Silviu Slavu AKA Top Shotta AKA @topshottanuhmiss ist ein modernes Münchner Original, DJ, Stilikone und natürlich Bike-Enthusiast. Hood-respected und Sound-System-approved lebt Silviu für den richtigen Beat und die besondere Zeit auf dem großen Blatt. Wir wollten von ihm wissen, wie es klappt, sein eigenes Ding zu machen.

Top Shotta’s DJ set auf SWU.FM

Freitagabend in München. Es ist 18.30 Uhr, wolkig und nieselt. Hier treffen wir Silviu aka Shotta auf einen After-Work-Ride. Passend zu seinem Di Luca-Race-Bike hatten wir ihn in feinster Castelli-Garderobe erwartet, doch er holt uns im Biehler-Kit und mit frisch gepflegtem Oberlippenbart am Hauptbahnhof ab.

GRAN FONDO
Wahrscheinlich werden dich nur die wenigsten unserer Leser kennen. Wie sollen wir dich am besten vorstellen? Wo kommst du her? Was treibt dich an? Was ist deine Mission?

Top Shotta
Wohl wahr! Ich bin ein Mann von Kunst und Kultur, aber auch bekannt für meine Jenussfahrten mit der 0,375-ml-Flasche Champagner in der Trikottasche sowie „Schwer & falsch“-Ausfahrten mit meinem illegalen Radsportclub Schranz 04 Racing. Ursprünglich komme ich aus Rumänien, aber ich lebe seit einer Ewigkeit in München. Schwer zu sagen, was mich antreibt. Beim Radfahren ist es sicherlich der Gedanke, dass man immer etwas verbessern kann – sei es am Material oder an der Fahrweise – und dass man seine Grenzen ausloten oder überschreiten kann. Und natürlich will ich einfach den Steez reinbringen, der im Radsport jahrelang gefehlt hat. In der Musik ist es eher so, dass ich dem Publikum etwas geben will, das einen kulturellen Mehrwert hat. Denn leider ist diese Stadt so konditioniert, dass man sich nach einer langen 9-to-5-Woche einfach nur die Sinne betäuben möchte, egal was im Club aus den Boxen rauskommt. Die Mission ist es also, die musikalische Vielfalt hier aufrechtzuerhalten und der Welt zu zeigen, dass München mehr zu bieten hat als Oktoberfest, Disco und Bussi-Bussi.

GRAN FONDO
Radsport und dein Job als DJ sind also offensichtlich große Bestandteile deiner Person. Wie bist du zur Musik gekommen und was sind deine größten Einflüsse?

Top Shotta
Ich hatte schon immer großes Interesse an Musik und war meistens abseits des Mainstreams unterwegs. Eigentlich wollte ich nur Schallplatten sammeln, aber ein Homie von mir meinte, ich sollte doch mal auflegen, und das hat sich so weiterentwickelt, dass ich letzten Endes DJ/Producer wurde und nun ein Label namens Ruffhouse betreibe. Die Einflüsse stammen eigentlich aus Subkulturen aus aller Welt, aber hauptsächlich aus dem UK, wo basslastige Musik eine große Tradition hat. Beeinflusst haben mich vor allem Genres wie UK Funky, Dubstep, Grime, Footwork und UK Garage.

GRAN FONDO
Wie fing das mit deinem Musik-Label Ruffhouse Industries eigentlich an?

Top Shotta
Ruffhouse startete als Partyreihe, die in München ins Leben gerufen wurde, und entwickelte sich schnell während der SoundCloud-Ära zu einem internationalen Label bzw. einer Crew von Künstlern, die überall auf der Welt zwischen Helsinki und Seoul verteilt sind. Über die Jahre hat es sich auch in der Szene etabliert und dank unserem Art Director Julian Pfeiffer haben wir es sogar geschafft, Radbekleidung nach unserer Vorstellung zu designen und den Style aus den Clubs auf die Straße zu bringen.

Ruffhouse Industries’ Playlist

GRAN FONDO
Wie auch deine Musik ist ja auch deine Art und Weise Rad zu fahren alles andere als Mainstream. Zwischen Silberketten, italienischen Bikes und flashigen Oakley-Brillen ist dein Style definitiv einzigartig. Du machst dein Ding. Wenn du dieses Ding beschreiben solltest, wie und was wäre das? Was ist Radsport für dich?

