Schmolke bietet neben federleichten Carbon-Sattelstützen und -Laufrädern neuerdings auch Gravel-Bikes an und will damit den ganz Großen Konkurrenz machen. Doch kann sich der Hersteller vom Bodensee mit dem Infinity Integral mit lauter Carbon-Komponenten behaupten? Spiegelt sich der High-End-Anspruch auch im Rahmenbau wider?

Schmolke, der Carbon-Spezialist vom Bodensee, ist vor allem unter Leichtbau-Füchsen und Weight-Weenies bekannt und lässt mit High-End- und Low-Weight-Komponenten Roadie-Herzen höher schlagen. Doch Schmolke steht dabei nicht nur für eine Abspeckkur fürs Fahrrad, sondern vor allem für hochwertige und detailverliebte Produkte. Und es kommen nicht nur personalisierte Lenker und Sattelstützen, sondern auch ganze Rahmen mit dem Schmolke-Schriftzug aus einem Haus. Denn aus einem Haus ist hier auch das Stichwort: Schmolke vertreibt vor allem über den eigenen Onlineshop, dabei sind nicht nur Leichtbau-Komponenten und Carbon-Schrauben – ja sowas gibt es wirklich – im Angebot, sondern auch die Schmolke-Bikes. Neben einem Rennrad bilden die Infinity Gravel-Bikes das Herzstück des Portfolios. Wir hatten das 8.350 € teure Infinity Integral im Test und konnten das bis zur Oberkante mit Schmolke ausgekittete Bike sowohl im heimischen Schwarzwald als auch auf katalanischen Gravel-Pisten testen. Dabei zeigt sich nicht nur wie vielseitig, sondern auch wie komfortabel Carbon sein kann und wo die Schwächen des Gravel-Bikes liegen.

Schmolke Infinity Integral 2023 | 8.350 € | 7,64 kg in Größe 57 | Hersteller-Website

Schmolke Infinity Integral – Schmolke, soweit das Auge reicht

Schmolke als kleiner Hersteller zieht durch, was sonst nur die ganz großen à la Specialized und Co. können und setzt beim Infinity Integral auf eine Vollausstattung aus eigenem Haus. Beim Gravel-Renner vom Bodensee entspringen lediglich Naben, Schaltgruppe und Reifen nicht dem Designbüro Schmolke. Doch wo eine waschechte Vollausstattung bei preisbewussten Herstellern zum Problem wird, kann Schmolke voll und ganz auftrumpfen. Und die Detailverliebtheit macht sich bezahlt.

Schmolke Infinity Integral 2023

8.385 €

Ausstattung

Sattelstütze Schmolke 1K Carbon Seatpost TLO 27,2 mm 0 mm
Bremsen SRAM Force eTap AXS HRD 160/160 mm
Schaltung SRAM Force eTap AXS 1x12
Vorbau Schmolke Infinity Integral 110 mm
Lenker Schmolke Roadbar Gravel TLO 530 mm
Laufräder Schmolke TLO 30 13 x 100/12x149 mm Through Axle
Reifen Challenge Gateway TLR 700 x 40
Kurbeln SRAM Force eTap AXS 170 mm
Kassette SRAM CS-XG-1271-D1 10-44T

Technische Daten

Größe 46 49 52 55

Besonderheiten

Schmolke durch und durch
Außergewöhnliche Reifenwahl
Viel Compliance durch hervorragende Sattelstütze
volle Integration

Breit und mit viel Flare: Der Schmolke Roadbar Gravel TLO-Lenker ist etwas aus der Zeit gefallen.
Durch die integrierte Zugverlegung und Carbon-Leichtbau ist der Schmolke-Vorbau etwas klobig geraten.

Das Cockpit fällt auf den ersten Blick vor allem durch das weiße Lenkerband auf. Doch hier versteckt sich noch so viel mehr. Der Schmolke Roadbar Gravel TLO-Lenker ist ein kleines Schmuckstück in sich. Die Haptik, kombiniert mit dem 1K-Carbon-Finish und dezent-schwarzen Schmolke-Grafiken, macht den Lenker zu einem kleinen Meisterstück. Doch was viele am Gravel-Bike freut, ist uns im Test negativ aufgestoßen. Durch den breiten Flare von 20° misst der Lenker ganze 530 mm in den Drops. Der gewollt breite Griff vermittelt viel Sicherheit in technischem Gelände, wirkt aber etwas gezwungen und verleiht dem Bike ein behäbiges Gefühl. Für große und breite Fahrer aber durchaus von Vorteil.
Optisch nicht ganz passend ist allerdings der Vorbau. Ebenfalls von Schmolke, und natürlich aus Carbon, wirkt er etwas klobig, passt mit dem matten Finish aber super zum Rahmen und den restlichen Komponenten. Die Bremsleitungen lassen sich dafür sehr gut integrieren, und auch Züge für mechanische Gruppen lassen sich leicht verlegen.

