BMC hat sich Perfektion zum Ziel gesetzt und so soll das neue Teammachine R als Aero-Allrounder Grenzen sprengen. Mit neuartiger Formel-1-Technologie und Aero-Features soll das Bike die selbsterklärte Revolution antreten und die Racing-Welt auf den Kopf stellen. Doch was kann das Bike wirklich? Wir haben das BMC Teammachine R 2024 in Italien getestet.

BMC Teammachine R 01 LTD | 7,00 kg in size 54 | 14.999 € | Hersteller-website

Red-Bull-Engineering und Formel-1-Technologie im Radsport, wie passt das zu BMC? Das neue Teammachine R, entwickelt in einer einzigartigen Partnerschaft, soll nicht nur Aerodynamik und Kraftübertragung perfekt vereinen, auch das Gewicht soll Grenzen sprengen. Wir waren mit BMC und Tudor Cycling am Comer See, haben die Alpenausläufer genossen und das Bike auf jedem erdenklichen Gelände getestet. Dabei haben wir uns natürlich auch die Atmosphäre rund um den Klassiker Il Lombardia bzw. das Road-Saison-Finale in Italien nicht entgehen lassen. Doch wie schlägt sich das Bike und wird es den ganzen dicken Claims gerecht?

Formel-1-Technologie am Rennrad durch Red Bull?

Mit dem neuen Teammachine R bringt BMC Formel-1-Technik in den Radsport. In Zusammenarbeit mit dem Red Bull Advanced Technologies-Entwicklungszentrum haben die Schweizer eine Kooperation gestartet, die den Bikemarkt aufräumen soll. Ursprünglich als Forschungsprojekt gestartet, um Know-how und Informationen auszutauschen, ist daraus eine Kooperation um die Entwicklung von neuen pfeilschnellen Bikes entstanden. Beide speedaffinen Unternehmen konzentrieren sich dabei voll auf Carbon- und Aero-Know-how – also ein guter Fit! Und was die Formel 1 dominiert, soll, gepaart mit schweizer Gründlichkeit, auch das schnellste BMC-Roadbike aller Zeiten produzieren, ein dicker Claim, aber die nötigen Zutaten sind vorhanden.
Unter dem Motto „Create Speed” ist BMC auf der Suche nach den schnellsten Bikes überhaupt und treibt es an die Grenze des Möglichen. Und so ergibt sich neben dem faszinierenden Time Trial- und Triathlonbike Speedmachine das erste Racebike der Kooperation.
Das Teammachine R als Aero-Waffe ist das Resultat der Entwicklung und BMC nimmt hier kein Blatt vor den Mund, spricht sogar vom „most complete racebike”, das die Schweizer jemals auf die Räder gestellt haben wollen. Wir werden sehen, ob das gelungen oder doch nur alles Marketing-BlaBla ist.
Diesen kompromisslosen Ansatz hinter den selbstbewussten Claims sieht man dem Bike auf den ersten Blick auch an, denn im Vergleich zum Aero-Bruder Timemachine Road und dem direkten Zwilling Teammachine SLR hat sich einiges getan.

Details und Features – Alles neu am BMC Teammachine R 2024?

Das neue Teammachine R 2024 ist kein Bike, das sich verstecken will und mit dem Look wird das auch schwer. Schon die ersten Prototypen der Profi-Fahrer von AG2R-Citroen und Tudor Cycling haben für einiges an Aufregung gesorgt. Das neue BMC ist definitiv kein Bike wie jedes andere und wohl das auffälligste Dropbar-Bike 2023.
Und so wird schon im Profil klar, um was es geht. Das tiefe und schlanke Steuerrohr, das cleane Aero-Unterrohr und das organisch ans Hinterrad angepasste Sitzrohr schreien geradezu nach dem nächsten Geschwindigkeitsrausch. Auch die proprietäre Sattelstütze ist sonst nur an waschechten Aero-Bikes zu finden. Und trotzdem ist die Stütze nicht ganz so schmal geraten wie bei den neuesten Modellen von Cannondale oder etwa Specialized, so lässt sich auch weiterhin der Di2-Akku unter dem Sattel verstecken.
Doch damit nicht genug: Der massive Tretlagerbereich, liebevoll „Mariana-Tretlager” getauft, soll für massig Steifigkeit sorgen, um auch die letzten Watt verlustfrei ans Hinterrad zu schicken und gleichzeitig die Aerodynamik zu verbessern.

