Schmierige Finger, Ketten Tattoos an den Socken und Kettenöl auf dem Parkett sind Geschichte. So die Idee hinter dem Zwift Ride! Denn das völlig für den Innenraum konzipierte Komplett-Smartbike verspricht ein auf den Indoor-Einsatz angepasstes Fahrgefühl in Watopia. Neben praktischen Features ist das Smart-Bike auch vollständig in die virtuelle Zwift Experience integriert. Im Test zeigen wir euch die Stärken und Schwächen.

Zwift Ride | Preis 1.299,99 € | Gewicht 35,4 kg | Maximale Watt 1800 W | Hersteller-Webseite

Das Zwift Ride im ersten Überblick

Drei Kartons. Ein Ziel. Maximale Performance und ein völlig neues Zwift-Erlebnis – so lautet zumindest das Herstellerversprechen. Zwift wirbt mit einem allzeit bereiten Fahrelebnis einer komplett sauberen Radfahreinrichtung für zu Hause, ohne lästiges Rennrad putzen und damit verbundenem Einspannen auf der Rolle.

Aber das ist noch nicht alles! Alle Knöpfe zur Steuerung von Zwift befinden sich direkt am Bike, zudem soll es dank einer virtuellen Gangschaltung mit 24 Gängen und einer sauberen Kettenlinie durch den Zwift COG-Freilaufkörper leise und einfach zu montieren sein – klingt zu gut? Wir haben es für euch gecheckt.

Im Test: Was kann das Zwift Ride?

Das Zwift Ride hebt schon beim Aufbau die Laune. Warum? Die kinderleichte Anleitung und genau ein Inbusschlüssel für alle Schrauben. Dazu gibt es eine Fitting-Karte, die nicht nur den perfekten Sitz garantiert, sondern auch Stress spart, falls der Partner oder die Partnerin Ansprüche erhebt, wie sonst nur beim letzten Stück Pizza!

Schwarze Kettenfinger? Fehlanzeige! Die Kette kommt vorgefettet und wird easy über eine Spannvorrichtung montiert. Sorry an alle Wachsliebhaber – wer glänzende Finger will, muss hier selbst nachhelfen oder eben ein paar Watt mehr treten. Dafür herrscht himmlische Ruhe: Die virtuelle Gangschaltung, Zwift COG statt Kassette und Wahoo-Smarttrainer machen das Zwift Ride flüsterleise – perfekte Bedingungen, um ohne Kettenklappern die Nachbarn mit deiner Lieblings-Playlist zu erfreuen!

Immer dabei, der Schlüssel für alles.
Eigens entwickelte Fitting-Karte für Groß und Klein.

Das Bike ist aus Aluminiumrohren geschweißt und mit seinen stolzen 34 kg Gesamtgewicht sowie zusätzlichen 15 kg für den Wahoo KICKR ist es kein Leichtgewicht – doch zum Glück fährt man ja virtuell. Aber eben genau dieses recht hohe Gewicht ist in diesem Fall nicht schlecht, sondern sorgt stattdessen für maximale Stabilität!
Selbst im Wiegetritt wackelt nichts und die Tage, an denen euer zarter 6,8-kg-Carbon-Renner (und euer Nervenkostüm) in die Rolle gespannt wurden, sind vorbei – das Ding steht bombenfest. Zusätzlich schützt ein Gummipad am Unterrohr euren Fußboden, falls ihr das Bike doch mal solo abstellen müsst. Praktisch, denn an die Wand würden wir diesen Brummer nicht hängen.

Die mitgelieferte Steckachse wird mit dem Imbus, der für alle relevanten Schrauben am Bike passt, nach Gefühl angezogen. Die integrierte Spannfeder für den Kettenspanner am Tretlagerbereich kann für die Montage gesichert werden. So wird die Kette zuerst entspannt und nach erfolgreicher Montage am Antrieb mittels einer mitgelieferten Steckachse mit einem Klick aus der Spannung gebracht.
Da das Bike aus dem Karton kommt und die Wohnung niemals verlassen wird, ist die Kette zu 100 % sauber und das bleibt sie auch! Schwarz gesprenkelte Wohnzimmerböden? Ade!

Nie wieder schwarze Finger! Die Kette bleibt durch den reinen Indoor-Einsatz clean.
Der Zwift COG sorgt zusammen mit dem Kettenspanner für eine perfekte Kettenlinie und eine angenehme Geräuschkulisse.

