Mit dem Verticale SLR schreibt sich Wilier Leichtbau und schickes Design auf die Fahne. Dabei möchte das Bike klassische Eleganz mit innovativer Technik vereinen und setzt sich ein Ziel: das Bezwingen der härtesten Anstiege. Wir haben das neue Wilier Verticale SLR ausführlich getestet und verraten euch, wie sich das Verticale in seiner Paradedisziplin schlägt und natürlich auch, was der Bergspezialist im Flachland kann.
Das Verticale SLR ist das neueste Climbing-Bike von Wilier und möchte mit seinem auffälligen Hulk-Green-Lack und dem gleichfarbigen Cockpit nicht nur am Berg, sondern auch optisch neue Maßstäbe setzen. Der Name ist Programm: Das Verticale strebt nach Höchstleistungen und ist laut Wilier auch dementsprechend optimiert. Unter dem Motto „Lighter than Light“ soll das Verticale im Vergleich zum 0 SLR etwa 10 % an Gewicht verloren haben, eine verbesserte Ergonomie des Rahmens aufweisen und ist obendrein noch teurer geworden. Ein integriertes Rücklicht soll das Gesamtpaket abrunden.
Das Wilier Verticale SLR im Detail
Vorab eine Anmerkung für Liebhaber italienischer Handwerkskunst: Abgesehen von der Schaltgruppe, welche sich theoretisch auch beim Kauf direkt durch eine Campagnolo Super Record ersetzen lässt, setzt das Wilier Verticale auf ausschließlich italienische Komponenten.
Neu ist am Verticale vor allem der Rahmen. Neue Technologien und Materialien sollen für eine verbesserte Steifigkeit bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung von knapp 10 % im Vergleich zum 0 SLR sorgen. Das ACTIVE-MOULDING-System von Wilier verwendet geschäumte Polymer-Negativformen, die den Carbon-Rahmen widerstandsfähiger machen und für eine gleichmäßigere Verteilung und Ausrichtung der Fasern sorgen sollen. Dadurch konnte das Gewicht weiter reduziert werden. Neu ist zudem der Carbon-Mix von Toray, dem Marktführer im Bereich der Kohlenstofffasern aus Japan. Durch die Verwendung dreier unterschiedlicher Fasern und deren bestimmte Anordnung sollen die Zugfestigkeit, Elastizität und Torsionssteifigkeit verbessert worden sein.
Dass das Einsatzgebiet des Verticale absolut klar ist, sollte bis hierhin deutlich geworden sein. Doch wer sich nicht wie Marco Pantani mit einer Übersetzung von 39–23 durch die Alpen kämpfen möchte, hat eine neue Umwerferbefestigung am Verticale. Diese ermöglicht nun ab Werk zwei Konfigurationen und somit sind kleine, große sowie Profi-Kettenblätter mit bis zu 55 Zähnen auch kein Problem mehr. Außerdem soll am Verticale jetzt die Sattelstützklemme optimiert worden sein, welche im Vergleich zum 0 SLR nun diagonal von unten fixiert wird.
Pünktlich zum Tourstart stellt Wilier mit dem Verticale zudem nicht nur das neue Bike von Teams wie Astana und Groupama FDJ vor, sondern auch die neue Lackierung der Bikes von Astana Qazaqstan namens Hulk-Green! Aber ob die Farbe allein ausreicht, um Mark Cavendish über die Bergetappen zu bringen?
The Italian dream? Die Ausstattung des Wilier Verticale SLR
Wilier Verticale SLR
12.200 €
Ausstattung
Gabel Wilier
Sattelstütze Wilier
Bremsen Shimano DURA-ACE Di2 R9270 160/140 mm
Schaltung Shimano DURA-ACE Di2 R9200 2x12
Vorbau Wilier
Lenker Wilier
Laufräder Miche Kleos RD 36
Reifen Vittoria Corsa Pro (Tubeless) 700 x 28C
Technische Daten
Größe XS S M L XL XXL
Gewicht 6,82 kg
Das Verticale wurde von uns vor Ort in Größe L gewogen und hat 6,82 kg auf die Waage gebracht. Damit ist es das bisher leichteste Wilier. Und durch das fast 10 % leichtere Rahmenkit (im Vergleich zum 0 SLR) erreicht es knapp die UCI-Gewichtsregularien von 6,8 kg. Das neue Cockpit soll jetzt mit 310 g etwa 50 g weniger als zuvor wiegen und dank der neuen, vollständig im Lenker integrierten Computerhalterung auch optisch überzeugen. Der momentane Trend zum Flare wird vom neuen Verticale ebenfalls bedient und so weisen die Drops einen Unterschied zum Oberlenker von etwa 30 mm auf.
