Ausgabe #019 Test

Garmin Rally XC200 Powermeter-Pedale im Dauertest

Mit den neuen Rally Powermeter-Pedalen will Garmin für alle datenfokusierten Athleten das passende Leistungsmess-System anbieten. Wir haben die Offroad-Variante Garmin Rally XC200 an einer Auswahl an erlesenen Gravel-Bikes und auf zahlreichen Routen getestet, und verraten euch, für wen das neue System das richtige ist.

Garmin XC200 RIVAL | 441 g | 1.199,99 € | garmin.com

Mit der Rally-Powermeter-Serie bringt Garmin nicht nur einen Nachfolger des Vektor 3-Systems auf den Markt, sondern gleich sechs und sorgt damit bei allen Interessierten für reichlich Verwirrung. Zur Erklärung: Bei den Rally RS Powermeter handelt es sich um Pedale, die kompatibel sind mit Shimano SPD-SL-Cleats, die Rally RK funktionieren hingegen mit dem LOOK KEO-Standard. Unsere getesteten Rally XC-Pedale sind nun erstmals mit dem Shimano SPD-System kompatibel, wodurch man auf eine Vielzahl an passenden Schuhen zurückgreifen kann. Die Rally XC-Variante soll sich besonders für den Offroad-Einsatz eignen und ist auch zum Mountainbiken freigegeben, sofern man die Fahrergewichtsfreigabe von 105 kg einhält. Die 200 in der Produktbezeichnung steht für eine beidseitige Leistungsmessung, bei den 100er-Modellen wird nur in der linken Pedalachse die Leistung gemessen und die Gesamtleistung entsprechend hochgerechnet. Die Garmin Rally XC100-Pedale gibt es für 700 €, unsere getesteten Rally XC200-Pedale kosten 1.200 €. Das erscheint auf den ersten Blick etwas hochgegriffen, doch der Clou an der Rally-Serie ist: Die ganze Sensorik befindet sich in der Pedalachse, die über alle Modelle hinweg identisch ist. Dadurch lassen sich die Pedale auf die jeweils anderen Pedalkörper in nur knapp 5 Minuten umbauen. Garmin bietet dazu Conversion-Kits mit SPD-SL und LOOK KEO-Pedalkörpern für jeweils 200 € an, die SPD-Pedalkörper kosten euch 250 €. Sogar die Achse aus den Vektor-3-Vorgängern ist kompatibel mit den neuen Pedalkörpern. So macht es die Garmin Rally-Serie möglich, die selben Powermeter an mehreren Bikes und für unterschiedliche Disziplinen einzusetzen.
Der Umbau ist nicht kompliziert, benötigt aber unter anderem ein PH00-Schraubenzieher und ein 12er Steckschlüssel, die nicht zum gewöhnlichen Werkzeugumfang an einem Multitool gehören. Die Auslösehärte lässt sich wie gehabt mit einem 3er Inbus verstellen.

The Expendables
Die Garmin Rally-Serie wird mit SPD, SPD-SL und LOOK KEO-System angeboten. Will man unterschiedliche Klicksysteme fahren, reicht es jedoch, sich nur ein Pedal-Set zu kaufen, die fehlenden Pedalkörper bietet Garmin als optionale Conversion-Kits an.

