Das neue Einstiegsmodell der Schweden, der Volvo EX30, soll einschlagen wie Thor’s Hammer. Wir waren in Hamburg und haben den Volvo EX30 bei schönstem Schietwetter in der City, Überland und auf der Autobahn getestet – Flanieren und Beladen inklusive. Für wen ist er? Für wen nicht? Und schafft das Kompakt-E-SUV den Spagat zwischen Premium-Anspruch und Budget-Wirklichkeit?

Volvo EX30 | 315 kW (428 PS) | 64-kWh-Akku | 445–450 km | 5-Türer | ab 36.590 € | Testwagenpreis 54.390 € | Hersteller-Website

Premium – dieses markige Adjektiv holen Autobauer gerne raus, wenn es darum geht, sich von Mitbewerbern zu unterscheiden. Auch Volvo zählt sich zu den Premium-Anbietern. Doch was bedeutet Premium? Meist, dass es kostspielig ist, so ein Auto zu fahren. Und dass es im Klein- und Kompaktsegment oft gar kein Modell gibt. Beides wollen die Schweden mit dem neuen Kompakt-SUV Volvo EX30 jetzt ändern – und schicken das kleinste und mit Abstand günstigste Modell im Portfolio der Skandinavier ins Rennen. Der neue EX30 ist für Volvo, was für Porsche der Macan ist: ein günstiger Einstieg in die Premium-Welt der Marke – doch gelingt es für einen Ab-Preis von rund 36.590 € Volvo-Anspruch und -Fahrgefühl zu vermitteln? Welche Abstriche muss man in Kauf nehmen? Was kann man erwarten, was nicht? Und erfüllt der schwedische Sicherheits-Pionier sein Versprechen?

Volvo-Kommunikationschef Michael Schweitzer (hinten) diskutiert die Features des EX30 mit DOWNTOWN-Redakteur Patrick Gruber (vorne).

Kompakt-SUVs: Ist der Volvo EX30 konkurrenzlos attraktiv?

Volvo greift an – und wildert bei Marken, die man der Volvo-Klientel nicht unbedingt zuschreiben würde. Wenn es nach Volvo geht, dann steht der EX30 vor allem bei solventen Fahranfängern mit Sinn für Design und Ästhetik sowie „E-Auto-Aufsteigern“, die nun in den Genuss eines Premium-Fahrzeugs kommen wollen, hoch im Kurs. Zugleich soll der EX30 auch eine attraktive Option für alle sein, die einen kompakten Zweitwagen suchen.

BYD ATTO 3 versus Volvo EX30

Im Einstiegspreis ist der Volvo EX30 günstiger als ein Opel Mokka Electric (ab 40.800 €), ein Hyundai KONA Elektro (ab 41.990 €) und ein MINI Countryman E (ab 43.500 €). Auch der VW ID.3 ist teurer (ab 39.995 €). Volvo selbst sieht in diesem Segment kaum Konkurrenz, am ehesten noch den von uns getesteten Smart #1, der auf der gleichen Plattform steht. Der Smart ist dem EX30 in Sachen Preis (ab 42.490 € mit 66-kWh-Batterie) und Größe tatsächlich sehr ähnlich, ist im Detail jedoch etwas höher und minimal länger – mit entsprechend etwas höherem Verbrauch. Auch mit dem BYD ATTO 3 steht eine Alternative auf den Rädern. Zwar etwas länger und nicht als SUV ausgeführt, hat BYD bei unserem Test des Top-Modells HAN schon unter Beweis gestellt, dass Premium kein Alleinstellungsmerkmal europäischer Automarken mehr ist. Aber inwieweit kann man hier noch zwischen Europa und China unterscheiden? Volvo sitzt im schwedischen Göteborg, Eigentümer ist jedoch der chinesische Geely-Konzern, der auch Anteile an Smart hält. Volvo umschifft diese Tatsache auf dem Kennzeichenhalter sehr elegant: Made by Sweden.

Thor’s Hammer schlägt auch bei Hamburger Schietwetter zu.
Modernes Design vor altehrwürdiger Kulisse.

