Die Benchmark für alle Race-Bikes – nichts Geringeres soll das Pinarello DOGMA F sein. Dazu haben die Italiener das Gewicht reduziert und die Aerodynamik verbessert. Beides soll sich in absoluter Geschwindigkeit und herausragendem Handling niederschlagen. Ob das klappt? Das brandneue Pinarello DOGMA F im Test.
Pinarello DOGMA – wohl kaum ein anderes Bike steht für eine derart konsequente Race-Bike-Historie. Die siebte Generation, also das DOGMA F12 (zum Test), schrieb aktuell mit Egan Bernal Giro-Geschichte. Die brandneue achte Generation verzichtet auf den numerischen Namenszusatz und nennt sich schlicht DOGMA F. Der Grund dafür ist laut Pinarello, dass das DOGMA, egal in welcher Bike-Generation, die Benchmark für alle anderen Bikes war. Eine Ikone der jeweiligen Zeit und für viele das Traum-Bike schlechthin, so der Hersteller. Das F ohne Nummerierung soll so die Verbindung zum Vermächtnis der Vorgänger weitertragen und gleichzeitig für die Zukunft stehen. Und dieses Vermächtnis ist riesig: Sieben Tour de France-Siege in den letzten zehn Jahren!
Die Fußstapfen sind also groß – und das DOGMA F soll sie nicht nur ausfüllen, sondern noch größer machen. Pinarello bleibt dazu seiner Linie treu und vertraut weiterhin auf den gleichen Rahmen für alle Einsatzzwecke – ob am Berg oder im Sprint. Eine Linie, auf die nun auch Specialized mit dem Tarmac SL7 (zum Test) eingeschwenkt ist. Pinarello versucht mit dem DOGMA F die optimale Balance aus Aerodynamik, Gewicht, Geometrie, Rohrprofilen und Materialauswahl zu finden, um das ausgewogene Handling des Vorgängermodells F12 weiter zu verbessern – bei gleichzeitiger Gewichtsersparnis (265 g beim Rahmenset in Größe 53), verbesserter Aerodynamik (4,8 % beim Disc-Modell) und mehr Steifigkeit im Tretlager (12 %). Ja, ihr habt die Klammer im vorherigen Satz richtig gelesen: Das DOGMA F wird es als Disc- und Felgenbrems-Modell geben. Dabei soll das Rad mit Felgenbremse leichter sein, jedoch etwas mehr Luftwiderstand generieren. Neben der besseren Brems-Performance von Discs in Sachen Modulation und Nassbremsverhalten solltet ihr diesen Punkt bei der Kaufentscheidung beachten.
Pinarello selbst geht davon aus, dass die Disc-Variante einen größeren Anklang finden wird. Die Vorbestellungen der Händler deuten laut eigener Aussage in die gleiche Richtung. Trotzdem will Pinarello jedem Fahrer – egal ob Pro oder nicht – die Möglichkeit geben, sein Bremsen-Setup selbst zu wählen. Zur Verfügung stehen elf Rahmengrößen mit verschiedenen Ausstattungsvarianten von Shimano, SRAM und Campagnolo. Farblich habt ihr die Wahl zwischen Plutonium Flash, Eruption Red und Black on Black. Wir konnten das Pinarello DOGMA F in Plutonium Flash mit der SRAM RED eTap AXS-Gruppe bereits vor dem offiziellen Launch für euch testen. Unser Testrad in Größe 56 wiegt glatte 7,00 kg. Der offizielle Preis ist zum Zeitpunkt des Launches noch nicht bestätigt. Wir reichen ihn schnellstmöglich an dieser Stelle nach.
Das neue Pinarello DOGMA F im Detail
Das Pinarello DOGMA F bleibt den geschwungenen Linien seiner Vorgänger treu und ist so sofort als DOGMA zu erkennen. Insgesamt ist die Linienführung noch ein Stück aggressiver als beim Vorgänger, was sich auch an den sehr tief ansetzenden Sitzstreben bei der Disc-Variante zeigt und für eine verbesserte Aerodynamik sorgen soll. Ein Beispiel ist die Aussparung im Unterrohr, in der der vordere Flaschenhalter seinen Platz findet. Wo das Unterrohr beim DOGMA F12 unter der Flaschenhalterung noch nach unten abgesenkt war, steigt es beim DOGMA F hier wieder an. Das soll den Windfluss um beide Trinkflaschen verbessern.
