Speed-Gravel – das soll der Einsatzbereich des Parapera Atmos sein. Dafür ist es auf Leichtbau getrimmt und auch kommt mit Komponenten aus dem Road-Segment. Reicht das, um zu überzeugen? Ist das überhaupt noch ein Gravel-Bike? Und wo ist die Grenze zwischen Road und Gravel? Wir hatten das Bike im Test und hier gibt’s die Antworten.
Parapera ist die dritte Bike-Marke unter dem Dach der Kirschner Fahrradmanufaktur. Nachdem das Unternehmen unter den Marken Falkenjagd und Rennstahl bereits Titan- und Stahlräder baut, steigen die Garchinger mit Parapera nun in den Markt der Carbon-Bikes ein. Während sich bei den beiden Schwestermarken auch Mountainbikes und vor allem Reiseräder im Sortiment finden, dreht sich bei Parapera alles ums Road- und Gravel-Bike.
Das passt zum Namen: Parapera kommt aus dem Griechischen und bedeutet „darüber hinaus“ – oder im übertragenen Sinne: einen Schritt weiter, wenn der Asphalt aufhört. Drei Modelle gibt es im Parapera-Portfolio: Das Anemos ist mit 45 mm Reifenfreiheit wahrscheinlich das vielseitigste Bike, das auch für ausgedehnte Touren oder den Weg zur Arbeit die optimale Basis bieten soll. Als Allroad-Performance-Bike soll das Aeras einen breiten Einsatzbereich abdecken. Und das Atmos, das es als Disc- und Felgenbrems-Version gibt, ist laut Hersteller als leichtes Speed-Gravel-Bike voll auf Geschwindigkeit ausgelegt. Dieses Bike hatten wir in der Disc-Version für euch im Test.
Das Parapera Atmos im Detail
Atmos steht für Dampf – und der Name soll genau den Einsatzzweck dieses Bikes widerspiegeln. Als Speed-Gravel-Bike ist es dafür gemacht, mit viel Dampf und Geschwindigkeit über Asphalt und leichte Gravel-Strecken bewegt zu werden. Dabei soll es mit agilem Handling für Fahrspaß sorgen und durch das geringe Gewicht eine ordentliche Kletter-Performance garantieren. Der Rahmen kommt mit klassischen Formen daher, wozu auch die an der Front außenverlegte Züge und die klassische Sattelklemme passen. Laut Hersteller gelingt dem Bike durch filigrane Rohrprofile, die für Flex sorgen, und einem entsprechenden Carbon-Layup der Spagat zwische Steifigkeit und Komfort. Für ein edles Finish sorgt die mattschwarze Lackierung mit den schwarz glänzenden Logos.
Die maximale vom Hersteller genannte Reifenfreiheit von 33 mm erscheint hingegen sehr gering für ein Bike, das im Gravel-Segment Fuß fassen soll und wirft bei uns Fragen auf. Gravel ist, was in deinem Kopf passiert, doch in einer Breite von 33 mm gibt es kaum einen Gravel-Reifen auf dem Markt. Natürlich kann man auch mit schmaleren und für den Einsatz auf Asphalt entwickelten Reifen über Schotter fahren, ihr solltet euch aber durch die Bezeichnung Speed-Gravel-Bike nicht täuschen lassen. Wir sehen das Einsatzgebiet des Parapera Atmos ganz klar auf Asphalt aller Couleur, wobei gegen die eine oder andere Schotterpassage nichts einzuwenden ist. Daher würden wir das Atmos eher als Allroad-Bike bezeichnen. Zur Relativierung: Parapera versucht das Kunststück, den Manufaktur-Service auch auf die Serie anzuwenden. Das bedeutet, dass jedes Bike individuell mit dem Kunden zusammen nach dessen Wünschen konfiguriert wird. So soll sichergestellt werden, dass jeder genau das Bike bekommt, das für die individuellen Ansprüche geeignet ist – jenseits von Diskussionen über Begrifflichkeiten zwischen Allroad und Gravel.
Das Parapera Atmos ist in fünf Größen zwischen XS und XL verfügbar. Alle Geometrie-Daten findet ihr in der Tabelle. Unser Testrad in Größe L wiegt 6,94 kg und ist für 8.581 € zu haben. Um den Speed-Charakter des Bikes zu fördern, setzt das Atmos auf ein etwas gestreckteres Ober- und ein etwas kürzeres Steuerrohr. Die komplette Geometrie findet ihr in der Tabelle.
