Ein Race-Bike einer neuen Generation, das den Einheitsbrei moderner Aero-Bikes durchbricht – so hat sich Cannondale das neue SuperSix EVO 4 2023 vorgestellt und bringt im gleichen Zug das erste LAB71-Produkt auf den Markt. Was es damit auf sich hat und was sich am SuperSix EVO 4 2023 ändert, erfahrt ihr hier.

Cannondale SuperSix EVO 4 |
7,32 kg in Größe 56 | 13,499.00 € | Hersteller-Website

Das neue Cannondale SuperSix EVO 4 2023 ist optisch ein neues Bike, bleibt jedoch seinem Fahrverhalten und dem Ruf als „komfortabelstes“ Race-Bike im Peloton treu. Cannondale bietet eine clevere Lösung, um Compliance mit Windschnittigkeit zu vereinen und kratzt gleichzeitig am UCI-Gewichtslimit. Schon seit Anfang des Jahres sitzen die Profis von EF Education auf den neuen Rädern und konnten schon einige Siege einstreichen. Daher war der Launch des neuen SuperSix keine große Überraschung. Bei der Entwicklung setzt Cannondale erstmals auf einen ganzheitlichen Ansatz, wie er sich im Rennradbereich immer weiter verbreitet. Doch die Amerikaner gehen nach eigener Aussage noch einen Schritt weiter und beziehen Look und Design des fertigen Bikes von Anfang an mit ein. Dabei kann das neue SuperSix EVO mit einer spannenden Kooperation im Cockpitbereich und einem interessanten Finish am Oberrohr überzeugen. Doch dazu später mehr. Neben den neuen Komponenten kommt das Race-Bike mit leichteren Laufrädern sowie weiteren spannenden Features. Laut Cannondale macht das neue SuperSix sogar dem Aero-Renner SystemSix in Sachen Luftwiderstand Konkurrenz und lässt die direkte Konkurrenz alt aussehen. Die Neuheiten im Detail und ob das SuperSix Evo 4 seinen Ansprüchen gerecht wird, erfahrt ihr hier.

Cannondale SuperSix EVO 2023 – Alle Neuigkeiten im Überblick

Neben der komplett überarbeiteten Optik verlässt sich Cannondale bei der Geometrie auf die bewährte Geo des Vorgängers – am Fahrverhalten soll nicht viel verändert werden. Was direkt ins Auge fällt, sind die neuen Formen, ermöglicht durch neue UCI-Regeln für das Jahr 2023. An der Front setzt Cannondale auf eine Gabel, die zumindest optisch weniger aerodynamisch integriert ist als beim Vorgänger. Dafür hat sich einiges am Gabelschaft getan. Cannondale nennt die Neuentwicklung Delta Steerer und beschreibt damit den dreieckigen Gabelschaft in Form eines Pizzastücks. Die Innovation sorgt für eine saubere Integration am Steuerrohr und hält die Front schmal. Richtung Heck verjüngt sich das Bike und mündet in der hauchdünnen Sattelstütze und den schlanken Sitzstreben. Die neue Stütze ist so filigran gestaltet, dass der Akku bei elektrischen Schaltungen von Shimano und Campagnolo im Unterrohr versteckt werden muss. Auch hier hat Cannondale sauber gearbeitet und eine Aufnahme direkt in den Rahmen integriert. Bleibt man im Tretlagerbereich, fällt sofort die Abkehr von gepressten Lagern und der Wechsel zum BSA-Standard auf. Als technisch schlechtere Lösung sind geschraubte Tretlager in Anbetracht der Schwierigkeiten der Bike-Industrie, Fertigungstoleranzen und Qualitätskontrollen einzuhalten, wahrscheinlich die bessere Lösung. Gleichzeitig senken sie die Hürde für Heimwerker, selbst Hand anzulegen.

Die hauchdünne Sattelstütze verbannt den Di2 Akku ins Unterrohr.
Delta Steerer mit speziellem Expander im Pizza-Stück Look für eine clean Front.

Komfort, Compliance und Alltagstauglichkeit am neuen Cannondale SuperSix EVO 4 2023

Geht man vom Tretlager weiter Richtung Sattel, fällt der extrem dünne untere Bereich des Sattelrohrs auf. Hier findet Cannondale den meisten Flex im Rahmen, und das SuperSix erarbeitet sich seinen Ruf als komfortables Bike. Das Extra an Compliance ist schon im Stand zu spüren und überzeugt auch auf der Straße. Im Vergleich zur Compliance in der Sattelstütze, wie sie am Canyon Aeroad und Scott Foil zu finden ist, scheint Cannondale eine cleane und einfachere Lösung gefunden zu haben. Spannend und für ein Race-Bike einzigartig ist auch die Integration des Smart Sense-Systems. Unter dem vorderen Flaschenhalter sowie an der Sattelstütze und am Lenker sind kleine Aussparungen für die Kabelführung der Lichter eingebettet. Alles super clean, aber funktional, wenn man es braucht. Hier sollte sich die Konkurrenz ein Beispiel nehmen. Dazu passt auch die Reifenfreiheit bis 34 mm. Mittlerweile Standard an Race-Bikes, unterstreicht es aber trotzdem das Konzept als kompromissloses Race-Bike, das im Alltag und Training überzeugt.
Spannend ist auch: Mit dem neuen Cannondale SuperSix EVO kommt das erste LAB71-Produkt der US-Amerikaner. Es handelt sich um einen leichteren Rahmen mit anderem Carbon-Layup und absoluter Highend-Ausstattung. Cannondale hat LAB71 als Äquivalent zu den S-Works-Produkten von Specialized konzipiert und soll in Zukunft auf andere Modelle ausgeweitet werden. Wir sind gespannt, was noch kommt.