Auf die Plätze, fertig – Zwift -haste gedacht! Wer nicht über ein Abonnement von Zwift verfügt, muss auch beim All-in-One-Bike nochmals die Kreditkarte zücken, denn die Plattform könnt ihr lediglich 30 Tage lang kostenlos testen. Danach werden 19,99 € monatlich bzw. 199,99 € pro Jahr für die Onlineplattform fällig.

Beim Verbinden der Einheiten via Bluetooth kommt man zum ersten Mal mit den Zwift-Play in Kontakt. Die Zwiftlogos müssen gedrückt werden, um die Controller aufzuwecken. Da diese nicht mit dem Hauptstrom des Wahoo verbunden werden, hat man hier eine Akkulaufzeit von ca. 20 Stunden und mit dem mitgelieferten Kabel können diese problemlos und schnell wieder aufgeladen werden. Solltet ihr euch mal in Zwift verfahren und die Akkus geben den Geist auf, könnt ihr eure Fahrt dennoch während dem Ladevorgang fortsetzen und steht nicht wie bei einer normalen Schaltung im Nirgendwo bzw. müsst euch von eurer besseren Hälfte abholen lassen – ride on! Leider ist die Lenker-Halterung für Tablets nicht im Standard-Lieferumfang enthalten, sie wird allerdings für zusätzliche 49,99 € angeboten. Schade! Ein Universal-Halter für Laptops und Tablets gehört, zumindest bei einem All-in-One-Bike für den Indoor-Einsatz, unserer Meinung nach auf jeden Fall zur Grundausstattung dazu.

Dafür ist eine Anti-Rutsch-Abdeckung aus Gummi als Ablage auf dem Vorbau dabei, die unter anderem Schutz vor Schweiß für die beweglichen Teile am Lenkervorbau und die Elektrik der Controller bietet und sich perfekt zum Ablegen des Smartphones eignet.
Nach erfolgreichem Verbinden kann in den Einstellungen die gewünschte Schaltlogik gewählt werden. Hier bietet Zwift die Schaltgruppen von Shimano oder SRAM mit 24 virtuellen Gängen an. Alternativ kann ein sequentielles Schalten eingestellt werden.
Um das Parkett vor Schweiß zu schützen, bietet Zwift eine große Unterlegmatte für 89,99 € an, die gleichzeitig Schwingungen minimiert und so dem Hausfrieden zugutekommt. Sobald man dann seine Lieblingsstrecke im Zwift-Menü gewählt hat, kann es endlich losgehen. Die vielen Knöpfe an den Controllern überfordern im ersten Moment, aber nach ein paar Fahrten herrscht Klarheit. Die Knöpfe am Zwift Play ersetzen die Companion App komplett, sodass man auch mal ein paar Stunden ohne Handy auskommt und sich voll und ganz auf seine Session fokussieren kann.

Während der Fahrt zeigt Zwift Play aber erst sein volles Potential: Man kann endlich in Zwift lenken und sich so das beste Hinterrad im Sprint suchen. Dies geschieht über die langen orangen Streifen, die komplett beweglich sind, wo am normalen Rennrad der Schalthebel zu finden ist. Über die anderen Knöpfe lassen sich die wichtigen Community Ride Ons verteilen, Power-ups aktivieren und durch das Menü navigieren.

Zum Glück gibt es in Watopia keine Schlaglöcher! Sonst wären die oben offenen Flaschenhalter so sicher nicht möglich. Der große Vorteil: Trinkflaschen lassen sich während dem Training sehr leicht herausnehmen und wieder einlegen, auch bei einem hochintensiven Rennen.

Das Versprechen von Zwift ist es, ein komplettes Smartbike, ähnlich wie das Wahoo KICKR BIKE konzipiert zu haben, das vor allem durch sein geräuschloses Schalten besticht. Eine große Rolle spielt dabei die virtuelle Schaltung und der Zwift COG. Durch deren Einsatz braucht es keine Kassette am Wahoo KICKR und somit springt auch keine Kette mehr von Ritzel zu Ritzel. Cross-Chaining oder ein schleifender Umwerfer sind dadurch ebenfalls Geschichte. Die Gang-Anpassung erfolgt über die im Wahoo KICKR integrierte Magnetbremse und wird voll digital gesteuert. Bei Workouts in Zwift muss gar nicht mehr geschaltet werden. Hier wird der Widerstand automatisch je nach Einheit angepasst.