Mit dem massiven Tretlagerbereich soll das BMC Teammachine R keine wertvollen Watt verschwenden und direkt ans Hinterrad weitergeben.
Mit dem perfekt ans Hinterrad angepassten Sitzrohr zeigt sich der Aero-Allrounder von der schnellsten Seite.
Zwar nicht ganz so schlank wie an manche Bikes der Konkurrenz, dafür lässt sich der Di2 Akku aber wie gewohnt in der Sattelstütze verstecken.

Auffällig schlank, fast schon klassisch, sind das Oberrohr sowie der Hinterbau konstruiert. Laut BMC finden sich hier wenig bis keine Aero-Gains, dafür lassen sich wertvolle Gramm sparen – nicht ganz unwichtig, denn so soll das neue Teammachine R nur 50 g schwerer sein als der Zwilling SLR. Und das scheint den Schweizern auch gelungen zu sein: In Größe 54 bringt das Komplettbike 7 kg auf die Waage, fast schon ein Wunder bei einem Rahmengewicht von 910 g und 345 g für die Gabel.
Doch all das ist nicht, was das Bike optisch so besonders macht, denn früher oder später bleiben alle Blicke an der Gabel hängen. Die komplett neu entwickelte Halo-Gabel ist perfekt fließend in den Rahmen integriert. Etwas überraschend ist der minimale vertikale Abstand zwischen Reifen und Gabelkrone, da bestreiten andere Hersteller konventionellere Wege. Außerdem soll die insgesamt breitere Gabel für weniger Verwirbelungen um das Vorderrad sorgen und den Luftstrom clever am Rahmen vorbeiführen. Und wem das noch nicht reicht, BMC macht die neue Gabel im Vergleich zum SLR 10 % lateral steifer, um noch mehr Präzision aus dem Bike herauszukitzeln. Etwas konservativ verhält es sich dagegen bei der Reifenbreite, denn für 25 bis 28 mm optimiert, kann die Gabel maximal 30 mm breite Reifen aufnehmen. Die maximale Reifenbreite gibt es übrigens auch nur, um das Bike für bekanntlich schlammige Frühjahrsklassiker tauglich zu machen.

Die Halo Gabel ist das Prunkstück am Teammachine R und ist zumindest optisch was ganz Neues.

Abgerundet präsentiert sich das Teammachine R mit BMC-typischen integrierten Flaschenhaltern und Stealth-Ausfallenden, das rundet nicht nur das Gesamtbild ab, sondern bringt die letzten Quäntchen in der Aero-Optimierung. Das optisch so aggressive Bike kann also schon visuell richtig viel und dominiert bereits im Stand den lokalen Rennzirkus. Doch auch mit Laborwerten zögert BMC nicht. Das Gesamtpaket aus Fahrer und Teammachine R soll so 3,5 % schneller als das Leichtgewicht SLR sein, und immerhin 1,9 % im Vergleich zum absoluten Aero-Racer Timemachine Road. Eine klare Ansage und somit auch das schnellste BMC Dropbar-Bike überhaupt.

Das ICS Aero-Cockpit kommt so auch schon beim Kaius zum Einsatz und besticht vor allem durch die minimale Breite von 360 mm.
Cleane abgedeckte Ausfallenden und…
… im Rahmen integrierte Flaschenhalter runden das Konzept ab.

Raffiniert und verfeinert – Die Geometrie des neuen BMC Teammachine R

Wie der Name schon verrät, schlägt im neuen BMC ein Teammachine-Herz und so ist die Geometrie auch zum größten Teil gleich geblieben. Stack und Reach haben sich, je nach Größe, um ein bis zwei Millimeter verändert. Doch die größte Änderung erfährt der Sitzwinkel. Die Größen 47 und 51 kommen mit 74°-, 54 und 56 mit dem klassischen 73,5°-Sitzwinkel, die Größen 58 und 61 hingegen mit flacherem 73°-Sitzrohr. Grund ist eine bessere Anpassbarkeit des Bikes an die jeweiligen Fahrertypen und so sollen die meisten Rider den Sattel am Teammachine R, dank optimiertem Sitzwinkel, zentral montieren und ausrichten können.
So ist auch die Geometrie passend zur Ausrichtung des Bikes: Es will racen! Und so setzt BMC zu Recht auf die bewährte Teammachine-DNA.