Dass der bisher kleinste Thor’s Hammer seit dem C30 in den 1980er-Jahren einschlagen wird, daran zweifelt bei Volvo offensichtlich niemand. Auf dem Presse-Event in Hamburg wurde jedenfalls regelmäßig betont, dass der neue Volvo EX30 „mit Sicherheit“ das meistverkaufte Volvo-Modell 2024 werden und zur weiteren Elektrifizierung der Flotte beitragen wird. Bisher machen BEVs 16 % und PHEVs 22 % aller Volvo-Autos aus. Schon 2023 war für die Schweden ein rekordverdächtiges Jahr mit einem weltweiten Umsatz von 35,5 Mrd. €, den sie aber – überaus sportlich – bis 2026 auf 55–60 Mrd. € schrauben wollen.

In dem Zuge will Volvo auch die Recycling-Quote seiner Flotte weiter erhöhen und bis zum Jahr 2030 mindestens 30 % recycelte Kunststoffe über die gesamte Flotte hinweg und 35 % bei neuen Fahrzeugen verbauen. Der neue EX30 trägt das Thema Recycling stellenweise offen zur Schau: So ist der untere Bereich der Stoßfänger teilweise aus recyceltem Kunststoff hergestellt und unlackiert für eine einfachere Wiederverwertung. Die Bodenteppiche sollen laut Hersteller vollständig aus recycelten PET-Flaschen bestehen, und der Armaturenträger besteht zu 30 % aus Recyclingmaterial. Auch bei den Bezügen und Dekoreinlagen sollen wiederverwertete Materialien aus ausrangierten PVC-Fensterrahmen und Rollläden zum Einsatz kommen. In unserem Testfahrzeug ist der Dekoträger aus Flachsfasern hergestellt, die für einen modernen Look und eine griffige Textur sorgen. Wie bei allen Nachhaltigkeits-Claims gilt: immer mit Vorsicht genießen, denn der reale Fußabdruck ist meist komplex.

Volvo EX30: Preis, Leasing und Ausstattungen – Von günstig bis teuer

36.590 € – da beginnt bei Volvo mit dem neuen EX30 der Einstieg ins Premiumsegment. Das sind immerhin fast 11.000 € weniger, als für den aktuellen XC40/C40 in der Elektroversion fällig werden. Gilt aber nur für die Einstiegsversion. Volvo hat 3 Motorisierungen, 2 Akku-Optionen und 3 Ausstattungslinien im Angebot – plus ein paar kostspielige Extras. Die Basis markiert der Volvo EX30 Single Motor mit 200 kW (272 PS) Leistung, Hinterradantrieb und einer nutzbaren Akku-Kapazität von 49 kWh, die für eine WLTP-Reichweite von 344 km gut sein soll. Das Ausstattungspaket bildet eine sinnvolle Basis. Viel Schnickschnack ist da aber nicht drin. Die aus unserer Sicht vernünftigste Kombination besteht aus dem Single Motor mit der größeren 64-kWh-Batterie und einer WLTP-Reichweite von nominell 476 km. Gegenüber der Basis werden 41.790 € fällig – wir finden, ein fairer Aufpreis. Darüber rangiert noch die Top-Motorisierung Twin Motor AWD Performance. Der Name sagt schon fast alles: Zwei Motoren, Systemleistung 315 kW (428 PS), Allradantrieb. Preis: mindestens 48.480 €.

Bei unserem Testwagen des neuen Volvo EX30 haben die Schweden ganz weit oben ins Regal gegriffen und uns die Top-Motorisierung mit der teuersten Ausstattungslinie Ultra zur Verfügung gestellt. Obendrein kommt der Wagen in der aufpreispflichtigen Farbe Moss Yellow (650 €), mit Lenkrad- und Sitzheizung (400 €) und dem in dezentem Hellgrau gehaltenen Innenraumdesign Misty (1.250 €). Macht in Summe: 54.390 €. Klingt schon gar nicht mehr günstig. Klar, Volvo bietet über seine Händler auch Leasing- und Finanzierungsmodelle an. Außerdem gibt es das Auto-Abo „Care by Volvo“, bei dem außer Strom bereits alles in der monatlichen Rate enthalten ist. Die beginnt bei 599 Euro für 36 Monate Laufzeit und reicht bis hin zu 799 Euro bei nur 3-monatiger Bindung. Volvo gibt 3 Jahre Garantie auf das Fahrzeug, für die Batterie halten die Schweden 8 Jahre oder 160.000 km lang den Kopf hin.

