Habt ihr schon von Sqaero, GravelPlus und Realfast gehört? Der italienische Komponenten-Hersteller 3T Cycling ist bekannt für Pionierleistungen und läutet nun eine neue Ära der Firmengeschichte ein. Am vergangenen Wochenende haben die Italiener ihr erstes Bike vorgestellt – das 3T Exploro soll Grenzen verschieben. Lest hier, wie die Zukunft aussehen könnte.
Früher fand Rennradfahren vor allem auf Schotterstraßen statt – somit ist Gravel Riding alles andere als „neu“. Doch der aktuelle Gravel-Trend bringt die Essenz des Rennradfahrens wieder zurück, allerdings ohne den Wettbewerbscharakter. Beim Gravel 2.0 geht es um Freiheit und darum, seine Umwelt zu erkunden. Technik hat den Menschen seit jeher geholfen, weiterzukommen oder schneller zu werden. Das Team von 3T will ein besonderes, vielleicht sogar das ultimative Bike für uns Entdecker geschaffen haben: das 3T Exploro.
Im San-Diego-LSWT (engl.: Low speed wind tunnel) haben die Italiener die Aerodynamik ihrer Gravel-Bikes ausführlich getestet. Das Ziel? Das schnellste, leistungsstärkste Gravelbike der Welt zu bauen. Nachdem sie einige Varianten getestet und Parameter der „echten Welt“ wie Matsch (repräsentiert durch ein 3D gedrucktes Äquivalent) bei den Messungen berücksichtigt hatten, zeigten sich einige überraschende wie auch beeindruckende Ergebnisse.
Die Sqaero-Form, über die das Exploro verfügt, soll schmutzig genauso schnell sein wie sauber. Das Exploro nutzt ein Sqaero 50/25-Rahmenprofil-Verhältnis, wobei ein 50 mm breites Unterrohr den Airflow des breiteren Cross- oder MTB-Reifens perfekt aufnimmt und zu den Trinkflaschen ableitet. Das Sitzrohr ist 25 mm breit und verschwindet dadurch aerodynamisch zwischen Trinkflaschen und Hinterreifen. Auch Steuerrohr, Sitzstreben und eine speziell angefertigte Sattelstütze sind in der Sqaero-Form gehalten.
Welchen Leistungszuwachs bringt das? Das Exploro wurde nicht bei den üblichen 48 km/h, sondern bei 32 km/h getestet. Es spart dabei 7 Watt gegenüber einem Rahmen mit rundem Rohrsatz (bei gleichem Durchmesser, gleichen Rahmendaten, gleichen Komponenten) oder 24 Watt bei 48 km/h, wenn man an dieser Geschwindigkeit hängt. Oder, um den Vergleich anschaulicher zu gestalten: Ein Exploro mit 40 mm breiten Stollenreifen und zwei Wasserflaschen (rote Linie im Schaubild) ist schneller als das Äquivalent mit rundem Rohrsatz, 28 mm schmalen Rennradreifen und fehlenden Trinkflaschen (graue Linie).
Das Exploro soll Rennrad-, Cross- und sogar Mountainbikereifen aufnehmen und dem GravelPlus-Standard folgen. Rennrad- und Crossreifen sind 700c, die Mountainbikereifen nutzen den 650b-Standard, sodass alle Radkombinationen einen in etwa gleichen virtuellen Durchmesser haben. Für 700c bietet das Team von 3T sein neues 3T Discus-Laufrad an, für 650b das 3T DiscusPlus. Die Idee hinter GravelPlus ist es, maximale Traktion zu bieten, um auch dann noch fahren zu können, wenn andere aufgrund der Streckenverhältnisse absteigen müssen.
Der Aero-Vorteil ist ganz nett, letztlich sind aber der Fahrer und seine Position das Wichtigste. Deshalb kommt beim Exploro eine aggressive und tiefe, aber komfortable Fahrerposition zum Einsatz.
Wenn es um die Geometrie geht, ist 3T der Überzeugung, dass eine agilere Lenkung weniger Arbeit für den Fahrer bedeutet – auch wenn man damit auf die Selbstführungseffekte einer flacheren Lenkung (Lenkwinkel in Kombination mit dem Gabel-Nachlauf) und eines längeren Radstandes verzichtet. Im schwierigen Terrain führt aber gerade diese Art der Lenkung zu mehr Arbeit für den Fahrer, da die Kräfte durch die größere Hebelwirkung stärker auf die Lenkung übertragen werden.
Für eine bessere Biomechanik wollte 3T Rennradkurbeln mit einem geringen Q-Faktor verbauen. Die Herausforderung dabei war, sie mit den extrem kurzen Kettenstreben (415 mm) und der großen Reifenfreiheit zu kombinieren, die für den Einbau der Mountainbikereifen nötig ist. Die Lösung ist die abgesenkte Kettenstrebe, die dem Kettenblatt ausreichend Platz bietet.
Für wen eignet sich das 3T Exploro?
Wer ein agiles Rennrad fährt, wird das direkte und verspielte Handling des Bikes lieben. Auch auf Asphalt ist es immer noch zügig unterwegs, auch wenn ihm natürlich etwas Präzision und Highspeed-Stabilität fehlen. Das liegt einerseits an der recht agilen Front, andererseits an den großvolumigen Reifen, die wir mit ca. 3 bar Druck fuhren und die per se nicht so präzise sind und zudem das Tretlager etwas anheben. Trotzdem kann man auf dem Bike problemlos Kilometer machen! Es verlangt nach einem aktiven und aggressiven Fahrer – wenn ihr also eher nach einem komfortablen und gelassenen Endurance-Bike sucht, das auch Gravel „kann“, ist das Exploro nichts für euch. Das Open U.P. wäre hier die bessere Wahl. Bergab ist das Exploro nicht mehr so stabil, behält aber seine Verspieltheit. Gerade bei den Abfahrten merkt man, wie aggressiv (und tief) dieses Bike ist.
Es ist schwierig, den genauen Einsatzbereich des Exploro zu definieren. Bei unserer Testfahrt in der wunderschönen Toskana fühlte es sich eher nach einem Gravel-Racebike an, das auch auf dem Asphalt eine gute Figur macht, als nach einem entspanntem Endurance-Bike mit hohem Stack und kurzem Reach.
Brauchen wir Aero-Technologie, um im Gelände schneller zu fahren?
Prinzipiell wohl eher nicht, auch wenn das 3T Exploro das schnellste und aggressivste Gravelbike ist, das wir je gefahren sind. In diesem Kontext kann man sich sicher sein: Das Exploro wird andere Hersteller dazu veranlassen, über Innovationen und die Weiterentwicklung der Technik im Gravel-Segment nachzudenken. Und das ist super – think outside the box und sei einzigartig! Und das ist die neuste Schöpfung von 3T auf alle Fälle. Das Exploro ist kein Bike, das man braucht, sondern ein Bike, das man will.
Das 3T Exploro ist nur als Frameset erhältlich. Es gibt zwei Versionen, das Team (1.150 g) und das unglaublich leichte LTD (950 g). Größe L ist bereits lieferbar, S, M, und XL wird es ab August geben. Für das Team bezahlt man 3.000 €, das LTD kostet 4.200 €.
Mehr Inforamtionen auf: www.exploro.3tcycling.com
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text & Fotos: Marc Gasch – 3T, Robin Schmitt