Mit dem FOCUS IZALCO MAX 2019 legt der deutsche Bike-Hersteller sein schnellstes Bike im Portfolio komplett neu auf. Warum Gewicht und Geschwindigkeit diesmal bei der Entwicklung keine zentrale Rolle gespielt haben und wie sich das Bike in der Praxis schlägt, erfährst du hier.

FOCUS IZALCO MAX 9.8 | 7,55 kg (Gr.L) | 7.999 €

„Irgendwie erinnert die Farbgebung an die Martini Racing Rallye-Autos!“ Das ist der erste Kommentar, als wir das Bike in der Redaktion aus dem Karton ziehen. Eine gewollte Assoziation: FOCUS hat sich bei der Lackierung der Bikes vom Motorsport inspirieren lassen und greift in verschiedenen Modellen sowohl die Farbgebungen vom legendären Team Martini als auch von Mercedes-AMG Petronas auf. Trotz der rennsportaffinen Lackierung will FOCUS mit dem IZALCO MAX vor allem ein Bike präsentieren, das laut eigener Aussage mehr als nur schnell ist. Deshalb haben die Entwickler diesmal mit einem weißen Blatt Papier angefangen, anstatt das Vorjahresmodell weiterzuentwickeln. Kernpunkt der Entwicklung war die der Frage, warum Menschen heutzutage Rad fahren. Ihre Antwort? Fahrspaß und das Gruppenerlebnis, wenn man mit den Kumpels über perfekten Asphalt fliegt.

Helm POC Ventral Spin | Brille Oakley Wind Jacket 2.0 | Kit Cuore GRAN FONDO Custom | Schuhe Shimano S-Phyre RC9

FOCUS IZALCO MAX Geometrie

Moderne Race-Geometrien basieren auf einer kompakten Sitzposition: Der Oberkörper liegt dabei – soweit es die Flexibilität der alten Knochen zulässt – flach auf dem Bike, doch die Hüfte ist weiter nach vorne in Richtung Tretlager positioniert – ähnlich wie auf einem Zeitfahrrad. Durch den weiter geöffneten Hüftwinkel werden nicht nur die beteiligten Muskelgruppen effektiver angesprochen, sondern es wird auch die Blut- und damit die Sauerstoffversorgung der Beinmuskulatur verbessert. Davon profitieren nicht nur Profis! Vor allem wir Jedermänner, die in der Regel weniger flexibel sind, können mit mehr Komfort und weniger Leiden länger schnell sein. Das IZALCO MAX greift diese Entwicklung auf, aber bedient sich dabei nicht einer Sattelstütze mit 0 mm Versatz. Stattdessen haben die Konstrukteure von FOCUS das Sitzrohr nach vorne versetzt, was man auch am Abstand zum Hinterrad sehen kann. Somit ergibt sich laut ihrer Aussage ein realer Offset von lediglich zwei 2 mm, trotz 15 mm Versatz der Sattelstütze. Die kompakte Sitzposition soll dadurch keine Komforteinbußen mit sich bringen, da Sattelstützen mit Versatz

Das Sitzrohr des IZALCO MAX ist leicht nach vorn versetzt

Ein Garant für Fahrspaß ist ein quirliges und berechenbares Fahrverhalten, auch in engen Kurven. Um den Charakter des Bikes dahingehend zu optimieren, hat FOCUS das Tretlager des neuen IZALCO MAX auf einen BB Drop von 78 mm (6 mm tiefer als das S-WORKS Tarmac SL 6 Disc) abgesenkt. Fahrspaß und Komfort können außerdem durch Reifen mit mehr Volumen generiert werden. Offiziell ist das Bike freigegeben für Reifen mit bis zu 28 mm Breite, unserer Meinung nach würden aber auch 30 mm breite Pneus in den Rahmen passen. Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern verzichtet FOCUS auf kleinere 650B-Laufräder bei den kleinsten Größen, verspricht aber dennoch ein gleichbleibendes Handling und Fahrgefühl über alle Rahmengrößen. Das Verhältnis von Stack zu Reach bleibt unabhängig von der Bike-Größe gleich.

