Orbea stellte vor Kurzem die neueste Version ihrer Orca Rennrad-Plattform, das Orca OMX, vor. Das neue Orca OMX lässt sich vom Orca Aero und dem Orca OMR inspirieren und kombiniert sowohl Aero-Elemente des ersteren mit den Leichtbau-Leistungsdaten des letzteren. Das Ergebnis? Ein Rad, das mehr als die Summe der beiden sein soll. Aero-Eigenschaften, heruntergezogene Sitzstreben und große Reifenfreiheit. Ist so ein Rennrad entstanden für mehr als ausschließlich Profis?
Das Orca OMX ist eine komplette Neugestaltung aus dem Hause Orbea und schließt sich an die bestehenden Orca Aero- und Orca OMR-Rennräder an. Während diese weiterhin in der Modellreihe von Orbea erhalten bleiben, kombiniert das neue Fahrrad Elemente von beiden, um ein Rad zu schaffen, das auf den ersten Blick ein pures Rennrad ist, bei genauerer Betrachtung aber vielleicht doch ein bisschen mehr bietet. Orbea ist sich im Klaren, dass sich die Schwerpunktsetzung bei Rennrädern allmählich ändert. Das neue Orca OMX passt sich viel mehr an die Bedürfnisse des modernen Freizeitfahrers an, ohne dabei an Performance zu verlieren. Gegenüber dem Orca OMR ist die Steifigkeit um 15 % gestiegen und der Luftwiderstand um 10 % reduziert worden, aber das Orca OMX macht auch einen Schritt in Richtung eines Fahrrads, das mehr als nur ein vollblutiges Rennrad ist.
Das Orbea Orca OMX im Detail
Man könnte leicht meinen, dass das neue Orbea OMX vielen anderen aktuellen Rennrädern ähnelt. Das traditionelle Rahmendesign und die Felgenbremsen des Orca OMR sind verschwunden und werden mit heruntergezogenen Sitzstreben, einem aerodynamischen Design und einem nur für Scheibenbremsen erhältlichen Rahmen ersetzt. Der neue Rahmen wird mit einem Gewicht von 833 g (Größe 53) angegeben, die Gabel wiegt 370 g. Angesichts der zunehmenden Optimierung von Rennrädern (wobei es nur eine begrenzte Zahl an Möglichkeiten gibt), um die richtige Balance aus Aerodynamik, Komfort und Steifigkeit zu finden, ist es nicht überraschend, dass Rennräder sich immer mehr ähneln. Das Orbea Orca OMX hat aber ein paar Tricks parat.
Trotz seiner Vollblut Rennrad Geometrie will sich das Orca OMX nicht nur als solches einordnen. Unser Rad war mit 25-mm-Reifen ausgestattet, der Rahmen bietet jedoch genügend Freiheit, um mit Reifen bis zu 32 mm Breite zu fahren, was dieses Fahrrad fest im Bereich von Allroad-Bikes positioniert. Auch wenn Reifen extremerer Ausmaße, wie solche auf dem neuen Trek Domane, möglicherweise nicht passen, zeichnet sich der Trend dennoch deutlich ab: Rennräder orientieren sich immer stärker am Endverbraucher. Das Orca OMX hat grundlegend alles, was man von einem modernen High End-Rennrad erwartet, dennoch geht Orbea ausdrücklich darauf ein, dass Kunden heutzutage mehr von ihrem Fahrrad erwarten. Vor allem steht die große Reifenfreiheit in gewissem Gegensatz zu dem, was man vielleicht von der eher traditionellen Rennrad-Geometrie erwarten würde.
Aber das bedeutet auch, dass dieses Fahrrad nicht bis ins Letzte optimiert wurde, sondern vielmehr als vielseitiges und „praktisches“ Rennrad konzipiert wurde. Das Orca OMX ist zwar nicht ganz so aerodynamisch wie das Orca Aero, bietet aber dennoch Aero-Rohrformen mit Kamm-Profil, eine eigene D-förmigen Sattelstütze und heruntergezogene Sitzstreben, um Aerodynamik und Komfort zu verbessern, sowie eine durchgehend verbesserte Integration. Es benützt auch die markant breite „Free Flow“-Gabel des Orca Aero, deren Form den turbulenten Luftstrom um das Rad herum vermeiden soll. Der reduzierte Luftwiderstand soll 27 Sekunden auf einer Strecke von 50 Kilometern sparen, allerdings muss man dabei zügige 50 km/h fahren.
