Ausgabe #015 Gravel

Fulcrum Rapid Red 3 650B-Gravel-Laufradsatz im Test

Nennt uns altmodisch, aber wir lieben es, wenn sich eine CNC-Fräse mit 15.000 Umdrehungen pro Minute durch einen Aluminiumblock arbeitet und eine plane Fläche hinterlässt, in der man sich spiegeln kann. Wir haben die aufwendig gefertigten Fulcrum Rapid Red 650B-Laufräder aus Aluminium getestet und verraten euch, was sie können.

Fulcrum Rapid Red 3 650B | 1.640 g | 605 € (CENTER-LOCK, 12×100, 12×142, HG) | Hersteller-Website

Carbon gehört die Zukunft, da mögen sich die Sekundenjäger im Rennradsport sicher sein – wir wollen uns aber hin und wieder etwas mehr Zeit nehmen, um bedeutungsvolle Erlebnisse zu erfahren. In vorfreudiger Erwartung auf neue Touren haben wir deshalb ein Test-Bike auf die Fulcrum Rapid Red 3 650B-Laufräder aus Aluminium umgerüstet. Selbst wenn Alu für manche als Werkstoff altmodisch erscheinen mag, die eingesetzte Technik in den Laufrädern ist State of the Art.

Die 6082-Aluminiumlegierung wurde einer Pre-Aging-Hitzebehandlung unterzogen, um die mechanischen Eigenschaften der Felge zu verbessern. Um Gewicht einzusparen, wurde überschüssiges Material zwischen den Speichen plan abgefräst, die Laufräder wiegen so 1.640 g. Neben der marginalen Gewichtsersparnis erhält das Finish dadurch eine Hightech-Note. Auch um die Ventilbohrung herum wurde die Felge mit der CNC-Fräse behandelt. Die mitgelieferten Tubeless-Ventile sitzen dadurch flach auf und schließen stabil mit der Felge ab. An der Felgenwand kleben in Schwarz gehaltene Decals, die bei Tageslicht unscheinbar sind, aber am Abend herannahendes Scheinwerferlicht reflektieren und ein Plus an Sichtbarkeit gewähren.

Um die Unwucht durch die Masse des Felgenstoßes auszugleichen, wurden auf der gegenüberliegenden Seite des Laufrads Speichen mit leicht vergrößertem Querschnitt eingesetzt. Fulcrum nennt diese Technologie RDB – Rim Dynamic Balance. 24 Straight-Pull-Speichen sitzen im Verhältnis 2:1 auf die beiden Seite des Laufrads. Während 8 Speichen das Laufrad auf der jeweils weniger belasteten Seite in Form halten, kommen vorne auf der Seite der Bremsscheibe und hinten auf der Seite des Antriebes jeweils 16 Speichen zum Einsatz. Dadurch will Fulcrum nicht nur eine geringere Verwindung des Laufrads und eine effizientere Kraftübertragung erreichen, sondern auch die Speichenspannung besser ausgleichen, was die Ermüdung des gesamten Systems von Felge, Naben und Speichen verringert. Um axiales Spiel zu vermeiden, besitzen die Laufräder jeweils einen Verstellring, der die Lager in den Naben vorspannt. Der Verstellring wird festgezogen, nachdem die Laufräder im Rahmen eingebaut wurden und richtig fluchten. Das zulässige Gesamtgewicht von Rad, Fahrer und Gepäck darf 120 kg nicht überschreiten, damit ihr mit dem Fulcrum Rapid Red 3 650B-Laufradsatz im grünen Bereich bleibt.

Abspeckkur
Zwischen den Speichen und um die Ventilbohrung wurde überflüssiges Material abgetragen.
Verstecktes Sicherheitsfeature
Werden die dunklen Decals angestrahlt, reflektieren sie das Scheinwerferlicht.
Ungleich verteilt und doch im Gleichgewicht
Die Straight-Pull-Speichen verteilen sich im Verhältnis 2:1 auf beide Seiten der Naben.

Die Laufräder kommen 2Way-Fit ready. So nennt Fulcrum es, wenn Laufräder kompatibel sind mit Tubeless-Reifen und Drahtreifen, die mit Schlauch gefahren werden. Die Installation von Tubeless-Reifen gestaltet sich mit den mitgelieferten Ventilen und dem bereits vorinstallierten Felgenband einfach. Unsere Testreifen sprangen beim ersten Befüllen mit Druckluft freudig und lautstark in Position. Fulcrum bietet den Rapid Red 3 650B-Laufradsatz nur mit einer Aufnahme für CENTER LOCK-Bremsscheiben an. Die Bremsscheiben werden von einer Mutter gehalten, die nur mit einem Tretlagerschlüssel oder einer entsprechenden Nuss auf 40 Nm angezogen werden können. Wem das Spezialwerkzeug fehlt, bleibt der Gang zum örtlichen Bike-Geschäft nicht erspart.

