Mit gerade einmal 7,19 kg ist das Specialized S-Works Venge mit Abstand das leichteste Bike im Aero-Bike-Grouptest. Mit unzähligen Siegen bei den Grand-Tours der Profis und dem heiß umkämpften Testsieg beim Race-Bike-Test 2018 sind die Erwartungen an das neueste Gerät von Specialized hoch. Kann auch das 10.999 € teure Specialized S-Works Venge 2019 den Testsieg einfahren und sich gegen Trek Madone und Cannondale SystemSix behaupten?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Aero-Rennrad 2019 – 3 Rennmaschinen im Test

Specialized S-Works Venge 2019 | 7,19 kg | 10.999 €

Es ist leicht, schlank und matt-schwarz: Das Specialized S-Works Venge übt sich auf den ersten Blick eher mit Zurückhaltung und die schlanken Formen verraten nicht sofort, dass es sich hierbei um ein Vollblut-Aero-Bike handelt. In Sachen Formsprache liegt das Venge 2019 irgendwo zwischen dem Vorgänger Specialized S-Works Venge ViAS und dem Specialized S-Works Tarmac Disc, die wir beide bereits für euch getestet haben. Die Formen und Rohrdurchmesser des Venge wirken sehr homogen und die irisierenden Decals verleihen dem Stealth-Look den nötigen Wow-Effekt.

„Scary-fast“ – der Antrieb lässt selbst einen Porsche 911 alt aussehen

Aerodynamisch optimierte, aber dennoch schlanke Rohre prägen das Bild und kein anderes Bike im Test wirkt so leichtfüßig. Die neueste Kreation aus Morgan Hill soll nicht nur größere aerodynamische Vorteile im Vergleich zum Vorgänger Venge ViAS mit sich bringen, sondern auch leichter und vielseitiger sein. Das bestätigt auch die Waage, denn mit 7,19 kg in Größe 56 ist das Specialized S-Works Venge um mehr als 400 g leichter als die Konkurrenz und nur 500 g schwerer als das Specialized S-Works Tarmac Disc mit 6,69 kg.

Das Specialized S-Works Venge 2019 im Detail

Für 10.999 € kommt das Venge mit der japanischen Topgruppe Shimano DURA-ACE Di2 R9170 Disc in Kombination mit der hauseigenen, beidseitig messenden S-Works-PowerMeter Kurbel, die via ANT+ mit handelsüblichen GPS Geräten kompatibel ist. Das mittlerweile fast zum Standard gewordenen Setup mit 52-36-Kettenblatt und der 11-28-Kassette soll den perfekten Kompromiss aus Speed und Uphill-Reserven bieten. Der 64 mm tiefe Roval CLX 64 Disc-Laufradsatz kommt wie auch das Tretlager mit CeramicSpeed Lager, die für den zusätzlichen Leichtlauf sorgen sollen.

Antrieb Shimano DURA-Ace DI2
Laufradsatz Roval CLX 64 Disc
Bremsen Shimano DURA-ACE 160/140 mm
Reifen Specialized Turbo Cotton 320 TPI
Gewicht 7,19 kg
Preis 10.999 €

Junction-Box in der Sattelstütze, eine schöne und benutzerfreundliche Lösung
Clearance für bis zu 28 mm breite Reifen
Die S-Works-Kurbel ist zwar schön, wirkt an diesem S-Works Venge aber etwas antiquiert
Der neue Vorbau und Lenker sind austauschbar, das ermöglicht Individualisierbarkeit
„All-Integration-Everything“ – endlich mal Integration, die auch einen einfachen Service ermöglicht
Trotz anderem Stack und Reach eine vergleichbare Geometrie zum S-Works Tarmac SL6

In Sachen Integration haben die Ingenieure aus Kalifornien tolle Arbeit geleistet – denn verstecken kann jeder, aber oft bleibt dafür die Zugänglichkeit oder individuelle Anpassbarkeit auf der Strecke. Nicht so beim Venge, denn sowohl Lenker als auch Vorbau lassen sich tauschen und der Lenker im Winkel verändern. Zudem sind alle Kabel und Leitungen sehr einfach zugänglich, was das Herz jedes Mechanikers höher schlagen lässt. Ein Highlight ist die Di2-Junction-Box, die in die Sattelstütze integriert wurde. Hier hat Specialized im Vergleich zum Vorgängermodell Venge ViAS, das wegen der schlechten Wartungsfreundlichkeit von uns stark kritisiert wurde, einen wahren Quantensprung hingelegt.


