Ausgabe #019 Ausgabe #019 Test

WHOOP 4.0-Fitness- und Gesundheitstracker im Dauertest

Beim Training nichts dem Zufall überlassen – das soll mit dem WHOOP 4.0 gelingen. Dazu misst das Gerät rund um die Uhr Erholungs- und Belastungsphasen und errechnet einen Wert, der angibt, wie viel Belastung an einem Tag optimal oder wann Erholung angesagt ist, um ein Übertraining zu vermeiden. Wie das funktioniert, haben wir getestet.

WHOOP 4.0 | 27 g | 18 €/Monat bei 18 Monaten Laufzeit | whoop.com

Die Mission von WHOOP ist es, das körperliche Potential freizusetzen, das in jedem von uns schlummert. Doch um das zu tun, muss man wissen, was im eigenen Körper vorgeht und in welchem Zustand er ist. Laut WHOOP wissen die meisten von uns darüber aber beachtlich wenig – was überraschend ist, wenn man bedenkt, dass wir Dinge, die außerhalb unseres Körpers passieren, problemlos analysieren und sogar vorhersagen können. Zum Beispiel das Wetter. Das will WHOOP im Zusammenspiel aus seiner Hardware und seiner Software ändern. Die Hardware besteht beim WHOOP 4.0-Tracker aus einem Sensorträger, der die Hauttemperatur, den Blutsauerstoffgehalt und die Herzfrequenz messen kann. Er wird entweder mit einem Strap am Arm oder Handgelenk oder mit der Any-Wear-Technologie in Kleidungsstücken direkt am Körper getragen. Die Software besteht aus verschiedenen Algorithmen, die aus den gesammelten Werten die Daten aufbereiten, die dann verständlich in der WHOOP-App dargestellt werden. Der Sensor selbst ist in der monatlichen Nutzungsgebühr für die App enthalten und liegt zwischen 18 und 30 € – je nach Laufzeitmodell. Zusätzliche Halterungen für den Sensor oder Teile aus der Any-Wear-Kollektion müssen extra dazugekauft werden.

Die Daten des WHOOP 4.0 – Und was sie bedeuten

Mit seinen Sensoren misst WHOOP 4.0 die Hauttemperatur, den Blutsauerstoff und die Herzfrequenz. Aus den einzelnen Herzschlägen wird außerdem die Herzfrequenzvariabilität (HRV) berechnet. Was bedeutet dieser Wert? Wenn der Puls über eine Minute durchschnittlich bei 60 bpm lag, dann bedeutet das nicht, dass das Herz immer genau nach einer Sekunde geschlagen hat. Vielmehr gibt es Abweichungen, mal waren es etwas mehr als eine Sekunde und mal etwas weniger. Diese Abweichungen nach oben und unten sind die Variabilität in der Herzfrequenz und zeichnen ein Bild davon, wie erholt man ist. Bei niedriger Herzfrequenzvariabilität, wenn die Zeit zwischen den Herzschlägen also tendenziell immer sehr ähnlich ist, ist man weniger erholt als bei hoher Frequenz, da das Herz dann nicht so gut in der Lage ist, schnell auf sich verändernde Einwirkungen zu reagieren – zum Beispiel höhere oder niedrigere Anstrengung. Wer also nur auf den Ruhepuls schaut, um zu wissen, wie erholt der Körper ist, der kennt nur die halbe Wahrheit. Aus den Messungen seiner Sensoren berechnet WHOOP 4.0 seine drei wichtigsten Kenngrößen: Schlaf, Erholung und Belastung. Der Schlaf-Coach kann dabei ermitteln, wie lange man schlafen sollte, um den nächsten Tag nur zu überstehen bzw. gute oder gar Spitzenleistung abzurufen und der Strap ums Handgelenk kann einen sogar wecken, wenn man genügend Schlaf gehabt hat. Außerdem gibt die App Auskunft über Schlafphasen und -performance – also darüber, wie gut die Zeit im Bett genutzt wurde. Über die Zeit ergeben sich daraus Schlaftrends, wobei ein guter Schlaf zur Erholung beiträgt. Deswegen benutzt WHOOP die Schlafzeit ebenso, um die Erholung zu berechnen wie die Herzfrequenzvariabilität, den Ruhepuls und die Atemfrequenz. Die Erholung wird dann in drei Bereiche eingeteilt: Grün – der Körper ist bereit für einen anstrengenden Tag, Gelb – der Körper ist bereit für mäßige Anstrengung und Rot – der Körper braucht Ruhe. Das hat einen direkten Einfluss auf die Belastung: Je besser erholt, desto mehr Leistung ist der Körper logischerweise im Stande zu erbringen. Je höher die Belastung an einem Tag, desto höher der WHOOP-Belastungsindex. Und die App gibt basierend auf der Erholung eine Vorgabe, wie stark man sich belasten sollte. Durch das Zusammenspiel dieser drei Kenngrößen soll es möglich sein, das maximale Potential der körperlichen Leistungsfähigkeit auszuschöpfen, indem man dem Körper Erholung gönnt, wenn er sie braucht und die anstrengendsten Einheiten absolviert, wenn der Körper bereit dafür ist.