Größe 47 51 54 56 58 61
Sitzrohr 418 mm 463 mm 499 mm 519 mm 541 mm 570 mm
Steuerrohr 108 mm 133 mm 149 mm 165 mm 185 mm 211 mm
Lenkwinkel 71,5° 71,5° 72,3° 72,3° 72,3° 72,3°
Sitzwinkel 74° 74° 73,5° 73,5° 73° 73°
Kettenstreben 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm
BB Drop 69 mm 69 mm 69 mm 69 mm 69 mm 69 mm
Radstand 968 mm 986 mm 989 mm 999 mm 1.015 mm 1.030 mm
Reach 368 mm 378 mm 387 mm 393 mm 402 mm 409 mm
Stack 504 mm 528 mm 548 mm 563 mm 582 mm 606 mm

Alle Modelle des neuen BMC Teammachine R 2024 im Überblick

Vorneweg: Das Teammachine R ist eine absolute Rennfeile und dementsprechend ist das Bike auch ausgelegt. Den Rahmen gibt es so nur im Top-Carbon Layup 01. Und das lässt sich BMC auch leider teuer bezahlen.
Mit ganzen 5.999 € schlägt das Frameset zu Buche, kommt dafür aber mit farblich passendem ICS-Carbon-Aero-Cockpit.
Aber auch die Kompletträder sind alles andere als günstig, sind aber dafür durch die Bank mit Powermeter ausgestattet.
Mit einem Preis von 14.999 € führt das Teammachine R 01 LTD die Preisliste an, bietet dafür aber eine SRAM RED eTap AXS-Schaltgruppe, die tiefsten sowie schnellsten DT Swiss-Aero-Laufräder ARC 1100 in 62 mm und natürlich das One-Piece Aero-Cockpit in passender Lackierung.
Etwas preisbewusster, aber noch lange nicht günstig ist das Teammachine R 01 Four mit Ultegra Di2, zweiteiligem Cockpit und BMC-eigenem Laufradsatz für 8.999 € zu haben.

Modell Schaltgruppe Laufräder Preis
Teammachine R 01 LTD SRAM RED eTap AXS mit Quarq D-Zero Power Meter DT Swiss ARC 1100 (62mm) 14.999 €
Teammachine R 01 TWO Shimano Dura Ace Di2, 4iiii Power Meter DT Swiss ARC 1100 (62mm) 13.999 €
Teammachine R 01 Three SRAM Force eTap AXS mit Quarq D-Zero Power Meter CRD-501 SL Carbon (50mm) 9.499 €
Teammachine R 01 Four Shimano Ultegra Di2, 4iiii Power Meter CRD-501 (50mm) 8.999 €
Teammachine R 01 MOD – Rahmenset 5.999 €

