test

Die 100-km-Marke des Marathons ist passiert, der Puls konstant, das Wahoo zeigt ordentlich Druck auf dem Pedal und plötzlich – Hungerast! Nichts geht mehr. Der Abbott Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport will solche Momente durch eine Echtzeitüberwachung des Glukosespiegels verhindern. Wir erklären, wie er funktioniert.

Die Datenerfassung von Touren ist in den letzten Jahren immer umfassender und beinahe lückenlos geworden. Neben dem einfachen Strecken- und Geschwindigkeitsverlauf in Strava und Co. sind für ambitionierte Sportler der Puls und die Leistung aus dem Powermeter besonders wichtig, um einen Trainingsplan zu erarbeiten. Beim Ernährungsplan hingegen stößt man oft auf eine Blackbox und muss sich auf sein subjektives Empfinden verlassen, weil man keine quantitativen Daten besitzt.

Dank dem Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport von Abbott bekommen Sportler jetzt zum ersten Mal Echtzeit-Informationen über den Glukosespiegel, wodurch ein Teil des Rätselratens eliminiert werden soll. Für 130 € bietet Abbot einen Trial Pack aus zwei Sensoren an, die für insgesamt 28 Tage durchgehende Überwachung ausreichen. Für längerfristige Nutzung bietet sich das jederzeit kündbare Abo-Modell an, bei dem man alle 28 Tage zwei Sensoren für insgesamt 129 € zugeschickt bekommt.

Der Abbott Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport im Detail

Der Sensor ist ungefähr so groß wie eine Zwei-Euro-Münze und haftet mit einem Klebestreifen zwei Wochen lang auf der Rückseite des Oberarms, ohne sonderlich zu stören. Er verfügt über ein weiches Kunststoff-Filament, das ca. 5 mm tief unter die Haut eindringt. Dazu muss man den Sensor mithilfe eines Applikators in den Oberarm stechen. Der Vorgang läuft schmerzfrei ab und kann von jedem selbst durchgeführt werden. Der Sensor ist wasserfest, damit man mit ihm duschen und laut Abbott auch schwimmen kann. Über NFC wird er aktiviert und funkt kontinuierlich die gemessenen Blutzuckerwerte in einem Messbereich von 55–200 mg/dl per Bluetooth an das Smartphone. Ist das Smartphone nicht in Reichweite – also im Freien mehr als 10 m entfernt –, speichert der Sensor die letzten 8 h im internen Speicher ab und überträgt sie bei erneuter Verbindung.

Der Sensor besitzt ein flexibles Kunststoff-Filament, das 5 mm tief in den Arm eindringt.
Der Sensor wird mit einem Applikator in die Rückseite des Oberarms gestochen und bleibt dort 14 Tage lang kleben. Mehr als einen kleinen Piks spürt man dabei nicht.
In der Supersapiens-App werden der aktuelle Glukosewert und -trend sowie der zeitliche Verlauf angezeigt.

Auf dem Smartphone übernimmt die aufgeräumte und benutzerfreundliche Supersapiens-App das Aufzeichnen der empfangenen Daten. Neben der Echtzeitanzeige des Glukosespiegels werden der aktuelle Trend (steigend, fallend, konstant) und der Verlauf über eine Zeitachse angegeben. Nach einem kohlenhydratreichen Essen kann man mitverfolgen, wie der Glukosespiegel steigt. Die App zeigt an, ob man sich im vorher festgelegten Zielbereich befindet und wie weit man von der durchschnittlichen Tagesdosis entfernt ist. Die App eignet sich auch als Trainingstool zum Optimieren des Ernährungsplans und der Ernährungsgewohnheiten beim Sport. In der App trägt man Ereignisse wie Workouts, Mahlzeiten oder Schlafphasen ein. Daraufhin erhält man einen detaillierten Glukosespiegelverlauf vor dem Event und währenddessen.

Trägt man ein Ereignis wie ein Workout ein, gibt die Supersapiens-App an, wie es um die Glukoseversorgung vor und während dem Ereignis stand.
Die App führt über die tägliche Glukosezufuhr Protokoll und informiert darüber, ob man sich im angepeilten Zielbereich befindet.

Gut zu wissen: Glukosestoffwechsel

Der Glukosestoffwechsel folgt zwar allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, läuft aber für jedes Nahrungsmittel individuell schnell ab und lässt sich auch nicht von Person A zu Person B übertragen. Auch wenn man vorher nichts zu sich genommen hat, kann der Wert während eines Workouts ansteigen. Der Körper besitzt Glukosespeicher, die als Reaktion auf die Belastung freigegeben werden. Je nach Intensität und Dauer der Belastung ist ein Wert zwischen 110 und 140 mg/dl ideal. Nimmt man auf einer langen Tour nichts zu sich, fällt das Glukoselevel immer weiter ab. Bei einem Wert von 75 mg/dl kann man sich subjektiv noch gut fühlen, man sollte aber den Helm festziehen – denn dann steht man schon kurz davor, gegen die Wand zu fahren, die auch als Hungerast bekannt ist.

Der Abbott Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport im Test

Nach einer zweiwöchigen Testphase können wir bisher nur das bestätigen, was wir bereits angenommen hatten: Nach dem Essen geht die Kurve hoch, bei langen Workouts wieder runter und man sollte unterwegs auftanken. Ob Reis sich jetzt doch besser fürs Carbo-Loading eignet als Nudeln, lässt sich nach so kurzer Zeit nicht beantworten. Während sich Powermeter und Heart-Rate-Monitore für viele Hobbysportler anbieten, weil man sich leicht während des Workouts an ihren Live-Werten orientieren kann, fordert der Abbott-Sensor mehr von seinem Benutzer. Die Auswertung, welche Mahlzeit sich vor welchem Event anbietet, muss man selbst übernehmen. Die App liefert eine solide Datenbasis mit Vergleichsfunktion, aber keine Handlungsempfehlungen. Der Live-Monitor kann unterwegs hilfreich sein, um den Hungerast zu verhindern. Jedoch fehlt ein Alarm, der vor niedrigen Glukosewerten warnt und an die Kohlenhydrate erinnert. Daher eignet sich der Sensor aus unserer Sicht eher für Athleten, die dauerhaft mit einem detaillierten Ernährungsplan nach sportwissenschaftlichen Grundlagen arbeiten, diszipliniert Tagebuch führen, ihren Trainingsplan durchziehen und versuchen, das nächste Trainingsplateau zu durchbrechen.

Der Abbott Libre Sense Glukose-Biosensor für Sport stößt in ein Terrain vor, das bisher nicht erschlossen war. Live Glukosewerte zu messen ist ein innovativer Ansatz – er hilft aber nur eingeschränkt dabei, die Komplexität einer optimalen Energiezufuhr zu reduzieren. Damit der Sensor einen echten positiven Effekt erzielt und nicht nur Data-Nerds als Gimmick Freude bereitet, muss man sich ausgiebig mit der eigenen Ernährung befassen und selbst Versuchskaninchen spielen.


Tester: Rudolf
Dauer: 14 Tage
Hersteller-Website: libresense.com


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Text: Rudolf Fischer Fotos: Benjamin Topf, Tobias Hörsch, Rob Wormer, Valentin Rühl