Campagnolo hat mit zahlreichen Innovationen Rennradgeschichte geschrieben. Mit der neuen Campagnolo 12-fach Record und Super Record Gruppe wollen die Italiener nun eine neue Schaltgruppen-Ära einläuten. Wir haben die Gruppe bereits exklusiv auf Gran Canaria getestet und beantworten alle Fragen rund um die 12-fach und sagen euch, ob ihr es braucht!
Mit dem Slogan ‘Movement’ präsentiert Campagnolo die neue 12-fach Technologie, die vorerst nur in den zwei Topgruppen Record und Super Record zum Einsatz kommen wird.
Movement – was steht dahinter? Rahmen und Komponenten bringen Steifigkeit und Leichtigkeit aber ohne Laufräder und Schaltung bewegt sich nicht viel. Campagnolo bringt „Movement“ seit 85 Jahren mit Schaltgruppen und Laufrädern und selbst die der Grundstein Campagnolo – der erste Schnellspanner von Tullio Campagnolo – sollte den Radwechsel schneller machen. Wir dürfen gespannt sein, was Campagnolo unter diesem Slogan noch alles „bewegen“ will – die elektronische 12-fach EPS-Gruppe wird sicher mit dabei sein.
Campagnolo 12-fach Super Record und Record: Preise und Verfügbarkeit
Die 12-fach-Revolution beginnt mit der Record und Super Record Gruppe in der Felgenbrems- und Disc-Variante. Hier die Eckdaten und Verfügbarkeit der neuen Gruppen:
Gruppe | Bremse | Verfügbarkeit | Gewicht | Preis |
---|---|---|---|---|
Super Record | Felgenbremse | Mai 2018 | 2.041 g | 2.915 € |
Super Record | Scheibenbremse | Juni/Juli 2018 | 2.323 g | 3.199 € |
Record | Felgenbremse | Juni 2018 | 2.213 g | 1.960 € |
Record | Scheibenbremse | Juli 2018 | 2.453 g | 2.394 € |
Campagnolo 12-fach Schaltung
Das Herz der neuen Schaltgruppe ist das Update auf 12 Ritzel, was im ersten Moment recht einfach klingt und effektiv 1 Ritzel mehr an der Kassette bedeutet, aber dahinter verbergen sich zahlreiche Neuerungen.
Das größte Update hat das 12-fach Schaltwerk erhalten, das in einer einheitlichen Käfiglänge von 72,5 mm verfügbar und damit sowohl mit der neuen 11-28 als auch die 11-32-Kassette kompatibel sein wird. Die Bewegung des Schaltwerks wurde ebenfalls komplett überarbeitet. Die obere Schaltrolle wandert enger an der Kassette entlang, was die Schaltperformance deutlich verbessern soll. Zudem wurde die Umschlingung der Ritzel mit der Kette vergrößert, wodurch mehr Zähne zum Einsatz kommen. Unter dem Begriff ‘3D Embrace Technology’ soll dies die Effizienz und Präzision des Antriebs steigern und die Langlebigkeit erhöhen.
Beim Käfig kommt ein neuer ultra-leichter carbonverstärkter Technopolymer Werkstoff zum Einsatz, der bei gleicher Performance das Gewicht senken soll. Auch in Sachen Wartung hat sich einiges getan. Alle Einstellschrauben des Schaltwerks sind an die Oberseite gewandert, was die Zugänglichkeit deutlich verbessert. Ein feines aber sehr effizientes Detail ist die neue Rückholfeder am Schaltwerk, was Vibrationen der Straße absorbieren soll und zudem die Kette straffer hält.
Bei der neuen 12-fach-Kassette wurde nichts unangetastet gelassen. Das zusätzliche Ritzel erlaubt eine feinere Abstufung der Schaltsprünge, was sich in den 1-Zahn-Sprüngen bis zum siebten Ritzel zeigt.
