Manche Bikes umgibt eine Aura der Faszination. Das Pinarello Dogma F10 ist ein solches Bike. Doch was kann der mehrfache Tour de France-Sieger wirklich? Wir haben das 11.000 € teure Pinarello Dogma F10 mit SRAM-Zipp-Ausstattung getestet.

Durchsucht man das Web, findet man erstaunlicherweise trotz der Popularität des Pinarello Dogma F10 und seiner grandiosen Renn-Erfolge nur wenige Testberichte zum bereits Ende 2016 vorgestellten Pinarello F10. Nachdem das Bike in unserem Race-Bike Vergleichstest 2018 gefehlt hat, holen wir es jetzt nach – und zwar auf den famosen Passstraßen der Dolomiten!

Pinarello F10 | 6,84 kg | 11.000 €

Das Pinarello Dogma F10 im Detail

Ein Pinarello erkennt man auf den ersten Blick, dank einiger spezieller Features. Allen voran die geschwungene Carbon-Gabel, die auf den Namen ONDA F10 hört – Onda ist italienisch und steht für Welle. Als Evolution zu der Gabel am Vorgängermodell Dogma F8 besitzt die neue Gabel aerodynamische Finnen an den Ausfallenden, sogenannte Fork Flaps.

Antrieb: Sram Red eTap
Bremsen: Sram Red
Übersetzung: 50/34 – 11/28
Laufradsatz: Zipp 303 Firecrest
Reifen: Vittoria Corsa 23c

Der Rahmen selbst erinnert mit seiner organisch-muskulösen Formsprache an einen italienischen Sportwagen, der nach Speed schreit. Um den Speed zu erhöhen, ist das Dogma F10 nicht nur aerodynamisch optimiert, sondern auch asymmetrisch designed worden, um eine bessere Kraftübertragung und Balance zu erreichen. Weitere interessante Features sind das 3XAir System, das die Möglichkeit bietet, die zweite Trinkflasche an zwei Positionen am Sitzrohr zu befestigen.

Das 3XAir System bietet die Möglichkeit, die zweite Trinkflasche an zwei Positionen am Sitzrohr zu befestigen
Sportlich und sexy: die Zipp 303 Firecrest-Laufräder in Kombination mit den griffigen Vittoria Corsa-Reifen in 23 mm Breite
Exzellent: die intuitive Schaltperformance der SRAM RED eTap
Gold Digger: das Design unseres Testbikes zieht sich über das komplette Rahmenset und spiegelt auch den Preis von 11.000 € wieder

Unser Testbike ist mit SRAM-/Zipp-Komponenten ausgestattet. Bei der Schaltung setzen die Italiener auf die kabellose SRAM RED eTap, bei den Laufrädern auf Zipp 303 Firecrest Carbon Clincher, die von SRAM RED-Felgenbremsen verzögert werden. Clever: das Think2 System bietet Zugeingänge für elektronische und mechanische Schaltungen. Vittoria Corsa in der schmalen 23 mm Ausführung stellen den Kontakt zum Boden sicher. Die Anbauteile wie Sattelstütze und Carbon-Cockpit kommen von Pinarellos Eigenmarke MOST.

Den Bestseller des Traditionsherstellers aus Treviso gibt es in zahlreichen Varianten, wobei wir mit dem Dogma F10 die Standard-Ausführung getestet haben.

Das Dogma F10 X-Light ist eine leichtere Version des F10, die dank eines speziellen Herstellungsprozesses und matt-schwarzer Lackierung je nach Rahmengröße über 160 g leichter als das Dogma F10 ist. Auf genau dieser leichteren Version des F10 ist die Sky-Mannschaft in der Regel zu sehen. Das Dogma K10 ist die Allround-Version mit mehr Komfort, laufruhigerer Geometrie und einer vergrößerten Reifenfreiheit von bis zu 28 mm. Unter der Bezeichnung K10-S wird dieses Modell auch mit einem Dämpfer zwischen Sitzstreben und Sitzrohr angeboten – die erste Wahl für die Pflastersteine der Frühjahrsklassiker. Der Name des Pinarello Dogma F10 Disk ist selbsterklärend, entsprechend des State of the Art kommen bei diesem Modell Steckachsen und Flat Mount-Discs zum Einsatz.

Das Dogma F10 gibt es in insgesamt 13 Rahmengrößen und diversen Lackierungs- und Ausstattungsvarianten. Wer will, kann über das Pinarello MyWay-Programm für einen Aufpreis von 700 € die Lackierung individualisieren.