Die Rohrprofile des Bikes sind so gestaltet, dass sie nicht nur windschlüpfrig sind, sondern laut Pinarello bei Seitenwind sogar Vortrieb erzeugen. In unserem ersten Test konnten wir das zwar empirisch nicht belegen, verdammt schnell bei wechselnden Windbedingungen und diffusen Windböen ist das Rad aber allemal. Bei der Ausstattung gibt sich unser Test-Bike weitestgehend keine Blöße: Die SRAM RED eTap AXS-Gruppe schaltet gewohnt flott und präzise und bremst mit 160-mm-Scheiben an Front und Heck hervorragend. Mit einer Übersetzung von 46/33 T am Kettenblatt und 10–33 an der Kassette steht genügend Bandbreite zur Verfügung, um auch an langen steilen Anstiegen nicht in Not zu geraten. Sie entspricht ungefähr eine traditionellen Kompaktkurbel mit 50/34 T an der Front und einer 11–32 T-Kassette am Heck. Ambitionierte Fahrer sollten für Hochgeschwindigkeitspassagen, Wettkämpfe und KOM-Abfahrten allerdings ein größeres Kettenblatt wählen. Die DT Swiss ARC 1400 DICUT DB-Laufräder mit 50 mm tiefen Carbonfelgen erfüllen ihren Job am DOGMA F tadellos. Sie bieten einen guten Kompromiss aus Aerodynamik und Gewicht, wirken optisch am sehr extrovertierten Pinarello aber etwas blass. Außerdem lässt der fehlende Powermeter einen klaren Wunsch der ambitionierten Zielgruppe offen.
Pinarello DOGMA F 2022
0 €
Ausstattung
Bremsen SRAM RED AXS 160/160 mm
Schaltung SRAM RED eTap AXS 2 x 12
Kettenblatt 46/33
Vorbau MOST Ultra Talon 110 mm
Lenker MOST Ultra Talon 420 mm
Laufräder DT Swiss ARC 1400 DICUT DB12 x 100/12 x 142 mm Thru-Axle
Reifen Pirelli P ZERO Race 26-622 (700x26C)
Kurbeln SRAM RED 172,5 mm
Kassette SRAM RED CS-XG-1290-D1 10–33
Technische Daten
Größe 43 46,5 50 51,5 53 54 55 56 57,5 59,5 62
Gewicht 7,00 kg
Die Geometrie des neuen Rennrads von Pinarello
Das Pinarello DOGMA F gibt es in elf Rahmengrößen von Rahmenhöhe 43 bis 62. Hinzu kommen 16 Größen-Optionen beim brandneuen und völlig überarbeiteten MOST Talon Ultra-Aero-Cockpit und zwei verschiedene Offset-Optionen bei der Sattelstütze. Das ergibt 352 Möglichkeiten, die perfekte Größe und Geometrie für jede Fahrerin oder jeden Fahrer zu finden. Auch wenn manche Kombinationen eher wenig Sinn ergeben dürften – beispielsweise der kleinste Rahmen mit dem längsten Vorbau und dem breitesten Lenker – gefallen uns die vielen Größen-Optionen. Unser Test-Bike in Größe 56 kam mit einem 42 cm breiten Lenker und einem 110-mm-Vorbau. Zusammen mit 3 cm Spacern unter dem Cockpit konnte unser 185 cm großer Testfahrer mit einer Schrittlänge von 91 cm darauf eine sportlich tiefe, jedoch nicht unkomfortabel überstreckte Sitzposition finden. Alle Größen und Geometriedaten findet ihr in der nachfolgenden Tabelle.
