Wie kann man sich nur so täuschen? Das Stelbel Antenore ist der Wolf im Schafspelz und gewinnt (!) diesen Vergleichstest. Wer hätte gedacht, dass ein Stahlbike die Crème de la Crème moderner Carbonbikes schlagen könnte?
Einen Überblick über das Testfeld erhaltet ihr im Übersichtsartikel: Was ist das beste Rennrad für Mallorca?
Stahl an Racebikes – ist das überhaupt noch zeitgemäß? Verfolgt man das Revival der Stahlrahmen merkt man, dass zeitlose Klassiker wieder voll im Trend liegen. Das Stelbel Antenore wird aus rostfreiem Columbus XCr-Stahl maßgefertigt und benötigt mindestens 4 Monate von Bestellung bis Auslieferung. Handwerk vom Feinsten: die filigranen gerade Rohre, die teils intern, teils extern verlegten Züge mit goldenen Verstellrädchen, die traumhaft integrierte Sattelstützklemmung, Dropouts … Jedem Rennradfahrer mit Sinn für die kleinen Details läuft beim Anblick dieses schönen Italieners das Wasser im Mund zusammen.
Aber ehrlich gesagt waren wir von den Fahreigenschaften noch deutlich mehr beeindruckt: Stahl steht für viel Komfort und oft weiche sowie schwammige Performance. Doch nicht so das Antenore. Es ist das steifste und präziseste Stahlbike, das wir je gefahren sind. Das steife Deda-Alu-Cockpit setzt Lenkimpulse direkt um und gibt sich sehr agil. Das antrittsteife Bike besticht mit sehr guter Beschleunigung – trotz 7,92 kg Kampfgewicht, womit es nur unbedeutend schwerer ist als das Gros der Carbonkonkurrenz. So viel Steifigkeit hat jedoch einen Nachteil: Auf Langstrecken ist das Antenore nicht gerade der komfortabelste Renner, die Titansattelstütze und die geraden Sitzstreben mit steilem Winkel bieten kaum Komfort. Tauscht man sie sowie den Lenker durch eine gute Carbon-Alternative, wird nicht nur etwas abgespeckt, sondern eine ganze Portion Komfort draufgelegt.
Die Campagnolo Super Record-Felgenbremsen sind mit ihrer leisen, fein dosier- und berechenbaren Performance die besten im Testfeld. Die mechanische Campagnolo Super Record passt perfekt zu diesem zeitlosen Bike. Kritik gibt es lediglich für die Speichen der Campagnolo Bora One-Laufräder, die bei manch hartem Antritt klirren. Die handgemachten Challenge Strada Pro-Reifen in 25 mm Breite lieferten eine solide Performance ab.
Der maßangefertigte Rahmen geht für rund 3.150 € inkl. Chris King-Steuersatz und Custom-Lackierung über die Theke und bildet so die Basis für jegliche Individualaufbauten. Dieses Bike beweist: Mit traditioneller Handwerkskunst und einem simpel gehaltenen Produkt kann man nicht nur mehr Alltagstauglichkeit erreichen, sondern auch ein nachhaltiges Bike schaffen, das auch noch nach zwei Saisons nicht „alt“ aussieht und mit dem man auch seine Mitstreiter alt aussehen lassen kann: „Wie kann man sich nur so täuschen?“ Das werden sich die Konkurrenten im Ziel des nächsten Gran Fondo fragen, wenn du sie auf einem Stahlbike abgezogen hast – nachdem sie dich an der Startlinie noch vom hohen Thron ihres Carbonbikes aus belächelt haben. Das Stelbel entsagt der Materialschlacht moderner Carbonbikes und brilliert mit zeitloser aber zeitgemäßer Performance.
Das Stelbel Antenore im Detail
Schaltung Campagnolo Super Record, 11spd
Laufradsatz Campangolo Bora One Dark Label, 50mm
Bremsen Campagnolo Super Record
Reifen Challenge Strada Pro, 25 mm
Gewicht 7,92 kg
Preis 7.299 €
Mehr Infos stelbel.it
Fazit
Das Stelbel Antenore ist zwar weder das schnellste noch das leichteste Racebike im Testfeld, bietet jedoch das beste Gesamtkonzept und entsagt den kurzlebigen Zyklen der aktuellen Materialschlacht. Die Fahrperformance ist exzellent, die Rahmenverarbeitung traumhaft, der Preis fair und der Fit stets auf Maß. Das Stelbel Antenore ist ein moderner Klassiker. Ein Bike mit Stil und Charakter, das nicht nur abliefert, sondern auch noch eine gute Wertanlage ist – was will man mehr?
Stärken
+ zeitloses Design
+ präzises Handling
+ Maßanfertigung
+ extreme Detailliebe
Schwächen
– Komfort
Einen Überblick über das Testfeld erhaltet ihr im Übersichtsartikel: Was ist das beste Rennrad für Mallorca?
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Dieser Artikel stammt aus GRAN FONDO Ausgabe #004. Für das beste Lese-Erlebnis empfehlen wir unsere interaktiven Magazin Apps für iOS & Android – es lohnt sich! (und ist kostenlos!)
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Text: Robin Schmitt, Manuel Buck, Benjamin Topf Fotos: Julian Mittelstädt