Road Test

Roval Rapide CLX-Laufräder im Test – Asymmetrisch auf den Geschwindigkeits-Thron?

Überragende Aerodynamik, geringes Gewicht und stabiles Handling – diese Widersprüche will Roval mit den Rapide CLX-Laufrädern überwinden. Dafür bekommen Vorder- und Hinterrad eine unterschiedliche Form. Ob das hilft, um die gesteckten Ziele zu erreichen, haben wir in einem detaillierten Test herausgefunden.

Roval Rapide CLX | 1.410 g (Set mit Felgenband) | 2.600 € | Hersteller-Website

#aeroiseverything – für die kalifornische Bike-Marke Specialized und den hauseigenen Komponentenhersteller Roval ist das nicht nur ein Marketing-Slogan. Beide Firmen haben sich konsequent dem Kampf gegen den Wind verschrieben und betreiben dafür einen eigenen Windtunnel. Und mit den Erkenntnissen aus dieser Win Tunnel genannten Anlage wurden die Roval Rapide CLX-Laufräder entwickelt. Die sollen nicht irgendwelche Laufräder sein. Nein, es sollen die schnellsten Allround-Laufräder der Welt sein – also beim leichtfüßigen Klettern genauso helfen, wie beim schnellen, flachen Kampf mit dem Luftwiderstand. Große Worte. Gestützt werden sie jedoch von der Technologie und den Innovationen, die in den Laufrädern stecken. Am augenscheinlichsten ist dabei die unterschiedliche Form von Vorder- und Hinterrad. Das Vorderrad an Bikes ist durch seine Lenkbarkeit anfälliger für Seitenwinde als das Hinterrad und hat daher einen größeren Einfluss auf das Handling.

Das Hinterrad der Roval Rapide CLX ist 60 mm tief und hat eine Außenweite von 30,7 mm…
…während das Vorderrad nur 51 mm tief ist und dafür eine Außenweite von 35 mm hat.

Deshalb ist das Vorderrad des 2.600 € teuren Roval Rapide CLX-Laufradsatz mit 51 mm Felgenhöhe 9 mm flacher als das Hinterrad mit 60 mm Felgenhöhe. Dafür ist es mit 35 mm Felgenaußenbreite aber auch deutlich breiter als das Hinterrad mit 30,7 mm Felgenaußenbreite. Die Innenmaulweite liegt jedoch vorne und hinten bei 21 mm. Das bedeutet, dass die Felgenflanken am Vorderrad deutlich stärker sind. Während das Roval Rapide CLX-Hinterrad wie ein klassisches Aero-Laufrad aussieht, kommt das Vorderrad also ziemlich gewöhnungsbedürftig daher, steht die Felge doch deutlich über den Reifen hinaus.

Die Felge des Roval Rapide-Vorderrads ist deutlich breiter als der darauf montierte Reifen.

Trotzdem war das Aufsehenerregendste an den Roval Rapide CLX bei ihrer Vorstellung nicht das Erscheinungsbild, sondern der Fakt, dass sie ausschließlich für den Einsatz mit Schlauch geeignet sind. Roval hat damit einen Tubeless-Pfad verlassen, den das Unternehmen zuvor als Weg in die Zukunft proklamiert hatte – mehr als verwunderlich für einen Hersteller, der zusammen mit Specialized einer der ersten war, der Tubeless-Reifen in den Profisport brachte.

Die Roval Rapide CLX sind nicht tubeless ready – sehr schade!

Knapp 100 Siege konnten die Profis der WorldTour-Teams Deceuninck–Quick-Step und Bora-hansgrohe im Kalenderjahr 2021 einfahren, darunter Etappen bei allen drei großen Landesrundfahrten, Monumente wie die Flandern-Rundfahrt oder die Straßen-Weltmeisterschaft. Einen Großteil davon auf den Roval Rapide CLX-Laufrädern, die damit beweisen konnten, dass sie auch ohne Tubeless-Fähigkeit zu den größten Siegen im Radsport beitragen können. Die Tubeless-Aufregung hat sich deswegen mittlerweile gelegt und auch wir hatten Zeit, die Roval Rapide CLX-Laufräder einem gründlichen Test zu unterziehen. Doch zuerst noch etwas Tech-Talk.

