Specialized präsentiert das neue S-Works Aethos-Rennrad und verspricht Fahrspaß pur. Fernab von Startnummern und Zielflaggen soll uns das Aethos unvergessliche Erlebnisse bescheren – und das mit einem Gesamtgewicht von knapp 6 kg! Ob das Konzept aufgeht und wie sich das Rad auf den Straßen Südtirols schlägt, lest ihr hier!

Specialized S-Works Aethos | 6,2 kg in Größe 56 | 11.799 € | Hersteller-Website

Specialized hat bei der Entwicklung des brandneuen Aethos-Rennrads neue Wege eingeschlagen und den Pfad verlassen, den der US-amerikanische Fahrradhersteller die letzten Jahre so konsequent verfolgt hat. Statt sämtliche Ingenieure darauf anzusetzen, ein noch aerodynamischeres und schnelleres Bike zu entwickeln, liegt der Fokus nun auf einem ganz anderen Punkt: dem Fahrspaß! Das Bike ist nicht darauf ausgelegt, dem Fahrer einen Pokal nach dem anderen in die Wohnzimmervitrine zu fahren. Vielmehr ist das Aethos laut Hersteller auf das pure Rennrad-Fahrerlebnis ausgerichtet. Mensch und Maschine sollen eins werden und diese kostbaren Momente der Vereinigung maximiert werden. Das neueste Specialized-Rennrad soll für Fahrer entwickelt worden sein, die sich nach mehr sehnen als nach einer reinen Rennmaschine. Erlebnisse auf einer Ausfahrt stehen nun im Vordergrund, statt einfach nur die Zeit im Blick zu haben und das Ziel möglichst schnell erreichen zu wollen.

Und jetzt alle im Chor: Specialized S-Works [Ay-Thōs]

Bei der Entwicklung des neuesten Specialized-Sprösslings wurden alte Regeln gebrochen und neue aufgestellt, bestehende Grenzen verschoben und ein Rennrad entworfen, wie es die Welt zuvor noch nicht gesehen hat … . So zumindest der Wortlaut der offiziellen Präsentation. Mithilfe eines Supercomputers wurden unzählige Simulationen durchlaufen, um den Materialeinsatz zu reduzieren – ohne dabei Einbußen in puncto Steifigkeit hinzunehmen. Statt den Rahmen auf herkömmliche Weise in bestimmten Regionen, wie dem Tretlager und dem Unterrohr, extra zu verstärken und dadurch auch letztlich schwerer zu machen, soll der Aethos-Rahmen homogener aufgebaut sein. Beim neuen S-Works ist nun das Oberrohr statt das Unterrohr die tragende Stütze im Gesamtsystem. Die Ingenieure von Specialized scheinen ein Rennrad aus Stahl als Vorbild genommen zu haben. Denn es wurde darauf geachtet, das sich das Aethos in Kurvenlage auf der horizontalen Achse verwindet – Vorder- und Rückteil bilden nun eine Einheit. Dadurch sollen nicht nur der Grip, sondern auch die Compliance und daraus resultierend die Sicherheit erhöht werden.

Der Gedanke hinter der Gewichtseinsparung ist, dass bestimmte auf den Rahmen wirkende Belastungen von vielen Carbon-Fasern gleichzeitig aufgenommen werden statt immer nur von Fasern einer bestimmten Region. Durch eine gleichmäßige Ableitung von Lastspitzen über eine viel größe Länge der Rohre konnten die Ingenieure entscheidend Gewicht reduzieren. Herausgekommen ist ein Rennrad-Rahmen, der laut Hersteller nur 585 g in Größe 56 auf die Waage bringt und damit leichter ist als eine volle Trinkflasche. Wir leben in einer verrückten Zeit! Traut man seinen Ohren, dann ist das S-Works Aethos ein Hightech-Bike für alle, nicht für Racer. Die Augen entdecken da aber etwas anderes: den UCI-Badge, der ja dann irgendwie eine andere Sprache spricht …

Ausstattung und Geometrie des Specialized Aethos

Das Aethos ist aktuell lediglich in einer Variante erhältlich, und zwar mit dem hochwertigsten Carbon-Rahmen von Specialized: S-Works FACT 12r. Die einzige Entscheidung, die man als Käufer treffen muss: Soll es das Modell mit Shimano DURA-ACE Di2-Schaltgruppe werden oder lieber SRAM RED eTap AXS? Der Kostenpunkt ist in beiden Fällen gleich, für 11.799 € wandert das Bike über die Ladentheke. Neben hauseigenen S-Works-Komponenten rollt das Aethos auf Roval Alpinist CLX-Laufrädern daher, die wir euch bereits Anfang des Sommers vorgestellt haben (zum Artikel). Die Turbo Cotton-Reifen mit den Maßen 700 x 26C kommen ebenfalls aus dem Hause Specialized. Es geht jedoch auch eine Ecke breiter: Bis zu 700 x 32C breite Reifen könnt ihr in das Aethos packen.