Rahmengröße | XS | S | M | L | XL |
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Fahrergröße | 155–167 cm | 165–171 cm | 168–179 cm | 178–186 cm | 185–201 cm |
Sattelrohr | 470 mm | 490 mm | 520 mm | 550 mm | 580 mm |
Oberrohr | 520 mm | 535 mm | 550 mm | 575 mm | 595 mm |
Steuerrohr | 114 mm | 129 mm | 149 mm | 174 mm | 199 mm |
Steuerwinkel | 71,5° | 72° | 72,5° | 73° | 73° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74° | 73,5° | 73° | 72,5° |
Kettenstrebe | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 410 mm | 410 mm |
Radstand | 975 mm | 982 mm | 988 mm | 1.004 mm | 1.019 mm |
Reach | 378 mm | 383 mm | 387 mm | 399 mm | 406 mm |
Stack | 513 mm | 529 mm | 550 mm | 575 mm | 599 mm |
Tretlagerabsenkung | 70 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm |
Tech-Talk: Die Ausstattung des Parapera Atmos
Parapera setzt bei der Ausstattung des Atmos auf die italienische Traditionsmarke Campagnolo. An unserem Testrad war eine elektronische Campagnolo Super Record EPS-Schaltgruppe verbaut. Als weitere Ausstattungsvarianten sind die mechanische Super Record, die mechanische Campagnolo Chorus und die mechanische Gravel-Gruppe Camapgnolo EKAR verfügbar. Letztere hat uns an anderen Test-Bikes nicht überzeugt und so würden wir auch beim Atmos von dieser Gruppe absehen. Die montierte Super Record EPS schaltet hingegen problemlos und überzeugt mit hoher Ergonomie – wenn man sich einmal mit der Campagnolo-Schaltlogik angefreundet hat.
Die Übersetzungsbandbreite ist allerdings in beide Richtungen eingeschränkt. Für absolute Speed-Orgien auf abfallenden Asphaltstrecken ist das Kettenblatt mit 50 Zähnen zu klein, während für lange und steile Berge mit Gepäck ein Rettungsring auf der Kassette fehlt. Die Campagnolo-Scheibenbremsen mit 160-mm-Rotoren an Front und Heck spielen in der Champions League – sowohl was Verzögerung als auch Dosierbarkeit und Standfestigkeit betrifft. Bei Vorbau und Sattelstütze setzt Parapera beim Atmos auf Eigenbauten, die sich im klassischen Schwarz unauffällig ins schlichte Gesamtbild des Bikes einfügen. Lediglich der Syntace Racelite 2014-Lenker fällt im Vergleich zu der sonst sehr hochwertigen Ausstattung etwas ab. Er ist trotz seiner 440 mm Breite sehr filigran und sein schmaler Querschnitt wirkt unterdimensioniert. Vor allem auf holprigen oder technisch anspruchsvollen Abschnitten würden wir uns hier etwas mehr Griffigkeit am Lenker wünschen.
Schaltgruppe Campagnolo Super Record EPS 2 x 12, 50/34 t
Kassette Camapgnolo Super Record 11–29 t
Bremsen Campagnolo Disc Brake 160/160 mm
Laufräder Camapgnolo Bora Ultra WTO 45
Reifen Schwalbe Pro One TLE SK 700 x 28C
Sattelstütze Parapera Carbon extralight 27,2 mm
Lenker Syntace Racelite 440 mm
Vorbau Parapera Aluminium Super Light 100 mm
Gewicht 6,94 kg
Preis 8.581 €
Die Laufräder des Parapera Atmos: Campagnolo Bora Ultra WTO 45
Das Parapera Atmos rollte für den Test auf schicken Campagnolo Bora Ultra WTO 45-Laufrädern. Das neue Topmodell der Bora-Serie hat uns im ersten Test mit einigen spannenden Features überzeugt. Am auffälligsten sind dabei sicher die innenliegenden Nippel, die aber von außen gewartet werden können, ohne den Reifen abzuziehen. Dadurch, dass die Nippelaufnahmen im Carbon-Layup integriert sind, braucht es für die Nippel keine Bohrung. Das soll die Steifigkeit der Felge erhöhen. Außerdem ist der Laufradsatz so auch ohne Felgenband tubeless-ready – ein echtes Plus! Die Bora Ultra WTO verfügen außerdem über Keramik-Lager und über das ikonische Campagnolo G3-Einspeichmuster. Das verspricht, die Kraftübertragung beim Sprinten und Bremsen zu verbessern.