Die Garmin Rally XC200 powermeter im Detail

Die Garmin Rally XC Powermeter sind solide und hochwertig verarbeitet, was sich auch im hohen Gewicht bemerkbar macht: Ein Paar bringt 441 g auf die Waage. Der Pedalkörper ist nach IPX7 wasserdicht und besteht aus Alu. Die Cleat-Aufnahmen sind aus Stahl und auch die Trittflächen sind mit Stahlplatten versehen, um den Verschleiß zu minimieren. Mit einer Standhöhe von 13,5 mm, von der Pedalachse aus gemessen, fallen sie etwas dicker als gewöhnliche SPD-Pedale aus. Wer mit Pedalaufsetzern zu kämpfen hat, sollte mit den Garmin-Pedalen besonders umsichtig fahren, um nicht an Wurzeln und Steinen hängen zu bleiben. Sie lassen sich zudem nur mit einem 15 mm Pedalschlüssel montieren, da am innenliegenden Ende der Pedalachse der Innensechskant-Schraubkopf für einen 6er oder 8er Inbus fehlt. Hier verbirgt sich bei den Garmin Rally-Pedalen die farbige Status-LED. Sie verrät, ob sich das Pedal gerade koppelt, ein Software-Update von einem Smartphone oder einem Garmin Edge-Bikecomputer zieht oder ob die CR1/3N-Knopfzelle zur Neige geht. Im Vergleich zu manchen Konkurrenten, wie z. B. Favero, vertraut Garmin auf nicht wiederaufladbare Batterien, was sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringt: Die Batterie hat mit 120 Fahrstunden (laut Hersteller) eine hohe Laufzeit und kommt ohne eine zusätzliche Ladebuchse im ohnehin schon mit Technik vollgestopften Pedalkörper aus. Geht der Strom unterwegs doch aus, lässt sie sich leicht durch eine Ersatzbatterie tauschen. Dazu wird die Batterieabdeckung auf der Außenseite der Pedalachse mit einem 4er Inbus geöffnet. Der Nachteil ist, dass man stets den Batteriestand im Auge behalten muss und nicht einfach das Pedal kurz vor der Fahrt an die Steckdose hängen kann. Immerhin bestehen die Batteriekappe und das Gewinde nun aus Metall und überstehen somit selbst häufiges Batteriewechseln unbeschadet, was eine Schwachstelle an den ersten Generationen von Vektor 3-Pedalen darstellte.

Stahlhart
Die Batteriekappe hatte bei früheren Garmin Vektor-Pedalen ein anfälliges Plastikgewinde. Bei der Rally-Serie setzt Garmin auf Metall. Statt einer CR1/3N-Batterie funktionieren auch zwei aufeinander gestapelte LR44/SR44-Knopfzellen.

Leistungsmessung 2.0 – Die digitale Welt der Garmin Rally XC200 Powermeter

Nach der Erstmontage müssen die Pedale einmalig entweder per Bike-Computer oder per Garmin Connect-App eingerichtet werden. Dazu beherrschen die Rally-Pedale neben ANT+ auch die Verbindung über Bluetooth. Besitzt der verbundene Fahrradcomputer keine Möglichkeit, die Kurbellänge anzugeben, muss das über die Garmin Connect-App auf dem Smartphone geschehen. Danach erfolgt eine kurze Kalibrierung, für die man von den Pedalen absteigen muss. Garmin empfiehlt, nach der Erstmontage mehrere Sprints zu absolvieren und die Kalibrierung danach sowie vor jeder Fahrt durchzuführen, um das bestmögliche Messergebnis zu erzielen. Besteht eine große Temperaturdifferenz zwischen eurem Abstellplatz und draußen, solltet ihr den Pedalen Zeit geben, um sich zu akklimatisieren, bevor ihr die Kalibrierung startet. Die Pedale funktionieren mit vielen kompatiblen Fahrradcomputern, wie von Wettbewerber Wahoo oder der Zwift-App auf dem Smartphone. Den vollen Leistungsumfang und das angenehmste Benutzererlebnis hat man jedoch mit einem Garmin Edge-Computer. Nur über die ANT+ Verbindung werden alle Informationen übertragen, die in der „Cycling Dynamics“-Seite auf einem Garmin Edge-Bikecomputer dargestellt werden können. Neben Standardwerten wie Leistung und Trittfrequenz erhält man so Infos zur Dysbalance zwischen linkem und rechtem Bein, der Fußstellung auf dem Pedal als Abweichung vom Zentrum, und Infos zu den Leistungsphasen während der Kurbelrotation – ein friendly Reminder daran, dass man auch schön rund tritt und nicht nach der Powerphase die Füße faul auf den Pedalen ablegt. In der Auswertung auf einem Garmin Edge, eurer Garmin Connect-App oder im Garmin-Online-Portal wird zudem noch die Zeit im Stehen von der Zeit im Sattel getrennt dargestellt und alle Daten grafisch aufbereitet. Die Cycling Dynamics-Daten sind jedoch nur für die 200er-Rally-Modelle mit beidseitiger Leistungsmessung verfügbar.

I’m with stupid
Der Pedalkörper links dient nur als Batterieträger und Trittfläche, die cleveren Sensoren und Funk-Antennen stecken in der Achse. Sie lässt sich in wenigen Schritten aus dem Pedal entfernen und in ein anderes einsetzen.