[Update] Inzwischen ist das Aethos auch in den preisgünstigen Pro- und Expert-Versionen ab 5.299 € erhältlich. Elektronisch wird bei allen Modellen geschaltet, Abstriche muss der Käufer in puncto Carbonqualität (FACT 10r- statt 12r-Carbon), den verbauten Laufrädern (DT Swiss R470 bzw. Roval Alpinist CL statt Roval Alpinist CLX) und Specializeds hauseigenen Anbauteilen machen.

Das sensationell niedrige Gesamtgewicht des Bikes beträgt in Größe 56 lediglich 6,2 kg und wird dabei mit ganz normalen Komponenten erreicht, ohne dabei auf Leichtbauteile aus Kleinstserien zurückzugreifen. Das zulässige Gesamtgewicht liegt weiterhin bei 125 kg. Wer es bevorzugt, sich sein Traum-Aethos im eigenen Fahrradkeller aufzubauen, kann den Aethos-Rahmen nach wie vor als Rahmenset für 4.499 € in sehr schicken Lackierungen erwerben.

Schaltgruppe Shimano DURA-ACE Di2, 2 x 11, 52–36T
Kassette Shimano DURA-ACE 11–30T
Bremsen Shimano DURA-ACE 160/140 mm
Laufräder Roval Alpinist CLX, 21 mm Innenbreite, 33 mm Felgentiefe
Reifen Specialized Turbo Cotton 700 x 26C
Sattelstütze Roval Alpinist, 20 mm Versatz
Lenker S-Works Short & Shallow, 420 mm
Vorbau S-Works SL, 100 mm
Gewicht 6,2 kg in Größe 56
Preis 11.799 €
Verfügbarkeit ab sofort beim Specialized-Händler

Übersicht der Specialized Aethos-Modelle

Modell Schaltgruppe Rahmenmaterial Laufradsatz Preis
S-Works Founder’s Edition Shimano DURA-ACE Di2 FACT 12r Carbon Roval Alpinist CLX 12.999 €
S-Works Shimano 11.799 €
S-Works SRAM SRAM RED eTap AXS
S-Works Rahmenset 4.499 €
Pro SRAM Force eTAP AXS SRAM Force eTAP AXS FACT 10r Carbon Roval Alpinist CL 7.699 €
Pro Ultegra Di2 Shimano ULTEGRA Di2 7.299 €
Expert DT Swiss R470 5.299 €
Rahmenset 2.999 €
Aethos Pro SRAM Force eTAP AXS
Aethos Pro Ultegra Di2
Aethos Expert
Aethos Expert

Geometrie des Specialized Aethos

Größe 49 52 54 56 58 61
Sattelrohr 431 mm 462 mm 481 mm 504 mm 532 mm 567 mm
Oberrohr 508 mm 531 mm 540 mm 562 mm 577 mm 595 mm
Steuerrohr 109 mm 120 mm 137 mm 157 mm 184 mm 204 mm
Lenkwinkel 71,75° 72,50° 73,00° 73,50° 73,50° 74,00°
Sitzwinkel 75,5° 74,0° 74,0° 73,5° 73,5° 73,0°
Kettenstrebe 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm 410 mm
BB Drop 74 mm 74 mm 72 mm 72 mm 72 mm 72 mm
Radstand 973 mm 975 mm 978 mm 991 mm 1.005 mm 1.012 mm
Reach 375 mm 380 mm 384 mm 395 mm 402 mm 408 mm
Stack 514 mm 527 mm 544 mm 565 mm 591 mm 612 mm

Im Vergleich zum Specialized S-Works Tarmac SL7 (zum Test), ist das Aethos in nur sechs Rahmengrößen von 49 bis 61 erhältlich. Auch wenn die reinen Geometriedaten auf Grund des Steuersatz-Covers beim Tarmac SL7 marginal anders ausfallen, die Geometrie ist exakt die gleiche. Hier scheint der Hersteller eine Geometrie gefunden zu haben, die sich auch nach mehreren Modellen als ideal für eine große Zielgruppe herausgestellt hat! Dank der Rider-First Engineered-Technologie verspricht Specialized bei jeder Rahmengröße gleiche Steifigkeit und identischen Komfort für jeden Fahrer. Das klingt in einem Satz relativ banal, setzt jedoch voraus, dass jede Rahmengröße ein eigenes Entwicklungsprojekt ist, das in seinen Eigenschaften optimiert werden muss. Dem Konzept unterliegt die Hypothese: kleiner = leichter. Alle übergroßen Fliegengewichte müssen dann einfach das Beste daraus machen.