Die günstigste Volvo EX30 Ausstattungslinie Core hält alles Wichtige wie eine Klimaautomatik, Einparkhilfe hinten, Zentraldisplay und ein Audiosystem bereit. Auch die Volvo-typischen LED-Frontscheinwerfer in „Thor’s-Hammer-Optik“ mit Fernlichtassistent, integriertem LED-Tagfahrlicht und Begrüßungssequenz sind mit an Bord, ebenso wie die Vorbereitung für eine Anhängerkupplung. Die Reifengröße beginnt bei 18”, in den beiden teureren Paketen sind es dann 19-Zöller. Die mittlere Option Plus bringt zusätzlich ein Premium-Audiosystem von Harman Kardon mit 8 statt 4 Lautsprechern und einem Subwoofer mit. Außerdem sind die Außenspiegel und das Dach in Hochglanzschwarz statt in Wagenfarbe lackiert. Zusätzliche Annehmlichkeiten: 2-Zonen-Klimaautomatik, 2 USB-C-Anschlüsse im Fond, elektrische Heckklappe, Spurwechselassistent und Einparkhilfe vorn sowie eine induktive Ladefunktion fürs Smartphone. Mit dem Paket Ultra kommt man in den Genuss eines 22-kW-AC-Laders (sonst 11 kW), was gerade im innerstädtischen Bereich deutliche Vorteile bringen kann und eine echte Seltenheit ist. Zudem lassen sich die Sitze elektrisch verstellen, und es gibt eine 360°-Kamera. Sehr chic sind die rahmenlosen Spiegel – aber leider auch schnell nass und schmutzig. Das Panorama-Glasdach ist ein echtes Highlight, das für ein deutlich luftigeres und größeres Raumgefühl sorgt und im Gegensatz zum KIA EV6 auch keinesfalls die Fahrersitzhöhe beeinträchtigt. Das Panorama-Glasdach des Volvo EX30 würden wir uns als Option für alle Ausstattungslinien wünschen.

Das große Panoramadach gibt es leider nur in der Top-Ausstattung.

Das Design des neuen Volvo EX30 – Modern und reduziert, aber unverkennbar ein Volvo

Um es vorwegzunehmen: Der neue EX30 ist unverkennbar ein Volvo – von außen wie von innen. Dazu tragen die typischen Scheinwerfer ebenso bei wie die geradlinigen Heckleuchten, die wohl ein wenig an frühe Modelle der Schweden erinnern wollen, als die Designer nur ein Lineal zur Hand hatten und die Strecke noch als einzig mögliche Verbindung zwischen zwei Punkten galt. Beim kompakten SUV schafft Volvo eine gelungene Mischung aus Geradlinigkeit und zurückhaltender Verspieltheit. So zieren den EX30 langgezogene seitliche Sicken ebenso wie runde „Augenbrauen“ über den ausgeformten Radhäusern. Nur am Übergang zwischen Motorhaube und A-Säule und an der C-Säule gibt es zwei Absätze, die unnötigerweise etwas Unruhe in die Seitenansicht bringen. Gewollt oder nicht? Sei’s drum. Die Schokoladenseite ist für uns klar das Heck, das dem kleinen SUV optisch ein wenig mehr Breite verleiht. Denn aus anderen Perspektiven wirkt der EX30 sehr kompakt – unerwartet für einen Volvo. Die 19”-Reifen unseres Testwagens muten da im Vergleich schon ziemlich groß an. Die zweifarbig lackierten Felgen sorgen für einen sportlichen Eindruck. Das gilt im Übrigen nicht für den Schlüssel: wie eine Streichholzschachtel, schwarz glänzend lackiert, ohne Knopf. Das wäre sicher eleganter gegangen, zumal man diesen immer mit sich trägt und Premium auch greifbar sein sollte. Übrigens auch einer der Kritikpunkte am Polestar 2, der ebenfalls in weiteren Aspekten sein Premium-Image und Markenversprechen nicht erfüllt.

Fünf verschiedene Farben stehen zur Auswahl, lediglich Vapour Grey kostet nicht extra. Für die übrigen Außenlacke stehen jeweils 650 € zu Buche. Die Namen der Farben sind zum Glück relativ selbsterklärend: Moss Yellow, Cloud Blue, Crystal White Pearl und Onyx Black Metallic. Allerdings sind nicht alle Farben mit jeder Innenausstattung kombinierbar.