In unserem Office haben wir die 12.200 € teure Version des Verticale SLR unter die Lupe genommen, die mit einer Shimano DURA-ACE-Schaltgruppe und den 1.410 g schweren Miche Kleos RD 36, Wiliers hauseigene Laufräder, ausgestattet ist. Die teuerste Version des Verticale mit Campagnolo Super Record kostet 13.400 €. Standardmäßig kommt das Verticale mit der Tubeless-Variante der Vittoria Corsa Pro-Reifen mit cremefarbener Seitenwand. Auch beim Sattel setzt Wilier auf einen italienischen Hersteller und montiert mit Prologo einen Sattel, auf den viele erfolgreiche Profi-Teams setzen.
Die Geometrie des Wilier Verticale SLR
Das Verticale SLR kommt mit einer neuen Geometrie im Vergleich zum bisherigen 0 SLR. Obwohl der Stack fast unverändert geblieben ist, soll das neue Wilier in Sachen Reach insbesondere zu Gunsten der Kletterfähigkeit und Sportlichkeit optimiert worden sein. So wurde der Reach für kleinere und größere Rahmenhöhen entsprechend angepasst. Viel Wert legt Wilier zudem auf ihren eigenen Messstandard, den sogenannten ACCU-FIT. Dieser beschreibt den Abstand zwischen Tretlager und Handauflage am Lenker.
Unter anderem aufgrund der erhöhten Komplexität moderner Rahmengeometrien, die wiederum von dem Monocoque-Lenker hervorgerufen wird, ist es schwieriger geworden, Rennradgeometrien entsprechend der Rennfahrer zu optimieren. Wilier verspricht durch ACCU-FIT eine Anpassbarkeit des Bike-Fittings auf alle Bedürfnisse der Rennfahrer.
Größe | XS | S | M | L | XL | XXL |
---|---|---|---|---|---|---|
Oberrohr | 509 mm | 527 mm | 543 mm | 559 mm | 576 mm | 589 mm |
Sattelrohr | 450 mm | 480 mm | 500 mm | 520 mm | 540 mm | 560 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 121 mm | 138 mm | 155 mm | 172 mm | 189 mm |
Lenkwinkel | 70,6° | 71,5° | 72° | 72,5° | 73° | 73,5° |
Sitzwinkel | 75,2° | 74,5° | 74° | 73,5° | 73° | 73° |
Kettenstrebe | 405 mm | 407 mm | 407 mm | 410 mm | 412 mm | 412 mm |
Radstand | 974 mm | 981 mm | 990 mm | 999 mm | 1009 mm | 1.017 mm |
Reach | 373,5 mm | 380 mm | 386,5 mm | 393 mm | 400 mm | 408 mm |
Stack | 505 mm | 523 mm | 541 mm | 559 mm | 577 mm | 595 mm |
Das Wilier Verticale SLR im ersten Test
Auch wenn der Freilaufsound der Miche-Laufräder keineswegs dazu führt, dass das Bike durch seinen Nabensound auffällt, so tut es doch die neue Lackierung! Wilier nennt es Hulk-Green. Passend zum Namen haut einen die extrem knallige Lackierung beim ersten Auspacken erstmal um und gleichfarbige Cockpit tritt nochmal nach. Mit der Zeit haben uns der sehr hochwertige, schimmernde Lack und das passend lackierte Cockpit jedoch immer besser gefallen. Das Verticale SLR ist in jedem Fall ein Bike, das Performance ausstrahlt und interessierte Blicke sowie Bike-Talk an der Eisdiele anzieht. Was uns leider auch nach mehreren Wochen absolut nicht gefällt: Die Vittoria Corsa Pro Reifen mit ihren superhellen Tan Walls ringen einfach zu sehr nach Aufmerksamkeit und harmonieren nicht mit dem ohnehin schon auffälligen Lack.
Tuning-Tipp: Schwarze Reifen oder sehr dunkle Tan Walls.
