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Neue Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufräder im Test – Mit ikonischem Design zu höchster Geschwindigkeit?

WTO – das steht für Wind Tunnel Optimised. Die Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufräder sollen also dem Wind ein Schnippchen schlagen. Dafür setzen die Italiener auf innenliegende Nippel, elliptische Aero-Speichen und eine für 25-mm-Reifen optimierte Felgenform. Alle Infos und einen ersten Fahreindruck findet ihr hier.

Campagnolo Bora Ultra WTO 45 | 1.425 g (Set) | 3.150 € | Hersteller-Website

Mit den Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufrädern stellt Campagnolo die neuen Topmodelle der Bora-Serie vor. Ihren Ursprung haben die Bora-Laufräder vor 25 Jahren. Seitdem strebt Campagnolo danach, den Performance-Standard für Laufräder im Rennsport zu setzen – und daran hat sich auch für die Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufräder nichts geändert: Sie sollen die schnellsten Laufräder der Bora-Geschichte sein. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Campagnolo in den vergangenen Jahren in neue Technologien und Fertigungsanlagen am italienischen Firmenstandort in Vicenza investiert. Hier entwickelt Campagnolo alle Teile der Laufräder selbst und betreibt die Fertigung von Prototypen. Wie es sich für einen Hersteller mit WorldTour-Erfahrung gehört, haben die Profis der Teams UAE Team Emirates, AG2R CITROËN und Lotto Soudal die Laufräder bereits im Renneinsatz erprobt. Caleb Ewan (Lotto Soudal) sprintete darauf zum Sieg auf Etappe 7 der UAE Tour, Tadej Pogačar fuhr damit sogar zum Gesamtsieg des Rennens und Olympia-Sieger Greg Van Avermaet (AG2R CITROËN) war auf ihnen bei den Frühjahrsklassikern unterwegs. Wir hatten die Campagnolo Bora Ultra WTO 45 bereits für euch im Test. Alle technischen Informationen, Hintergründe und unsere Einschätzung findet ihr hier.

Die technischen Merkmale der Camapgnolo Bora Ultra WTO-Laufräder

Die Campagnolo Bora Ultra WTO-Serie umfasst drei Varianten, die sich in der Felgentiefe und -breite unterscheiden, sonst aber mit der gleichen Technologie kommen. Während die 33-mm-Version eine Innenbreite von 21 mm hat, müssen die 45- und 60-mm-Versionen mit einer Innenbreite von 19 mm auskommen. Alle drei Versionen sollen aber für den Einsatz mit 25-mm-Reifen aerodynamisch optimiert sein. Alle Teile, von den Nippeln über die Speichen bis zu den Naben, werden von Campagnolo selbst entwickelt. Dafür kommt bei den Felgen und bei der Vorderradnabe das Campagnolo eigene H.U.L.C.-Carbon zum Einsatz, das für ein optimales Verhältnis aus Steifigkeit und Gewicht sorgen soll. Außerdem ist das Carbon so verarbeitet, dass keine Lackierung notwendig ist. Mit den Aero Mo-Mag-Nippeln setzt Campagnolo auf innenliegende Nippel, die aber von außen zugänglich sind, ohne den Reifen abziehen zu müssen. Die Aufnahmen der Nippel sind im Carbon-Layup integriert, sodass keine Bohrungen durch die Felge notwendig sind.

Für die Aufnahmen der Nippel wurden keine Löcher in die Felge gebohrt.
Die Nippel des Bora Ultra WTO sind innenliegend …
… aber mit dem beiliegenden Werkzeug von außen zugänglich.