Chic sind die rahmenlosen Seitenspiegel, aber auch schnell nass und schmutzig.

Das Innenraum-Design ist typisch skandinavisch und sehr gelungen: minimalistisch und stilsicher. Durch die Reduktion sowie das Panorama-Glasdach entsteht ein luftiges Raumgefühl. An den Türgriffen und den Schlaufen zur Bedienung der Lüftungsdüsen blitzt dann aber doch ein wenig Verspieltheit auf. Die Verarbeitung ist außen wie innen auf einem hohen Niveau. Auch die Materialauswahl im Innenraum macht einen hochwertigen Eindruck. Unterhalb des Sichtbereiches kommt recycelter Kunststoff zum Einsatz, den – und das finden wir sehr sympathisch – Volvo gar nicht erst zu kaschieren versucht. Und das wirkt auch nicht billiger als bei anderen Premium-Herstellern.

Im Volvo EX30 stehen mehrere Ambiente-Licht- und Sound-Optionen zur Auswahl.

In den Seitentüren sind weder Fensterheber – die sitzen aus Kostengründen in der Mittelarmlehne – noch Lautsprecher. Letztere wurden zugunsten größerer Türtaschen geopfert und wandern in eine Soundbar vor die Frontscheibe. Eine gute Idee – Kostendruck hin oder her ;-). Ob der Sound dem Harman-Kardon-Logo gerecht wird, klären wir im nächsten Absatz. An Ablageflächen mangelt es jedenfalls nicht: Aus der Mittelarmlehne fährt ein Fach nach vorne aus, das auch zwei Cupholder enthält. Am Fahrzeugboden ist ein weiteres Fach, dessen hinterer Teil sich im Fond sogar herausnehmen lässt. Ungewöhnlich ist auch das unter dem zentralen Display angebrachte Handschuhfach, das – super – für beide vorne Sitzenden gut zu erreichen ist und – weniger super – sich nur über das Display öffnen lässt. Why?

Die Türgriffe sehen nicht nur elegant aus, sie greifen sich auch toll an.
Da können die Schlaufen zur Düsenverstellung nicht mithalten.

„Der kleine Hammer könnte für Volvo zum großen Wurf werden. Wirklich günstig ist der EX30 aber nur in der Basisausführung – und die ist basic.

Navigation und Infotainment im Volvo EX30 – Google stellt die Basis, Google navigiert

Nein, der neue Volvo EX30 ist kein Smartphone – dennoch spielt Google eine zentrale Rolle im Kompakt-SUV der Schweden. Das Infotainment, das über ein zentrales 12,3”-Display gesteuert wird, basiert auf Android. Da es kein Display hinter dem Lenkrad gibt, muss man zwangsweise seinen Blick immer wieder nach rechts richten … und wird schon nach kurzer Zeit vom übereifrigen Aufmerksamkeitswarner ermahnt. Das nervt. Die Navigation ist Google Maps pur. Selbst ein Zugang zum Google Play Store ist vorhanden, wo zahllose Apps zur Verfügung stehen. Grundsätzlich gelingt die Bedienung recht flüssig, die zahlreichen Untermenüs erfordern allerdings eine gewisse Eingewöhnungszeit. Im Gegenzug verwöhnt das System mit vielen Einstellmöglichkeiten, Informationen zum Fahrzeug und Verbrauchsstatistiken. Was uns leider mehrfach passiert ist: Wenn ein Auto von hinten nah an den EX30 heranfährt – etwa an einer Ampel – erscheint im Display eine Meldung mit einer Abstandsanzeige zu diesem Fahrzeug und verdeckt einen Teil der Navigation. Die Meldung verschwindet erst nach dem Anfahren wieder, vorher wegklicken geht nicht. Ärgerlich und überflüssig. Ergänzt wird das Onboard-System durch eine hilfreiche App mit Ladeplanung, Vorklimatisierung und einer sehr gelungenen Fahrtenbuch-Funktion. Die nimmt einem viel Arbeit ab, etwa, wenn man dienstliche von privaten Fahrten trennen und ein Fahrtenbuch für das Finanzamt – oder für die Bußgeldstelle 😉 – erstellen muss. Letzteres wird in Zukunft vielleicht weniger vorkommen, denn beim neuen Volvo EX30 gilt wie bei jedem neuen Auto ab sofort: Sobald man die zulässige Geschwindigkeit überschreitet, ertönt ein Warnton – bereits bei 1 km/h darüber. Den Gefallen hat uns die EU getan. Zum Glück lässt sich das ebenso abschalten wie der Aufmerksamkeitswarner. Damit das besonders schnell geht, am besten auf die frei belegbare Taste im Lenkrad programmieren, denn es ist nach jedem Neustart nötig.

