Die Fahrradindustrie durchlebt turbulente Zeiten und um mit den tiefgreifenden Veränderungen klarzukommen, engagieren viele Hersteller branchenfremdes Führungspersonal. Was das für die Bike-Branche und für einzelne Hersteller bedeutet? Das wollten wir beim Gravel-Ride mit dem neuen Canyon-Geschäftsführer Winni Rapp herausfinden.

Im Bike-Kosmos weht der Wind der Veränderung. Hohe Nachfrage führt bei den einen zu massivem Wachstum, bei den anderen zu Lieferengpässen und Existenzangst. Viele Hersteller stellen sich in der Folge neu auf und reagieren mit Erweiterungen oder Wechseln in der Geschäftsführung. Branchenfremdes Führungs- und Organisations-Know-how steht dabei hoch im Kurs.

Die Hoffnung: So kann die Bike-Branche in diesen schwierigen Zeiten von anderen Branchen lernen, ihre Prozesse optimieren und effizienter werden. So ist es auch bei Canyon: Seit Oktober ist Winni Rapp Geschäftsführer aka CEO beim weltweit größten Direktversender – und er kommt beruflich aus einer komplett anderen Ecke. Erst vier Monate zuvor ist Winni von Vodafone als CFO zum Koblenzer Bike-Hersteller gewechselt. Schaut man sich in den einschlägigen Foren um und liest die Kommentare unter der dazugehörigen Pressemeldung, dann wird schnell klar, dass dieser Wechsel in der Bike-Community durchaus mit gemischten Gefühlen betrachtet wird. Für manche bedeutet er gar den Niedergang von Canyon. Ist ein fachfremder Geschäftsführer wirklich gefährlich für einen Bike-Hersteller, weil es ihm nur um Profite geht? Oder kann er das Unternehmen mit seiner Erfahrung aus anderen Branchen und größeren Firmen auf das nächste Level heben? Was bedeutet Winni Rapp für Canyon? Wir haben uns mit ihm zum Gravel-Ride verabredet, um diese Fragen zu beantworten und um ihn als Mensch kennenzulernen. Außerdem haben wir über die Zukunft der Bike-Branche diskutiert und uns angehört, wie Winni überhaupt zu Canyon kam. Eins vorab: Dass hier einer für seinen neuen Job brennt und Leidenschaft für Bikes mitbringt, spürt man vom ersten Moment an!

Wer ist eigentlich Winni Rapp?

Aufgewachsen ist Winni Rapp in der schwäbischen Universitätsstadt Ulm, wo er auch Wirtschaftsmathematik studierte und sein Berufsleben startete – in einer familiengeführten Spedition, typisch deutscher Mittelstand. Von dort führte sein Weg in die Tech- und Telekommunikationsindustrie, wo er die letzten 20 Jahre bei Konzernen wie der Deutschen Telekom, SAP, Unitymedia und zuletzt Vodafone in der Führungsebene tätig war. Hier war seine Laufbahn immer geprägt von sich verändernden Märkten und Unternehmen mit starkem Wachstum. Und damit fühlt er sich wohl. Er beschreibt sich selbst als jemanden, der lieber Dinge in dynamischen Märkten groß macht, als in einem gesättigten Umfeld die Effizienz auszureizen.

Die Rollenbezeichnungen sind nicht ausschlaggebend, sondern die Frage, wo man einen Beitrag leisten und etwas für die Firma einbringen kann. – Winni Rapp

Dabei ist er Finanzer von Grund auf und war bisher – auch zu Beginn bei Canyon – meist als CFO unterwegs. Doch ihn reizt vor allem die Business-nahe Auslegung dieser Rolle. Also nicht nur Accounting und Compliance, sondern die Frage, wo er aus seiner Rolle heraus das Geschäft und die Transformation eines Unternehmens vorantreiben kann. Vielleicht macht es für Canyon selbst gar keinen so großen Unterschied, ob Winni jetzt CFO oder CEO ist.