Dadurch ist für einen Tubeless-Aufbau kein Felgenband notwendig und die Steifigkeit soll ohne Bohrungen höher sein. Zwischen Nippel und Felge sitzt eine Polymer-Platte, die es dem Nippel laut Hersteller ermöglicht, sich in Richtung der Speiche auszurichten und außerdem Korrosion vorbeugen soll. Das ikonische G3-Einspeichmuster verspricht, die Kraftübertragung beim Sprinten und Bremsen zu verbessern – und den Bogen zum optischen Vermächtnis der Bora-Serie zu spannen. Um dieses Einspeichmuster zu ermöglichen, wurde auch das Design der Bora Ultra WTO-Naben entwickelt. Sie sind außerdem für Centerlock-Bremsscheiben vorbereitet und entsprechen dem 100/142-mm-Achsstandard. Im Gegensatz zu der Carbon-Vorderradnabe ist die Hinterradnabe aus CNC-gefrästem Aluminium hergestellt. Sie kann sowohl den Campagnolo N3W-Freilauf als auch Shimano HG- und SRAM XDR-Freiläufe aufnehmen. Im Inneren der Naben befinden sich Campagnolos CULT-Keramiklager, die die Reibung im Vergleich zu gedichteten Industrielagern um 40 % reduzieren sollen.

CULT-Keramiklager …
… und N3W-Freilauf werden von Campagnolo selbst entwickelt.
Produkt Felgentiefe Innenbreite Außenbreite Gewicht (Set)* Preis
Campagnolo Bora Ultra WTO 33 33 mm 21 mm 27,4 mm 1.385 g 3.150 € (N3W-Freilauf)
3.155 € (HG-Freilauf)
3.160 € (XDR-Freilauf)
Campagnolo Bora Ultra WTO 45 45 mm 19 mm 26,1 mm 1.425 g
Campagnolo Bora Ultra WTO 60 60 mm 19 mm 26,1 mm 1.530 g

*Herstellerangabe

Campagnolo Bora Ultra WTO – Schneller als je zuvor?

Schenkt man den Berechnungen von Campagnolo Glauben, dann sind die Bora Ultra WTO-Laufräder die schnellsten der 25-jährigen Bora-Geschichte. Nimmt man an, dass ein 70 kg und 175 cm großer Fahrer mit einer durchschnittlichen Leistung von 3 W/kg einen 150 km langen Kurs absolviert, von dem 50 km mit einer durchschnittlichen Steigung von 5 % bergauf gehen, dann soll die 45-mm-Version im Vergleich zum günstigeren und schwereren Bora WTO 45-Laufrad – beide tubeless aufgebaut – sieben Sekunden schneller sein. Im Vergleich zu den Bora One 50-Laufrädern soll der Unterschied über drei Minuten (mit Drahtreifen) bzw. über sieben Minuten (mit Schlauchreifen) betragen. Wie so oft bei solchen Berechnungen werden sehr viele Annahmen getroffen. Nicht jeder wiegt 70 kg und nicht jeder kann über knapp fünf Stunden 3 W/kg drücken. Für uns sind die Berechnungen daher auch hier eher für Profis und ambitionierte Athleten relevant, die um Siege kämpfen. Für alle anderen sind sieben Minuten zwar auch eine Menge, für sie ist aber das Plus an Komfort ein viel größerer Gewinn, das durch den niedrigeren Druck des Tubeless-Aufbaus möglich wird. Mehr Komfort bedeutet weniger Ermüdung und mehr Körner für anspruchsvolle Situationen. Beachtet man diese Komponente in der Berechnung, dann seid ihr möglicherweise auf den neuen Bora Ultra WTO-Laufrädern sogar in der Lage, eine höhere Durchschnittsleistung zu erbringen, als auf einem brettharten Bora One 50 auf Schlauchreifen. Und das wäre ein echter Vorteil, denn es zählt jenseits aller Annahmen.