Größe XXS XS S M L XL XXL
Sitzrohrlänge 430 mm 470 mm 490 mm 510 mm 530 mm 550 mm 590 mm
Oberrohrlänge 504 mm 517 mm 534 mm 551 mm 564 mm 582 mm 602 mm
Steuerrohrlänge 80 mm 80 mm 100 mm 115 mm 125 mm 150 mm 185 mm
Lenkwinkel 69,5° 70,5° 71,5° 72,0° 72,0° 72,5° 72,5°
Sitzwinkel 74,0° 73,5° 73,5° 73,5° 73,5° 73,5° 73,5°
Kettenstrebenlänge 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm
Radstand 975 mm 975 mm 985 mm 997 mm 1.010 mm 1.024 mm 1.044 mm
Reach 360 mm 368 mm 378 mm 390 mm 400 mm 410 mm 420 mm
Stack 502 mm 505 mm 528 mm 544 mm 554 mm 579 mm 613 mm

FOCUS IZALCO MAX Modelle

Schaut man sich die Modellübersicht genau an, stellt man nicht nur fest, dass FOCUS ausschließlich hydraulische Scheibenbremsen verbaut, sondern auch, dass in jeder erhältlichen Konfiguration Carbonlaufräder zum Einsatz kommen. Laut eigener Aussage bieten Laufräder aus Carbon dem Fahrer den deutlichsten und spürbarsten Performance-Vorteil – eine Ansicht, die wir so unterschreiben können. Unterschiede macht FOCUS jedoch in Sachen Rahmenset-Performance und Integration der 8er- bzw. 9er-Modellreihe: Der selbstentwickelte Vorbau mit innenverlegten Zügen kommt nur bei der teureren 9er-Serie zum Einsatz. Außerdem sind die Rahmen-Gabel-Sets der 8er-Serie laut Angabe von FOCUS 110 g schwerer und der Rahmen im Tretlagerbereich (70 N/mm vs. 65 N/mm) marginal weicher.

FOCUS IZALCO MAX 9.9 mit Shimano Dura-Ace Di2 R9170 | 8.999 €
FOCUS IZALCO MAX 9.8 mit SRAM RED eTap | 7.999 €
FOCUS IZALCO MAX 9.7 mit Shimano Ultegra Di2 R8070 | 5.999 €
FOCUS IZALCO MAX 8.9 mit Shimano Ultegra Di2 R8070 | 4.999 €
FOCUS IZALCO MAX 8.8 mit Shimano Ultegra R8000 | 3.699 €
FOCUS IZALCO MAX 8.7 mit Shimano 105 R7020 | 2.999 €
Die gänzlich innenverlegten Züge spendiert FOCUS lediglich der 9er-Serie (links)

Das FOCUS IZALCO MAX 9.8 im Detail

Für unseren Test haben wir uns das IZALCO MAX 9.8 zur Brust genommen. Das Rennrad in Martini-Racing-Farben (oder ist es doch Tommy-Hilfiger-Look?) bringt in Größe L 7,55 kg auf die Waage – für ein Aero-Rennrad mit Disc geht das in Ordnung. In unserem letzten Vergleichstest der heißesten Aerobikes für 2019 findet ihr (nicht nur) die Gewichte von Specialized S-Works Venge 2019, Cannondale SystemSix und Trek Madone SLR 9 Disc zum Vergleich. Unser Testbike ist ausgestattet mit der (noch) aktuellen SRAM RED eTap. Wir vermuten, dass das Serienbike schon bald die neueste Version der eTap zieren könnte.

SRAM RED eTap mit 52/36-Kettenblättern und 11-28 T-Kassette
Abdeckung: Bei Modellen mit Shimano Di2-Antrieb befindet sich hier die Junction Box

Die ARC 1450 SPLINE DB-Laufräder stammen von DT Swiss und sind mit 160 mm großen Bremsscheiben an Front und Heck bestückt. Die Steckachsen kommen aus dem Hause FOCUS, messen 100 x 12 mm vorn sowie 142 x 12 mm hinten und verfügen über eine überarbeitete Version der Rapid Axle Technology (R.A.T.), die schnelle Radwechsel garantieren soll. In Sachen Reifen setzt FOCUS auf Continental: Unser Testbike rollt auf 700x25c GP 4000 S II, die in der Serie aller Wahrscheinlichkeit nach gegen die gerade vorgestellten GP 5000 getauscht werden. Die Conti-Pneus fallen mit gemessenen 27,5 mm auf der DT Swiss-Felge deutlich breiter aus als angegeben. Der Prologo DIMENSION-Sattel und der Easton EC90 Aero-Carbonlenker werden mit der hauseigenen D-förmigen Sattelstütze und dem eigens entwickelten Vorbau mit 100 mm Länge und -15° Neigungswinkel kombiniert.

Das eigens entwickelte R.A.T. Thru-Axle-System funktioniert tadellos und blitzschnell
Die Sattelklemme bietet genügend Klemmkraft. Mit dem Multitool kann es hier eng werden.
Formschön und klar: Die elegante Linienführung zieht sich einheitlich über den gesamten Rahmen.