Sowohl die Record als auch Super Record kommen mit der gleichen Kassette, welche die gleiche breite wie die 11-fach-Kassette aufweist. Das vermeidet ein zusätzliches Upgrade der Laufräder, was vor allem den Geldbeutel freuen wird. Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass sowohl die Ritzel als auch die Kette schmaler werden mussten. Welchen Einfluss hat das auf die Haltbarkeit? Bei der Kassette soll dies mit neuen Materialien gelöst worden sein: Die oberen zwei dreier-Ritzel-Pakete sind in monolithischem Stahl ausgeführt, was zusammen mit der chemischen Beschichtung eine hohe Haltbarkeit garantieren soll.
Bei der Kette klingt ‘schmaler’ erstmal nach geringerer Haltbarkeit. Schaut man sich die Umsetzung von Campagnolo aber genauer an, wird klar, dass die Haltbarkeit sogar steigt. Die Seitenwangen der Kettenglieder bleiben identisch dick, wie die der 11-fach Gruppe. Nur die Bolzen werden kürzer, was das Kettenglied letztendlich sogar steifer macht. Alles in allem soll nicht nur die Haltbarkeit, sondern auch die Schaltperformance gesteigert worden sein.
Der Umwerfer bekam ebenfalls einige Updates, um den Anforderungen der neuen 12-fach-Gruppe gerecht zu werden. Der Käfig wurde dünner um mehr Schräglauf der Kette zu erlauben und der Hebel des Umwerfers wurde optimiert, was geringere Schaltkräfte und schnellere Schaltvorgänge erlauben soll. Zudem kann das Schaltkabel von beiden Seiten montiert werden, was mehr Freiheit bei der Wahl der Reifenbreite erlauben soll.
Ergonomie
Campagnolo ist bekannt für die Ergonomie ihrer Schalthebel, die nicht ohne Grund Ergolever heißen. Und was ist neu für die 12-fach Version?
Beim ersten Blick auf die neuen Ergolever fällt sofort die leicht veränderte Form der Hoods auf. Mit einer Krümmung nach innen sollen diese nicht nur besser in der Hand liegen, sondern auch eine zusätzliche Handposition ermöglichen.
Der Schalthebel hat ein deutlich größeres Update erhalten, ohne dabei die gewohnten, italienischen Kurven zu verlieren. Zum einen wurden genau diese Kurven noch verstärkt, was laut Campagnolo aus unzähligen Hand-Studien hervorging. Zum anderen ist der Hebel leicht nach aussen gekrümmt, was Erreichbarkeit und Ergonomie verbessern soll.
Ein Hebel, eine Funktion – das Motto schafft Klarheit in jeder noch so brenzligen Situation. Der daraus resultierende Down-shift mit dem Daumenschalter ist ein Markenzeichen von Campagnolo und auch dieser wurde optimiert. Der Hebel ist größer geworden und zum Lenker beziehungsweise zur Hand hin leicht abgeschrägt um vor allem im Untergriff der natürlichen Bewegung des Daumens zu folgen. Zudem ist die Bewegung des Hebels nun etwas nach vorne geneigt.
Ein weiteres neues Feature der Ergolever ist die anpassbare Ergonomie des Bremshebels. Die bereits bekannte Mechanik zum Öffnen der Bremse für den Radwechsel wurde um eine Zwischenstellung erweitert, die den Bremshebel näher an den Lenker bringt und somit vor allem Fahrern und Fahrerinnen mit kleineren Händen die optimale Erreichbarkeit garantieren soll.
Kurbel
One to fit all – das beschreibt wohl am besten, was hinter den Neuerungen der 12-fach-Kurbel steckt. Eine Kurbel für alle Kettenblattoptionen, sowohl 50/34, 52/36 als auch 53/39 sind kompatibel mit der gleichen Kurbel. Realisiert wurde dies mit separaten Anschraubpunkten für das äußere und innere Kettenblatt.
Der Bolzen der Ultra-Torque-Kurbel ist auf die linke Seite gewandert, was die Öffnung auf der Antriebsseite hinfällig macht. Laut Campagnolo steigert dies nicht nur die Aerodynamik sondern auch die Steifigkeit. Die Super Record Kurbel kommt mit einer Titanachse und den CULT-Keramiklagern, wohingegen die Record mit Stahlachse und normalen Keramiklagern ausgestattet ist. Ein weiterer Unterschied der zwei Kurbeln ist die zusätzliche Aero-Lippe an der Super Record Kurbel, die nicht nur die Verwindung des Kettenblatts verringern soll, sondern ebenfalls die Aerodynamik steigern soll. Ob der normalsterbliche Roadie hier einen Unterschied merken wird, bleibt anzuzweifeln, aber der Look überzeugt auf jeden Fall.