24/7
Das Akkupack wird mittels USB-C geladen und dann auf den Strap gesteckt, während er am Handgelenk bleibt. Dadurch bekommt der 4.0 Strom für bis zu 5 Tage und alle wichtigen Daten werden ununterbrochen auch während dem Ladevorgang gemessen.

WHOOP 4.0 im täglichen Training

So viel zur Theorie. Doch wie funktioniert all das in der Praxis? Wir haben WHOOP sechs Monate lang getestet. Angefangen mit dem 3.0 und zuletzt mit dem 4.0. Die Algorithmen hinter der App brauchen einige Tage, um sich auf den jeweiligen Träger des Sensors zu kalibrieren. Danach stehen alle Auswertungen bereit. Der Strap selbst ist mit 27 g ziemlich leicht und fällt korrekt eingestellt am Handgelenk kaum auf. Da man ihn hier im Normalfall niemals abnimmt, gewöhnt man sich außerdem schnell daran. Die Akkulaufzeit schafft die versprochenen fünf Tage und mit dem Akkupack, das beim 4.0 wie der Sensor selbst endlich wasserdicht ist und einfach auf den Sensor aufgeklipst wird, bekommt der Sensor innerhalb von ca. 30 Minuten Energie für die nächsten fünf Tage. Mit einem kräftigen Doppeltipp auf den Sensor wird der Ladezustand mit einer farbigen LED angezeigt. Es erfordert allerdings etwas Übung und die richtige Stärke beim Tippen, um dem Sensor seinen Ladezustand zu entlocken – manchmal will er einfach nicht so recht. Der Wechsel zwischen verschiedenen Straps oder das Befestigen des Sensors an einem Any-Wear-Kleidungsstück funktioniert schnell und kinderleicht. Dabei ist aber darauf zu achten, dass der Sensor eng am Körper sitzt, um optimale Aufzeichnungen zu gewährleisten. Die Pulsmessung am Handgelenk ist wie bei anderen Pulsuhren nicht immer ganz akkurat, besonders bei widrigen Wetterbedingungen mit viel Nässe oder bei Vibrationen, wie sie beim Radfahren auftreten können. Der 4.0 scheint hier aber Fortschritte im Vergleich zum Vorgänger gemacht zu haben. Für hartes Training empfehlen wir deshalb den Sensor am Körper und nicht am Handgelenk zu tragen. Obwohl der Puls am Handgelenk nicht immer ganz akkurat gemessen wird – die täglich ermittelte Belastung stimmte meist mit dem eigenen Körpergefühl unserer erfahrenen Tester überein. Hier dürften vor allem Neulinge auf dem Gebiet des Sports einen Nutzen haben, die noch nicht über ein ausgeprägtes Körpergefühl verfügen und sich schwer tun, Belastungen richtig einzuschätzen. Für erfahrene Sportler wird die Belastung dann eher in der Trainingssteuerung zusammen mit der Erholung interessant. Und in der Erholung verbirgt sich auch die ein oder andere Überraschung: Wenn man sich nur auf den Ruhepuls verlässt, um die Erholung zu messen und die Herzfrequenzvariabilität außer Acht lässt, läuft man Gefahr, zu hart zu trainieren. Hier ergaben sich teils erhebliche Unterschiede, bei denen WHOOP zur Erholung riet, während ein Fitnesstracker eines anderen US-amerikanischen Herstellers, der sich nur auf den Ruhepuls stützt, volle Erholung bescheinigte. Schade ist, dass der Strap über keinerlei Anzeige verfügt und man für die Uhrzeit oder um den Puls live zu sehen, auf andere Geräte zurückgreifen muss.