Aber das Orca konzentriert sich nicht nur auf Aerodynamik auf Kosten aller anderen Features. Zwar bietet Orbea mit dem Orca ORX zum ersten Mal ein voll integriertes Rad an, aber der zweiteilige Lenker und der Vorbau ermöglichen es, je nach Bedarf (Standard-)Lenker auszutauschen. Insgesamt ist die Integration zwar nicht die raffinierteste Lösung, die wir je gesehen haben, aber doch sehr benutzerfreundlich. Eine Anpassung der Position kann problemlos vorgenommen werden, denn die Züge verlaufen an der Unterseite des proprietären ICR-Vorbaus von einer Kunststoffabdeckung abgedeckt und dann durch geteilte Spacer, was Positionsänderungen des Cockpits leicht möglich macht. Das mag vielleicht kein riesiger Vorteil sein, wenn alles mal eingerichtet ist, aber deutet trotzdem auf das benutzerfreundliche Konzept. Auch die Innenverlegung funktioniert sowohl mit elektronischen als auch mit mechanischen Schaltungen – top!
Integration erfolgt auch in anderen Bereichen des Rads. Die Di2 Junction-Box ist in das Unterrohr integriert und eine Di2-Batterie kann in der D-förmigen Sattelstütze versteckt werden. Die integrierte Sattelklemmung an der Seite des Oberrohrs ist leicht zugänglich, anstatt an einem schwer zugänglichen Ort versteckt zu sein, wie es einige andere Hersteller gerne machen. Die Sattelstütze wird mit einer Schraube eingestellt und bietet durch Umdrehen der Klemmen ein Versatz von 25 oder 0 mm.
Mit zunehmenden Ähnlichkeiten von Road-Bike-Konzepten verschiedener Marken müssen sich Hersteller irgendwie differenzieren. Orbeas MyO-Programm ist wohl eines der besten Beispiele, wie man es dem Kunden ermöglichen kann, sich ein ganz individuelles Rad zu schaffen. Es erlaubt dem Käufer, ohne zusätzliche Kosten aus einer Vielzahl von Optionen eine eigene, einzigartige Lackierung erstellen zu können. Das Orca, das wir getestet hatten, kam in attraktivem schwarz-lila-blauen Farbschema. Das Individualisierungs-Programm ermöglicht auch die (eingeschränkte) Anpassung von Komponenten, wie etwa Laufradsatz, sowie das Wechseln von Kassette, Vorbaulänge und Lenkerbreite.
Das Orbea hat den Anspruch, ein vielseitiges Rad im Programm zu haben, das für den Endkunden und nicht nur für Profisportler geeignet ist. Für uns deutet dieses Road-Bike auf den sich wandelnden Trend in der Branche, Fahrräder herzustellen, die nicht nur in Rennen, sondern auch im Alltag gefahren werden können. Das Orca OMX hat zwangsläufig Renngene, aber Rennen fahren ist nicht allem anderen übergeordnet.
Orbea Orca M10iLTD-D – unser Test-Bike
Wir hatten das zweitteuerste Modell getestet, ausgestattet mit einer Shimano Dura-Ace Di2 Schaltgruppe anstelle der neuen 12-fach SRAM AXS Gruppe des Top-Modells.