Flex im Sattelrohr für mehr Compliance…
… und SmartSense Integration im Lenker.

Motorsport und Forged Carbon am Cannondale SuperSix EVO 4 2023

Neben der bereits erwähnten Aero-Optimierung macht Cannondale bei den Komponenten Fortschritte. Kam das alte Modell noch mit einer eher speziellen Lenker-Vorbau-Kombi, hat nun der aus dem Auto-Motorsport-Bereich bekannte Hersteller von Tuning-Zubehör, MOMO Design, mitgemischt. Das neue One-Piece-Cockpit ist deutlich weniger gewagt, gefällt aber durch die schlichte Form. Beispiellos ist die letzte Schicht Kohlefaser aus Forged Carbon, die bei Modellen der Hi-Mod-Reihe auf dem Oberrohr fortgeführt wird. Dieses Feature, sowie die Cannondale typischen Lackierungen, produzieren ein einzigartiges Bike, das aus dem Einheitsbrei anderer Hersteller heraussticht. Optisch unauffällig sind die neuen HollowGram R SL 50-Laufräder. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der bereits bekannten R 45-Version des Vorgängers. Im direkten Vergleich sind die neuen Felgen 5 mm tiefer, etwas weniger bauchig und 50 g leichter. Mit einer Breite von 32 mm sind sie optimal für Reifen in 28c geeignet. Kompletträder werden passend mit Conti Grand Prix 5000-Reifen ausgeliefert – laut Cannondale der aerodynamischste Reifen am Markt. Mit dem neuen Lenker sowie den passenden Laufrädern kommt das neue SuperSix EVO 4 laut Hersteller im Windtunnel hauchdünn an den Aero-optimierten großen Bruder SystemSix ran und sticht die direkte Konkurrenz à la Specialized und Trek aus. Ob sich diese Angaben außerhalb des Cannondale-eigenen Labors bewahrheiten, wird sich zeigen. Zumindest optisch spielt das Bike in einer neuen Liga.

Alles super Aero, R SL 50 Felgen mit Conti GP 5000…
…sowie clevere Flaschen mit abgeschnittenen Seiten.

Als zusätzliches Goodie bringt Cannondale neue Flaschen mit abgeschnittenen Seiten und dazu passende Flaschenhalter auf den Markt. In einem Scherz begründet, konnte es das Ingenieurs-Team nicht lassen, die Idee im Windtunnel zu prüfen. Laut Cannondale lassen sich 3–4 Watt einsparen. Erkauft werden diese marginal-gains durch ein erschwertes und gewöhnungsbedürftiges Einstecken der Flaschen.

Modellpalette und Preise des Cannondale SuperSix EVO 4 2023

Zu Beginn wird das neue SuperSix EVO 4 in drei verschiedenen Rahmenvarianten angeboten. Alle Bikes lassen sich mit komplett integrierter Zugführung aufbauen. Die Vorbau- und Lenker-Wahl überlässt Cannondale ganz euch, mit passenden Spacern fügt sich jeder Vorbau mit 1 1/8”-Klemmung in das Gesamtbild ein. Für 14.999 € gibt es das Topmodell mit LAB71-Rahmen und Highend-Ausstattung, DURAACE Di2, MOMO-Lenker und den R SL 50-Laufrädern. Laut Cannondale kommt das Bike in RH 56 auf das UCI-Gewichtslimit von 6,8 kg. Das Rahmenset ist für 5.499 € zu haben und in drei Farbvarianten erhältlich, darunter auch eine Replika des EF-Teambikes. Die Hi-Mod-Modelle unterscheiden sich in Hi-Mod 1 und Hi-Mod 2 und sind etwas schwerer als die LAB71-Reihe. Hi-Mod 2 verzichtet auf das One-Piece MOMO Design-Cockpit und setzt andere Schaltgruppen ein. Das Hi-Mod 2 ist bereits ab 8.999 € zu haben. Rahmen mit Gabel und Sattelstütze gibt’s sogar schon für 4.199 €. Vor Ort konnten wir eine Variante des Hi-Mod 1 in Größe 56 mit SRAM Red AXS wiegen und kamen auf ein Gewicht von 7,35 kg. Zugegeben, mit montierten Flaschenhaltern und Flaschen, aber ohne Pedale. Die Einstiegsvarianten Carbon 1 und 2 setzen ebenfalls auf einen klassisch getrennten Vorbau und Lenker, aber mit interner Zugverlegung. Die neuen Laufräder R SL 50 werden durch eine schwerere bzw. die alte Variante ersetzt. Preislich ordnen sich die Bikes bis 6.999 € ein. Auch hier hatten wir die Möglichkeit, ein Bike der Carbon 1-Variante mit ULTEGRA Di2 an die Waage zu hängen, und kamen auf 7,74 kg. Wiederum mit Flaschen und Flaschenhaltern. Preislich sind die neuen Bikes von Cannondale keine Schnäppchen, doch sie stellen die Speerspitze aktueller Race-Bikes dar und sind das Neueste am Markt.