Das Cockpit sorgt für Gesprächsstoff: Aufgrund der aerodynamischen Form des Easton-Lenkers können Mounts für GPS- bzw. Navigationsgeräte nicht montiert werden. Hier will FOCUS mit einer zusätzlich erhältlichen Halterung Abhilfe schaffen, die an die Klemmungen des Vorbaus montiert wird. Bei einigen Modellen der Konkurrenz sorgen die durch den Vorbau verlaufenden Züge für einen eingeschränkten und schwergängigen Lenkeinschlag. Bei unserem Testbike ist das zur Freude der Tester absolut nicht der Fall. Zudem ist der verbaute ACROS Steuersatz ein wahrer Traum in sachen Leichtgängigkeit. Doch nicht nur diese Features sind durchdacht, FOCUS liefert das IZALCO MAX auch mit zweiteiligen Spacern aus, die das Ablängen der Gabel erleichtern. Der Clou: Während man die ideale Vorbauhöhe bestimmt, können herkömmliche Spacer auf den Vorbau gesetzt werden. Clever!

Aero-Lenker ohne Platz für GPS-Halterung …
… wird hauseigene Lösung treffen. Der Mount wird die Klemmschrauben nutzen.
Eingang zum Tempel von Machu Picchu? Contemporary Engineering? Keiner weiß es!

Das FOCUS IZALCO MAX 9.8 im Test

Boom! In Sachen Beschleunigung macht das neue IZALCO MAX keine halben Sachen. Der steife Tretlagerbereich sorgt für eine direkte Kraftübertragung und so katapultiert man sich geradezu nach vorn. Egal ob beim Ampelsprint aus dem Stillstand oder beim Herausbeschleunigen aus der Kurve – leichtläufig, effizient und nahezu geräuschlos lässt sich der Carbonrenner auf Touren bringen. Rechts antäuschen, Blinker links und vorbei an der Gruppe und klarer Sieg beim Espresso-Sprint.

Beim Anbremsen beißen die hydraulischen SRAM RED-Stopper aggressiv in die 160 mm großen Rotoren und motivieren dazu, den Reifen doch mal blockieren zu lassen. Dieses Gefühl beruht jedoch nicht allein auf den Bremsen, sondern liegt zum überwiegenden Teil am verspielten und quirligen Handling des FOCUS. Dabei gibt sich das Rad nicht als Highspeed-Rennmaschine, sondern eher als beschleunigungswillige und kurvenfressende Super Moto. Vor allem die Front ist sehr agil und hängt das Heck bei schnellen Richtungsänderungen und sehr sportlicher Gangart gelegentlich ab. In diesen Fällen muss der Fahrer etwas nachsteuern. Die Berechenbarkeit des Rades und damit das Vertrauen des Piloten in das Bike ist dabei stets gegeben.

Die sportiv kompakte Sitzposition überzeugt und so hat man nach dem Adrenalinkick in der Abfahrt auch kein schlechtes Gewissen, in der Ebene dahinzucruisen. Dabei sollte man den Lenker bei Seitenwind gut festhalten: Die agile Front gepaart mit den 48 mm tiefen Carbonfelgen ist nicht gerade resistent gegen Windböen. Das „Ich könnte, wenn ich wollte“-Gefühl des Rades überträgt sich auf die Art, wie man dieses Bike erlebt: Die Race-Performance wird dem Fahrer nicht durch ein bretthartes Fahrgefühl vermittelt, sondern entfaltet sich auf Abruf, sobald man die bequeme Sitzposition verlässt. Tendenziell bietet das Heck des IZALCO etwas mehr Compliance und Komfort als die straffe Front.

Fazit

Zwischen New-School-Racing, Café-Ausfahrten und moderner Ingenieurskunst scheint FOCUS sich gerade neu zu erfinden. Das neue IZALCO MAX steht mit seinen durchdachten Detaillösungen im Spagat zwischen Race-Performance und Allroad-Potenzial beispielhaft für diesen Schritt. Wer den Ortschildsprint genauso zelebriert wie den Kaffee-Stop mit Kuchen danach und eine quirlige Spaßmaschine sucht, wird hier fündig. Somit wird das Bike mit großer Wahrscheinlichkeit einen anderen Kundentyp ansprechen als sein Vorgänger und könnte für einige zu nah am FOCUS PARALANE sein. Ungeachtet dessen hatten wir eine richtig gute Zeit auf dem IZALCO MAX 2019. Spaßig, authentisch, ehrlich und innovativ – der neue Renner von FOCUS gefällt!

Mehr Infos unter: focus-bikes.com


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als GRAN FONDO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die New-Road-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Fotos: Alex de Cortada, Valentin Rühl