Highlights & Impressionen: das erste Trek E-Derny Rennen
Motoren haben eine lange Tradition im Radsport. Nein, die Rede ist nicht von den erschütternden Entdeckungen bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft 2016, sondern von Derny-Rennen. Am Wochenende konnte man in Berlin einer Neuinterpretation dieser Tradition beiwohnen: Brennende Lungen, Windschattenlutschen, Teamgeist, elektrische Motorpower und schlaue Taktiken inklusive! Im hochkarätigen Starterfeld gab es sogar ein Team, das eigenen Angaben zufolge zusammen die gleiche Anzahl an Tour-de-France-Siegen wie Lance Armstrong besitzt!
Was ist ein Derny?
„Was ist ein Derny überhaupt?“ Diese Frage kam während der Event-Vorbereitungen des Trek E-Derny Race powered by Diamant am Berliner Tempelhof häufiger auf. Ein Derny ist wie „Tempo“ nämlich ein generisch verwendeter Begriff einer Marke, um ein motorisiertes Taktgeber-Zweirad (specialist motor pacer bike) zu beschreiben. Das erste Derny wurde im Jahre 1938 vom ehemaligen Rennfahrer Roger Derny in Paris gebaut, als er ein Fahrrad mit Starrnabe mit einem 90 cc-Motor ausstattete. Warum man nicht einfach ein Motorrad verwendet? Die Kombination aus Motor- und Pedal-Kraft ist wichtig, um sehr sensibel beschleunigen oder abbremsen zu können. Schließlich klebt das Vorderrad des Rennfahrers fast am Hinterrad des Taktgebers, um den maximalen Aero-Vorteil ausnutzen zu können.
Taktgeber- oder Schrittmacher-Bikes gibt es jedoch schon länger als Dernys, geschichtlich dokumentiert tauchten sie erstmals beim glorreichen Bordeaux-Paris-Rennen im Jahre 1891 auf. Seit ihrer Erfindung haben sie sich kaum verändert, mit gleicher Technik haben sie noch heute in der Regel 7 PS und fahren bis zu 80 km/h. Zum Einsatz kommen sie vor allem auf der Bahn bei Keirin-Rennen, 6-Tages-Rennen sowie bei manchen Straßenrennen und Ausdauertrainings.
Als Derny diente beim E-Derny Race ein Diamant 825+ E-Bike, das dank Bosch-Motor auf bis zu 45 km/h beschleunigt. Die Tatsache, dass kein leistungsstarker CX-Motor verbaut war, sorgte für sensiblere Beschleunigungsmanöver und machte es sowohl für den Schrittmacher als auch für den Rennfahrer einfacher, die Geschwindigkeit und den Abstand zu regulieren.
Die Rennfahrer konnten jeweils zwischen dem Aero-Renner Trek Madone 9 oder dem ultra-leichten Émonda SLR wählen. So begann die Taktik nicht erst beim Startschuss, sondern bereits bei der Auswahl der Bikes!
Das Rollfeld als Rennstrecke
Beim Trek E-Derny Race fanden Format und Derny eine moderne Interpretation. Als Rennstrecke diente das ehemalige Flugfeld Tempelhof in Berlin. Der Rundkurs hatte de facto eine Dreiecks-Form und war insbesondere durch die raue, mit Grasnarben und kleinen Schlaglöchern versehene Rollbahn technisch sehr anspruchsvoll.
Die Teams
Insgesamt sieben Zweier-Teams fuhren um den Sieg. Darunter waren szenebekannte Teams von Goodtimesroll, Standert und den 8bar Rookies. Darüber hinaus traten auch Neu-Kreationen an wie „Die Frenchies“ (offensichtlich ein französisches Team), ein schwierig auszusprechendes Team namens Polytoxyomanders, das aus einem Bike-Messenger-Paar bestand, sowie Team Bike Punk Racing und Kenjanvelocando (zu lesen: Ken & Jan Velo can do), das von einer deutsch-australischer Freundschaft im Herzen Berlins zeugt.
Das Rennen
Das Rennen wurde im K.o.-Verfahren ausgetragen, wobei jeweils die zwei schnellsten Teams einer Ausscheidungsrunde in das Finale kamen. Nicht nur die Power, sondern vor allem Fahrtechnik und eine gute Zusammenarbeit zwischen Rennfahrer und Schrittmacher waren enorm wichtig.
Bei den drei spitzen Kurven des Rundkurses war es entscheidend, möglichst viel Schwung mit durch die Kurven zu nehmen. Beim Kampf um den Sieg lieferten sich die Teilnehmer ein faires, aber spektakuläres Kopf-an-Kopf-Rennen auf dem Flugfeld am Tempelhofer Damm. Die Renndauer der Halbfinalrunden und des Finales betrug jeweils 20 min.
Dass das Tempo im Finale noch einmal deutlich angezogen wurde, zeigte die Rundenanzahl: Während in den Qualifikationsläufen nur 38 Runden des 700 m langen Kurses gefahren wurden, schaffte das Siegerteam im Finale 41 Runden.
Text & Foto: Robin Schmitt
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