Das BMC Teammachine R 2024 im ersten Test

Was Look und Geodaten versprechen, kann das Fahrverhalten absolut unterstreichen. Unser Testbike, das Topmodell Teammachine R 01 LTD, ist ein absolut aggressives und direktes Bike und so spürt man auch direkt die steifere Gabel. Nur wenige Racebikes am Markt können mit der Präzision des neuen BMC mithalten. Und damit ist das Bike eine echte Waffe in der Abfahrt, stabil auf schnellen geraden Passagen, aber direkt und leicht einzulenken – auch in den engsten Kurven ist es berechenbar und scharf zu steuern. Gepaart mit der Aerodynamik ist das schwer zu schlagen, aber nicht die beste Wahl für ungeübte Fahrer. Im Antritt zeigt das R seine beste Seite, unglaublich steif überträgt sich jeder Tritt in puren Vortrieb. Durch den steifen Tretlagerbereich gibt selbst bei den wildesten Sprints und steilsten Rampen nichts spürbar nach oder sorgt für unnötigen Kraftverlust. Und so lässt sich der Aero-Allrounder auch gut in Anstiegen fahren, für die großen Tage in den Alpen oder lange Alpenpässe fehlt allerdings die Leichtigkeit im Handling ausgewiesener Kletter-Spezialisten. Doch dafür gibt es ja die Teammachine SLR im BMC-Lineup.
Der mit 36 cm sehr schmale Lenker ist anfangs zwar ungewohnt, dank der 420 mm breiten Drops vermittelt er aber viel Sicherheit auf Abfahrten und schnellen Strecken und zwingt den Fahrer gleichzeitig in eine aerodynamischere, ergo schnellere, Position – selbst in den Hoods.
Was dem Teammachine allerdings fehlt, ist Compliance. Bei solch einem effizienten Bike gibt nichts nach und Unebenheiten werden ungefiltert an den Fahrer übertragen. Einzig die 28 mm breiten Pirelli P ZERO-Reifen spenden etwas Komfort. Wenn das nicht reicht, können bis zu 30 mm breite Reifen für Abhilfe schaffen.
Doch das bricht dem Bike keine Krone ab, denn das auf Racing ausgelegte Teammachine besticht vor allem durch die pure Performance und unglaublich direktes Handling – für geübte Fahrer eine traumhafte Kombination, wie sie nur wenige Roadbikes bieten. Dafür braucht das Bike allerdings auch glatten Asphalt, um den Mangel an Compliance auszugleichen.

Für wen ist das neue BMC Teammachine R 2024?

Keine Frage, das BMC Teammachine R ist ein Bike für ambitionierte Racer, nicht mehr und nicht weniger. Wenn es richtig schnell und auffällig nach vorne gehen soll, ist das neue BMC Timemachine R 2024 definitiv in der engeren Auswahl. Dafür besticht es alle aktiven und trainierten Fahrer, die sich nicht vom Bike leiten lassen wollen, sondern direkt und selbst bestimmen, wo es langgeht. Das verlangt allerdings auch nach einer geübten Hand.
Lediglich in Anstiegen kann das Bike nicht vollständig überzeugen, wird aber von dem Aero-Konzept auch nicht verlangt, trotzdem ist das Bike mit 7 kg überraschend leicht.
Die Lackierungen fallen eher unauffällig aus, jedoch ist das Bike an sich nicht dezent und wird deshalb auch nicht jeden ansprechen. Klar ist aber: Wer auf einem BMC Teammachine sitzt, hat wohl eines der schnellsten und aktuell heißesten Bikes und muss demzufolge liefern – sei es am Ortsschildsprint oder der lokalen Feierabendrunde, mit dem Bike lässt sich der zweite Platz nicht erklären. Ätsch!

Fazit zum BMC Teammachine R 2024


Mit dem Teammachine R bringt BMC das wohl auffälligste Race-Bike 2023 und überzeugt dabei mit konsequent durchgezogenem Aero- und Racing-Konzept. Bis ins letzte Detail durchdacht, sei es durch Halo-Gabel, steifes Tretlager, integrierte Flaschenhalter oder cleane Dropouts, schreit das Bike geradezu nach Effizienz und direktem Fahrgefühl. Doch da hört es nicht auf, mit unglaublich präzisem Handling stellt BMC eines der spannendsten und interessantesten Bikes 2023 vor, auch wenn es in Sachen Compliance etwas hinterherläuft.

Tops

  • absolut durchdachtes Aero-Konzept mit vielen kleinen Features und einer massiv auffälligen Gabel
  • scharfes und perfekt auf Geschwindigkeit abgestimmtes Handling
  • heißer und schneller Look trotz geringem Gewicht
  • komplett durchdachtes Gesamtpaket mit Aero-Cockpit und tiefen DT Swiss-Laufrädern

Flops

  • die schmale Lenkerbreite am ICS-Carbon-Aero-Cockpit schränkt den ein oder anderen Fahrer etwas ein
  • sehr wenig Komfort, für MAMILs weniger geeignet
  • konservative Reifenfreiheit

Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Calvin Zajac Fotos: Calvin Zajac, BMC