Der zentrale Bildschirm ist quasi ein übergroßes Android-Smartphone.
Die Fahrtenbuch-Funktion wird (uns) Dienstreisende besonders freuen.

Die Google-Navigation integriert Ladestopps automatisch in die Route, erlaubt aber auch die direkte Suche nach Ladesäulen in der Umgebung. Man bekommt Infos zur Ladeleistung und zum Status der einzelnen Ladepunkte. Zumindest theoretisch: Uns hat der Volvo EX30 zu einer 350-kW-Säule navigiert, die außer Betrieb war. Dank der großen Batterie hatten wir zum Glück noch mehr als genug Reichweite im „Tank“.

Volvo EX 30 Fahrassistenten: Erfüllt der schwedische Sicherheits-Pionier sein Versprechen?

Die Fahr-Assistenzsysteme geben einigen Anlass zur Kritik: Zwar hatte unser Testwagen alles an Bord, was Rang und Namen hat. Die Bedienung über die als große, glatte Schaltflächen ausgeführten Lenkradtasten gelingt nicht immer zuverlässig. Sie lassen sich physisch drücken, sie geben aber kein Feedback, und blind bedienen lassen sie sich schon mal gar nicht. Ach ja, fast vergessen: Was hat Klavierlack an einem Multifunktionslenkrad zu suchen? Wenn es irgendwo ganz sicher Fingerabdrücke gibt. Auch die Bedienlogik gibt Rätsel auf. Nicht nur, dass der Tempomat die Einstellungen der Geschwindigkeit nicht immer sofort annimmt, er verändert das Tempo mit jedem Einzelklick um 5 km/h. Erst längeres Drücken erlaubt die Veränderung in Einzelschritten … sehr ungewöhnliche Logik. Der Tempomat soll in der Theorie auch die erkannten Temposchilder berücksichtigen. Das hat bei unserer Testfahrt nicht geklappt, auch die Verkehrszeichenerkennung funktionierte nicht immer zuverlässig. Dafür arbeitet der Tempomat sehr sensibel, beschleunigt und bremst angenehm, sehr vertrauenswürdig. Dieses Gefühl stellt sich beim Lenkassistenten leider nicht ein. Zwar bewältigt er sanfte Kurven, sogar in engen Baustellen, einwandfrei, in engen Kehren hört er aber unvermittelt auf zu unterstützen und fährt sogar geradeaus. Mehr als einen unauffälligen Warnton gibt der Volvo EX30 dabei nicht ab. Fahrbahnverengungen und seitliche LKWs bringen den Lenkassistenten zudem leicht aus der Ruhe. Da haben wir gerade von Sicherheits-Pionier Volvo mehr erwartet.

Die Lenkradtasten sind nicht unser Fall.
Die Fahr-Assistenzsysteme geben einigen Anlass zur Kritik.

Was kann die Harman-Kardon-Soundbar im Volvo EX 30?

Die zentrale Soundbar im Armaturenträger ist definitiv ein Hingucker und hat was Neuartiges an sich. Soundbars kennt man sonst ja meist aus dem Heimkinobereich. Und hier wie dort versprechen die Hersteller einen immersiven, räumlichen Klang. Das klappt im Heimkino meist nicht wirklich, im Auto ist es nicht anders. Wer sich ein akustisches Surround-Feuerwerk erwartet, wird sicher enttäuscht. Das geht ohne dedizierte Lautsprecher einfach nicht. Beamforming und Virtual Was-auch-immer hin oder her. Fakt ist: Die Soundbar im Volvo EX30 bringt einen klaren, gut separierten Stereoklang mit einer hörbaren Bühne. Der Subwoofer sorgt für den nötigen Unterbau. Dennoch schlägt das Soundsystem eher die leisen Töne an. Fans von angesagter Jugendmusik werden weniger auf ihre Kosten kommen. Die Sound-Steuerung fällt sehr dürftig aus – man kann die Beschallungs-Balance zwischen Fahrer-Sitz und Beifahrer-Sitz ändern, mehr jedoch nicht. Eltern können ihre Kinder also nicht im Fond beschallen, während sie sich vorne weitgehend ungestört unterhalten. Die Soundbar gibt übrigens auch die System- und Warntöne aus. Die Blinkertöne kommen dabei sogar von links oder rechts, klingen aber sehr synthetisch.