Größe | 43 | 46,5 | 50 | 51,5 | 53 | 54 | 55 | 56 | 57,5 | 59,5 | 62 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 425 mm | 450 mm | 465 mm | 485 mm | 500 mm | 510 mm | 520 mm | 525 mm | 540 mm | 560 mm | 600 mm |
Oberrohr | 500 mm | 515 mm | 525 mm | 535 mm | 545 mm | 550 mm | 557 mm | 565 mm | 575 mm | 587 mm | 620 mm |
Steuerrohr | 97 mm | 104 mm | 109 mm | 114 mm | 123 mm | 131 mm | 142 mm | 149,5 mm | 163 mm | 199 mm | 239 mm |
Lenkwinkel | 69,5° | 70,5° | 71,4° | 72,0° | 72,5° | 72,8° | 72,8° | 73,2° | 73,7° | 73,4° | 73,4° |
Sitzwinkel | 74,4° | 74,4° | 74,0° | 73,7° | 73,7° | 73,4° | 73,4° | 73,0° | 73,0° | 72,4° | 72,0° |
Kettenstreben | 406 mm | 406 mm | 406 mm | 406 mm | 406 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 411 mm |
BB Drop | 67 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 67 mm | 67 mm |
Reach | 351,4 mm | 364,8 mm | 372,1 mm | 378 mm | 383,3 mm | 385 mm | 388,8 mm | 390,7 mm | 396,7 mm | 393,3 mm | 410,1 mm |
Stack | 502,4 mm | 517,6 mm | 525,4 mm | 532,3 mm | 542,6 mm | 551,2 mm | 561,6 mm | 570,2 mm | 584,8 mm | 613,3 mm | 651,7 mm |
Das Pinarello-Race-Bike im Test
Wenn man an die Tour de France denkt, dann kommt einem auch zwangsläufig das Pinarello DOGMA in den Sinn. Kein anderes Bike hat das Rennen im letzten Jahrzehnt so geprägt. Auch das DOGMA F soll Rennen gewinnen. Es ist also kein Geheimnis, dass das Bike ein reinrassiges Renngerät ist. So gibt es beim Test auch wenige Überraschungen: Handling und Geschwindigkeit liegen auf Topniveau. Das Bike ist ausbalanciert agil und aggressiv direkt, ohne einen störenden Hang zur Nervosität, und trifft bei jeder Geschwindigkeit die gewählte Linie präzise. Das ausgesprochen direkte Einlenkverhalten des Bikes bedingt, dass der Fahrer genau weiß, was er tut. Fahrfehler und inkonsequente Lenkimpulse quittiert das Bike sofort und ist daher für Rennrad-Einsteiger nicht zu empfehlen. Geübte Rennrad-Fans werden die hohe Präzision bei der KOM-Jagd schätzen und durch das sehr ehrlichen Handling mit viel Feedback ihren Grenzbereich weiter ausloten können.
Aufgrund der hohen Steifigkeit und der guten Aerodynamik beschleunigt das Pinarello aus jeder Lebenslage bereitwillig und hält die Geschwindigkeit auf der Ebene effizient hoch. Mit diesem Bike will und kann man schnell fahren – egal ob bergauf, bergab oder in der Ebene. Zum Sicherheitsgefühl auf dem Rad tragen neben dem ausbalancierten Handling auch die kraftvollen und gut modulierbaren SRAM RED-Bremsen bei. Eine Überraschung gibt es dann doch: der Komfort. Klar, das DOGMA F ist bei Weitem keine Komfortschaukel, doch für diese Art von Rennrad dämpft es Vibrationen und kleine Schläge äußerst sanft weg. Lediglich gröbere Schläge und aufgebrochener Asphalt kommen spürbar zum Fahrer durch. So bleibt das Pinarello DOGMA zwar auch in seiner neuesten Ausbaustufe eine auf Geschwindigkeit getrimmte und konsequent ausgerichtete Rennmaschine mit eingeschränkten Allround-Eigenschaften, die für entspannte Fahrertypen sehr hart abgestimmt ist. Ambitionierte Sportler, die gerne schnell unterwegs sind, werden aber das gute Dämpfungsverhalten zu schätzen wissen.
Unser Fazit zum Pinarello DOGMA F
Das Pinarello DOGMA F bringt alles mit, um das Erbe seiner sehr erfolgreichen Vorgänger in der World Tour anzutreten. Es möchte in jeder Lebenslage Geschwindigkeit aufbauen und überzeugt dann mit enormer Race-Performance. Ambitionierte Fahrer, die absoluten Speed suchen und dabei trotzdem etwas Restkomfort zu schätzen wissen, werden hier fündig. Komfort-orientierte Allround-Piloten sollten sich aber woanders umschauen.
Tops
- maximaler Speed in jeder Lebenslage
- ausgeglichenes Handling – direkt und präzise
- gute Dämpfung für ein Highend-Race-Bike
Flops
- eingeschränkte Allround-Fähigkeiten
Mehr Informationen findet ihr unter pinarello.com.
Wir sind nach Italien gereist, um zu sehen wie die Bikes von Pinarello in Treviso entstehen. Lest hier, was wir in der Fabrik entdeckt haben.
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Text: Fotos: Philipp Schwab