Wie auf Wolken – keine andere Sattelstütze, ob gefedert oder nicht, überzeugt so sehr wie die Schmolke TLO 1K-Stütze.
Auch der SL UD-Sattel überzeugt auf ganzer Länge – komfortabel, detailverliebt und wunderschön.
A match made in Heaven – Der Schmolke TLO-Laufradsatz und …
… die Challenge Gateway TLR-Reifen ergänzen sich perfekt.

Ganz im Gegensatz dazu die Sattelstütze. Wir hatten noch kein Modell im Test, das uns so überzeugt hat wie Schmolkes Meisterwerk. Es treibt nicht nur Gewichtsersparnis und Look an die Spitze des Möglichen, sondern – man mag es kaum glauben – es ist auch eine der komfortabelsten Sattelstützen im Radkeller. Damit avanciert sie nicht nur zu einem der Highlights am Bike, sondern wird von uns auch ganz uneingeschränkt als Upgrade empfohlen. Passend dazu ist der SL UD Carbon-Sattel ultra-leicht, ultra-schön und überraschend komfortabel.
Als i-Tüpfelchen runden die Schmolke-Laufräder mit Challenge Gateway TLR-Reifen in 40-mm-Breite das Gesamtpaket ab. Die hauseigenen Carbonfelgen, gepaart mit DT Swiss 180-Naben, ergeben einen leichten, reaktiven und steifen Laufradsatz. In Kombination mit der exklusiven Reifenwahl ist für effizienten Lauf und ausreichend Grip auch auf nassem und losem Untergrund gesorgt.

Schmolke Infinity Integral – Außergewöhnlich gewöhnlich

Gewöhnlich ist dagegen die Entscheidung, eine SRAM Force XPLR-Schaltgruppe zu verbauen. Sie liefert präzise und knackige Schalt-Performance und funktioniert verlässlich, dennoch fehlt der Gruppe die Emotionalität und Detailverliebtheit, wie sie Schmolke bei den eigenen Komponenten zeigt. Zum aufgerufenen Preis aber eine sehr gute Wahl.
Ähnlich auch der Rahmen: Vor allem optisch mag er nicht so recht zum exklusiven Schmolke-Image passen. Mit der breiten Gabel und dem massiven Bereich der Sattelstützklemme wirkt das Bike nüchtern und unzerstörbar. Für ein Gravel-Bike nicht unbedingt von Nachteil.
Außergewöhnlich sind dagegen die Flaschenhalter. Mit nur 14 g sind die Carbon-Halter wahre Leichtgewichte und halten die Flaschen trotzdem sicher, auch offroad!

Die 14 g leichten Flaschenhalter aus dem Hause Schmolke runden das Infinity Integral perfekt ab.
Gewohnt gute Schalt-Performance mit breiter Bandbreite durch die SRAM Force ASX XPLR-Gruppe.
Breit und unzerstörbar: Der Übergang am Heck ist im Vergleich zu den dünnen Sitzstreben massiv gestaltet.