Die Soundbar spart Platz in den Seitentüren, bringt aber kaum Sound nach hinten.

Maße und Raumgefühl im Volvo EX30: Länge, Breite, Ladevolumen, Zuladung und Wendekreis

Beim Einsteigen macht sich sofort ein luftiges Raumgefühl breit. Innen wirkt der Volvo EX30 größer, als man es von außen erwarten würde. Auch die Sitze sind deutlich bequemer, als sie auf den ersten Blick aussehen. Aber Volvo schafft es, das reduzierte Design mit hohem Komfort zu verbinden. Straff gepolstert und angenehm ausgeformt, passen die Sitze auch für größere und beleibtere Personen sehr gut. Hochgewachsene Leute werden sich über die große Kopffreiheit und den weiten Verstellbereich der Sitze freuen. Nicht verstellen lassen sich die Kopfstützen. Dank ihrer kissenartigen Auflage sind sie dennoch sehr komfortabel. Auf der Rückbank geht es schon deutlich enger zu, erst recht, wenn man hinter einem Langbeiner Platz nehmen muss. Hinzu kommt der hohe Fahrzeugboden – ja, irgendwo muss die Batterie hin –, der die Fondpassagiere zu stark angewinkelten Beinen zwingt. Gut: Die Füße passen unter die Vordersitze, und nach oben ist auch hinten viel Platz. Wie vorne sind die Fensterheber auch im Fond mittig an der Mittelarmlehne angebracht. Es lassen sich daher nicht alle Fenster von vorne über die Fensterheber öffnen. Schade, ebenso wie die breite C-Säule, die die Rundumsicht deutlich einschränkt. Das Einparken gelingt nur über die Kameras ohne Gefahr von Bordsteinknutschern.

Der hohe Kofferraum ist aufgrund der steilen Heckklappe gut nutzbar.
Die Kopfstützen sind schick und bequem, allerdings nicht verstellbar.
Top: die beiden großen Cupholder. Nicht so top: Fensterheber in der Mitte.

Im Innenraum machen sich die kompakten Abmessungen von 4,23 m Länge und 1,84 m Breite (ohne Spiegel) also nur auf der Rückbank bemerkbar. Stellt sich die Frage: Wie sieht es mit den Kofferräumen aus? Der 7 l kleine Frunk hat diese Bezeichnung gar nicht erst verdient, zumal er nur über die mechanische Motorhauben-Entriegelung im Fußraum zugänglich und nicht mal groß genug für das (schmutzige) Typ-2-Ladekabel ist. Der hintere Kofferraum macht da schon eine deutlich größere Figur. 318–904 l sind zwar auch nicht rekordverdächtig, aufgrund der steilen Heckklappe und des hohen Dachs lässt sich der Raum aber sehr gut nutzen. Obendrein ist der Ladeboden in der Höhe verstellbar. Und was nicht in den Kofferraum passt, kommt auf die optionale Anhängerkupplung – coole E-MTBs zum Beispiel. Je nach Motorisierung und Antrieb darf der kleine Volvo bis zu 1.700 kg ziehen.