Schaltgruppe Shimano DURA-ACE Di2 9170
Kassette Shimano DURA-ACE 9100 11–28 t
Bremsen Shimano R9170 Hydraulic Disc
Laufräder Mavic Ksyrium Pro Carbon Disc UST CL
Reifen Mavic Yksion Pro 700 x 25
Sattelstütze Orbea Orca OMX SB0
Lenker Orbea OC2 Road Carbon
Vorbau Orbea ICR
Gewicht 7,43 kg in Größe 57
Preis 8.999 €
Größen 47, 49, 51, 53, 55, 57, 60
Farbe benutzerdefinierte Farben über das MyO-Programm
Verfügbarkeit ab sofort bestellbar
Die anderen verfügbaren Modelle
M11eLTD-D
Schaltgruppe SRAM Red eTap AXS
Kassette SRAM XG-1290 10–28t 12-fach
Bremsen SRAM Red etap AXS
Laufräder Mavic Ksyrium Pro Carbon Disc UST CL
Reifen Mavic Yksion Pro 700 x 25
Sattelstütze Orbea Orca OMX SB0
Lenker Orbea OC2 Road Carbon
Vorbau Orbea ICR
Preis 9.499 €
Größen 47, 49, 51, 53, 55, 57, 60
Farbe benutzerdefinierte Farben über das MyO-Programm
Verfügbarkeit ab sofort bestellbar
M21eLTD-D
Schaltgruppe SRAM Force eTap AXS
Kassette SRAM XG-1270 10–28t 12-Gang
Bremsen SRAM Force eTap AXS
Laufräder Vision 40 SC Disc Carbon TLR CL
Reifen Hutchinson Fusion 5 All Season TLR 700 x 25
Sattelstütze Orbea Orca OMX SB0
Lenker Orbea OC2 Road Carbon
Vorbau Orbea ICR
Preis 5.999 €
Größen 47, 49, 51, 53, 55, 57, 60
Farbe benutzerdefinierte Farben über das MyO-Programm
Verfügbarkeit ab sofort bestellbar
M20iLTD-D
Schaltgruppe Shimano ULTEGRA R8000 Di2
Kassette Shimano ULTEGRA R8000 11–28t
Bremsen Shimano ULTEGRA R8070 Hydraulic Disc
Laufräder Vision 40 SC Disc Carbon TLR CL
Reifen Hutchinson Fusion 5 All Season TLR 700 x 25
Sattelstütze Orbea Orca OMX SB0
Lenker Orbea OC2 Road Carbon
Vorbau Orbea ICR
Preis 5.699 €
Größen 47, 49, 51, 53, 55, 57, 60
Farbe benutzerdefinierte Farben über das MyO-Programm
Verfügbarkeit ab sofort bestellbar
M20LTD-D
Schaltgruppe Shimano ULTEGRA R8000
Kassette Shimano ULTEGRA R8000 11–28t
Bremsen Shimano ULTEGRA R8070 Hydraulic Disc
Laufräder Vision 40 SC Disc Carbon TLR CL
Reifen Hutchinson Fusion 5 All Season TLR 700 x 25
Sattelstütze Orbea Orca OMX SB0
Lenker Orbea OC2 Road Carbon
Vorbau Orbea ICR
Preis 4.699 €
Größen 47, 49, 51, 53, 55, 57, 60
Farbe benutzerdefinierte Farben über das MyO-Programm
Verfügbarkeit ab sofort bestellbar
Die Geometrie des Orbea Orca OMX
Größe | 47 | 49 | 51 | 53 | 55 | 57 | 60 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 440 mm | 460 mm | 480 mm | 500 mm | 520 mm | 540 mm | 570 mm |
Oberrohr | 510 mm | 523 mm | 536 mm | 549 mm | 560 mm | 576 mm | 590 mm |
Steuerrohr | 106 mm | 113 mm | 130 mm | 148 mm | 168 mm | 186 mm | 213 mm |
Lenkwinkel | 71,0° | 71,5° | 72,2° | 72,8° | 73,0° | 73,2° | 73,2° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,0° | 73,7° | 73,5° | 73,5° | 73,2° | 73,2° |
Kettenstrebe | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm | 408 mm |
BB Drop | 72 mm | 72 mm | 72 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm | 70 mm |
Radstand | 972 mm | 976 mm | 980 mm | 981 mm | 991 mm | 1.002 mm | 1.016 mm |
Reach | 370 mm | 376 mm | 380 mm | 385 mm | 391 mm | 398 mm | 404 mm |
Stack | 506 mm | 515 mm | 533 mm | 552 mm | 572 mm | 590 mm | 616 mm |
Orbea Orca OMX M10iLTD-D im Test
Der Orbea Orca OMX, das wir zum Testen hatten, macht einen guten ersten Eindruck. Die heruntergezogenen Sitzstreben tragen zum dynamischen Aussehen des Fahrrads bei, während die individuelle MyO Blau-Lila-Schwarz-Lackierung makellos ausgeführt ist. Ein besonderes Highlight ist das Überblenden der Farben auf dem Unterrohr. Ebenso ist der Rest des mit Shimano DURA-ACE Di2 ausgestatteten Modells gut konzipiert und zusammengebaut, mit sinnvollen und auch alltagstauglichen Komponenten, wie zum Beispiel mit der 160-mm-Bremsscheibe vorne. Natürlich erlaubt Orbea auch hier eine gewisse Anpassung durch das MyO-Programm, falls man sich andere Komponenten wünscht. In diesem Gesamtpaket ist für uns das einzige optische Makel das kleine Stück der Züge, die man beim Übergang vom Lenker zum Vorbau sehen kann. Wie schon erwähnt, erlaubt dies aber gleichzeitig zusätzliche Anpassungsfähigkeit hinsichtlich der Wahl und Passform des Cockpits.
