Leichter? Klar. Schneller? Sowieso. SRAMs neue Flaggschiff-Gruppe hakt die üblichen Punkte ab, legt den Fokus allerdings auf etwas ganz anderes: möglichst einfache Bedienbarkeit. Was das bedeutet und wie sich das auf die Performance der neuen High-End-Gruppe auswirkt, haben wir für euch herausgefunden.
Effortlessness – Mühelosigkeit. Das ist der rote Faden der neuen SRAM RED AXS. Damit ist nicht gemeint, dass Radfahren mit der neuen RED AXS plötzlich nicht mehr anstrengend ist. Vielmehr will SRAM durch zahlreiche Verbesserungen der Funktion, Einstellbarkeit, Ergonomie, Performance und Konnektivität die Nutzung der neuen RED AXS so einfach wie möglich gestalten. Und durch die Aufnahme von Hammerhead in die SRAM-Familie kommt die neue RED AXS mit einer weiteren großen Neuheit. Der gleichzeitig vorgestellte neue Fahrradcomputer Hammerhead Karoo wurde in enger Zusammenarbeit entwickelt und nahtlos in die neue SRAM RED AXS integriert. Wir haben SRAMs bisher leichteste elektronische Schaltgruppe in verschiedenen Szenarien getestet und können euch sagen, wo das Konzept aufgeht und wo nicht.
Die großen Neuerungen an der SRAM RED AXS 2024
RED, das Ultimative an Schaltperformance, Geschwindigkeit und Leichtbau – dafür steht SRAMs top-of-the-line Schaltgruppe seit 2007. Seitdem ist die Gruppe hauptsächlich an glamourösen Profi-Bikes und High-End-Rädern jenseits der 10.000-Euro-Marke anzutreffen. Und genau diese Schaltgruppe wird mit dem neuesten Update noch leichter und besser.
Ganze 154 g hat die RED abgespeckt und kommt nun auf ein Systemgewicht von 2.496 g mit 10–28-Kassette und 48/35-Kettenblättern – beachtlich! Die meisten Pfunde werden an den komplett neu designten Hoods eingespart, immerhin ganze 83 g. Aber auch Schaltwerk, Kurbelgarnitur, Kette sowie Powermeter haben von der Gewichtskur profitiert und sehen nun deutlich schlanker und frischer aus.
An SRAMs Hoods scheiden sich die Geister: Zu klobig ist das Design, und zu speziell verhält sich die Bremse. Doch damit ist jetzt Schluss, die neuen Hoods mit Carbon-Bremshebel nehmen sich die Kritik zu Herzen und erklären die Ergonomie zum höchsten Tribut. Für eine bessere Kontrolle und mehr Bremspower in den Drops schwingen die Hebel sanft nach außen und sollen so auch mit leicht nach innen geneigten Hoods perfekt zu erreichen sein.
Aber auch von der seitlichen Ansicht haben sich die Hoods stark verändert. Verglichen mit dem Vorgänger ergibt sich fast schon eine grazile Optik. Vor allem durch die größere Auflagefläche und geringere Höhe verbessert sich die Ergonomie immens und macht die Hoods für nahezu jede Hand ergonomisch besser.
Der neue Look ist aber nicht nur auf die neueste Ergonomie-Vision zurückzuführen, auch maßgebliche mechanische Änderungen führen zum frischen Design. So haben sich die Position des Bremshebeldrehpunktes und die Positionierung des Kolbens im Inneren des Hebels deutlich verändert. Damit reduziert sich laut SRAM die benötigte Kraft, um in den Hoods mit einem Finger zu bremsen, um ganze 80 %!
Und noch eine weitere Änderung versteckt sich in den Hoods, und die kann man gehörig feiern! Endlich setzt auch SRAM auf zusätzliche Knöpfe an der Innenseite der Hoods. Diese lassen sich individuell programmieren, etwa um die Headunit zu bedienen, oder als zusätzlicher Shifter beim Klettern.