Bremsen
Die Felgenbremse der 12-fach-Gruppe bekommt vor allem ein kosmetisches Update, was sich an den glatteren und laut Campagnolo aerodynamisch optimierten Konturen zeigt. Zudem sind die neuen Bremsen nun für Reifenbreiten bis 28 mm kompatibel.
Auch die Scheibenbrems-Variante der Record und Super Record Gruppe bekommt das 12-fach Update. An der Hydraulik und Performance der Scheibenbremsen hat sich nichts geändert, aber alle Neuigkeiten der mechanischen Schaltung sind in die H12 eingeflossen. Unseren Test der Campagnolo Discs findet ihr hier.
Die Campagnolo 12-speed Record und Super Record-Gruppe im Test
Die Küsten- und Bergstraßen Gran Canarias sind ein Traum für den Test der neuen 12-fach-Gruppen und die ständig wechselnden Steigungen eine wahre Herausforderung für die Schaltwechsel. Für den Test standen eine ganze Reihe unterschiedlichster Highend-Bikes zur Verfügung – alle aus der deutlich gewachsenen OEM-Liste, was die Campagnolo-Herzen höher schlagen lassen wird. Unsere Test Bikes waren ein Basso Diamante mit der neuen 12-fach Record in der Felgenbremsvariante sowie das Canyon Ultimate CF SLX Disc mit der Super Record Disc. Der Fokus des Tests lag auf der Schaltung und Ergonomie der neuen 12-fach-Gruppen, da sich in Sachen Bremsen nicht wirklich viel geändert hat.
Im Vergleich zum Vorgänger sind die Schaltvorgänge der Record deutlich schneller und präziser geworden. Good News für die Campa-Jünger: Das Campagnolo-typische akustische Feedback blieb erhalten und ist Musik für die Ohren der wahren Fans. Die schnelleren Schaltwechsel und die deutlich spürbare Verringerung der Schaltkräfte beim Kettenblattwechsel sowie der Zeitpunkt des Schaltbeginns schaffen einige Kritikpunkte des Vorgängermodells aus der Welt. Bereits bei geringster Hebelbewegung beginnt bereits der Schaltvorgang.
Die optimierte Ergonomie des Ergolever überzeugt ebenfalls voll und ganz. Die neuen Schalthebel – sowohl Up- als auch Downshifter – wissen zu gefallen. Die vergrößerten Flächen wie auch Bewegungsachsen machen die Schaltvorgänge noch leichter und vor allem die Schräge am Daumenschalter erleichtert das Schalten im Untergriff enorm. Der belgische-Aero-Tuck mit Griff an den Hoods macht dank der neuen Form im TT-Mode im Flachen richtig Laune.
Fazit
Eine Revolution ist 12-fach nicht, aber eine Evolution die Campagnolo eingeläutet hat und der andere Hersteller sicherlich noch folgen werden.. 12-fach bedeutet auf „italienisch“ auf jeden Fall eine Steigerung der Schaltperformance, schnellere und präzisere Gangwechsel und vor allem eine breitere Übersetzung mit bekannt feiner Abstufung. Vorausgesetzt die Schaltung ist präzise eingestellt, denn die schmaleren Dimensionen bedeuten weniger Toleranzbereich bei sich längenden Schaltzügen oder nicht perfekt eingestellten Schaltwerken. Fakt ist: bei der neuen 12-fach Schaltung geht es um mehr als um einen zusätzlichen Gang. Die Schaltperformance und Ergonomie der neuen Record und Super Record Gruppe wurden deutlich verbessert und bringen die Italiener auf der “will-haben-Liste” ganz nach vorne!
Alle Informationen findet ihr unter campagnolo.com
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Text: Fotos: Pablo Moreno, Manuel Buck