Im Test des Parapera Atmos haben sich die Laufräder keine Blöße gegeben. Ihre Steifigkeit sorgt für direkten Vortrieb, verlässliche Bremsmanöver und präzise Kurvenfahrten. Mit ihren 45 mm hohen Felgenflanken sind sie aerodynamisch genug, um im Flachen die Geschwindigkeit effizient hochzuhalten, und leicht genug, um auch am Berg Tempo machen zu können. Mit 19 mm Innenmaulweite sind die Laufräder für 25-mm-Reifen optimiert. Das mag für reine Straßenräder oder im Straßenrennsport ausreichend sein, für den Einsatz auf modernen Allroad-Bikes ist es allerdings reichlich schmal bemessen. Es wirft bei uns die Frage auf, was dieser an sich sehr gute Performance-Road-Laufradsatz auf einem Bike wie dem Parapera Atmos, das ein Speed-Gravel-Bike sein will, verloren hat. Er verschiebt den Charakter des Bikes jedenfalls nochmals deutlich weiter in Richtung Allroad oder sogar hin zu einem reinen Straßenrad.
Das Parapera Atmos im Test
Im Test haben wir uns deshalb auch schnell vom Gedanken verabschiedet, mit dem Parapera Atmos über Schotterpisten zu heizen. Wenn es sich nicht gerade um perfekt festgewalzte Gravel-Autobahnen handelt, dann ist das Bike mit diesem Laufrad-Reifen-System auf losem Untergrund schnell überfordert. Bleibt man auf Asphalt, dann leistet sich das Atmos jedoch kaum Schwächen. Mit dem geringen Gewicht und der Steifigkeit durch Rahmen und Laufradsatz beschleunigt das Bike gut aus dem Stand, hat einen flotten Durchzug und hält die aufgebaute Geschwindigkeit effizient. Bergauf klettert es, zumindest ohne Gepäck, leichtfüßig. Der Komfort ist an Front und Heck gleichermaßen gut: Vibrationen dämpft das Parapera zuverlässig und hat auch mit kleinen Schlägen keine Probleme. Erst grobe Schläge dringen spürbar zu den Kontaktpunkten durch. Abhilfe schaffen könnten hier breitere Laufräder und Reifen, die die maximale Reifenfreiheit des Bikes von 33 mm ausnutzen. Insgesamt ist der Komfort aber ausreichend für aufgebrochenen Asphalt oder auch die erwähnten, gut planierten Gravel-Autobahnen.
Das Handling ist zwar direkt und präzise, durch den zu schlanken und filigranen Lenker will sich aber einfach nicht das ultimative Vertrauen ins Bike aufbauen. Und so findet man sich meistens eher in einem Cruise-Modus wieder, als tatsächlich in Richtung des physischen und physikalischen Grenzbereichs unterwegs zu sein. Das widerspricht aber genau dem Ansatz des Bikes, ein schnelles Speed-Gravel zu sein. So stellt sich hier die Konzept-Frage: Passt Gravel – egal ob Trail, Speed oder irgendwo dazwischen – mit leicht, schmal, filigran zusammen? Wir finden: nein! Das macht das Parapera Atmos nicht zum schlechten Bike. Im Gegenteil. Ihr solltet euch lediglich für ein breiteres Laufrad-Reifen-System entscheiden, das die maximale Reifenfreiheit des Rahmens voll ausnutzt, und beim Lenker auf die optional bei Parapera erhältlichen Selle Italia Gel-Pads zurück greifen, damit er besser in der Hand liegt. Dann kann das Atmos als schnelles Allroad-Bike auf Asphalt und leichten Gravel-Strecken glänzen.
Unser Fazit zum Parapera Atmos
Wo ist die Grenze zwischen Allroad und Gravel? Diese Frage müsst ihr für euch selbst beantworten. Das Parapera Atmos fühlt sich in dieser Ausstattung allerdings auf Asphalt deutlich wohler. Wer hier nicht an den Grenzbereich geht und ein nicht alltägliches Bike fahren möchte, findet mit dem Atmos eine flinke und komfortable Alternative. Allen Speed-Freaks empfehlen wir ein breiteres Laufrad-Reifen-System für mehr Gravel-Performance und ein Lenker-Upgrade für mehr Vertrauen am Grenzbereich.
Tops
- flinke Beschleunigung
- ausgewogener Komfort auf Asphalt und festem Schotter
- schicke Optik ganz in Schwarz
- geniale Brems-Performance der Campa-Stopper
Flops
- filigraner Lenker kostet Vertrauen
- zu schmales Laufrad-Reifen-System für das Konzept als Speed-Gravel-Bike
Weitere Informationen findet ihr unter parapera-bikes.de
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