Ansonsten fällt das Wilier Verticale SLR durch ein beeindruckendes Gewicht und eine saubere, wenn auch für den Preis erwartbare Verarbeitung auf. Bereits beim ersten Anheben macht es klar, worauf sein Fokus liegt und zaubert nicht nur Weight Weenies direkt ein Grinsen ins Gesicht. Das mit 1663 g sehr leichte Rahmenset wirkt trotz seiner Leichtigkeit nicht zerbrechlich. Die sehr hohe Verarbeitungsqualität und der hochwertige Lack tragen genauso zum soliden Eindruck bei wie die nicht vorhandenen Knackgeräusche und die gut gelungene Verwindungssteifigkeit.
Sobald man im Sattel sitzt, werden diese Vorzüge noch deutlicher. Der Rahmen gibt an den richtigen Stellen nach, um für Komfort zu sorgen, ist sonst aber steif genug, um einen immensen Vorwärtsdrang zu erzeugen. Egal ob am Berg, aus dem Stand oder aus der Kurve, das Verticale SLR beschleunigt leichtfüßig und versprüht mit seinem agilen Charakter Kletterfreude. Die verbauten Miche Kleos RD 36 performen zwar durchweg solide, gehen durch das etwas höhere Gewicht allerdings nicht so senkrecht die Wand hoch wie der Rest des Bikes.
Sobald es steil wird, zeigt das Verticale SLR, woher es seinen Namen hat. Die zentrale Sitzposition, die direkte Kraftübertragung und das agile Handling machen Alpenpässe und KOM Hunts zur Komfortzone des Verticale SLR. Hier spielt es alle seine Stärken aus und peitscht zu persönlichen Bestzeiten an.
Gipfel erreicht? KOM geholt? Abfahrt! Wo andere Climbing-Bikes auf schnellen Abfahrten nur schwer zu handeln sind, gibt sich das Verticale SLR kontrolliert und präzise. Wendig genug, um auch enge Kurven nehmen zu können und so laufruhig, dass man selbstbewusst den Finger von der Bremse lässt. Hierbei hilft der Flare der Drops, die für eine bessere Kontrolle sorgen.
Mit einem reach to stack Verhältnis von 1,42 ist die Geometrie des Verticale SLR sportlich, aber nicht extrem. Auf schnellen Ebenen und Rolling Hills ist das Bike kein Effizienzwunder, schlägt sich aber für einen Kletterspezialisten erstaunlich gut. Das ausgeglichene Handling und der für ein kompromissloses Race-Bike überraschend hohe Komfort spielen ihm hier in die Karten. Für alle, deren Fokus nicht auf Highspeed im Flachland liegt, ergibt sich so ein hochperformanter Allrounder.
Für wen ist das Wilier Verticale SLR?
Alpe d’Huez, Mont Ventoux und der Col du Galibier stehen auf deiner Bucket List? Dann ist das Verticale SLR das richtige Bike für dich. Aber auch abseits epischer Anstiege überzeugt das Wilier mit Laufruhe, einem starken Vorwärtsdrang und einem guten Maß an Komfort – für ein Race Bike. Denn das sollte klar sein: Das Verticale SLR ist nichts für gemütliche Bummeltouren, sondern ein waschechter Italo-Racer mit Ambitionen auf die Bergwertung. Wer mehr Wert auf Komfort legt, findet mit dem Wilier GranTurismo SLR das richtige Bike im Wilier-Line-Up.
Das FAZIT zum neuen Wilier Verticale SLR
Mit dem Verticale SLR kombiniert Wilier hochwertige Handwerkskunst mit innovativen Features und richtet sich dabei nicht nur an Kletterspezialisten. Durch das ausgewogene Handling, den leichtfüßigen Antritt und den guten Komfort spricht das Verticale SLR alle an, die ein leichtes, performantes Race Bike suchen, das absolut kein Problem mit Höhenmetern hat. Das hochwertige Finish, die Premium-Ausstattung und der kompromisslos auffällige Lack beeindrucken und entsprechen den hohen Erwartungen, die man bei einem Preis von über 12.000 € haben darf.
Tops
- hervorragende Klettereigenschaften
- ausgewogenes Handling
- integrierte Halterung an der Sattelstütze für Rücklicht oder Startnummer
- leichtes und optisch passendes Cockpit
- für Liebhaber & Localism: Aufbau mit rein italienischen Komponenten möglich
Flops
- Helle Tanwall-Reifen stören den Look
Mehr Infos findet ihr auf wilier.com.
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Text: Jan Fock, Jan Richter Fotos: Antonia Feder, Mike Hunger