Rohre aus Carbon, Verbindungsstücke aus Titan und umfangreiche Individualisierungsmöglichkeiten. Als uns das erste Mal jemand vom Bastion Road Disc erzählt hat, wurden wir hellhörig: Der stolze Preis von 7.000 € für ein Rahmenset weckt große Erwartungen. Ob das exklusive Bike aus Australien seinem Preisschild gerecht wird, haben wir für euch herausgefunden.

Um so ein aufregendes Bike zu bauen, bedarf es innovativ denkender Köpfe. Und die haben sich gefunden, denn nachdem das Toyota-Werk in Melbourne geschlossen wurde, machten sich James, Benjamin und Dean, die Gründer von Bastion, auf die Suche nach der perfekten Rennmaschine – und dabei ist das Bastion Road Disc herausgekommen.

Bastion Road Disc | 1,015 g | 7.000 € (Rahmenset)

Das Konzept dahinter ist aufsehenerregend: Statt den kompletten Rahmen aus Carbon zu fertigen, werden beim Bastion Road Disc die Carbonrohre durch 3D-gedruckte Titanstücke verbunden. Da der Druck der Verbindungsstücke individuell erfolgt, kann man als Kunde entscheiden, ob man auf eine der Vorlagen zurückgreifen oder die Geometrie des Bastion selbst gestalten will. Sobald die Wunschgeometrie festgelegt ist, kann der Kunde außerdem die Materialstärke wählen, um die passende Balance zwischen Komfort und Steifigkeit zu finden. Zur Wahl stehen „Regular“, „Stiff“ und „Extra Stiff“.

Doch hier ist der Individualisierung noch kein Ende gesetzt: Anschließend kann der Kunde die Farbe der Verbindungsstücke zwischen edlem schwarzen Chrom und zurückhaltendem matten Silber wählen, die Farbe der Gabel bestimmen sowie die Farbe der Logos auf Rahmen und Gabel aus Gold, Silber und Schwarz wählen – auf Wunsch natürlich auch Paint-to-sample.

Wenn die Konfiguration beendet ist, bekommt man als Bastion-Kunde einen Engineering Report, der alle Details zu Geometrie und Farbgestaltung zusammenfasst. Außerdem wird in ihm das voraussichtliche Handling des konfigurierten Bikes beschrieben und die gewählte Geometrie in mehreren Grafiken mit anderen Bikes verglichen. Darüber hinaus werden eventuelle Nachteile wie beispielsweise ein starker Toe Overlap aufgezeigt, sodass sich alle Details kontrollieren lassen – der Traum für jeden Custombike-Liebhaber.

Die Ausstattung des Bastion Road Disc-Testbikes

Unser Testrad erhielten wir von Ex-Profi und The Service Course-Eigentümer Christian Meier – und das spiegelt sich in der Ausstattung wider, die man als Bastion-Besitzer natürlich selbst wählt. Zu den edlen ENVE-Komponenten gesellen sich eine Shimano Dura Ace und feine Details wie die Arundel-Flaschenhalter.

Rahmen Bastion Road Disc
Steuersatz Carbon-Ti
Vorbau ENVE Road Stem 11 cm
Lenker ENVE Road Handlebar 42 cm
Lenkerband Bastion Bar Tape
Sattel Fabric Scoop Race Flat
Schaltung Shimano Dura Ace Di2 9170
Bremsen Shimano Dura Ace R9170
Bremsscheiben TRP-14 Standard Rotor 140 mm
Laufräder ENVE SES 4.5 AR Disc
Naben Chris King R45 CL
Reifen Conti Grand Prix 4000 II 25mm
Flaschenhalter Arundel Mandible
Gewicht Testmodell 7,3kg
Preis Testmodell etwa 15.000 €

Die Shimano Dura-Ace R9170 Di2 sucht in Sachen Schaltperformance ihresgleichen
Dank der 3-D gedruckten Verbindungsstücke lässt sich das Bastion Road Disc …
… personalisieren und auf alle Bedürfnisse anpassen
Die Farbe der Logos lässt sich individuell bestimmen – man hat die Wahl zwischen Gold, Silber und Schwarz
Die Kombination aus ENVE SES 4.5 AR Disc-Felgen mit den Continental GP 4000 II weiß zu überzeugen
Die einzige Kritik an der Ausstattung trifft die 140 mm großen TRP-Scheiben, die in Kombination mit den organischen Belägen der Dura Ace keine Bremskraft entwickeln
Sehr hübsch: die optische Struktur des Carbons
Die Chris King R45 CL funktionieren hervorragend und wirken außerdem sehr edel

Test Bastion Road Disc – was kann der 15.000-Euro-Schlitten?