Das Multifunktionszentrum vom Zwift Ride.
Lenkung und Knöpfe für die virtuelle Gangschaltung.
Zwift COG am Wahoo KICKR – Mono-Kette

Für alle, die bereits einen Smart-Trainer besitzen und die heimische Pain Cave nur um das Zwift-Bike erweitern wollen, gibt es gute und schlechte Nachrichten.
Die gute Nachricht: Das Zwift-Bike ist auch ohne Wahoo KICKR CORE erhältlich und kostet einzeln 799,99 €. Zudem muss der Zwift COG-Antrieb für die virtuelle Gangschaltung für 79,99 € in den Warenkorb gelegt werden.
Die Schlechte: Der virtuelle Antrieb ist nicht mit jedem Smart-Trainer kompatibel.

Auf der Zwift-Homepage werden alle unterstützten Geräte aufgelistet. Leider sind die kompatiblen Smart Trainer auf Wahoo, Zwift und wenige Modelle von Elite sowie Van Rysel begrenzt. Tacx wird sogar komplett ausgeschlossen. Schade!

Trotz der ansonsten üppigen Einstellmöglichkeiten lässt sich eine Variable nicht einstellen. Die Kurbellänge ist auf 170 mm festgelegt und lässt sich auch beim Kauf nicht individualisieren. Racer, die ihr perfekt gefittetes Straßensetup gewohnt sind, müssen sich hier leider umgewöhnen.

Auch der 42 cm breite Lenker ist gerade für kleine Leute mit schmalen Schultern eine Gewöhnungssache. Dieser ist wie die Kurbel nur in einer Breite bzw. Länge erhältlich und lässt sich nicht verstellen. Die meisten Rider werden mit einer Lenkerbreite von 42 cm auf dem Hometrainer klarkommen, der ansonsten sehr gut gelösten Einstellbarkeit bricht dieses fehlende Feature aber trotzdem einen Zacken aus der Krone.

Vorbauhöhe, Lenkerabstand und Sattelhöhe lassen sich schnell und einfach individuell anpassen.
Gib Gummi! Das Handy liegt sicher auf der Anti-Rutsch-Matte.

Braucht man diesen Indor-Trainer?

Ja, definitiv! Das Zwift Ride zeigte im Test neue Möglichkeiten, das Indoor-Training lebendiger zu machen als je zuvor. Ganz egal, ob steile Anstiege wie Road to Sky oder schnelle Crit Races: Die Zwift Experience wird durch die integrierten Controller, die ein virtuelles Lenken, Schalten und die Verwendung von Power-ups möglich machen, deutlich spaßiger. Mit dem Zwift-Bike kann man zwar nur drinnen fahren, dafür ist es speziell für diesen Einsatzzweck optimiert und bietet eine durchdachte Lösung für ein sauberes und störungsarmes Indoortraining. Dabei kann draußen die Welt untergehen – in Watopia scheint meistens die Sonne ;).

Dank des einfachen Aufbaus, der guten Einstellbarkeit und dem soliden Stand ist das Zwift Ride sehr gut für Einsteiger, Fortgeschrittene und Anwärter auf die Zwift Academy geeignet. Lediglich die fehlenden Individualisierungsoptionen für Lenkerbreite und Kurbellänge könnten für manche zum Dealbreaker werden. Nach vielen Rollen- und Testeinheiten können wir verschwitzt, aber zufrieden sagen:
Das Zwift Ride macht Spaß, funktioniert und bringt durch viele durchdachte Funktionen Pepp in das sonst eintönige Rollentraining.

Steil, aber geil – reale Steigungssimulation bis 16 %.

Würden wir das Zwift Ride kaufen?

Ja. Und das, obwohl es deutlich günstigere Alternativen gibt, mit denen man auf Zwift schwitzen kann. Das Zwift Ride ist direkt bereit und vollkommen auf den Einsatz in Watopia optimiert. Das nimmt dem inneren Schweinehund die Argumente und sorgt für eine komplett neue Zwift-Experience. Der nicht vorhandene Schmutz und der minimierte Lärm freuen nicht nur die Nachbarn, sondern fügen sich nahtlos in das Rundum-sorglos-Paket des Zwift Rides ein. Draufsetzen und losfahren!

Glücklich – voll von der Rolle!

Tops

  • solide Bauweise
  • geringe Geräuschentwicklung
  • individuelle Anpassbarkeit

Flops

  • kein Tablet- bzw. Laptop-Halter im Lieferumfang
  • nur eine Lenkerbreite und Kurbellänge

Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Tobias Kübler, Jan Richter Fotos: Jan Richter