Leichtbau Gravel-Hüpfer vom Bodensee – Schmolke Infinity im Test

Trotz des Auftretens und der High-End-Komponenten ist das Schmolke Infinity Integral ein zurückhaltendes Bike. Das Handling befindet sich, bestimmt durch den breiten Lenker, auf der laufruhigen Seite des Spektrums. Durch die breiten Drops lässt sich das Bike vor allem in schnellen Situationen und langen Kurven sicher fahren. In schwierigem Gelände und in Abfahrten ist der breite Lenker aber von Nachteil. Gerade in den Drops büßt das Bike dadurch etwas an Agilität ein und lässt sich nicht immer einfach steuern.
Die Sitzposition dagegen ist gestreckt, für ein Bike in Größe 57 aber durchaus angebracht und kann durch einen kürzeren Vorbau individualisiert werden. Wie bereits erwähnt, ist die Compliance, vorne wie hinten, herausragend: Die Komponentenwahl mit hauseigenem Sattel und Sattelstütze bringt einiges an Flex und Dämpfung. Auch hier lassen sich nur positive Worte über die Schmolke-Produkte verlieren. Das Gleiche gilt auch für den breiten Lenker an der Front: Was dem Handling noch schadet, bringt im Gegenzug viel Komfort und reduziert Vibrationen auf unebenem Untergrund.
Im Antritt kommen das geringe Gewicht von 7,64 kg und die hohe Effizienz der Kombination aus Laufrad und Challenge Gateway-Reifen voll zur Geltung. Auch das Profil der Reifen vermittelt viel Sicherheit und bietet ausreichend Kontrolle auf unserem teils matschigen Testparcour. Was sich im Antritt zeigt, lässt sich auch auf das Fahrverhalten im Anstieg übertragen. Das Bike steht sich hier nicht im Weg und klettert zügig, ist aber auch kein absoluter Kletterkönig wie etwa das Specialized S-Works Crux aus unserem Gravel-Race-Vergleichstest.

Auch abseits befestigter Wege ein Bike, auf das man sich verlassen kann.

Sinnkrise High-End-Komponentenhersteller?

Die jüngsten Entwicklungen im Fahrrad-Business lassen uns rätseln, wie die Zukunft aussieht, welche Perspektiven High-End-Komponentenhersteller noch haben? Wie entwickelt sich Schmolke? Verschwindet durch den Weg zu integrierten und proprietären Sattelstützen, Lenker-Vorbaueinheiten und das vollumfängliche Angebot vieler großer Hersteller der Markt für Unternehmen wie Schmolke? Ist dies auch der Grund, warum Schmolke ebenfalls auf Rahmenbau setzt?
Doch wie sich am Infinity Integral zeigt, lässt sich Know-how aus dem Komponentenbau nicht direkt auf Rahmen transferieren. Ein Rahmen ist weitaus komplexer, muss nicht nur Last in eine Richtung aufnehmen, sondern erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben in einem.
Mit dem Infinity Integral ist es Schmolke aber gelungen, ein spaßiges und sehr ausgeglichenes Bike auf die Räder zu stellen. Und das zu einem Preis und Gewicht, wie es nur wenige Hersteller im Gravel-Bereich schaffen. Gleichzeitig gehen die Bodenseer einen wichtigen Schritt in Richtung Zukunft und etablieren die Marke Schmolke weiter.

Für wen ist das Schmolke Infinity Integral?

Schmolke bietet für 8.350 € ein Bike mit der kompletten Bandbreite an High-End-Komponenten. Dabei erkauft man sich nicht nur Leichtbau, sondern auch ein auffällig komfortables und ausgeglichenes Bike. Kleineren Fahrern empfehlen wir allerdings einen kürzeren Vorbau – und auf jeden Fall einen schmaleren Lenker. Wer aber tiefe Taschen hat und auf Schmolke durch und durch steht, holt sich mit dem Schmolke Infinity Integral ein sehr solides Bike ins Haus, das definitiv Alleinstellungsmerkmale besitzt.

Helm POC Octal Mips | Brille Oakley Sutro Lite Sweep | Shirt POC MTB Pure 3/4 Jersey | Shorts POC Rove Cargo VPDS Bib Shorts | Schuhe Specialized S-Works Recon

Fazit zum Schmolke Infinity Integral


Für den stolzen Preis von 8.350 € bietet Schmolke mit dem Infinity Integral ein sehr leichtes Bike, das vor allem mit seinem gutmütigen und verzeihenden Fahrverhalten und den hochwertigen Komponenten auftrumpfen kann. Das durchdachte Schmolke Komplettpaket mit allem, was das Herz begehrt, überzeugt nicht nur Weight-Weenies und Carbon-Fetischisten, auch absolut Gravel-Begeisterte kommen hier auf ihre Kosten. Alles in allem ein würdiges Fahrrad, um das Schmolke-Branding zu tragen.

Tops

  • 7,64 kg ist ziemlich leicht für ein Gravel-Bike mit vollständiger Integration
  • Viele Anschraubpunkte machen das Bike vielseitig einsetzbar
  • Challenge Gateway-Bereifung – eine passende und vielversprechende Reifenwahl
  • hohe Laufruhe

Flops

  • kein Kettenstrebenschutz ab Werk

Mehr Informationen unter schmolke.de


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Text: Calvin Zajac Fotos: Jan Richter