Das Specialized S-Works Aethos im ersten Test

Genug der grauen Theorie und der beeindruckenden Zahlen, die sich zwar klasse lesen, in der Theorie aber kein Garant für ein gelungenes Rennrad sind. Wie schlägt sich das Bike in der Praxis, zum Beispiel auf den anspruchsvollen Alpenpässen im schönen Südtirol? Wenn unser Fotograf seinen Job gut gemacht hat, dürftet ihr inzwischen im Bilde darüber sein, wie cool das Aethos an der frischen Luft aussieht. Die klassischen Rahmenformen sind eine willkommene Abwechslung zum Aero-Look, der die Formgebung der meisten 2021er-Rennräder prägt. Die Rahmendimensionen sind einfach schön anzuschauen, da fällt das etwas voluminösere Oberrohr kaum auf. Das Lack-Finish verbindet in Kombination mit dem minimalistischen Branding Unterstatement mit wirklich besonderen Details auf eine sehr charmante Weise. Egal, wohin man auch schaut: Das Aethos ist extrem hochwertig!

Das Aethos beschleunigt mit der Leichtfüßigkeit einer Gazelle und macht dabei keinen Unterschied zwischen Ebene oder Anstieg. Trägheit ist für dieses Rennrad ein Fremdwort, stattdessen wird in jeder Situation bereitwillig Vortrieb generiert. In der Ebene merkt man dann aber bei sehr hohen Geschwindigkeiten um die 40 km/h, dass es effizientere Bikes gibt. Die wenigen Aero-Features und die geringe rotierende Masse der Laufräder führen dazu, dass man am Pedal bleiben muss, um in der Ebene den Highspeed zu halten. Die Kraft, die man dazu braucht, ist dennoch gering. Es ist also in keinster Weise so, als würdet ihr einen Bremsfallschirm hinter euch herziehen. Bergab generiert das Specialized unglaublich viel Speed. Auf geraden Strecken mag es vielleicht nicht die Pole-Position einnehmen, in den Kurven ist das Aethos jedoch eines der schnellsten Bikes, das wir je gefahren sind!

In Sachen Handling macht dem Aethos niemand etwas vor. Die Balance aus Laufruhe und Agilität ist geradezu perfekt und wir konnten in diesem Bereich keine Schwachstellen herausfinden. Das Bike ist laufruhig genug für Highspeed-Attacken geradeaus und trotzdem wendig genug für enge Kurven mit viel Speed. Dabei verhält es sich stets berechenbar und ehrlich, Überraschungen oder merkwürdige Ausschläge erlaubt sich das Aethos nicht. Der Zauber des Bikes liegt nicht nur in seinem wahnwitzig niedrigen Gewicht, sondern eben auch in der Art, wie es sich horizontal verwinden kann und damit in Kurven Grip und Speed generiert. Einsteiger profitieren von der Compliance des Rahmens und erhalten ein großes Plus an Grip und Sicherheit. Profis können zusätzlich noch mehr aus dem Aethos herauskitzeln und den Rahmen am Scheitelpunkt der Kurve unter Zug „aufladen“. Dadurch nimmt man am Ende der Kurve mehr Schwung mit – ein sehr ähnliches Prinzip wie beim Flitzebogen.

Durch das ausbalancierte Handling vermittelt das Specialized Aethos viel Vertrauen und Kontrolle. Es generiert in der Kurve so viel Grip wie ein sehr gut gebautes Stahl-Bike. Die Seitenwindanfälligkeit ist kaum zu spüren und man kann auch ohne Todesangst die Hand vom Lenker nehmen. Die Shimano DURA-ACE Di2-Bremsen sind gut dosierbar und glänzen wie gewohnt mit toller Bremspower. Dennoch muss man mit dem Bike erst mal mental eine Einheit werden, denn super leichte Bikes waren in der Vergangenheit nicht immer die vertrauenswürdigsten Gefährten. Das Handling des Aethos vermittelt jedoch – egal wie anspruchsvoll das Terrain ist – so viel Sicherheit, dass man sich schnell zu Hause fühlt. Der Lerneffekt tritt bereits nach der ersten Fahrt ein und die Specialized Turbo Cotton-Reifen (zum Test) tragen mit dem guten Grip zu einer Extraportion Sicherheit bei.