Top Shotta
Schwer zu beschreiben. Ich würde sagen: Ich bringe die Straße in den Straßensport. Das hat mir all die Jahre gefehlt, seitdem ich das Radfahren für mich entdeckt habe – der Style in der Szene war für mich sehr fragwürdig und vor allem auch die Fahrweise. Alle waren immer so darauf bedacht, absolut veralteten Trainingsmethoden zu folgen und 365 Tage im Jahr Grundlagenausdauer zu fahren, um sich für den einen Gran Fondo irgendwo im Alpenraum vorzubereiten. Mein Ding war es eher einfach, aufs große Blatt hochzuschalten und mal richtig draufzuhalten, und ich bin froh, dass das nun endlich salonfähig geworden ist dank Julien von 8000 Watt. Für mich bedeutet Radsport nicht einfach nur, irgendwelche Grand-Tour-Berge nachzufahren – vor allem aufgrund meiner Sprinter-Statur. Es geht mehr um das Gefühl von Freiheit und innerem Frieden, wenn man sich komplett ans Limit pusht, und nicht so sehr darum, sich die Landschaft anzuschauen und Eindrücke zu sammeln. Selbstverständlich gibt es die eine oder andere Jenussfahrt, aber dann darf der Crémant nicht fehlen.

GRAN FONDO
Du lebst also zwischen der Einsamkeit auf der Straße und den vollen Tanzflächen in der Nacht. Wie bringst du diese beiden Welten zusammen?

Top Shotta
Ganz einfach, ich bringe die Energy aus dem Club auf die Straße und schaffe gleichzeitig damit den Ausgleich, den ich vom Nightlife brauche!

GRAN FONDO
Zwischen UCI WorldTour und deutscher Bundesliga verändert sich das Gesicht des internationalen Radsports. Wir sehen Athleten vom Team EF Education-Nippo bei Gravel-Rennen oder Jungs von BORA-hansgrohe beim Cape-Epic-Mountainbike-Rennen. Worin siehst du die Zukunft der Rennrad-Community?

Top Shotta
Die Zukunft liegt aus meiner Sicht eher darin, dass das Radfahren eine interdisziplinäre Angelegenheit wird, in der hoffentlich mehr solche Events für die breite Masse stattfinden werden. Ich denke, dass die Grenzen zwischen Road, Mountainbike und Gravel deutlich weniger definierbar werden und dementsprechend auch die Bike-Enthusiasten nicht nur noch in einem Style unterwegs sein werden. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass es 100 % Fun ist, auch mal statt einem Road-Bike ein Fully zu fahren.

GRAN FONDO
Wie sieht dein absolutes Traum-Bike aus?

Top Shotta
Sehr aerodynamisch, italienisch, in Sonderlackierung und mit einer Super Record 12-Speed EPS-Schaltgruppe. Ich will hier nicht namedroppen, aber es handelt sich um ein DOGMA F. Shoutout an Fausto Pinarello an dieser Stelle, vielleicht liest er das!

GRAN FONDO
… und dein perfekter Abend?

Top Shotta
Früher hätte ich gesagt, dass der perfekte Abend in einem kleinen Club stattfindet mit dickem Soundsystem, meiner Ruffhouse-Industries-Gang und diversen Weinschorlen, aber aufgrund des aktuellen Geschehens halte ich so was für unverantwortlich. Heutzutage will ich einfach nur mit meinem Girl ein paar Lammspieße und eine große Kanne Chai in dem Grillhaus meines Vertrauens genießen.

GRAN FONDO
Du bist auf jeden Fall immer ganz du selbst und verbiegst dich nicht, um dich anzupassen oder weniger aufzufallen. Gleichzeitig scheint bei deinen Jenussfahrten und im „Schwer & falsch“-Motto die Selbstironie zum gewissen Grad immer mitzuschwingen. Warum ist es wichtig, sein eigenes Ding zu machen – und woher kriegt man eigentlich den Mut dazu?

Top Shotta
Es war einfach so, dass ich das Radfahren für mich entdeckt habe und den Sport an sich richtig gut fand – aber die Szene hat mir nicht getaugt. Oftmals nehmen sich die Leute viel zu ernst und das nimmt einem dann den Spaß und vor allem die Möglichkeit, ganz man selbst zu sein. Die Selbstironie ist natürlich ein Teil von dem Bild, das ich von unserem Sport vermitteln will, um es auch für Außenstehende interessant darzustellen. Macht euch halt einfach mal locker! Es ist einfach wichtig, sein Ding zu machen – gerade wenn man nirgends wirklich hineinpasst und seine Integrität bewahren will. Klar kostet es viel Überwindung, bestehende Normen zu übergehen. Aber man muss sich eben fragen: Wird man wirklich glücklich damit, sich einfach nur anzupassen? Oder wird man es erst dann, wenn man sein eigenes Ding macht? Den Mut dazu kann man aufbringen, indem man sich diese Fragen stellt. Und sich dann bei allen großen Entscheidungen an seine Antworten daran erinnert.

Top Shottas ÖPNV-Playlist

Tune in!


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Text: Benjamin Topf Fotos: Christoph Bayer, Patrick Pilz