Wir haben den Enkel eines der größten britischen Erfinder des 20. Jahrhunderts getroffen: Charlie Cooper, dessen Großvater John Cooper den Mini Cooper erfunden hat.
Unter gleichem Namen möchte Charlie nun einen Relaunch von Cooper Bikes forcieren. Doch wie entwickelt man eine Marke weiter und wie lebt man mit der Verantwortung eines so legendären Namens?

Während die Geschichte von Mini Cooper in München bei BMW fortgeschrieben wird, befasst sich Charlie mit dem Relaunch von Cooper Bikes. Sein Ehrgeiz besteht darin, die Marke Cooper zu neuem Leben zu erwecken. Sein Ziel ist es, Teil der Revolution in der urbanen Fortbewegung zu sein. Denn dabei, davon ist er überzeugt, ist das Fahrrad die Zukunft.

Nachdem er seinen Job gekündigt hat, um 100 % seiner Zeit in dieses Vorhaben zu stecken, hat er nun große Pläne, wie er mit der Marke Cooper Pionierarbeit in Sachen urbaner Fortbewegung leisten wird. Und dabei den Familienwerten treu bleibt: Denn „Cooper“ ist gleichbedeutend mit „Kult“.

Was macht eine Kultmarke aus?

John Cooper entwickelte in den 50er und 60er Jahren Formel-1-Wagen, mit denen Weltmeisterschaften gewonnen wurden. Er war der erste, der Rennwagen mit Heckmotor baute, und dann schuf er ein Auto, so heiß geliebt, dass es in vielen Blockbustern der letzten 40 Jahre auftauchte und überall auf der Welt erkannt wird. Das ist ein ziemliches Vermächtnis für eine Marke.

Wir fragen Charlie, ob er glaubt, dass man auch heute noch eine Ikone wie den Mini Cooper schaffen kann – insbesondere in der modernen Bikewelt. „Es ist schwer, auf originelle Ideen zu kommen“, antwortet der Mittdreißiger. „Angenommen, man hat eine Idee, für eine App zum Beispiel. Dann ist es wahrscheinlich, dass jemand anderes schon vorher draufgekommen ist. Man hebt sich also eher dadurch ab, dass man das Ganze ein bisschen besser umsetzt. Es ist eine sehr interessante Zeit für Design, und das ultimative Design ist etwas, das exzellent funktioniert, aber gleichzeitig wunderschön ist.“

In Anbetracht der Unmengen von Produkten, die uns heute zur Verfügung stehen, sind Konsumenten oft überwältigt und es fällt ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen. Selbst die Entscheidung, welche Preisvergleich-Website einen durch die Wogen des Marketingjargons tragen soll, kann entsetzlich stumpf sein. Wann genau ist es eigentlich so kompliziert und freudlos geworden, etwas zu kaufen?

Wir unterhalten uns über heutige Produkte und vergleichen sie mit denen, die es vor ein paar Jahrzehnten gab. Über aktuelles Design sagt Charlie: „Es passiert nicht oft, dass ein Auto rauskommt, über das die Leute reden, das sie ‚Wow‘ sagen lässt. Als der Mini in den 60ern herauskam, da gab es nichts, was auch nur entfernt ähnlich war. Selbst in der Formel 1 gibt es heute nicht viele von diesen genialen Durchbrüchen – wie die Idee, dass man den Motor einfach hinten reinbauen kann. Als mein Großvater das tat, dachten die Leute: Zur Hölle, das ist ja irre.“

Die neuen Entrepreneure

Wie viele Mittzwanziger schreiben sich die Buzzwörter „Entrepreneur“, „Startup“, „Founder“ in ihre Social-Media-Profile, auf ihrer mühsamen Suche nach Followern, denen sie ihre „Personal Brand“ verkaufen können? „Entrepreneure gab es damals nicht in dem Sinne wie heute. Heute bezeichnen sich viele gern so, aber ein Entrepreneur bist du erst dann, wenn du es geschafft hast“, spottet Charlie.

Im Mittelpunkt von Charlies Projekt werden vor allem E-Bikes stehen. Er will sich auf die Frage konzentrieren, wie sie in den komplizierten Prozess der Stadtplanung eingebunden werden können. Wer regelmäßig in den Metropolen von A nach B pendelt, weiß, dass da eine Menge los ist. Es dabei allen recht zu machen, grenzt ans Unmögliche. Wenn aber die Pendler durch ein neues, urbanes E-Bike eine neue Option zur Fortbewegung bekommen, kann das nur gut sein. Klar ist es eine Herausforderung, ein zeitloses, elegantes Design in der Cooper-Tradition zu schaffen. Aber es ist eine Herausforderung, die Charlie gerne annimmt.