Puristen mögen vielleicht die großzügige Reifenfreiheit um die 25-mm-Reifen kritisieren, aber wir sind der Meinung, dass die Proportionen des Orca insgesamt gut harmonieren. In dieser traditionellen, schmalreifigen Ausstattung zeigt das Orca sein sportliches und Rennrad-typisches Gesicht. Wir würden uns jedoch sowohl breitere Laufräder als auch Reifen wünschen, die die Reifenfreiheit voll ausnutzen und somit mehr Komfort und Allroad-Fähigkeiten bieten. Das Orca fühlt sich genauso an, wie man es von einem Rennrad erwartet: mit agilem, aber auch ausgewogenem Handling. Die kurzen 408-mm-Kettenstreben und der relativ steile Lenkwinkel sorgen für ein schnelles Kurvenverhalten, während die griffigen, tubeless Mavic Yksion-Reifen (die Hutchinsons 11Storm Gummimischung verwenden) ein sicheres Handling im Trockenen gewährleisten. Das Orca bleibt auch bei hohen Geschwindigkeiten angenehm stabil, wahrscheinlich dank der etwas tieferen 72 mm Tretlager-Absenkung. Die einzige Einschränkung hierbei ist, dass manche Fahrer aufgrund des kompakten Front Centres Probleme mit dem Zehenüberstand am Vorderrad haben könnten. Aber das wird – abgesehen von langsamen Kurven und Track Stands an der Ampel – wohl kein Problem darstellen. Die Sitzposition ist zentral, ohne zu aggressiv zu sein. Im Vergleich zu manchen extremeren Rennrädern ist hier der Stack ein bisschen höher, was zu einer entspannteren Position führt.
Leider konnten wir das Orca noch nicht mit 32-mm-Reifen fahren. Aber wir sind schon gespannt auf den Test, um zu erfahren, inwieweit dies das Fahrverhalten verändern wird. Auch wenn der Komfort mit den 25-mm-Reifen akzeptabel ist, erwarten wir ein weiches und geschmeidiges Fahrgefühl mit großvolumigen Reifen. An dieser Stelle ist jedoch zu bemerken, dass das neue Orca zwar über eine traditionelle Geometrie verfügt, jedoch nicht nur auf ultimative Performance getrimmt wurde. Das sportliche und agile Handling dieses Rennrads lässt nicht gleich vermuten, dass es auch gleichzeitig ein sehr vielseitiges Bike ist. Es vereint aerodynamisches Design und eine erhöhte Steifigkeit im Vergleich zum Orca OMR, behält aber nützliche Funktionalität bei, mit der Möglichkeit einen Standardlenker zu verwenden und, was Rennräder angeht, riesige Reifen zu montieren.
Mit seiner Vielseitigkeit könnte das Orca leicht in einem Niemandsland von Eigenschaften bleiben, die nicht zu einem einheitlichen Konzept zusammenkommen. In diesem Fall entstand jedoch ein vielseitiges Rad, das sich überall austoben kann. Zwar mag es nicht unbedingt in jedem einzelnen Aspekt die absolut ultimative Leistung liefern, aber aufgrund seines breit gefächerten Einsatzspektrums ist es vielleicht das einzige Rennrad, das man tatsächlich braucht.
Fazit
Das Orbea Orca OMX bestimmt derzeit die relativ einzigartige Marktposition mit einer Kombination aus Perfomance-Geometrie und Allroad-Reifenfreiheit und zeigt so, in welche Richtung es geht. Road-Bikes wie das neue Trek Domane bieten zwar noch größere Reifenfreiheit, paaren dies aber mit viel entspannterer Geometrie, während Optionen wie das Specialized Tarmac immer noch auf nur 30-mm-Reifen beschränkt sind. Das Orca OMX ist ein überzeugendes Konzept für alle, die nach dem einen Rennrad suchen, das alles – von Performance bis Endurance – bringen kann und einfach ein bisschen mehr zu bieten hat …
Mehr Informationen findet ihr unter orbea.com
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Text: Benedict Pfender Fotos: Finlay Anderson