II. Die steigende Handlung

Nach tagelanger Akklimatisierung und Vorbereitung auf das Rennen ist der Samstag, der Tag vor dem Rennen, gleichermaßen aufregend wie belastend. Rad, Schuhe, Rennkleidung und der Proviant sind bereits akribisch vorbereitet, und dann wartet man auf das Rennen, die Stunden ziehen langsam vorbei.

Nach einer kurzen Nacht und einem schnellen Frühstück um 4.30 Uhr geht es zum Start, während am Himmel die Hubschrauber kreisen und die spätere Liveübertragung vorbereiten. Als der Startschuss fällt, steigt die Aufregung, doch wer in einer der letzten Startgruppen ist, für den dauert es noch eine Stunde, bis er in die Pedale treten kann. Hat man das Glück, eine niedrige Startnummer zu haben und in der ersten Gruppe zu sein, geht’s sofort los.

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Passo Campolongo, Pordoi, Sella, Gardena und zum zweiten Mal Campolongo – fünf Pässe liegen vor dem, was viele als den Höhepunkt (Klimax) des Rennens sehen: dem brutalen Passo Giau, über 9,9 km lang und mit einer durchschnittlichen Steigung von 9,3 %. Doch sie liegen falsch. Der härteste Teil des Rennens erwartet die Fahrer erst nach dem Passo Valparola. Mit bereits über 133 Kilometern in den Beinen müssen sie den schwierigsten Teil dieser Reise überwinden, die grausam sein kann oder wunderschön.

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Du entscheidest selbst über deine Geschwindigkeit und darüber, wie sehr du dich nur auf die Ziellinie fokussierst. Aber ehrlich gesagt, wäre es unverschämt, sich nur auf die Zielzeit zu konzentrieren. Dann solltest du lieber deine Startnummer jemandem überlassen, der die Landschaft zu schätzen weiß, und entweder ein anderes Rennen fahren oder dein Glück als Profi versuchen. Warum? Weil die Maratona dles Dolomites dich durch die großartigste Landschaft der Welt führt, über Ehrfurcht gebietende Straßen und glatten Asphalt, und für Eingeweihte bietet sie die besten Verpflegungsstationen, die man sich vorstellen kann. Wer etwas mehr Zeit und Ruhe mitbringt, findet an den sieben Stationen entlang der Strecke nicht nur schnellen Zucker für die Muskeln in Form von Energieriegeln und Coca-Cola, sondern auch leckere Spezialitäten fürs Herz und die Motivation. Und die braucht man auf dieser Strecke auch! Apfelstrudel, Käsespezialitäten und sogar Prosecco, das wird offiziell in diesem Leben zwar kein Ernährungswissenschaftler mehr empfehlen – aber welcher Dramenheld ist schon vernünftig und hört nicht auf sein Herz?