Mit 29 mm Felgenbreite und 24 mm Maulweite befinden sie sich auf der modernen und etwas breiteren Seite des aktuellen Gravel-Spektrums. Die Felgenhöhe liegt bei 24 mm und das Profil fällt flach aus. Laut Fulcrum funktionieren die Laufräder am besten mit 40–60 mm breiten Reifen. An unserem Test-Bike bauten die bereits eingefahrenen Vittoria Terreno Dry 47C-Reifen bei einem Reifendruck von 3 bar auf stolze 50 mm breit auf. Damit ist das Limit der möglichen Reifenbreite erreicht. Wer noch dickere Pneus fahren möchte, wird mit der fehlenden seitlichen Abstützung des Reifens einen Kompromiss in Sachen Kurvenverhalten eingehen. Hier hätten wir gerne eine Felgenmaulweite von 27 mm gesehen.

Breiter! Flacher! Schneller?
24 mm Maulweite bieten Platz für bis zu 60 mm breite Reifen.
Nicht jedermanns Sache
Centerlock-Bremsscheiben und Achsen mit 12 x 100 mm und 12 x 142 mm, andere Standards werden nicht angeboten.
Under Pressure
Der Verstellring setzt die Lager der Nabe unter Vorspannung.

Fulcrum hat den Rapid Red 3 650B für Fahrten auf wechselndem Terrain konzipiert, und genau dort haben wir ihn getestet. Neben Asphalt- und Schotterpisten blieben ihm Abstecher auf leichte Trail-Passagen nicht erspart. Durch seine Bauweise und die paar Gramm extra auf der Waage gehört der Rapid Red 3 nicht zu den Gravel-Laufrädern auf dem Markt, die man am leichtesten auf Touren kriegt. Lange Anstiege verlangen ein Paar Körner extra, lassen sich aber ohne Probleme in Angriff nehmen. Was man an zusätzlicher Ermüdung in den Beinen in Kauf nimmt, gewinnt man dafür in den Armen doppelt zurück. Das Laufrad besitzt neben den Nehmerqualitäten eines gestandenen Boxers auch eine gute Eigendämpfung. Spürbar werden kleinere Schläge und Vibrationen zum Teil vom Laufrad aufgenommen und nicht an die Unterarme weitergegeben. Harte Schläge und ruppigen Untergrund reicht das Laufrad-Set zwar spürbar an den Fahrer durch, die Schläge hinterließen aber auf der Felge keine bleibenden Spuren. Damit waren die Laufräder in unserem Test bestens gerüstet für Mikroabenteuer im Stuttgarter Raum und haben in uns die Zuversicht geweckt, sie auch für längere Touren einsetzen zu können.

Solltet ihr weiterhin misstrauisch gegenüber der Qualität der Fulcrum Rapid Red 3 650B-Laufräder sein, legt der Hersteller dem Paket eine Identifikationskarte bei. Sie bescheinigt euch, dass eure Laufräder – noch bevor sie in euer Gravel-Bike Einzug gefunden haben – bereits einem rigorosen Testprozedere unterworfen wurden. Damit kann Fulcrum im Fall der Fälle die Herstellung des Laufrads und die einzelnen Komponenten zurückverfolgen. Einen bleibenden Eindruck hat bei uns der fast komplett geräuschlose Freilauf hinterlassen. Lässt man sein Gravel-Bike mal auf einer leicht abfallenden Geraden laufen, kann man entspannt den Schotter unter den Reifen knistern hören. Da fühlt man sich doch sofort mit der Umwelt vereint, vom Alltagsstress befreit und entschleunigt! Außer dem Rapid Red 3 650B hat Fulcrum auch den Rapid Red 3-Laufradsatz (ohne 650B) für 700C-Reifen ab einer Breite von 30 mm zum gleichen Preis im Sortiment. Beide Laufrad-Sets kommen nur mit Achsstandards à 12 x 100 mm vorne und 12 x 142 mm hinten auf den Markt. Das Fulcrum Rapid Red 3 650B-Set ist mit HG/Campa-Freilauf für 605 € und mit XD-Freilauf für 613 € erhältlich, ein fairer Preis.

Entschleunigung, wir kommen: Der Fulcrum Rapid Red 3 650B-Laufradsatz bietet ein entspanntes Gravel-Erlebnis zu einem entspannten Preis. Die aufwendig bearbeiteten Alu-Felgen verbreiten Hightech-Charme und lassen so manche Konkurrenten aus Carbon langweilig erscheinen. Mit ihren dämpfenden Eigenschaften und der auf Haltbarkeit ausgelegten Konstruktion machen die leisen Rapid Red 3 650B-Laufräder an Gravel-Bikes mit viel Reifenfreiheit Sinn.

Tops

  • gute Dämpfung
  • Haltbarkeit
  • Hightech-Finish
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Flops

  • die 24 mm Maulweite der Felge sind zu schmal für Reifen mit bis zu 60 mm Breite
  • vergleichsweise schwer und dadurch etwas träge im Antritt

Preis: 605 € (CENTER-LOCK, 12×100, 12×142, HG)
Gewicht: 1.640 g (inkl. Tape/Ventilen, mit HG-Freilauf)
Dauer: 1 Monat
Fahrer: Rudolf
Mehr Infos: fulcrumwheels.com


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Text & Fotos: Rudolf Fischer