Winni Rapp: Sein Weg zu Canyon

Nach Vodafone kam eine geplante Auszeit. Elf Monate. Dann der Beginn bei Canyon. War es ein schwerer Start nach der Berufspause und in einer ganz anderen Branche? Nein, sagt Winni. Denn sein Start bei Canyon war keine komplette Reise ins Unbekannte. Er lernte die Firma schon vor rund sechs Jahren kennen, nahm samstags an einem der von Canyon angebotenen Bike-Rides teil, und war begeistert vom Flair: Kaffee, Test-Bike anpassen, drei Stunden mit 40 anderen ballern und danach Kuchen im Canyon-Home. Hier hat er erlebt, wie Kunden und Mitarbeiter eines Unternehmens sich vermischen und die gleiche Leidenschaft teilen. Immer im Mittelpunkt: Bikes. Kein Wunder also, dass er sich gleich an Canyon Endurace gekauft hat. Es folgte ein Treffen mit Roman Arnold, dem Gründer und damaligen Geschäftsführer von Canyon, mit dem Ziel eines Austauschs: Was können so unterschiedliche Unternehmen wie Unitymedia und Canyon voneinander lernen? Von beiden Berührungen mit Canyon war Winni nachhaltig beeindruckt – vom Flair des Bike-Rides und von Roman Arnolds Unternehmertum.

Über die Jahre entwickelte es sich für Winni zum Traum, bei den Koblenzern anzufangen. Sexy Jobtitel und astronomische Gehälter in anderen Unternehmen verglich er immer mit diesem Traum und schnell war ihm klar: „Wenn sich eine Chance ergibt, will ich für Canyon arbeiten!“ Jetzt ist er dort und es ist genau, wie er es sich vorgestellt hat: eine grundsolide und erfolgreiche Firma, die stark wächst und daher an vielen Stellen noch nicht die richtigen Prozesse implementiert hat. Also der perfekte Ort für Winni, um seine Fähigkeiten einzubringen und gleichzeitig seinen Traum Realität werden zu lassen?

Menschen sind zu sehr viel in der Lage, wenn Leidenschaft und Emotionen im Spiel sind. – Winni Rapp

Wir verbringen einen Großteil unserer Lebenszeit bei der Arbeit. Da ist es wichtig, dass man nicht nur zum Geldverdienen arbeitet, sondern auch Spaß hat und seiner Leidenschaft folgt. Diese Leidenschaft bei der Arbeit zu spüren, wurde für Winni immer wichtiger und man merkt ihm auch an einem späten Freitagnachmittag an, dass er sie bei Canyon gefunden hat. Trotzdem ist sein Work-Ride-Verhältnis gerade etwas aus der Balance geraten – die kürzliche Ernennung zum Geschäftsführer fordert ihren Tribut. Was sich nicht geändert hat: Wenn Winni auf das Rad steigt, dann immer noch am liebsten auf das Endurace. Aber nicht immer. Wenn es schneller sein soll, ist ein Ultimate mit hohen Aero-Felgen seine Wahl. Wenn es ins Gelände geht, feiert er das Lux Trail für seine Art des Mountainbikens. Und für Fahrten, auf denen er nicht weiß, was ihn erwartet, ist das Grizl sein Schweizer Taschenmesser. Deswegen haben wir genau dieses Bike auch für unsere gemeinsame Gravel-Runde gewählt – die ganz nebenbei auch unsere erste Fahrt auf dem brandneuen Canyon Grizl AL (zum Test) war.

Bis zum Jahresende will ich alle Canyon-Modelle gefahren sein! – Winni Rapp

Vom Internetanschluss zum Gravel-Bike: Winni als CEO

Wie unterscheidet sich eigentlich ein Job in der Chefetage der Outdoor-Industrie von einem in der Telekommunikation oder im Softwareunternehmen? Natürlich gibt es offensichtliche Unterschiede bei Produkt und Geschäftsmodell: Ein Internetanschluss oder ein Buchführungsprogramm wecken in der Regel nicht die gleichen Emotionen wie ein Bike. Die Nähe zu den Produkten von Canyon kommt bei Winni dadurch, dass er selbst begeisterter Radfahrer ist. Trotzdem wäre es aus seiner Sicht keine gute Idee, ihn zum Verantwortlichen für Produktdesign zu machen: „Mach’s nicht – ich wüsste nicht, was für ein Fahrrad dabei rauskommt!“ Deswegen ist es Winni wichtig, für die jeweiligen Bereiche Mitarbeiter mit den entsprechenden Fähigkeiten eigenverantwortlich handeln zu lassen. Seine Aufgabe sieht er darin, die Schnüre aus allen Bereichen aufzunehmen und zusammenzubringen. Seine Klarheit hilft ihm dabei, ein starkes und stimmiges Gesamtpaket zu schnüren.