Tech-Talk: Die Roval Rapide CLX-Laufräder im Detail

Welche Technologie soll die Roval Rapide CLX-Laufräder also zu den schnellsten Allround-Laufrädern der Welt machen? Der Fokus der Roval-Innovationen liegt hier ganz klar im Bereich der Felgenprofile, des damit zusammenhängenden Luftwiderstands und der von ihnen erzeugten Handling-Charakteristika in Seitenwind. Hier gehen die Entwickler neue Wege und werfen Konventionen über Bord – auch optische. Abgesehen davon sind die Roval Rapide CLX ziemlich herkömmliche Laufräder ohne technische Leckerbissen. Innenliegende Nippel wie an den Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufrädern, die trotzdem von außen zu servicen sind, gibt es hier ebenso wenig wie ein ungebohrtes Felgenbett, das einen Tubeless-Aufbau auch ohne Felgenband erlaubt – auch wenn das für die Rapide CLX ohnehin hinfällig ist. An den Roval-Laufrädern werden außenliegende DT Swiss-Nippel verwendet, an denen am Vorderrad 18 und am Hinterrad 24 DT Swiss AEROLITE T-head-Messerspeichen ansetzen – jeweils einfach gekreuzt an der Bremsseite und auf der Antriebsseite vorne radial und hinten zweifach gekreuzt. Die zweite Generation der DT Swiss-Aerospeichen, die noch flacher und schärfer ist und deshalb weniger Luftwiderstand erzeugt, hat DT Swiss für die eigenen Highend-Laufräder reserviert. Sie kommen daher leider nicht an den Roval Rapide CLX zum Einsatz.

Ratchet EXP-Freilauf…
…und Roval AeroFlange-Naben bilden das Zentrum der Roval Rapide CLX.

Am anderen Speichenende setzen die Speichen an den Roval AeroFlange-Naben an, in denen sich ein DT Swiss-Innenleben versteckt und die mit Steckachsen mit den Maßen 100×12 mm vorne und 142×12 mm hinten kompatibel sind. Ein Unterschied zu früheren Roval-Laufrädern auf CLX-Niveau. Denn anstatt weiterhin auf Keramiklager von CeramicSpeed zu setzen, laufen die Rapide CLX nun auf gedichteten Stahllagern. Den Kraftschluss am Hinterrad stellt – ebenfalls von DT Swiss – ein Ratchet EXP-Freilauf her, der mit allen gängigen Schaltgruppen kompatibel ist. Mit einer feinen Verzahnung geht es hier immer schnell nach vorne. Während der Ratchet EXP-Freilauf zu Beginn der Roval Rapide CLX-Produktion Probleme machte und durchrutschte, man also ins Leere trat, hat DT Swiss diese Gefahrenquelle mittlerweile durch einen Rückruf beseitigt. Das Gewicht der Laufräder von 1.410 g (Satz mit Felgenband) liegt minimale 10 g über der Herstellerangabe, gehört aber zu den absolut leichtesten Laufrädern im Bereich 50–60 mm Felgenhöhe. Zum Vergleich: Ein Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufradsatz mit nur 45 mm Felgenhöhe wiegt 15 g mehr (1.425 g/Herstellerangabe), mit 60 mm Felgenhöhe 120 g mehr (1.530 g/Herstellerangabe). Bontrager Aeolus RSL-Laufräder mit 51 mm Felgenhöhe wiegen ebenfalls 1.410 g (Herstellerangabe), mit 61 mm Felgenhöhe 110 g mehr (1.520 g/Herstellerangabe). Mit einem zulässigen Systemgesamtgewicht von 125 kg können auch schwere Fahrer in den Genuss der Roval Rapide CLX kommen.

Die Roval Rapide CLX-Laufräder im Test

Für unseren Test waren die Roval Rapide CLX-Laufräder auf einem Specialized S-Works Tarmac SL7 (zum Test) montiert und rollten auf S-Works Turbo Cotton-Reifen in 700x26C. Diese Reifen sitzen auf den Roval Rapide CLX-Laufrädern äußerst satt. Gerade am Vorderrad kann es kraftraubend sein, sie über die breiten Felgenflanken zu wuchten. Holt man einen neuen Reifen aus der kalten Garage, kann es gar unmöglich sein – also Reifen immer erst schön aufwärmen, um die Nerven zu schonen. Einmal an ihrem Platz auf der Felge angekommen und aufgepumpt, fallen die 26 mm breiten Reifen in einem schönen U und haben dadurch eine optimale Abstützung. Dank der großzügigen Innenmaulweite von 21 mm fallen sie mit 28 mm etwas breiter aus als angegeben, was für mehr Kontaktfläche des Reifens mit dem Untergrund und deshalb für mehr Grip sorgt. Los geht’s!

Das Test-Setup: Die Roval Rapide CLX-Laufräder waren auf einem Specialized S-Works Tarmac SL7 montiert und mit einem Paar S-Works Turbo Cotton in 700x26C bestückt.

Im Antritt und Durchzug ist alles, wie es sein sollte: Dank hoher Steifigkeit und geringem Gewicht beschleunigt das Test-Bike mit den Rapide CLX sehr willig und man hat den Eindruck, dass jedes Watt in Vortrieb umgesetzt wird. Je schneller man wird, desto mehr zeigt sich dann die Paradedisziplin der Laufräder. Ihre Effizienz ist erstklassig, liegt auf einem Niveau mit deutlich höheren Aero-Laufradsätzen und scheint dem Fahrtwindwind keine Angriffsfläche zu bieten. Wenn man die Roval Rapide CLX fährt, hat man das Gefühl, immer ein paar km/h geschenkt zu bekommen, wird aber auch verleitet, immer schneller fahren zu wollen, um die Effizienzvorteile noch mehr auszukosten