Volvo EX30 – Reichweite, Laden und realer Verbrauch

Volvo bietet seinen Kleinsten mit zwei Akku-Größen und unterschiedlicher Li-Ion-Zellchemie an. Bei der kleineren Batterie handelt es sich um einen LFP-Akku (Lithium-Eisen-Phosphat) mit 51 kWh Brutto-Kapazität, der keine seltenen Erden und Schwermetalle enthält. Die größere Batterie mit nominell 69 kWh basiert auf NMC-Zellen (Nickel-Mangan-Cobalt), die eine höhere Energiedichte als LFP-Zellen aufweisen und eine höhere C-Rate besitzen, also mehr Leistung bei gleicher Kapazität abgeben können, ohne Schaden zu nehmen. Auch auf die Ladegeschwindigkeit nehmen Größe und Zellchemie Einfluss: Die im Volvo EX30 Single-Motor-Modell verbaute Batterie lädt am DC-Schnelllader mit bis zu 134 kW. Der größere Akku lässt sich hingegen mit bis zu 153 kW befeuern. Kein großer Unterschied, aber beides nominell solide Werte. Den Ausschlag geben am Ende sowieso die Ladekurve und – vor allem bei winterlichen Temperaturen – eine effektiv arbeitende Akku-Vorkonditionierung. Dass letztere sich automatisch beim Navigieren zu einer Ladesäule aktiviert, konnten wir schon im Rahmen unserer ersten Testfahrt feststellen. Eine belastbare Aussage zur DC-Ladegeschwindigkeit können wir nach den ersten rund 150 km aber noch nicht treffen. Dafür müssten wir mehrere Ladevorgänge mit verschiedenen Ladeständen absolvieren.

Zum Glück nur fürs Foto: Das Navi leitete uns zielsicher zu einer defekten Ladesäule.
Die Abdeckung der Ladekontakte lässt sich auch eleganter lösen.

Zum realen Verbrauch lässt sich aber durchaus etwas sagen. Unser Testwagen mit Twin Motor und Allradantrieb verspricht eine WLTP-Reichweite von knapp 450 km, was einem Verbrauch von etwa 17 kWh/100 km entspricht. Bei unserer Testfahrt in und ums nasskalte Hamburg stand am Ende ein Durchschnittsverbrauch von gut 20 kWh/100 km auf der Uhr. Dabei ist zu bedenken, dass wir natürlich mehrfach die maximale Leistung abgerufen haben und auch einige längere Stopps mit laufender Heizung dabei hatten. Der Akku sollte also unter realen Bedingungen locker für 350 km gut sein, im Sommer und bei moderater Fahrweise werden auch mehr als 400 km machbar sein – durchaus langstreckentauglich. Und für die City mehr als genug! Die Twin-Motor-Modelle profitieren dabei vor allem im Winter von der verbauten Wärmepumpe. Im urbanen Einsatz tut es aber auch die kleine Batterie. Doppelt schade, dass es die nur mit der Single-Motorisierung gibt.

Um es wenigstens zu erwähnen, da es ein sehr selten anzutreffendes Feature ist: Wer Zugang zu einer 22-kW-AC-Ladesäule oder -Wallbox hat, für den bringt die Ultra-Ausstattung einen 22-kW-Onboard-Lader mit. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal, das die Ladezeit in der Stadt und zuhause einfach mal halbiert. Das ist Premium.

Fahrbericht Volvo EX30 – E-Power souverän auf die Straße gebracht

Bremse treten, Fahrstufe wählen, losfahren – so geht E-Mobilität. Wir saßen schon in Fahrzeugen, wo eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bis nach dem Drücken eines völlig überflüssigen Startknopfs erst das System hochfährt, um einen dann mit einer mindestens genauso überflüssigen Begrüßungsmelodie in Fahrstuhlmanier zu „erfreuen“. So viel Zeit haben wir zuletzt beim Vorglühen eines alten Vorkammer-Diesels vergeudet.

Wir düsen in der Hamburger Rushhour bei bestem Schietwetter los. Hier macht sich der neue Volvo EX30 gleich wieder positiv bemerkbar oder besser gesagt: nicht bemerkbar. Am Anfang ist nur ein leises synthetisches E-Auto-Geräusch zu vernehmen, bei höheren Geschwindigkeiten bleibt das Kompakt-SUV ebenfalls angenehm leise: kaum Windgeräusche, kein Knarzen oder Ächzen, einfach ein angenehm ruhiges Fahren. Lediglich auf Kopfsteinpflaster wird das Abrollgeräusch der 19-Zöller etwas aufdringlicher – keine Überraschung. Das trifft dann schon eher auf die Beschleunigung zu. 315 kW fühlen sich im Volvo EX30 wie 428 PS an 😉 . Das kleine SUV beschleunigt vehement (laut Hersteller: 3,6 s 0–100 km/h) und bringt die Kraft dank Allrad souverän auf die Straße. Wer es übertreibt, wird sogar mit einem sanften Heckschwenk belohnt … und dann früh vom abschaltbaren ESC wieder sicher eingefangen.