Ich bin nicht der oberste Produktpapst, sondern der General Manager, der guckt, dass alles zusammenpasst. – Winni Rapp

Doch es gibt auch Unterschiede zwischen den Branchen, die jenseits des Produkts liegen: Canyon hat im Vergleich zu Großunternehmen noch nicht denselben Entwicklungsgrad bei Systemen und Prozessen. Winni meint: Nicht schlimm, wenn man es weiß und die Brücke in die Zukunft schlägt. Auf dem Weg dorthin sieht er den größten Vorteil, den er Canyon bieten kann: Er kommt aus einer Industrie, die besagten Entwicklungsgrad bereits erreicht hat, den Canyon für die nächsten Kapitel braucht. Außerdem hat Winni Erfahrung darin, Unternehmen zu leiten, die eine ganz andere Größe haben, als die meisten Bike-Unternehmen derzeit. Und er merkt jeden Tag an seinem neuen Arbeitsplatz, dass er sich aus seinem über die Jahre erarbeiteten Skill-Werkzeugkasten bedienen kann, um Dinge schnell und effizient voranzutreiben und Probleme zu lösen. Dabei ist er sich nicht zu schade, auch selbst tief in Excel zu graben, statt nur auf dem strategischen Level zu fliegen. Er sucht die Nähe zu seinen Leuten und trifft sie dort, wo sie arbeiten, sei es in der Werkstatt oder der Entwicklungsabteilung. Das ist für ihn das beste Mittel, um alle Informationen für gute Entscheidungen zu sammeln.

Canyon steht für mich hochgradig für Leidenschaft – und das ist ein sehr hohes Gut. – Winni Rapp

Seine größte Aufgabe sieht Winni darin, Canyon auf das nächste Level der Professionalisierung zu bringen, ohne dabei die Leidenschaft der Belegschaft zu killen. Für ihn ist es deshalb nicht wichtig, ob der Canyon-CEO aus der Bike-Branche kommt oder nicht. Was zählt, sind Skills und die Leidenschaft fürs Bike. Er sagt: „Beides hab ich!“ Trotzdem: Winni weiß, was er kann und was nicht. So verlässt er sich bei den Dingen, die er nicht kann, auf andere. Und diese anderen sind teils prominent! Roman Arnold ist zwar aus der operativen Rolle als CEO ausgeschieden. Doch er ist weiterhin mit an Bord, zum Beispiel in der Produktentwicklung, der Markenpositionierung und im Pro-Sport. Für Winni ist das ein gutes Prinzip. Und es macht die Frage, ob ein fachfremder CEO gefährlich für eine Firma ist, gleich viel weniger brisant. Im Gegenteil – für die nächsten Entwicklungsschritte der Bike-Branche braucht es Know-how und Erfahrung bei Prozessen, Organisation und Führung, die bislang in der Bike-Branche eher dünn gesät sind. Dass sich andere Marken ebenfalls branchenfremde Führungskräfte ins Team holen, um das Wachstum zu stemmen, ist kein Geheimnis. Die entscheidenden Fragen sind nur: Wie sieht die Zusammenarbeit aus? Wie integrieren die neuen Leute ihre Erfahrungen und Skills in die bestehende Firmenkultur und wie wird diese weiterentwickelt, ohne dass es zu einem Kulturschock kommt? Wie beschleunigt man Entwicklungen in Bereichen wie z. B. dem Service, in denen zahlreiche Marken seit Jahren Defizite aufweisen? Wie stellt man die Zusammenarbeit immer größerer Teams sicher? Die größten Herausforderungen vieler Bike-Marken liegen aktuell nicht in der Produktentwicklung, sondern in der Unternehmensführung und der Art und Weise, wie gearbeitet wird. Das Rekrutieren von branchenfremden und erfahrenen Führungskräften ist daher ein logischer Schritt.

Winni, wohin geht’s mit Canyon?