Leichte Einstellbarkeit scheint das neue Firmenmotto der Amerikaner zu sein, denn neben den altbewährten Einstellhilfen für Umwerfer und Schaltwerk verstecken auch die Hoods ein paar clevere Features. Mit der im Oberflächen-Design integrierten Linie lassen sich die Hoods immer perfekt ausrichten. Aber auch die Bremshebel der SRAM RED AXS sind sich dank einer versteckten Schraube in der Weite regulierbar.
Doch das ist noch immer nicht alles, denn mit dem passenden und zeitgleich gelaunchten Hammerhead Karoo lässt sich die SRAM RED AXS-Experience erst richtig entfalten. Per Auto-onnect verbindet sich die Headunit ganz von selbst mit der Schaltgruppe und vorerst gibt es die Gruppe nur im Set mit dem Hammerhead Karoo zu kaufen. Das Set bestehend aus Shiftern, Bremsscheiben, Kette, Schaltwerk, Umwerfer und Karoo kostet 3.350 €. Die Kasette und die Kurbel sind nicht im Set enthalten um die Wahlmöglichkeiten offen zu halten. Die Kurbelgarnitur mit Powermeter kostet 1.345 €, die Kassette weitere 435 €. Das ergibt einen stolzen Gesamtpreis von 5.130 € für die komplette RED-Ausstattung inklusive Hammerhead Karoo Headunit und Powermeter.
Die SRAM RED AXS 2024 im Detail
Das Kettenblatt ist auch bei der neuen SRAM RED AXS, wie bereits vom Vorgänger bekannt, aus einem Stück gefräst. Ebenfalls nicht neu sind die Kombinationen von 50/37, 48/35 und 46/33 sowie die Option, ein 1-fach-Aero-Kettenblatt zu fahren, was nicht nur für Zeitfahrer und Triathletinnen, sondern auch den ein oder anderen Gravel-Pro interessant sein dürfte. Zusätzlich bietet SRAM auch noch 56/43, 54/41 und 52/39 Optionen für jeden an, der die Beine dafür hat 😉. Altbewährt ist auch das optionale in den Kettenblättern integrierte Powermeter: nach wie vor blöd, wenn die Kettenblätter getauscht werden müssen, doch dafür bietet SRAM ein Austauschprogramm mit etwas Rabatt.
Das versteckte Juwel der neuen SRAM RED AXS findet sich am Heck des Bikes. Denn gerade hier wird die Gewichtskur besonders sichtbar. Filigran gefertigt und mit viel Luft, erinnert das neue Schaltwerk stark an Eigenkonstruktionen und Weight-Weenie-Umbauten mit Bohrer und Feile. Schön, dass es das jetzt ab Werk gibt! Wie gewohnt und erwartet ist das neue Schaltwerk mit den üblichen Kassetten von 10–28 bis 10–36 kompatibel. Etwas mehr trendy sind dagegen der Schaltkäfig und die Pulley Wheels. Mit Carbon-Konstruktion und Oversized-Schaltröllchen folgt SRAM dem aktuellen Trend und setzt mit den zweiteiligen Pulley Wheels sogar noch einen oben drauf.
Optisch hat sich nicht viel getan, und auch technisch ist viel beim Alten geblieben. Neben ein paar Gramm Gewichtsersparnis erweitert die neue SRAM RED AXS die verfügbaren Kassetten um die Option, auf 10–30 und 10–36 zu wechseln. Insgesamt gibt es also folgende Optionen:
10–28, 10–30, 10–33, 10–36
Ja, auch die Kette musste leiden und hat kräftig abgespeckt. Die schon bekannte Flattop-Kette kommt nun mit kleinen Aussparungen in den Gliedern, um auch die letzten Mikrogramm zu sparen. Ähnlich kennen wir das schon von den MTB-Kollegen und der SRAM Transmission. Für etwas mehr Effizienz und extra Langlebigkeit setzt die SRAM RED AXS auf hartverchromte Innenlaschen und Rollen. Außerdem gibt’s Kette und Kassette für Liebhaber im geliebt-gehassten Rainbow-Look.
Die neue SRAM RED 2024 im Test
Die Ergonomie, bisher der Elefant im Raum bei jedem Bike-Test mit SRAM RED AXS-Schaltgruppe. Ein Punkt, der bis jetzt nicht unbedingt die Paradedisziplin der SRAM-Komponenten war. Doch die Entwickler haben auf das Feedback gehört!