Im Gegensatz zu so vielen Möchtegern-Entrepreneuren möchte Charlie die Welt mit wahrer britischer Eleganz und Klasse erobern: „Wenn es um schönes Design geht und darum, die Grenzen zu überschreiten, scheint es fast so, als ob die eigentliche Schönheit der Ingenieurskunst verloren geht. Doch bei Bikes kann man sie beibehalten und daran arbeiten.“

Unterwegs mit einer Stilikone

Wir wechseln das Setting, der Moment, auf den wir gewartet haben: Wir treten hinaus auf eine Straße in Westminster. Der feuerwehrrote klassische Mini MK2 zieht die Blicke magisch an, und er zaubert automatisch ein Grinsen auf die Gesichter. Als wir drin sitzen und die Einkaufsstraße hinunterbrettern, wird das Grinsen breiter – gibt es eine bessere Art, London zu erkunden, als in einem Mini? Dieses charmante kleine Auto sagt einem, dass man das Leben nicht so ernst nehmen soll. Charlie erzählt, wie er morgens von Sussex hierher gefahren ist: „In einem normalen Auto hätte ich mir gedacht: Wie nervig, jetzt nach London reinfahren zu müssen. Aber jeder Augenblick im Mini Cooper Classic macht Spaß. Das liegt daran, wie er aussieht, wie er sich fährt.“ Und genau das soll man auch an den neuen Bikes spüren, an denen er arbeitet: „Bikehersteller sind manchmal so ernst, wir brauchen mehr Spaß!“

Wenn es einen Aspekt des Cooper-Erbes gibt, den Charlie mit in sein neues Bike-Projekt nehmen kann, dann ist es dieser hier: Die Bikes sollen Menschen nicht nur an die zeitlose Schönheit von klassischem Design erinnern. Sondern auch daran, einfach Spaß zu haben. Die Generationen der 60er, 70er und 80er kauften dieses Auto, um aufs Land zu fahren und Dinge zu entdecken. Und sie brauchten keine Preisvergleich-Website im Internet, um zu wissen, dass sie mit diesem Auto ziemlich viel Spaß haben würden. Das Design sprach klar und deutlich für sich selbst.

Taten statt Worte

Über Design und Begeisterung haben wir schon gesprochen. Aber was hat Charlie von seinem Großvater über das Geschäftsleben gelernt? Über Innovation und darüber, wie man Dinge voranbringt? „Er hat gehasst, Dinge zu lange zu bereden. Er sagte immer: Wenn du eine Idee hast, dann geh und setze sie verdammt nochmal um!“ Charlie lächelt. Wer könnte da widersprechen.

Charlie Cooper hat schon für viele renommierte Marken gearbeitet, darunter Rapha, doch jetzt ist für ihn klar, dass er in seinem Berufsleben die Unabhängigkeit braucht. Da passt es, Cooper Bikes in die nächste Generation zu tragen. Irgendwann hatte Charlie keine Lust mehr, einfach nur die Ideen anderer umzusetzen – aber er ist trotzdem dankbar für seine Lehrzeit und dafür, dass er so viele kreative Menschen treffen und von ihnen lernen konnte.

Während wir in diesem kleinen Auto herumdüsen, passiert etwas Erstaunliches: Die Leute schauen zu uns rüber, sie zeigen in unsere Richtung, sprechen uns danach im Pub darauf an – und es wird so klar wie selten, was gutes Design den Leuten bedeuten kann. Es beschwört Bilder herauf, von der Jugend, von Hochgefühl, von Freiheit. Es stößt uns in die Rippen und sagt uns, dass wir das Leben nicht ganz so ernst nehmen sollen, und dass echte Klasse nichts mit astronomisch hohen Preisschildern zu tun hat.

Vor allem aber zeigt dieses Erlebnis, dass Design lebt. Deshalb sollte man sich auch nicht einschüchtern lassen von einem Erbe wie dem Namen Cooper. Lieber sollte man es nutzen, etwas Neues daraus machen, es als Inspiration für den eigenen Weg nehmen – und das nächste Kultmodell entwickeln. Denn wer weiß? Mit ein bisschen Glück werden Charlies Erfindungen in 50 Jahren dasselbe Gefühl von Verbundenheit bei einem Pint im Pub auslösen wie heute der feuerwehrrote Mini. Mit ein bisschen Glück wird er etwas gebaut haben, das den Leuten Spaß macht.

Weitere Infos zu Cooper Bikes findet ihr unter: cooperbikes.com



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Text: Fotos: Robin Schmitt