Zusammen mit dem Mehrheitseigner, der belgischen Investment-Gesellschaft Groupe Bruxelles Lambert (GBL), hat Canyon drei Bereiche definiert, die das Unternehmen strategisch mit höchster Priorität angehen will: die Supply Chain, den Service und ein Konzept für digitale Erfahrungen, insbesondere im Bereich der urbanen Mobilität. Ursprünglich war diese Liste deutlich länger. Doch in komplexen und schnelllebigen Zeiten kann man sich auch schnell zu viel aufladen und alles zur Top-Priorität machen. Das führt dann mitunter dazu, dass man nichts richtig macht. Ein gefährlicher Spagat. Winnis Klarheit ist spürbar und hilft Canyon dabei, den Fokus auf die richtigen Prioritäten einzustellen. Die Wichtigkeit einer verlässlichen Lieferkette hat sich vor allem in den letzten beiden Jahren extrem gezeigt. Massive Nachfrage, Lieferengpässe, kurzfristig gecancelte Bestellungen – solche Überraschungen mögen Manager nicht, auch Winni nicht. Doch wie geht Canyon mit solchen Unsicherheiten in der Beschaffung um? Das Unternehmen investiert weiterhin in die langjährigen, von Vertrauen geprägten Partnerschaften mit Lieferanten und verkörpert dabei die Werte und die Verlässlichkeit, für die es bekannt geworden ist. Das sieht Winni als größten Hebel des Unternehmens, um Unsicherheiten in den Lieferketten zu minimieren.

Canyon wurde bei Partnern und Lieferanten immer als vertrauensvoller und verlässlicher Partner wahrgenommen, der sich an Abmachungen gehalten hat. – Winni Rapp

Doch Überraschungen werden sich nicht zu hundert Prozent vermeiden lassen. Deshalb will Winni Canyon agil und flexibel aufstellen, um besser mit Überraschungen umgehen zu können, die von der Lieferkette serviert werden. Die Herausforderung dabei: Wie bekommt man Flexibilität in eine auf Automatisierung ausgerichtete Fertigung? Auch den Service als Top-Priorität zu fokussieren, ist für Canyon als Versender sinnvoll. Winni glaubt, dass der Großteil der aktuellen Performance-orientierten Canyon-Kunden sich vor dem Kauf Gedanken über mögliche Reparaturen gemacht hat. Doch mit weiterem Wachstum und dem Eintritt in neue Märkte will Winni sich beim Service nicht mehr auf YouTube oder den freien Bike-Shop ums Eck verlassen. Daher legt er sein Augenmerk auf Service – im wahrsten Sinne des Wortes: Direkt vor seinem Schreibtisch hängt die Service-Wand, die zeigt, wo Canyon gerade steht und wie ein Servicekonzept entstehen soll, das ein differenzierendes Kundenerlebnis schafft.

Ich glaub daran, dass ich dort Ergebnisse sehe, wo ich meine Augen hinstecke, wo ich meine Zeit hineinstecke. Also gucke ich den ganzen Tag auf Service. – Winni Rapp

Winnis Augenmerk auf den Service kommt nicht von ungefähr – denn wo E-Bikes schon deutlich höhere Anforderungen an den Service stellen, stößt Canyon mit dem dritten strategischen Fokus in neue und komplexere Bereiche vor: digitale Erfahrungen, besonders im Bereich der urbanen Mobilität. Dabei geht es darum, wie man mit Digitalisierung den Bedienkomfort und die Sicherheit auf ein neues Level heben kann. Einfache Beispiele: Einbindung des Bikes in Social Media oder die Lokalisierung – wo ist mein Bike? Dabei soll es immer weniger um das Was als um das Warum gehen. Also nicht mehr darum, welche Schaltgruppe verbaut ist, sondern um das Bedürfnis, das eigene Bike in Sicherheit zu wissen. In anderen Worten: Weg von den Features, hin zu Anwendungsfällen. Die Performance-Attribute, die der Kunde einem Bike zuordnet, werden sich also verändern – hin zu mehr Lifestyle. Von dieser Entwicklung erhofft sich Winni noch mal einen ganz neuen Schub für das Fahrrad und sieht es auch als großen Trend für die ganze Bike-Branche. Doch Lifestyle ist nicht alles: In diesem Wandel will Canyon seine sportlichen Gene nicht aus dem Blick verlieren.

Performanceorientierte Bikes liegen in den Genen von Canyon – das behalten wir bei! – Winni Rapp

Der neue Canyon-CEO über Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist zwar auf den ersten Blick nicht in den Top 3 von Canyons strategischen Handlungsfeldern enthalten, wirkt sich aber als Querschnittsthema auch auf sie aus. Immerhin hat man als Firma eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, auch bei der Nachhaltigkeit, sagt Winni. Studien wie das Future Mobility Concept sollen zeigen, wohin Innovation führen kann und dass Canyon sich seiner Verantwortung bewusst ist.