Die Geometrie unseres Testbikes in Größe 52 ist insgesamt sehr sportlich. Das lange Oberrohr mit 460 mm von Sattelspitze zu Steuerrohr, die hohe Sattelüberhöhung von 86 mm und der 72,8° steile Lenkwinkel sprechen eine Sprache: Racing! Die Konfiguration als „Stiff“ ist dabei für den kleinen Rahmen mehr als ausreichend, wenn man bedenkt, dass man das Rad auch „Extra Stiff“ bestellen kann. Für Fahrer mit geringem Gewicht und entspanntem Fahrstil empfehlen wir „Regular“, denn unsere Konfiguration erhielt bei einem Fahrergewicht von 65 kg das Prädikat „verdammt steif“.

Das Bastion Road Disc will nur eins: vorwärts, und zwar schnell!

Setzt man sich auf das Rad, merkt man sofort, dass es nur eins will: vorwärts, und zwar schnell! Das steife Tretlager und die schnellen Laufräder ermöglichen eine hervorragende Beschleunigung. Durch die aggressive, langgestreckte Sitzposition und die 55 mm tiefen ENVE-Felgen fühlt sich das Bastion auf langen Highspeed-Passagen zu Hause und ist dennoch kaum anfällig für Seitenwinde.

Das ENVE-Cockpit verleiht dem Bastion einen Hauch Komfort …
… den man vom steifen Carbonrahmen nicht erwarten kann. Laut Christian, der das Bike fährt, ist es komfortabel – aber das liegt an seinen von der Tour de France abgehärteten Profi-Gliedmaßen.

Der Rahmen ist gerade für leichte Fahrer äußerst steif und lässt sie jeden Kiesel auf der Straße in den Fußspitzen spüren. Hier hilft das ENVE-Cockpit mit seiner hervorragenden Balance aus Eigendämpfung und Steifigkeit, um an der Front für zumindest etwas Komfort zu sorgen. Auch die Continental Grand Prix 4000 II in 25 mm Breite helfen, den Komfort zu erhöhen.

Auf langen Highspeed-Passagen macht das Bike mit seinen tiefen ENVE SES 4.5 AR Disc-Felgen verdammt viel Spaß
Komfort sucht man auf dem Bastion Road Disc vergeblich

Sobald es bergauf geht, zeigt sich das Bastion sehr agil und bringt jedes Watt auf die Straße. Dieses Bike will nicht untertourig den Berg hochgeschaukelt, sondern ordentlich getreten werden. Man muss ständig wach und immer voll anwesend sein, Entspannung ist hier nicht in Sicht. Bereits bei kleinen Lenkimpulsen reagiert das Bastion messerscharf, böse Zungen behaupten gar nervös.
Doch wer das Bastion mit präziser Hand führt, wird belohnt: In Kombination mit der gestreckten Sitzposition und dem leichten Gesamtgewicht kommt ein echter Geschwindigkeitsrausch auf und das Bastion wird zur Uphill-Rakete.

Nichts für Anfänger: Das Bastion Road Disc verlangt nach einer erfahrenen Hand

Bergab gibt sich das Bastion ebenfalls sehr reaktionsfreudig. Wer über genug Erfahrung verfügt, kann es richtig laufen lassen, sollte sich aber stets bewusst sein, dass er eine absolute Rennmaschine unter sich hat. Das Bastion setzt Lenkimpulse blitzschnell um. Nachlassende Körperspannung will der steife Rahmen des Bastion nicht akzeptieren und lässt dich nicht einfach mal so entspannt fahren – auf Dauer kann das ganz schön anstrengend sein. In der von uns getesteten Konfiguration ist das Bastion kein Bike für alltägliche Ausfahrten.

Unvorsichtig sollte man auf dem Bastion Road Disc nicht sein: Es verzeiht keine Fehler!

Kritik haben wir zudem an den Bremsscheiben von TRP zu äußern: Sie sind zwar optisch zurückhaltender als die Scheiben von Shimano, können allerdings aufgrund mangelnder Bremsleistung nicht überzeugen.

Wenn sich das Bastion Road Disc in dieser Konfiguration mit einem Auto vergleichen lässt, dann wäre es der Urturbo von Porsche. Beide verlangen höchste Konzentration, bieten kaum Komfort, belohnen dafür aber mit super direktem Handling und einer ordentlichen Portion Adrenalin. Zudem vereint das Bastion modernste Technologien mit Craftsmanship und einem extrem exklusiven Look – wie damals der Porsche 930. Leider ist das Bastion in der von uns getesteten Konfiguration nicht für den Alltag gebaut. Wer das will, kann das Bike jedoch nach Maß und seinen Wünschen fertigen lassen – vorausgesetzt, er kann das nötige Kleingeld für ein solches Unikat aufbringen. 7.000 € für das Rahmenset? Unvernunft kann so schön sein!

Stärken
  • hervorragende Individualisierungsmöglichkeiten
  • purer Speed
  • Schwächen
  • verzeiht keine Fehler
  • teuer
  • kleine Bremsscheiben mit
    schlechter Bremsleistung

  • Mehr Infos findet Ihr unter: bastion-cycles.com


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    Text: Fotos: Robin Schmitt, Noah Haxel