Bei diesem rasanten Ritt, und auch im Wiegetritt, zeigt sich eine weitere Charakteristik der Laufräder, die mit höheren Aero-Laufrädern locker mithalten kann: ihr Wummern. Wer gerne auf leisen Sohlen unterwegs ist, der wird hier nicht glücklich, denn Fußgänger hören einen schon von Weitem kommen. Doch nicht nur im Antritt und bei schneller Fahrt können die Laufräder überzeugen. Auch bergauf kann man mit ihnen flink unterwegs sein und sie ziehen einen nicht mit ihrem Gewicht nach unten. Im Seitenwind und bei seitlichen Böen zeigt sich, dass die Roval-Überlegungen von einem flacheren aber breiteren Vorderrad aufgehen. Die Anfälligkeit hält sich hier im Rahmen, gänzlich leugnen können die Rapide CLX ihre üppige Felgenhöhe aber nicht. Komfortseitig treten die Laufräder eher auf der straffen Seite auf und aus 26-mm-Reifen kann auch nur sehr begrenzt Komfort generiert werden. Voluminösere Reifen mit weniger Luftdruck, die auf den Felgen problemlos Platz finden, können hier Abhilfe schaffen, jedoch sollte man bei ihrer Verwendung den Break-Even bei Luft- und Rollwiderstand im Auge behalten. Positiv hervorzuheben ist die Robustheit der Laufräder: Im harten Dauereinsatz über mehrere Monate und tausende von Kilometern gab es nichts zu bemängeln: kein Knarzen, kein Klappern, keine losen Speichen, keine Seiten- oder Höhenschläge.

Über Trends und Einsatzbereiche der Roval Rapide CLX

Manchen Trends folgt Roval mit den Rapide CLX-Laufrädern, anderen nicht. Der offensichtlichste Trend, dem die Kalifornier nicht folgen, ist die Tubeless-Technologie, die beim Rapide CLX nicht zum Einsatz kommt. Doch Roval scheint zu seinem Wort zu stehen, dass tubeless immer noch der Weg in die Zukunft ist. Bei mehreren Profi-Rennen wurden Team-Fahrer mit einer Tubeless-Version der Roval Rapide CLX gesichtet. Wir sind gespannt, wann es hier Neuigkeiten von Roval gibt. Schlauch-only bedeutet aber auch, dass es die Laufräder nicht für Tubular-Reifen gibt, was wiederum einem Trend folgt und auf das Ende dieser Technologie im Profisport hindeutet. Andere Trends sind kaum noch als solche zu nennen und überraschen entsprechend auch nicht sonderlich: Disc-only ist heutzutage schon bei vielen Laufrädern Standard. Im Allgemeinen folgen die Laufräder dem gleichen Trend, dem auch das Specialized Tarmac SL7 folgt: Eins für alles – also kein Kopfzerbrechen mehr, wann man zu welchen Laufrädern greifen soll.

Die Roval Rapide CLX-Laufräder dürften zwar in einem flachen Zeitfahren Probleme haben, gegen 80 mm hohe Aero-Felgen anzukommen oder an steilen Anstiegen langsamer sein als superleichte Kletter-Laufräder. Doch wann fährt man mal nur flach und schnell oder nur einen steilen Berg nach oben, ohne wieder runterzufahren? Die Kunst der Rapide CLX ist, dass sie auf allen Terrains extrem nah an die jeweiligen Spezialisten herankommen und in gemischtem Gelände große Vorteile bieten. Damit passen sie nicht nur sehr gut zum Specialized S-Works Tarmac SL7, sondern zu allen Fahrern und Fahrerinnen, die auf gemischtem Terrain unterwegs sind.

Unser Fazit zu den Roval Rapide CLX-Laufrädern

Die Roval Rapide CLX-Laufräder bieten ein ausgezeichnetes Aero-Gewichtsverhältnis. Wer also hauptsächlich in welligem Gelände unterwegs ist und einen Laufradsatz für alle Eventualitäten sucht, der kommt hier voll auf seine Kosten. Wer nur flach oder nur bergauf fährt, sollte sich jedoch einen Spezialisten suchen. Der schnellste Allround-Laufradsatz der Welt? Am Roval Marketing-Slogan könnte etwas dran sein. Noch schneller geht es nur mit einem Tubeless-Aufbau, der bei den Laufrädern leider nicht möglich ist.

Tops

  • überragendes Aero-Gewichtsverhältnis
  • hohe Effizienz auf jedem Terrain
  • hohe Robustheit
  • machen durch ihr Wummern eine Klingel überflüssig
  • DT Swiss Ratchet EXP-Freilauf

Flops

  • keine Tubeless-Freigabe (!!)
  • außenliegende Speichennippel
  • Reifenmontage am Vorderrad ist schwierig
  • verfügen nicht über die besten DT Swiss-Aero-Speichen

Weitere Informationen zu den Roval Rapide CLX gibt’s unter rovalcomponents.com


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Fotos: Tobias Hörsch & Valentin Rühl