Wir leisten schon etwas für die Umwelt dadurch, dass wir mit unseren Bikes Mobilitätsbedarfe bedienen, die viele Menschen da draußen haben – aber das kann nur der Anfang sein. – Winni Rapp

Klar, ein Fahrrad ist per se nachhaltiger als ein Auto. Aber das ist kein Grund für Winni, sich bei dem Thema zurückzulehnen: Photovoltaik auf dem Dach, ein Neubau, der sich energetisch nahezu selbst trägt, und das Reduzieren von Plastik in den Versandkartons. Es sind kleine und größere Schritte wie diese, mit denen das Unternehmen seine Produkte über den Lebenszyklus hinweg möglichst wenig belastend für die Umwelt machen will. Wir würden in Zukunft gerne noch weitere Schritte über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg sehen, vor allem auch in der Produktion und bei der Verwertung.

Hinzu kommt natürlich, dass ein massiver Nutzen für die Umwelt dann entsteht, wenn die Masse der Menschen ihr Nutzungsverhalten ändert. Plakativ: Nicht mehr mit dem SUV zum Bäcker, sondern mit dem Bike. Das passiert aber laut Winni nicht durch Zwang, sondern dadurch, dass das Erlebnis gut und sicher ist. Daran arbeitet Canyon schon lange erfolgreich, bringt auch immer mehr Pendler aufs Bike und leistet so einen Beitrag zur Verkehrswende. Denn auch das gehört zur Nachhaltigkeit, auch wenn es oft übersehen wird. Und Winni betont, dass man den CO2-Fußabdruck eines Fahrrads nach 300–400 km neutralisiert hat, die man sonst im Auto zurückgelegt hätte. Eine Strecke, die jedes einzelne Bike über seinen Lebenszyklus hinweg zurücklegt.

Was bedeuten fachfremde Manager für die Bike-Branche?

Nicht nur die Bike-Branche verändert sich rasant, auch ihre Position in der Gesellschaft. Für den nächsten Wachstumsschritt der Branche ebenso wie für die Bewältigung und Umsetzung von Megatrends wie der Mobilitätswende braucht es neue Skills, Know-how und Erfahrung mit größeren Organisationen. Auch ein neues, stärkeres Selbstbewusstsein kann Bike-Herstellern nicht schaden, wenn sie sich gegen andere Mobilitätsanbieter behaupten wollen, beispielsweise gegen die Autoindustrie. Das hat sich auch auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in München gezeigt. Die gute Nachricht: Winni bringt all diese Fähigkeiten mit!

Dass vermehrt Führungskräfte aus anderen Branchen in die Bike-Industrie wechseln, hat einfache Gründe: Viele Bike-Firmen waren bisher einfach nicht groß genug, um selbst Leute mit dem Erfahrungsschatz und dem Werkzeugkasten hervorzubringen, die es braucht, um die typischen Wachstumsschmerzen zu überwinden. Menschen wie Winni, die bereits größere Firmen geführt haben, kennen diese Schmerzen, überkommen sie leichter und bringen einen entscheidenden Vorteil, wenn die Integration in die bestehende Firmenkultur gelingt: Sie bringen das bestehende Team voran, setzen neue Impulse und Ansprüche und bilden dabei die Führungskräfte von Morgen aus, die dann wieder aus der Bike-Branche kommen. Und was ist mit dem Vorwurf, dass ein fachfremder CEO keine Leidenschaft für Bikes haben kann? Diese Frage stellt sich nicht, wenn man Winni erlebt. Hier hat einer seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und sprüht nur so vor Energie und Freude an seiner Arbeit und den Produkten. Das haben wir auf dem gemeinsamen Gravel-Ride gespürt und genauso, als nach dem Ride noch Dieter bei Canyon auf dem Hof stand, um sein neues Bike abzuholen. Das hat Winni seinem Freund nämlich persönlich verkauft.

Bike-Marken setzen vermehrt auf externe Kompetenzen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Doch führt das nicht zwangsläufig zum Kulturschock und dazu, dass die Marken ihre Glaubwürdigkeit einbüßen? Diese Sorgen vergisst man schnell, wenn man mit Winni Rapp spricht. Er scheint den Spagat zwischen Top-Level-Leadership und Hands-on-Umsetzung mit viel Liebe zum Bike zu meistern. Wir sind gespannt, wohin er Canyon führt, und drücken die Daumen!


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Text: Tobias Hörsch Fotos: Robin Schmitt