Tuning Tipps:

  • Reifen mit höherem Pannenschutz für den Alltag und Training
  • silberne Schrauben durch schwarze ersetzen (wirkt hochwertiger)
  • Style-Upgrade der Lenkerstopfen


Die Geometrie des Specialized S-Works Venge 2019

Die Geometrie des S-Works Venge 2019 soll trotz anderer Stack und Reach Abmessungen eine mit dem S-Works Tarmac SL6 vergleichbar sportliche Sitzposition haben. Beim Vorbau hat man die Wahl zwischen +/- 6° in 80 mm bis 140 mm Länge oder +/- 12° in 110 mm bis 140 mm Länge. Dank Standardklemmung soll der Vorbau zudem mit allen handelsüblichen Lenkern kompatibel sein. Der S-Works Aerofly-Lenker ist in vier verschiedenen Breiten von 380 mm bis 440 mm erhältlich. Ein nettes Feature ist der Anschlag für das Lenkerband für den Pro-Level-Look.

Beim ersten Antritt zeigt sich sofort die Leichtigkeit des Venge, denn es springt förmlich nach vorne. Der steife Rahmen gepaart mit dem geringen Gewicht macht verdammt viel Spaß und lädt zum Beschleunigen ein. Die Kombination aus Effizienz und Leichtigkeit zeigt auch Vorteile, wenn es bergauf geht, denn sowohl im Sitzen als auch im Wiegetritt klettert das Specialized wie kein anderes Bike im Test. Dennoch: Im Vergleich zu einem Tarmac oder anderen Allround- oder Kletter-Bikes dämpfen die generell schwereren Aero-Laufräder bei allen Bikes des Vergleichstests den Beschleunigungsrausch etwas.

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Im Downhill und in Kurven zeigt sich die hohe Agilität des Venge, was eine sichere Hand erfordert. Lenkimpulse werden direkt, ja fast zu direkt umgesetzt und gerade in langgezogenen Kurven muss man ab und zu nachsteuern. Auf der anderen Seite kommt kein anderes Bike im Test so gut um enge Kurven.

Dank der schon vielfach gelobten Bremsperformance der Shimano DURA ACE R9170 Disc mit dem 160/140 mm Bremsscheiben-Setup zusammen mit dem tollen Grip der schnellen Specialized Turbo Cotton-Reifen hat man jede Situation unter voller Kontrolle und traut sich auch ans Limit zu gehen. Generell lässt sich das Handling wohl mit dem eines Porsche 911 mit ausgeschaltetem ESP vergleichen: verdammt schnell, präzise, agil – aber man sollte schon wissen, was man macht. Dann hat man den Ride seines Lebens.

Wir sind überrascht, wie gut das S-Works Venge Vibrationen dämpft und die Spitzen harter Schläge schluckt. Vor allem das Cockpit begeistert durch ein tolles Maß an Komfort, ohne dass die Steifigkeit für den Zielsprint auf der Strecke bleibt. Ein nettes Feature für die Zeitfahrposition ist die Profilierung auf dem breiten Oberlenker, was ein Abrutschen der Arme verhindert. Es sei jedoch angemerkt, dass hier ohne Lenkerband kein langes Verharren zu empfehlen ist. Die Sattelstütze passt ins Gesamtbild, wobei schon alleine die tiefe Aero-Form ein großes Maß an Flex verhindert. Alles in allem kann man sich auf dem Venge auch längere Rides gut vorstellen und es schlägt das Cannondale SystemSix in Sachen Komfort deutlich. Im direkten Vergleich zum Trek hat es allerdings aufgrund fehlender aktiver Dämpfungselemente das Nachsehen.

Fazit

Specialized bringt mit dem S-Works Venge eine wahre Aero-Race-Maschine auf den Markt. Die Leichtigkeit, das direkte Handling und die hohe Agilität machen es extrem spritzig und präzise, was aber eine sichere Hand erfordert. Dank toller Steifigkeit im Antritt macht es auch im Zielsprint eine tolle Figur und mit den verschiedenen Cockpit-Optionen lässt sich das Venge auch perfekt auf jeden Fahrer abstimmen. Damit ist der Aero-Racer aus Kalifornien das perfekte Rad für erfahrene Piloten und Profis mit Race-Ambitionen – und idealerweise auch für Fahrer mit Sagan’s Handling-Skills. Für den weniger erfahrenen Rennradfahrer fehlt Laufruhe und Gutmütigkeit.

Stärken

– Gewicht
– sehr agil und präzise im Fahrverhalten
– schlanke Rahmen-Formen
– sehr gute Erreichbarkeit von Kabel und Leitungen für einen einfachen Service

Schwächen

– Formsprache der Kurbel passt optisch nicht zum Rahmen
– Pannenschutz der Reifen
– kein Hebel für Steckachse vorhanden
– Handling erfordert erfahrene Hand

Uphill | Downhill | Laufruhe | Komfort


Mehr Infos findet ihr unter: specialized.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Aero-Rennrad 2019 – 3 Rennmaschinen im Test

Alle Bikes im Test
Cannondale SystemSix Hi-MOD DURA-ACE Di2 | Trek Madone SLR 9 Disc 2019

Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #010

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Text: Fotos: Benjamin Topf