Die schmaleren und längeren Hoods liegen nun sehr gut in der Hand und schmeicheln in praktisch jeder Griffposition. Auch die Bremse lässt sich spielend einfach betätigen und vermeidet das Einklemmen der Finger, wie es bei der Vorgänger-Gruppe des Öfteren der Fall war. Auch der Gummiüberzug ist griffig und liegt angenehm in der Hand. Durch das integrierte Muster versprechen die Hoods auch bei schwitzigen Händen einen sicheren Halt.
Den spürbar größten Unterschied zum Vorgängermodell machen die Bremsperformance und Bedienbarkeit der Bremse. Diese lässt sich fein dosieren, überzeugt mit gleichbleibendem Druckpunkt und bietet eines der stärksten und vielversprechendsten Bremsgefühle im Dropbar-Segment.
Vor allem die 1-Finger-Bremsperformance aus den Hoods ist überzeugend. Auch wenn es anfangs etwas Mut erfordert, nur mit einem Finger zu bremsen, verzögert die SRAM RED AXS zuverlässig und bringt das Bike ohne großen Kraftaufwand zum Stehen. Besonders gut gestaltet sich das auf schnellen Abfahrten und auf ruppigem Terrain. Hier braucht es einen festen Griff und nur einen Finger an der Bremse. Auch für Gravel-Bikes stellen die neuen Hoods ein echtes Upgrade dar, denn die neuen Komponenten sind vollkommen abwärtskompatibel.
Gewohnt zuverlässig und schnell, das erwarten wir von einer SRAM-Gruppe im Top-Segment. Und das liefert die SRAM RED AXS auch – präzise, schnell und knackig springt die Leichtbau-Kette über die neue Kassette.
Aber auch am Sorgenkind Umwerfer hat SRAM nachgelegt. Dieser arbeitet nun schneller, und der Schaltvorgang wird präziser und zuverlässiger ausgeführt. Durch eine neue Schablone soll die Einstellung zusätzlich einfacher geworden sein. Im direkten Vergleich zur Konkurrenz aus Fernost bleibt der Umwerfer trotzdem noch etwas zurück.
1A, diese Note bekommt die neue SRAM RED AXS in Sachen Einstellung, denn nicht nur die Hoods lassen sich durch grafische Hilfsmittel und versteckte Schräubchen individuell anpassen, auch die Montage des Umwerfers funktioniert mit neuer Schablone besser.
Wie gewohnt funktioniert die Schalterbelegung der SRAM Hoods perfekt und intuitiv, kein anderes System lässt sich so gut bedienen. Auch die neuen Knöpfe funktionieren erstklassig zum schnellen Bedienen der Headunit. Durch die Platzierung an der Innenseite der Hoods, ähnlich der Shimano GRX Di2, lassen sie sich einfach mit dem Daumen erreichen, ohne die Bike-Kontrolle einzuschränken.
Fazit zur neuen SRAM RED AXS
SRAM hat sich die Kritik zu Herzen genommen und an den richtigen Stellschrauben gedreht. Die neue SRAM RED AXS setzt bei Bedienbarkeit und Ergonomie neue Maßstäbe und bringt die Top-Schaltgruppe auf die Höhe der Zeit. Dabei stehen vor allem die Hoods im Fokus – mit durchdachter Bremsergonomie und überarbeiteter Hardware ist die 1-Finger-Bremskraft jetzt die beste am Markt. Kombiniert mit Leichtbau ergibt sich eine beeindruckende Schaltgruppe, die mit ausreichend Budget die richtige Wahl für alle Technikverliebten und Performance-Fans ist.
Tops
- hervorragende Ergonomie der Hoods
- einfache und vielseitige Einstellbarkeit
- sichere und vielversprechende Bremsperformance
- federleichte Schaltgruppe
Flops
- Powermeter und Kettenblätter sind noch aus einem Stück – Nachhaltigkeit sieht anders aus
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Text: Calvin Zajac, Jan Richter Fotos: Jan Richter