Cannondale SuperSix EVO 4 2023

13.499 €

Ausstattung

Sattelstütze Cannondale D-Shape
Bremsen SRAM RED eTap AXS HRD 160/160 mm
Schaltung SRAM RED eTap AXS 1x12
Vorbau Cannondale C1 Conceal 110 mm
Lenker Vision Trimax Carbon Aero 420 mm
Laufräder Cannondale Hollowgram 50 R-SL 12 x 100/12 x 142 mm Through Axle
Reifen Continental GP 5000 700 x 28C
Kurbeln SRAM RED AXS 172.5 mm
Kassette SRAM XG-1290 10–28T

Technische Daten

Größe 44 48 51 54 56 58 61

Besonderheiten

Super schmale Sattelstütze
Compliance durch Flex am Sattelrohr
Aero-Flaschen und Flaschenhalter

Geometrie des neuen Cannondale SuperSix EVO 4 2023

Wie bereits beschrieben, bleibt Cannondale dem Fahrverhalten des SuperSix EVO und der Geometrie auch bei der vierten Evolutionsstufe treu. Im direkten Vergleich werden einige Maße um wenige Millimeter länger bzw. kürzer. Da die US-Amerikaner aber auf ähnliche Steifigkeitswerte setzen, erwarten wir kein Fahrverhalten, das sich deutlich vom Vorgänger unterscheidet. Große Fahrer könnten Schwierigkeiten bekommen, das richtige Bike zu finden. Die Größen 60 und 62 hat Cannondale beim EVO 4 vereint und die Größe 61 ins Leben gerufen. Für alle anderen gibt es bekannte Größen von 48 bis 58.

Cannondale SuperSix EVO 4

Größe 44 48 51 54 56 58 61
Sitzrohre 400 mm 438 mm 477 mm 515 mm 534 mm 567 mm 600 mm
Oberrohr 512 mm 520 mm 528 mm 546 mm 562 mm 578 mm 603 mm
Steuerrohr 100 mm 114 mm 130 mm 154 mm 165 mm 188 mm 220 mm
Lenkwinkel 70.9° 71.2° 71.2° 71.2° 73° 73° 73°
Sitzwinkel 74.3° 74.3° 74.3° 73.7° 73.3° 73.9° 72.3°
Kettenstrebe 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm
BB Drop 74 mm 74 mm 74 mm 72 mm 72 mm 69 mm 69 mm
Reach 370 mm 374 mm 378 mm 384 mm 389 mm 395 mm 403 mm
Stack 505 mm 520 mm 535 mm 555 mm 575 mm 595 mm 625 mm

Wie fährt sich das Cannondale SuperSix EVO 4 2023?

Leider hatten wir vor Ort in der Rennradbegeisterten Stadt Girona und dem hügeligen Umland nur Zeit für eine kurze Runde. Doch schon da zeigt sich das SuperSix-typische Fahrverhalten. Das Bike beschleunigt willig, bezwingt Anstiege mühelos und klebt in der Abfahrt am Hinterrad des lokalen Guides, ohne alle sieben (oder neun wie bei Katzen?) Leben setzen zu müssen. Auf der Ebene hält das Bike die Geschwindigkeit sehr effizient und überzeugt mit einem für Race-Bikes typischen aggressiven und direkten Handling, bleibt aber in jeder Situation berechenbar und verzeiht auch kleine Fahrfehler. Ein detaillierter Fahreindruck folgt in Kürze nach einem ausführlichen Test in heimischem Terrain.

Helm Poc Octal Mips | Brille Oakley Sutro Lite | Shirt Maap Form Pro Hex LS Jersey | Hose Maap Team Bib Evo

Fazit zum Cannondale SuperSix EVO 4 2023

Das Cannondale SuperSix EVO 4 2023 ist ein unglaublich spannendes Bike, seines Zeichens das erste einer neuen Generation von leichten Race-Bikes. Es setzt auf neue Möglichkeiten, baut auf ein bewährtes Fahrverhalten und vereint Aerodynamik mit geringem Gewicht. Gleichzeitig schafft es das Bike, den Einheitsbrei moderner Aero-Rennräder zu durchbrechen und lässt die Konkurrenz auf einen Schlag alt aussehen. Mit LAB71 hat Cannondale zudem eine Reihe von Spitzenmodellen angekündigt, die uns freudig erwarten lässt, was da noch kommt.

Weitere Infos unter cannondale.com


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Text: Calvin Zajac Fotos: Calvin Zajac, Cannondale