First Ride: Der erste Eindruck der Campagnolo Bora Ultra WTO

Wir hatten die Möglichkeit, die Campagnolo Bora Ultra WTO-Laufräder in der 45-mm-Version bereits vor ihrer Präsentation zu fahren. Wenn man das ikonische G3 genannte Einspeichmuster mag, dann sind die Laufräder optisch ein echter Leckerbissen. Die Flanken der unlackierten Carbon-Felge glänzen in der Sonne und die aufgeklebten dezenten Logos runden den hochwertigen Look ab. Obwohl die Laufräder laut Campagnolo aerodynamisch für den Einsatz von 25-mm-Reifen optimiert sind, kamen die Laufräder für den Test auf 28 mm breiten Schwalbe Pro One TLE-Reifen. Die formen zwar ein leichtes O über die Felgenflanke hinaus, bilden aber trotzdem noch eine schöne Einheit mit den Laufrädern. Im Tausch gegen die perfekte Aerodynamik der 25-mm-Reifen sorgen sie außerdem für etwas extra Komfort. Hier müsst ihr selbst entscheiden, wo euer Fokus liegen soll. Die von uns getesteten Bora Ultra WTO 45 stellen zwischen der 33-mm-Version für reine Bergfahrten und der 60-mm-Version für Geschwindigkeitsrekorde auf der Ebene einen guten Kompromiss für wechselndes Terrain dar. Sie fühlen sich im Antritt steif genug an, um schnell Geschwindigkeit aufzubauen und sind trotz der für Aero-Laufräder relativ flachen 45-mm-Felge aerodynamisch genug, um die aufgebaute Geschwindigkeit effizient zu halten. Mit einem Set-Gewicht von 1.425 g liegen die Laufräder ungefähr auf einem Level mit den Bontrager Aeolus RSL 51 oder den Roval Rapide CLX und sind damit auch am Berg keine Last.

Die Laufräder waren auf einem Parapera Atmos montiert. Seid gespannt auf mehr Infos zum Bike.

Als Launch-Partner von Campagnolo waren die Laufräder für den Test auf dem Parapera Atmos montiert. In diesem Gesamtsystem trugen die Bora Ultra WTO zu einer sehr guten Vibrationsdämpfung bei. Auch gröbere Unebenheiten und Wellen wurden sehr ausgewogen entschärft. Trotz des Resonanzkörpers der Carbon-Felge kommen die Laufräder ohne ein lautes Aero-Wummern aus. Sie erzeugen lediglich ein charakteristisches Surren. Auch der Freilauf der montierten Campagnolo Super Record EPS-Schaltung kommt auf leisen Sohlen daher und ist kaum zu hören – Geschmackssache! Die Campagnolo Bora Ultra WTO 45-Laufräder haben einen guten ersten Eindruck bei uns hinterlassen. Für alles Weitere und detaillierte Vergleiche mit der Konkurrenz müssen wir weitere Tests anstellen.

Die Zeichen der Zeit: Disc-only und nicht für Schlauchreifen

The trend is your friend! Diesem Motto folgt Campagnolo mit den Bora Ultra WTO-Laufrädern nur teilweise. So ist es fast schon überraschend, dass Campagnolo die neuen Laufräder zwar für den Einsatz von 25-mm-Reifen aerodynamisch optimiert, die 45-mm-Version und die 60-mm-Version aber mit einer Innenbreite von 19 mm auskommen müssen. Die 33-mm-Variante ist genau wie einige Konkurrenten mit 21 mm Innenbreite deutlich breiter. Bei der Wahl der Reifen und Bremstechnologie folgt aber auch Campagnolo allen aktuellen Trends.

Die Bora Ultra WTO sind disc-only …
… und nicht für Schlauchreifen zu haben.

Die Bora Ultra WTO-Laufräder gibt es ausschließlich für Scheibenbremsen und Clincher sowie Tubeless-Reifen. Auch das kennen wir bereits von Roval und Bontrager. Die Bergflöhe unter den Radfahrern, die aus Gewichtsgründen weiterhin auf Felgenbremse und Schlauchreifen setzen wollen, haben im Campagnolo-Portfolio Alternativen, müssen aber auf das neue Topmodell verzichten.

Fazit

In den Bora Ultra WTO-Laufrädern bringt Campagnolo interessante Technologien zum Einsatz, springt aber mit teilweise 19 mm Innenbreite noch nicht ganz auf den Zug der breiteren Reifen-Laufrad-Systeme auf. Auf dem Papier sind sie trotzdem eine Alternative zu DT-Swiss, Roval oder Bontrager – wenn auch deutlich teurer. Die 45-mm-Version hat einen guten ersten Eindruck bei uns hinterlassen. Für alles Weitere und detaillierte Vergleiche mit der Konkurrenz müssen wir weitere Tests durchführen.

Für mehr Details besucht campagnolo.com.


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Text: Fotos: Tobias Hörsch & Campagnolo