Die Garmin Rally XC Powermeter im Dauertest

Wir haben die Garmin Rally XC Powermeter auf unterschiedlichen Gravel- und Mountainbikes getestet und mit einem weiteren Leistungsmesser aus einem Gravel-E-Bikemotor verglichen, dessen Werte von Vibrationen durch Fahrbahnunebenheiten nur wenig beeinflusst werden. Im Vergleich liefern die Garmin Rally XC Powermeter leicht erhöhte Wattzahlen, was wenig verwunderlich ist, da sie näher am Ort der Krafteinwirkung messen und Leistungsverluste, wie z. B. durch eine flexende Kurbel, nicht einkalkulieren müssen. Aussagekräftig wird das Messergebnis der Garmin-Powermeter durch die besonders homogene Erfassung der Leistungsdaten: Sie liefern über jede Fahrt hinweg kontinuierlich plausible Werte, ohne nach oben oder unten hin abzudriften, Leistungsspitzen und Messaussetzer zu erzeugen oder von Fahrbahnunebenheiten irritiert zu werden. Absolute Leistungswerte aus unterschiedlichen Powermetern sind ohnehin nur bedingt vergleichbar. Relevant sind im Endeffekt die relativen Leistungsunterschiede über mehrere Fahrten hinweg, um die eigene Progression zu beurteilen, und hier kann die Garmin Rally XC-Serie glänzen. Sie eignet sich besonders für Biker, die die Powermeter über mehrere Räder vielseitig einsetzen wollen und auch auf unebenen Pfaden unterwegs sind. Ihr Klickmechanismus funktioniert selbst für unerfahrene Biker intuitiv und die Trittfläche vermittelt einen sicheren Stand. Die vielen Messwerte durch die Cycling Dynamics-Funktion sind ein nettes Extra, liefern aber für die breite Masse an Bikern keinen nennenswerten Erkenntnisgewinn. Der etwas dicke Pedalkörper und das hohe Gewicht der Pedale könnte leistungsorientierte Biker abschrecken. Auch für die Live-Messung von kurzen Sprinteinlagen über die nächste Kuppe eignen sich die Rally XC weniger: Bevor der Leistungsanstieg auf dem Garmin Edge registriert wird, vergehen gut und gerne bis zu 3 Sekunden.

Statussymbol
Durch die farbige Status-LEDs erkennt man, ob sich die Pedale im Pairing-Modus befinden oder ob die Batterie schwach wird. Wir hätten uns lieber die Ladestandanzeige auf dem Garmin Edge gewünscht, hier fehlt sie aber.
Steht etwas über
Montiert an den SRAM Force-Carbon-Kurbeln unseres Test-Bikes steht die Pedalachse der Garmin-Pedale etwas über. Hier ist es besonders wichtig, beim Montieren die Unterlegscheibe nicht zu vergessen!

Fazit

Die Garmin Rally XC200 Powermeter eignen sich besonders für ambitionierte Athleten, die über mehrere Räder hinweg ihre Leistung verfolgen und vergleichen wollen und gerne Offroad unterwegs sind. Dank der austauschbaren Pedalkörper bieten die Powermeter von Road-Bike über Gravel-Bike bis hin zum Mountainbike ein breites Einsatzspektrum, was den Preis rechtfertigt. Für Hobby-orientierte Biker, die weniger im leistungssportlichen Bereich unterwegs sind, gibt es günstigere Alternativen auf dem Markt.

Tops

  • präzise Messung
  • austauschbare Pedalkörper
  • detaillierte Datenaufzeichnung für Enthusiasten
  • große Auswahl an passenden Schuhen durch hohe Kompatibilität
  • solide Verarbeitung

Flops

  • hohes Gewicht und Bauform
  • zeitverzögerte Anzeige der Leistung bei Sprints
  • kostspielig
  • Umbau der Pedalkörper benötigt spezielles Werkzeug

Tester: Ben & Rudi
Testdauer: 3 Monate
Preis: 1.199,99 €
Gewicht: 441 g
Pedal-System: Shimano SPD
Einsatzbereich: Gravel, Cross Country


Mehr Informationen zu den Garmin Rally XC200 Powermeter-Pedalen findet ihr unter garmin.com


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Text: Rudolf Fischer Fotos: Benjamin Topf, Rudolf Fischer