Zwei Typen, zwei Gravelbikes, eine Mission: Mit 100 Euro von Görlitz nach Usedom. Ob die Rechnung aufgeht?

„Hast du Bock auf einen Road-Trip an die Ostsee? Ich habe zwei neue Gravelbikes und die könnte man dann mal schön einfahren. Und lass’ uns das Ganze noch toppen: Der Plan ist, mit einem Gesamtbudget von nur 100 Euro zu zweit ans Ziel zu kommen – was meinste?“ Als mich Anatol, Marketing Manager von ROSE Bikes, anruft, bin ich noch unschlüssig. Meine Workaholic-Gehirnhälfte warnt: Im Büro ist Hochsaison, ein solcher Trip würde etliche Office-Überstunden vor und nach dem Trip bedeuten. Und warum sollte ich mich in meiner knappen Freizeit in Entbehrungen und Verzicht üben?
Aber schon poppt sie auf, meine bessere Gehirnhälfte: Wann sonst würde ich einen solchen Trip unternehmen? Ich male mir die Begegnungen on the road, die Gaudi und natürlich die Herausforderungen des Budgetlimits aus:

Sternehotel unter freiem Himmel? Oder einfach mal an fremden Haustüren klingeln und nach einem Gästebett fragen? Beim Essen feilschen, Kirschen klauen, in Seen ein Bad nehmen. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt. Sex, Unterkunft und Frühstück – wir sind uns einig, dass ein Tinderdate on the road wie ein Sechser im Lotto wäre.

Schnell ist klar: Das muss gemacht werden. Abenteuer darf man nicht warten lassen – ich bin dabei!

Unser Motto: Minimale Vorbereitung, dafür aber die richtige Einstellung. Schließlich ist nicht das Ziel das Ziel, sondern der Weg.

Die Vorbereitungen reduzieren wir auf ein Minimum: ein Bike-Outfit, ein T-Shirt, eine Boxershorts, Sonnencreme, Mikrofaserhandtuch, Schlafsack und Isomatte. Energieriegel für die Tour? Nein, die bleiben zu Hause! Einen Plan, wie viel Geld wir pro Tag ausgeben und welche genaue Route wir fahren sollten, machen wir natürlich auch nicht. Ein Abenteuer kann man nicht planen, man muss es auf sich zukommen lassen.

Tag 1 – die Fahrt ins Ungewisse

Einen Mehrtages-Trip hatte bislang keiner von uns unternommen. Entsprechend dilettantisch beladen wir uns und unsere Bikes und begeben uns in Görlitz auf den Oder-Neiße-Radweg. Wir verlassen die östlichste Stadt Deutschlands und rollen auf der fein asphaltierten Radfahrer-Autobahn entlang der deutsch-polnischen Grenze. Anfangs sind wir noch erstaunt über die perfekten, aber etwas abweisenden Fassaden der deutschen Häuser, umzäunt und mit Hunde-Warnschildern versehen. Szenenwechsel: Als wir zum ersten Mal auf die „andere Seite“ rollen, erfahren wir das komplette Gegenteil. Asphalt verwandelt sich in Schotter, der Putz beginnt zu bröckeln. Distanziertheit und das Ressentiment in Deutschland weicht Gelassenheit und Offenheit in Polen. Herzlichst werden wir von Paula, der Tochter einer Mini-Supermarktbesitzerin, empfangen, die uns in Polnisch für Anfänger unterrichtet und auf eine Coke und Chips einlädt. Sie erzählt von ihrer Zeit in Deutschland als Hotelfachfrau, von ihrer Mutter, die sie gerade voller Tatendrang unterstützt, und gibt Routen-Tipps. Menschen kennenlernen? Check!


Mein Adventuremobil ist das ROSE BACKROAD FORCE 1×11 – die Allroad-Waffe der Bocholter. Während ich mit dem Force 1×11-Antrieb aus dem Hause SRAM unterwegs war, pedalierte Anatol mit den 22 Gängen der Shimano Ultegra R8000. Durch den ROSE-Konfigurator kann das Bike an die eigenen Wünsche und Vorstellungen angepasst werden.
Das ROSE BACKROAD ist ein sehr präzises und berechenbares Bike, das mit seinem eher harten Setup vor allem auf glatten Untergründen seine Stärken zeigt. Mit seinem ehrlichen und vorhersehbaren Handling erleichtert es die Navigation auch auf rauem Untergrund – das direkte Fahrverhalten dann geht jedoch zulasten des Komforts, sobald es richtig ruppig wird. Das ROSE kommt mit Feldwegen und Schotter-Etappen gut zurecht, allerdings ist dort deutlich mehr Feingefühl erforderlich. Das BACKROAD Basismodell startet bei 2.249 €. Wem ein Kettenblatt lieber ist, der kann auf die 2.549 € teure Konfiguration mit SRAM Force 1×11 zurückgreifen. Die ultra präzise und zuverlässige Shimano Ultegra Di2 gibt es am BACKROAD schon ab 3.199 €.


Der Kontrast zwischen beiden Ländern begleitet uns noch den ganzen Tag. Das gleiche gilt für die Straßenverhältnisse: Perfekt planierter Asphalt wechselt sich mit Paris-Roubaix-Feeling auf den unbarmherzigen Kopfsteinpflasterstraßen ab, Gravelstrecken mit Tragepassagen. Um das Budget zu schonen, überreden wir bei unserem Lunch-Stopp die Kellnerin uns das das günstige, aber vielversprechende Frühstücksangebot am frühen Nachmittag zu servieren. Wir sind vorsichtig, wollen nicht am ersten Tag das Geld bereits verprassen. Die Realität fällt dann leider ernüchternd aus – zwei Eier und Minibrötchen. Der Nachtisch, der unsere Mägen füllen würde, fällt leider aus. Dafür zeigt sich Mutter Natur gütig und beschenkt uns mit einem reich bewachsenen Heidelbeerstrauch im Wald – Fuchsbandwurm? Wird schon schief gehen.

Nach rund 130 km und einem wenig eleganten Tankstellen-Dinner-Stopp in Polen kommen wir in der Grenzstadt Gubin an. Am Deulowitzer See finden wir ein ruhiges Plätzchen für Isomatte und Schlafsack vis-à-vis mit den Sternen. Aktueller Score: Noch 87,63 € in der Tasche. Gute Nacht!

Inhaltsübersicht
  1. Tag 1
  2. Tag 2 und Tag 3