Rohes Aluminium, großvolumige Schweißnähte und eine Aero-Sattelstütze – das sind nur ein paar der Dinge, die beim ersten Anblick des Specialized Allez Sprint Comp direkt ins Auge stechen. Kann das 1.799 € teure Racebike im Praxistest mit seiner pfeilschnellen Optik mithalten?

Einen Überblick über das Testfeld erhaltet ihr im Übersichtsartikel: Das beste Alu-Rennrad bis 2.500 € – vier Modelle für 2018 im Vergleichstest

Specialized Allez Sprint Comp | 8,25 kg | 1.799 €

Specialized geht mit dem Allez Sprint Comp unkonventionelle Wege und verschiebt die Schweißpunkte des aus E5 Premium-Aluminium gefertigten Rahmens an bisher ungewohnte Stellen. Bisher lagen die Nahtstellen im Steuerrohr- und Tretlagerbereich häufig dort, wo die höchsten Belastungen einwirken. Die sogenannte D’Aluisio Smartweld-Technologie, kurz DSW, verlagert sie nun in andere Zonen des Bikes, das soll für erhöhte Steifigkeit und eine bessere Materialverteilung am Rahmen sorgen.

Die Front des Rahmensets ziert die Specialized S-Works FACT-Carbongabel, wie sie auch am Tarmac SL5 zum Einsatz kommt. Auch die aerodynamische Carbonsattelstütze übernimmt das Allez Sprint Comp von einem seiner großen Brüder, dem Specialized S-Works Venge ViAS. Ein weiteres Feature, das wir sonst nur von teuren Carbon-Racern aus dem Hause Specialized kennen, ist die sogenannte Rider First Engineering-Rahmenbauweise. Dabei hat jede Rahmengröße speziell angepasste Unterrohre, Steuerrohre, Tretlagerbereiche und Gabeln. Specialized will damit auf die unterschiedlichen Bedürfnisse verschieden großer und damit verschieden schwerer Fahrer eingehen: Kleine Rahmen sollen dementsprechend nicht zu steif und große Rahmen nicht zu weich sein. Was mit allen 2 m großen Fliegengewichten und 1,50 m kleinen Kraftprotzen ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Die Amerikaner bedienen sich wie auch Cannondale der Shimano 105-Schaltgruppe, nutzen jedoch Tektro Axis-Bremszangen. Außerdem verbaut ist ein DT Swiss R460-Laufradsatz mit 24 mm schmalen Specialized Turbo Pro-Reifen und ein hauseigenes Shallow Drop Aluminium-Cockpit. Damit bringt es unser Testbike in Rahmengröße 56 auf 8,25 kg und ist damit, wenn auch nur knapp, das schwerste Rennrad im Vergleich.

Tuningtipps: Zugverlegung & Laufräder

Das Specialized Allez Sprint Comp im Detail

Antrieb Shimano 105
Laufradsatz DT Swiss R460
Bremsen Shimano 105-Hebel, Tektro Axis-Bremskörper
Reifen Specialized Turbo Pro
Gewicht 8,25 kg
Preis 2.500 €

Die recht weichen Tektro-Bremsen können uns nicht überzeugen. Eine reine Shimano 105-Gruppe wäre uns lieber gewesen.
Die D’Aluisio Smartweld-Technologie verbessert die Steifigkeit des Rahmens und polarisiert mit ihrer Optik
Der DT Swiss R460 Laufradsatz ist recht träge im Antritt
Direkt aus dem S-Works Venge ViAs: Die Sattelstütze mit Aero-Performance und überschaubarem Komfort.
Sämtliche Züge am Allez Sprint Comp machen einen recht weiten Bogen. Hier darf gekürzt werden
Doppelt hält besser: Zwei Schrauben gestalten die Verstellung der Sattelhöhe etwas langwieriger. Zum Glück muss man hier nicht oft dran

Die Geometrie des Specialized Allez Sprint Comp

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Das Antrittsverhalten des Specialized Allez Sprint Comp ist kontrovers: Der super steife Rahmen möchte nach vorne sprinten, wird aber durch die trägen Laufräder daran gehindert, zügig Geschwindigkeit aufzunehmen. Auch im Kletter-Modus will das Bike nicht richtig auf Touren kommen und lässt sich von der Konkurrenz abhängen. Hat man den Gipfel des Anstiegs jedoch einmal erklommen, schlägt die Stunde des Allez Sprint Comp. Im Downhill spielt das Rad seine Stärken aus und folgt sehr präzise und direkt den gegebenen Lenkbefehlen. Dabei ist die Front einen Hauch zu agil für das Heck des Rennrades und so zieht es bei schnellen Richtungswechseln nach. Die abgesenkten Sitzstreben und die ovale Carbonsattelstütze sind zwar aerodynamisch vorteilhaft und bringen in der Abfahrt marginale Zeitvorteile, gehen jedoch zulasten des Komforts, denn bereits kleinste Straßenunebenheiten verursachen große Ausschläge des Popometers.

  Das ist vermutlich das steifste Rad, das wir je gefahren sind

Am wohlsten fühlt sich das Specialized bei hohen Geschwindigkeiten auf geraden Segmenten und in weiten Kurven. Auf seidenglattem Asphalt marschiert das Bike geradezu nach vorn und nimmt den Speed auch in der Ebene sehr gut mit. Der satte Geradeauslauf vermittelt Sicherheit auch jenseits der 50 km/h und so fühlt man sich mit 100 %-Brille und dickem Gang wie Peter Sagan auf den letzten Kilometern in Richtung Weltmeistertitel Nr. 4. Beim Anbremsen können die weichen Tektro-Bremszangen nicht überzeugen – hier haben die gruppenreinen Shimano 105-Stopper am Cannondale mehr Bremspower.
Zwar werden der industrielle Look und die Platzierung der Schweißnähte nicht den Geschmack aller treffen, doch ist das Bike auch aufgrund seines Fahrverhaltens ohnehin kein Rennrad für jedermann. Eine verbesserte Abstimmung der matt- und glänzend-schwarzen Anbauteile und eine kompaktere Zugverlegung würden den Gesamteindruck des Bikes wertiger wirken lassen. Mit seinem individuellen Rahmen und der guten Shimano 105-Schaltgruppe wird das Specialized für 1.799,00 € angeboten und stellt einen guten Ausgangspunkt für einzigartige Tuning-Projekte dar.

Fazit

Das Specialized Allez Sprint Comp ist eine Zeitmaschine: in Richtung Zukunft mit innovativer Fertigungstechnologie, in die Vergangenheit mit seinem puristischen und rauen Charakter. Ein perfektes Bike für alle Critracer, die etwas Solides suchen. Die fehlende Leichtfüßigkeit am Berg mindert die Allround-Eigenschaften des Rades, aber der supersteife und präzise Rahmen will nun mal nur eines: nach vorn und das mit Vollgas!

Stärken

– supersteifer Rahmen
– präzises Handling
– Aero-Gene
– guter Ausgangspunkt für Tuning

Schwächen

– Tektro Axis-Bremszangen
– Trägheit am Berg
– Zugverlegung in großen Bögen
– unkomfortables Heck

Uphill | Downhill | Sprint


Mehr Infos findet ihr unter: specialized.com

Einen Überblick über das Testfeld erhaltet ihr im Übersichtsartikel: Das beste Alu-Rennrad bis 2.500 € – vier Modelle für 2018 im Vergleichstest

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Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #009

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Text: Fotos: Valentin Rühl