Helm POC Ventral Air SPIN | Brille AO Eyewear The General | Jersey Rapha Men’s Logo T-Shirt | Bib Specialized Men’s RBX Adventure Bib Short w/ SWAT | Socken LIDL Sportsocken | Schuhe Specialized S-Works Vent | Lenkertasche Rapha Bar Bag | Uhr Casio A168

In Sachen Komfort spielt das neue Road-Bike aus dem Hause Specialized ganz vorne mit und bietet ein sehr gutes Maß an Eigendämpfung. Das Rahmenset glänzt mit einer guten Vibrationsdämpfung und auch Reifen und Sattelstütze tragen mit guten Dämpfungseigenschaften zu einer komfortablen Fahrt bei – echtes Stahl-Bike-Feeling! Und das mit einem 585 g leichten Carbon-Rahmen. Wer hätte das für möglich gehalten? Die Leistung der Specialized-Ingenieure werden wohl auch die eingefleischtesten Carbon-Gegner neidlos anerkennen. Wer auch mal den Asphalt verlässt – und das ist mit dem Aethos definitiv möglich – sollte sich für noch mehr Grip und Komfort nach 700 x 30C- oder direkt 700 x 32C-Pneus im Tubeless-Setup umschauen. Das würde den Einsatzbereich des Bikes insgesamt nochmal sinnvoll um eine große Portion erweitern.

Specialized Aethos vs. Specialized Tarmac SL7

Eine Frage, die sich viele Fans des Specialized Tarmac (zum Test) stellen werden: Wie schlägt sich das brandneue Aethos im Vergleich zum High-Performance-Bike des US-amerikanischen Herstellers? In puncto Komfort bietet das Aethos deutlich mehr Komfort und ist damit der perfekte Begleiter für alle Tage. Die maximale Reifenfreiheit ist bei beiden Bikes mit 700 x 32C identisch, in Sachen Speed in der Ebene und im Wind liegt das Specialized Tarmac SL7 mit seinem aerodynamischen Konzept deutlich vorne. Geht es jedoch in die Kurve oder den Anstieg, ist das Aethos dem Tarmac nicht selten überlegen. Beim Handling merkt man die Verwandtschaft beider Bikes deutlich, wobei das Aethos eine Spur gutmütiger als das Tarmac ist. Welches Bike ist also das richtige für euch? Wenn ihr viel in der Ebene und im Gegenwind fahrt, euch oft eine Startnummer ansteckt und absolute Race-Performance sucht, dann ist das Tarmac die bessere Wahl. Im Gegensatz dazu ist das Aethos der perfekte Partner, wenn euch Startnummern fremd sind und ihr einfach nur eine gute Zeit auf dem Bike haben wollt. Abgesehen davon eignet es sich auch für alle Fahrer mit Race-Ambitionen im technischen und anspruchsvollen Hochgebirgsregionen.

Unser Fazit zum Specialized Aethos

Boom! Mit dem brandneuen Aethos hat Specialized ein Bike entwickelt, das viele Träume platzen und/oder Realität werden lässt. Es ist das erste superleichte Rennrad, mit dem man bergab vollstes Vertrauen hat und das die Stabilität und Sicherheit eines weitaus schwereren Bikes vermittelt. Das Aethos kann zwar in der Ebene nicht ganz mit einem Aero-Bike mithalten, lässt dafür im Antritt und den Kurven alle hinter sich. Auch absolute Stahl-Freaks, die bisher nichts von Carbon-Rädern hielten, sollten sich das Bike mit seinem hohen Komfort-Level einmal ganz genau anschauen.

Tops

  • unverschämt leicht
  • hohes Komfort-Level
  • ausgeglichenes Handling
  • leichtfüßige Beschleunigung

Flops

  • 700 x 26C-Reifen mit Schlauch limitieren das Einsatzgebiet unnötigerweise
  • nach dem Test macht das Bike aus dem eigenen Keller keinen Spaß mehr 😉

Mehr Informationen zum Specialized Aethos findet ihr unter specialized.com, unseren aktuellen Rennrad-Vergleichstest könnt ihr euch hier durchlesen.


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Text: Benjamin Topf, Philipp Schwab Fotos: Valentin Rühl