Was darf’s denn heute sein?
Durch den einfachen Austausch der Bänder kann WHOOP 4.0 kinderleicht an den eigenen Geschmack oder an das Outfit des Tages angepasst werden. #mixandmatch
Klein, aber fein
Im Vergleich zum WHOOP 3.0 (rechts) ist der 4.0 deutlich geschrumpft – und bietet trotzdem Platz für mehr Sensoren und längere Akkulaufzeit.

Für wen eignet sich WHOOP 4.0

Letztlich ist es mit Daten immer dasselbe: Sie wollen richtig interpretiert und verstanden werden. Durch eine bestimmte Darstellung von Daten ergibt sich immer eine gewisse Art der Interpretation. Daher sind wir der Meinung, dass vor allem Sportlerinnen und Sportler von den tiefen Einblicken, die WHOOP in den eigenen Körper erlaubt, profitieren, die einem strukturierten Trainingsplan folgen und bereits Erfahrungen im Umgang mit solchen Daten gesammelt haben. Und die darauf angewiesen sind, aus jedem Tag ein bestimmtes Maximum an Trainingseffekt oder Erholung rauszuholen. Hierbei kann der WHOOP 4.0 ein wertvolles Tool zur Selbstoptimierung sein, aber auch einem professionellen Trainer viele wichtige Infos zur Trainingssteuerung bieten. Doch auch Menschen, die vor allem ihren Schlaf tracken und eine Aussicht auf eventuell bevorstehende Krankheiten haben wollen, können von dem Fitness- und Gesundheitstracker profitieren. Für sie ist allerdings die tägliche vorgeschlagene Belastung weniger relevant und man sollte alle Angaben mit gesunder Distanz auch einmal hinterfragen. Dabei müssen wir anmerken, dass die wenigsten von uns Profisportler sind, die den ganzen Tag Zeit für Training haben und dann für optimale Erholung neun Stunden schlafen können. Unsereins gibt bei der Arbeit Vollgas, um die Karriere anzuschieben und versucht in der Freizeit ein paar Stunden Sport mit der Kindererziehung und dem Sozialleben zu vereinen. Da hilft es dann relativ wenig, wenn WHOOP einem sagt, dass man neun Stunden Schlaf braucht und man weiß, dass man nach spätestens sieben schon wieder raus muss. Aber wenigstens ist es dann eine konstante Erinnerung, dass man sein körperliches und seelisches Gleichgewicht im Auge behalten sollte.

Gut erholt
Aus verschiedenen Werten, wie der Herzfrequenzvariabilität und dem Ruhepuls, wird die Erholung prozentual zum maximal erholten Zustand berechnet und der Durchschnitt über die letzten sieben Tage angezeigt.
Du solltest mehr schlafen!
Der Schlaf-Coach sagt einem, wie lange man schlafen sollte, um am Folgetag die richtige Performance zu bringen. Außerdem analysiert er, wie viel man vom benötigten Schlaf tatsächlich bekommen hat und wie sich das über die Tage kumuliert.
Wie hart ist der Tag?
WHOOP 4.0 errechnet aus den Daten seiner Sensoren, wie groß die Anstrengung an einem Tag war – die Skala geht bis 21 und ab 14 ist es anstrengend. Außerdem wird der Durchschnitt über sieben Tage und die Auswirkung auf Durchschnittspuls und verbrauchte Kalorien angezeigt.

Unser Fazit zum WHOOP 4.0

Der WHOOP 4.0 Fitness- und Gesundheitstracker gibt vor allem ambitionierten Sportlerinnen und Sportlern wertvolle Einsichten in den eigenen Körper, um Training sowie Erholung zu optimieren und das volle Leistungspotential zu entfalten. Dabei sitzt er im Strap sicher und unauffällig am Handgelenk oder versteckt sich in der hochwertig anmutenden Any-Wear-Kollektion. Wer keinem strukturierten Trainingsplan folgt und Sport in erster Linie aus Spaß betreibt, kann sich aber die WHOOP-Selbstoptimierung getrost sparen.

Tops

  • liefert wertvolle Einblicke in den eigenen Körper
  • sehr leicht
  • kann optisch angepasst werden
  • muss zum Laden nicht abgenommen werden

Flops

  • Pulsmessung am Handgelenk teils nicht akkurat
  • ersetzt keine Uhr

Tester: Tobi
Testdauer: 6 Monate
Preis: 18 €/Monat bei 18 Monaten Laufzeit
Gewicht: 27 g
Einsatzbereich: Sport/Alltag


Mehr Informationen zum WHOOP 4.0-Fitness- und Gesundheitstracker unter whoop.com.


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Text: Tobias Hörsch Fotos: Benjamin Topf