Die Geometrie

Größe 420 470 540 560 620
Sattelrohr 420 mm 470 mm 540 mm 560 mm 620 mm
Oberrohr 498 mm 525 mm 550 mm 565 mm 620 mm
Steuerrohr 105 mm 125 mm 147 mm 165 mm 255 mm
Lenkwinkel 69,2° 71,4° 72,8° 73,2° 73,4°
Sitzwinkel 74,4° 74,0° 73,4° 73,0° 72,0°
Kettenstrebe 406 mm 406 mm 406 mm 408 mm 411 mm
BB Drop 67 mm 72 mm 72 mm 72 mm 67 mm
Reach 351 mm 373 mm 386 mm 391 mm 410 mm
Stack 493 mm 525 mm 550 mm 569 mm 651 mm
Helm Kask Protone | Brille Oakley Jawbreaker | Jersey Huez Inverse Rock Jersey | Bib-Shorts Isadore Men Bib-Shorts

Test: Das Pinarello Dogma F10 in den Dolomiten

Mit einem Gesamtgewicht von 6,84 kg in Größe 52 und in Anbetracht der Highend Ausstattung ist das F10 leicht, aber definitiv nicht das Ende der Fahnenstange. Aber wer uns kennt, der weiß, dass wir keine Gewichtsfetischisten sind und dass es bei einem Rennrad auf erheblich mehr als ein geringes Gewicht ankommt. Auf den atemberaubenden Bergpässen von Alta Badia galt es mehrere Prüfungen zu bestehen: Steile Anstiege mit ordentlichen Prozenten, lange Highspeed-Abfahrten, teils enge Kurven und schnelle Serpentinen. Zudem waren die Straßen noch nicht instand gesetzt, die durch den langen Winter stark gelitten hatten: Vorsicht Schlaglöcher und rauer Asphalt!

In der von uns getesteten Konfiguration mit 400 mm schmalem Lenker und 120 mm langem Vorbau in Kombination mit dem recht kleinen Rahmen durften wir uns bei einer Körpergröße von 178 cm wie die Profis fühlen. Die kompakte, sportliche Sitzposition weiß zu gefallen – man fühlt sich wie in einem aggressiven Rennwagen. Im Antritt sprintet das Dogma F10 willig nach vorne und läuft, sobald es auf Hochtouren gebracht ist, effizient und bereitwillig.

 Auf dem rauen Asphalt merkt man, dass „Komfort“ Definitionssache ist und im Falle des F10 von Profis definiert wurde.

Der kurze Nachlauf der Gabel in Kombination mit dem recht steilen Lenkwinkel von 72,8° sorgt für ein agiles, direktes Handling. Im Uphill und in der Ebene ein Traum, im Downhill fehlt dem Bike jedoch etwas die Spurstabilität. Insbesondere bei Highspeed-Passagen mit Seitenwind merkt man, wie der Luftstrom an den 303er Laufrädern zieht, die mit 45 mm gar nicht mal so tief sind. Wer entspannter und sicherer bergab fahren will, sollte deshalb das Dogma K10 in Erwägung ziehen, das mit flacherem Lenkwinkel und mehr Nachlauf kommt.

In Kurven begeistert das steife Chassis mit Präzision, die 23 mm schmalen Vittoria Reifen halten exzellenten Kontakt zum Boden – dennoch würden wir uns 25 mm Reifen für mehr Sicherheit und Komfort wünschen. Breiter sollten die Pneus dann jedoch nicht sein, da die Reifenfreiheit des Rahmens recht konservativ gehalten ist. Auf dem rauen Asphalt merkt man, dass „Komfort“ Definitionssache ist und im Falle des F10 von Profis definiert wurde. Was für den Profi komfortabel ist, ist für den Amateur oftmals bockelhart. Die Bremsperformance der RED-Felgenbremsen auf den Zipp 303 Firecrest geht in Ordnung – ist aber logischerweise nicht mit Discs vergleichbar.

Fazit

Summa summarum ist der mehrfache Tour de France-Sieger ein echtes Pro-Bike – Handling, Komfort und auch der Preis von 11.000 € sind nichts für Einsteiger, sondern für Experten oder Liebhaber. Auch die Ausstattung und Geometrie entsprechen einem klassischen Race-Bike. Wer ein ehrliches, sehr steifes und direktes Allround-Bike für den ambitionierten oder gelegentlichen Renneinsatz sucht, kann mit diesem Bike in die Fußstapfen der Sky Equipe treten. Wer hingegen einen prestigeträchtigen, komfortablen Allrounder mit Race-Genen für lange Ausfahrten sucht, wird mit dem Pinarello Dogma F10 nur bedingt glücklich und sollte lieber zum Dogma K10 greifen.

Stärken

+ Steifes und agiles Rahmenset
+ Sram Red eTap Schaltung mit intuitiven Gangwechsel
+ Zipp 303 mit enormer Performance

Schwächen

– 23mm breite Reifen sorgen für ein bretthartes Fahrerlebnis
– Die Kompakte Geometrie sorgt für sehr aggressives Handling und ist nicht für Jedermann zu empfehlen.


Mehr Infos: pinarello.com

Dieser Artikel ist aus GRAN FONDO Ausgabe #009

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Text: Robin Schmitt Fotos: Robin Schmitt, Klaus Irsara