Zu dem dynamischen Antritt und der schieren Leistung passt die eher weich abgestimmte Lenkung nicht so ganz, zumal sie selbst in der sportlichsten Stufe noch deutlich auf der komfortablen Seite agiert. Das Fahrwerk schlägt da deutlich sportlichere Töne an, bleibt aber dennoch straff komfortabel. Nur bei kurz aufeinanderfolgenden Bodenwellen mimt der EX30 das Hoppelhäschen. Unterm Strich hinterlässt das Kompakt-SUV einen souveränen Fahreindruck: reichlich Power kombiniert mit ansprechendem Komfort. Schon wieder Premium!

Normalerweise versammeln sich hier laut blubbernde Classic Cars und zelebrieren Autokultur im Charme der 50er-Jahre, heute sind wir lautlos mit einem E-Auto vorgefahren
… Wer Bock auf Zeitreisen hat, der sollte auf jeden Fall mal dort vorbeischauen.

Für wen ist der neue Volvo EX30 2024 das passende E-Auto? Für wen nicht?

Geht es nach Volvo, dann ist der EX30 das perfekte Auto für Fahranfänger mit Premium-Anspruch und für Elektroauto-Aufsteiger. Und klar, diese beiden Zielgruppen gibt es sicher. Oder den XC90-Fahrer, der einen kompakten Zweitwagen sucht. Aber das wird dem kleinsten Schweden-SUV nicht gerecht. Auch urbane Pendler mit überschaubarer täglicher Fahrstrecke bis 40 km sollten trotz Reichweitenangst ohne (!) Laden durch eine ganze Arbeitswoche kommen – zumindest mit der großen Batterie. Und für erfahrene Elektromobilisten, die die Reichweitenangst längst abgelegt haben, macht der Volvo EX30 auch auf Langstrecke eine gute Figur und steht selbst kleinen Familien mit gehobenem Anspruch gut zu Gesicht. Erst recht, dank des gut nutzbaren Kofferraums und der AHK-Vorrüstung. Preislich verlockend klingt natürlich die Einstiegsversion, aber: Mit den kleineren Reifen, der kleineren Batterie und einigen fehlenden Features wie 360° Kamera, Wärmepumpe und dem schicken Glasdach schwindet der Premium-Eindruck dann schon wieder sicht- und spürbar. Wobei die kleine Batterie kein Negativmerkmal sein muss. Ganz im Gegenteil: Wer vorwiegend Strecken bis 100 km fährt, muss den Aufpreis nicht investieren. Vielfahrer, Geschäftsreisende und sehr aktive Familien werden sich aber vermutlich nach einem anderen Fahrzeug umschauen. Mit mehr Reichweite, mehr Ladevolumen, mehr Innenraum. Aber dafür hat Volvo auch was im Portfolio.

Fazit zum Volvo EX30

Maximaler Minimalismus und maximale Power: Das kleinste Auto der Schweden hat Großes vor. Der von uns getestete Volvo EX30 Ultra mit Twin-Motor für über 54.000 € begeistert durch Fahr- und Raumgefühl sowie Design und Verarbeitung. Bei der Basis-Variante für gut 36.000 € Einstiegspreis sind viele Premium-Features nicht an Bord – und das tolle Panorama-Glasdach nicht mal als Option verfügbar. Dennoch kann die Einstiegsversion Spaß und für Pendler Sinn machen. Wer Thors Hammer in der Premium-Version will, muss für den kompakten SUV jedoch tiefer in die Tasche greifen.

Tops

  • reduzierte, elegante Designsprache
  • großzügiges Innenraumgefühl
  • definiertes, aber komfortables Fahrwerk
  • geringes Geräuschniveau
  • dynamische, aber kontrollierbare Kraftentfaltung

Flops

  • Panorama-Glasdach nur in der Top-Ausstattungsvariante erhältlich
  • unzuverlässiger Lenkassistent/Tempomat
  • fummelige Bedienung der Lenkradtasten
  • nur in Basis-Variante wirklich günstig und hier sind Features auch wirklich basic
  • schicke Außenspiegel ohne Regenschutz

Mehr Infos unter volvocars.com

Words: Patrick Gruber Photos: Robin Schmitt